Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St⸗ Ingberter Anzeiger erscheint täglich mit Auznahme der Sonn⸗ und Zeiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs · Vlatt und Mitiwochs und Samstagt mit 
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Auetanfi eribein. 15 3, Reklamen 80 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
B 
Freitag, 16. August 1888.— 
27. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Straßburg, 14. August. Nach einem an 
den Bürgermeister Back gelangten Telegramm des 
erhofmarschallamtes haben der Kaiser und 
je Kaiserin das den Majestäten von der 
Ziadt Straßburg angebotene Fest huldvollst ange⸗ 
ommen. Dasselbe wird am Abend des 21. August 
jattfinden. 
Homburg v. H. 14. August. Der Prinz 
on Wales ist zu mehrwöchentlichem Kurgebrauch 
ier eingetroffen. 
Dortmund, 18. August. Heute fand eine 
zonferenz betreffend die jetzt vorliegenden 
inqueteberichte über die Beschwerden der 
Irbeiter in dem rheinisch-westfä⸗— 
ishen Bergwerksbezirk statt. Daran 
jahmen der Oberpräfident v. Studt, Regierungs⸗ 
nasident v. Berlepsch-Winzer, Oberberghaupt⸗ 
nann Eilert und andere höhere Regierungsbe— 
inten theil. 
Münster, 15. August. Der Gymnafiallehrer 
dingelstädt in Vechta ist zum Bischof 
ewählt. 
Spandau, 14. August. Die heutige Ge⸗ 
echtsübung begann um 9 Uhr und verlief 
nter den Augen der Majestäten in sehr interes⸗ 
arter Weise. Vier Bataillone übersetzten auf 90 
zontons die (etwa 450 Meter breite) Havel bei 
gatow aufs schnellste. Es entspann sich dann ein 
armächiger Kampf um die Höhen südlich von 
zpandau, wobei eine Abteilung (10 Bataillone) 
nit dem neuen fast rauchlosen Pulver 
choß, was besonders auffiel, da die Gegner, die 
ltes Pulver verwendeten, ganz in Rauch gehüllt 
haren. Die Uebung endete mit Zurückwerfung der 
Westabtellung auf Spandau. Der Kaiser hielt 
ersönlich die Kritik ab und frühstüchte dann mit 
daiser Franz Josef in einem eigens errichteten 
zelse. Die Herrschaften kehrten um 1 Uhr mit 
itrazug nach Berlin zurück. Der ganze General⸗ 
ab wohnte der Uebung bei. 
Polsdam, 14. AÄugust. Beide Kaiser begaben 
ch bald nach der Ankunft zur Friedenskirche. 
zei Betreten derselben überreichte der Hofprediger 
Vindel dem Kaiser Franz Josef einen prachtvollen 
dranz aus Rosen und Lorbeeren, worauf beide 
daiser sich in die Grabkapelle des Kaisers Friedrich 
egaben, wo der Kaiser von Oesterreich am Sarge 
es Kaisers Friedrich den Kranz niederlegte. Hier⸗ 
uf besichtigten die beiden Kaiser den Neubau des 
hausoleums und begaben sich ins Schloß Friedrichs⸗ 
ron und von da nach Babelsberg, 
Berlin, 18. August. Dem Vernehmen 
ach hat der Kaiser dem Botschafter Szeche⸗ 
ni den Schwarzen Adlerorden verliehen. 
Berlin, 15. August. Die beiden Kaiser 
egaben sich um 1 Uhr in die Kaserne des Kaiser 
ranz-Regiments und nahmen die Parade über 
as Regiment ab; sie nahmen alsdann am Früh⸗ 
ück in dem festlich geschmückten Offiziers-Kasino 
eil, wobei der Regiments⸗Oberst auf den Kaisfer 
jtanz Josef trank und die Hoffnung aussprach, 
aß der hohe Chef die Ehre des Besuchs noch oft 
iederholen möge. Am Frühstäck nahmen auch die 
zrinzen Heinrich und Albrecht und Erzherzog 
erdinand, sowie Graf Molkte, Waldersee, Kalnoky, 
erbert Bismarck, der Kriegsminister und andere 
zersonen Theil. 
