Full text: St. Ingberter Anzeiger

Die Musterung und Auswahl der zur Preisbewerb— 
ung gebrachten Pferde wird in Haßloch am 25. 
September, Vormittags 8 Uhr auf dem Fohlen— 
hofe doctselbst, und in Zweibrücken am 28. Sep⸗ 
tember Vormittags 8 Uhr im Gestütshofe durch 
die hiezu ernannten Kommissionen stattfinden. Die 
Anmeldungen der zur Preisbewerbung zu bringen 
den Pferde werden in Haßloch auf dem Muster 
ungsplatz Dienstag, den 24. September, von Nach 
mittags 8 Uhr ab, und in Zweibrücken auf der 
Gestütskanzlei Freitag, den 27. September von 2 
Uhr Nachmittags ab, oder an den Tagen der 
Musterung selbst von 7 Uhr an bis zum Beginne 
derselben entgegengenommen. Zur Konkurrenz 
werden zugelassen: in Zweibrücken Pferde und 
Fohlen der Pferdebesitzer aus den Bezirksämtern 
Homburg, Kaiserslautern, Kusel, Pirmasens und 
Zweibrücken, dann aus den Kantonen Obermoschel 
und Rockenhausen. 
— In Homburg bildet eben den Gesprächs⸗ 
stoff der „Stadtpolitiker“ die Homburger Wirth⸗ 
schaftsfrage“. Seit Verlauf einiger Wochen 
haben nämlich, wie man der „Zw. Z3.“ mittheilt, 
mehrere hiesige Gasthäuser ihre disherigen Besitzer 
gewechselt. — In das neuerbaute „Hotel Bach“ ist 
ein Auswärtiger, Herr J. Held, eingezogen und 
die Gastwirthschaft „Karl Leschhorn“ hat der frühere 
Wirth, Herr Louis Baus, für die Herren Gebrüder 
Emmrich von Kusel, wiederum übernommen. Herr 
Bierbrauexreibesitzer Christion Weber hat die Gast— 
häuser „Zum Karlsberg“ (um 3000 Mek.) und 
„Zur Hohenburg“ (um 2800 Mk.) in jährliche 
Pacht genommen. „Die Hohenburg“ behält zwar 
ihren alten Wirth, Herrn Chr. Leschhorn, doch gehf 
der „Karlsberg“ von Herrn L. Cappel an Herrn 
Reinshagen von hier, über. Herr Weigel kommt 
dieser Tage in Stellung nach Kaiserslautern und 
es übernimmt Herr Kaufmann Franz Baron von 
hier die Weigel'sche Wirthschaft. 
— Bürgermeisterhohle zuKaiserslautern 
hat gegen den dortigen „Pfäl z. Volksboten“ 
Klage wegen Beleidigung gestellt. 
— Ruppertsweiler, 27. August. Der 
19 Jahre alte Forsteleve Max Lothner hat sich, 
der „P. 3. zufolge, gesterrn Abend um 7 Uhr 
mittels Revolber erschossen. Motive bis jetzt un⸗ 
bekannt. 
— Landau, 27. August. Der „Pf. Kur.“ 
brachte gestern eine Korrespondenz von hier, der 
zufolge die Eintragung der hiesigen Volksbank als 
Aktiengesellschaft vom Handelsgericht verweigert 
worden sei. Die Thatsache ist richtig, der angegebent 
Grund jedoch ist falsch. Das Gericht glaubte die 
Eintragung verweigern zu sollen, weil die Aktien⸗ 
gesellschaft mit der Genossenschaft identisch sei und 
deßhalb eine Simultangründung nicht vorliege. Die 
Vertretung der Volksbank hat gegen diesen Beschluß 
Einspruch erhoben. Eilb.) 
— Das Vereinsfest alter Korpsstu— 
denten für die Pfalz findet heuer am 8. Sep⸗ 
tember in Landau statt, gemäß dem Beschluß der 
vorjührigen Versammlung in Dürkheim. Nach dem 
schönen und alle Theilnehmer in hohem Grade be— 
friedigenden Verlauf des Dürkheimer Festes ist auch 
in diesem Jahre ein zahlreicher Besuch von alten 
und jungen Korpsstudenten in dem gastlichen Lan— 
dau zu erwarten. 