mittagssitzung erklärte der Gerichtshof Dillon 
md Rochefort der Theilnahme an dem Anschlag 
ür schuldig, und sprach sich mit 100 gegen 97 
ztimmen dahin aus, daß die Vorgänge im Dezember 
887 bei Gelegenheit der Präsidenten⸗Krisis nicht 
ils Attentat anzusehen seien. — Die Nachmittags- 
itzung begann mit der Verhandlung über Ver⸗ 
intreuungder 2420005Fr. durc Boulanger. 
x̃s entspinnt sich eine lebthafte Etrörterung. Margaine 
ind andere Redner halten dafür, daß keine Verun⸗ 
reuungen vorlägen. General Campenon aber 
ntgegnet, daß die Einwände Boulangers absolut 
üchtig feien. Der Fall der Veruntreuung sei pöllig 
jegeben. Die Ausführungen des Generals Campenon 
nachten einen tiefen Eindruck. Es wird vielfach 
ie Stelle in der Rede des Generals Campeuon 
esprochen, an welcher er erklärt, der „Cercle mil⸗ 
aire“ sei eine financielle Gründung mehr als 
weifelhafter Art; Boulanger habe sie nötig gehabt, 
im Propaganda für seine Person betreiben zu 
onnen. General Campenon beklagt die Unthätig- 
eil der Regierung und fordert Maßnahmen zur 
Hertheidigung. Es folgt die Abstimmung. Bo u— 
anger wird der Vertreuungen für schuldig 
jefunden mit 195 gegen 5 Stimmen. 10 Senatoren 
nthalten sich der Stimmabgabe. Die Frage nach 
nisdernden Umständen wird mit 199 gegen 6 
ztimmen bei 5 Stimmenthaltungen verneint. 
Paris, 14. August. Der oberste Gerichtshof 
erurteilte Boulanger, Dillon und Roch efort 
ur lebenslänglichen Deportation nach einem 
ꝛefestigten Orte. 
Paris, 14. August. Drei Panzerschiffe und 
in Aviso sind heute von Toulon in die kretischen 
hewässer abgegangen, um sich dem „Seignelay“ an⸗ 
uschließen. 
Nom, 14. August. Der „Osservatore Ro⸗ 
nano“ dementiert die Nachricht, daß der Papst 
der katholischen Presse in Bayern die Weisung 
sab, die Tripelallianz zu bekämpfen. Ferner er— 
lärt dasselbe Blatt die neuerlichen Gerüchte von 
iner Erkrankung des Papstes für unrichtig. — 
Ddas „Amtsblatt“ veröffentlicht ein Dekret, welches 
zas iialienische Konsulat in Wien aufhebt. 
Wien, 14. August. Zur Berliner Kaiser⸗ 
gegegnung. Aus der Thatsache, daß der Chef 
ꝛes österreichischen Generalstabes, Feldmarschall ⸗ 
zieutenant Beck, den Kaiser von Oesterreich nach 
Zerlin begleilet hat, bemerklt der Wiener Korre. 
pondent der „Times“, läßt fich schließen, daß 
bährend der Zusammenkunft der beiden Monarchen 
erschiedene strategische und technische, auf das Zu⸗ 
mmenwirken der deutschen und österreichischen 
lrmee sich beziehende Fragen geordnet werden sollen. 
ẽs mag selbsi für nüßzlich erachtet werden, diese 
Ubmachungen in die Form einer Militärkonvention 
u kleiden, welche dann alles enthalten würde, was 
n dem politischen Bündnißvertrage nicht spezifiziert 
herden konnte. Verhandlungen von großer Wich⸗ 
igkeit werden sicher in Berlin in den nächsten 
kagen zum Abschluß gebracht werden, da sonst das 
luswärtige Amt im Gefolge des Kaisers von Oester— 
eich nicht so zahlreich vertreten wäre, wie es der 
rzall ist. Als gewiß aber darf man annehmen, 
saß die neuen Abmachungen zur Sicherung des 
uropäischen Friedens dienen und ein Bundniß 
ärken werden, welches in erster Linie Defensib⸗ 
wecken gilt. 
Wien, 14. August. Das officiöse „Fremden⸗ 
latt“, die gestrigen Trinkfprüche der Kaiser 
esprechend, hehbt hervor, in ihnen spreche sich die 
rolle Stärke und Bedeutung der Allianz aus. Das 
Wesen, die Kraft und das Ziel derselben werde 
zarin aller Welt klar dargelegt. Die Volker Europas, 
velche die Erhaltung des Weltfriedens erhofften und 
rsehnten, dürfen auf diejenigen Monarchen ver— 
rauen, welche ihre Heere diesem Zwecke widmeten. 
Pest, 14. Auguͤst. Die gesammte Presse hebt 
die weitiragende politische Bedeutung der Ber⸗ 
liner Kaisertoaste hervor, die, weit entfernt 
von jeder Herausforderung, die beste Entschlossen⸗ 
heit kund geben, den Frieden zu wahren. Auch die 
ppofitionelle Presse erklärt, daß die Opposition an 
der Allianz eben so fest halte, wie die Räthe der Krone. 
Petersburg, 14. August. Der Zar und die 
daiserin von Rußland sind gestern Abend zu 
dem Marinemanbdver bei Sweaborg abgereist. 
ase und sczische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 16. August. Die Ur⸗ 
liste der Gemeinden St. Ingbert und Hassel 
für den Schöffen⸗ und Geschworenen— 
dienst liegt von heute ab bis einschließlich 
23. August auf dem Buürgermeisteramt zu 
yffentlicher Einsicht auf, und kann in dieser 
Frist gegen Richtigkeit oder Vollstandigkett der Ur— 
iiste Einsprache erhoben werden. 
* Der für gestern geplante Ausflug des vrot. 
dirchenchores tkonnte leider wegen eingetretener 
egnerischer Witterung nicht ausgeführt werden. 
St. Ingbert, 16. August. Im 
Anschiuß an den Artikel Ihres *cCorrespon⸗ 
enten im Blatte vom 13. August über die 
'og. kritischen Tage von Falb dürfte es wohl 
Ihre Leser interessiren, wie sich das Eintreffen von 
stiederschlägen, Gewitter ꝛc. hier am Orte selbst 
oerhält. I 
Ich möchte nur noch einige Bemerkungen aus 
yen Beobachiungen von H. Serbus zur Erklärung 
porausschicken. 
Aus jahrelangen Beobachtungen hat fich ergeben, 
daß die großen Störungen der Erdatmosphäre sich 
teis nach ungefähr 13 Tagen oder Vielfachen dieser 
Zahl wiederholen und muß man annehmen, daß 
ies im Zusammenhange steht mit der hal ben 
drehungsdauer der Sonne. Es müssen auf der 
„onne in der Nähe des Acquators höchst wahr⸗ 
cheinlich 2 Punkte vorhanden sein, in denen vor⸗ 
viegend große Sonnencyklone entstehen und müssen 
eide sich diametral entgegen stehen. 
Koͤmmen nun in einem der beiden Störungs- 
entern gerade in der Zeit, wo es dem Beobachtungs⸗ 
sxxte zugekehrt ist, große Sonnenchyklone vor, so 
vird sich die starke Bewegung derselbden bis zu uns 
ortpflanzen und ähnliche Störungen erzeugen. 
Veiter ertklärt sich daraus die Thatsache, daß nicht 
edesmal nach 13 Tagen solche Störungen auf⸗ 
reten, sondern daß auch hie und da Ruhepausen 
„orhanden sein koͤnnen. die mebrere Verioden um⸗ 
assen. 
Nimmt man die halbe Sonnendrehungsdauer 
u 129 Tagen als Einheit, so ergeben sich in einem 
Jahre 29 Störungstage und zwar 
1., 18. 25. Januar, 8. 20. Februar, 5., 
18., 31. Marz. 12., 24. April, 7., 20. Mai, 
I., 14., 26. Juni, 9., 22. Juli, 3., 16., 
28. August, 10., 28. September, 5., 18., 
30. Oklober, 12., 25. November, 7.. 20. 
Dezember. 
Diejenigen Tage, welche mit den Tagen perio⸗ 
ischer Sternschnuppenfälle zusammen oder in un⸗ 
ninlelbare Nähe fallen, zeichnen fich als die hef⸗ 
iasten Störungstage unserer Erde aus, ebenso jene 
Ausland. 
Varis, 14. August. Prozeß gegen Bou— 
rager und Genossen. In der heutigen Vor— 
—