— Hambach, 27. August. In der Nacht 
von Sonntag zum Monteg wurden Herrn Fried— 
rich Seitz, Wagner dahier, in seinem Wingert 
die Trauben und Pfirsiche gestohlen. Die Thäter 
find ermittelt. 
— Neustadt, 27. August. Der „Wissen⸗ 
schaftliche Prediger-Verein der Pfalz“ hält 
seine Jahres-Versammlung Montag, 9. Sepiember, 
Vormittags 10 Uhr, im Saalbau hier ab. Bei 
demselben wird Herr Pfarrer Trost von Heuchel⸗ 
heim einen Vortrag halten „Ueber den Eid vom 
ebangelisch⸗christlichen Standpunkt“. Nach dem 
Schlusse der Verhandlungen wird ein einfaches 
Mittagessen (2 Mk. ohne Wein) die anwesenden 
Mitglieder und Gäste vereinigen. Die Mitglieder 
des Vereins, sowie alle Freunde von dessen Be⸗ 
strebungen werden zu zahlreicher Betheiligung freund⸗ 
lich eingeladen. 
— Einschreckliches Unglück ist dem 
Ackerer Jakob Nick in Neuhofen vorgestern 
zugestoßen. Nick fuhr für eine Rheingönheimer Ziegelei 
Backsteine und hatte sein 5 Jahre altes Bübchen 
auf dem Wagen sitzen. Unterwegs ging der Knabe, 
während der Vater einen Augenblick seine Aufmerk— 
samkeit von demselben abwandie, zuweit vor, stürzte 
dei der Deichsel herab und erhielt nicht allein einen 
duftritt des Pferdes in's Gesicht, sondern auch das 
Porder und Hinterrad des Wagens ging ihm über 
die Brust. Die Verletzungen, die der Knabe in 
Folge dieses Unglücksfalles erlitt, waren äußerss 
schwere, denn schon nach einer Stunde wurde er 
durch den Tod erlöst. Für die Eltern des Kindes 
ist dieser Fall eine schwere Prüfung. 
— Hochdorf, 25. August. Heute Mittag 
nach 3 Uhr brannte die Scheuer der Frau Daniel 
Schlosser Wittwe hier bis auf die Mauern nieder. 
Die Frucht war schon gedroschen. Die Feuerwehr 
war rasch zur Hilfe, so daß das Feuer keine größere 
Dimension annehmen konnte. Wie man hört, ist 
das Stroh versichert. Frau Schlosser ist schon acht 
Tage verreist; die Entstehung des Brandes ist 
anerklärlich. 
— Frankenthal, 26. August. Gutem Ver⸗ 
nehmen nach wurde heute der Verkauf des Andreas 
dam m'schen Platzes an der Heßheimer Chaussee, 
ruf 23 Ar 35 Quadratmeter Fläche, auf welchem 
ich die Hamm'sche Dampfmühle, Kohlenlager und 
Wirthschaft befindet, perfekt. Käufer ist die Pfäl— 
zische Eisenbahn. Dieses Terrain fällt in 
das Rayon für den neu zu errichtenden Güter— 
bahnhof. 
seue Recte und neue uten eer 
deutschen Arbeiter. 
(Aus „Union“, ev.eprot. Kirchenblatt der Pfalz.) 
Natürlich legt die Invaliditäts- und Alters- 
versicherung den Versicherten mancherlei Pflichten 
auf. Es wäre für sie selbst nicht gut, wenn's 
anders wäre. Wäre die Invaliden- oder die Alters— 
rente ein bedingungslos gegebenes Geschenk, so 
würde sie von den Beschenkten selbst schwerlich in 
hrem Werthe erkannt. Die erste durchaus un—⸗ 
aumgängliche Pflicht der Arbeiter ist, daß sie wö— 
hentlich ihre Beiträge zur Versicherungsanstalt be⸗ 
zahlen. Diese betragen in der ersten Lohnklasse, 
also bei einem Jahresverdienst von 8300 Mk., in 
der Woche 7 Pfg., in der höchsten Lohnklasse wö— 
hentlich 15 Pfg. Freilich eine Kleinigkeit bei 
den heutigen verhältnismäßig hohen Arbeiterlöhnen! 
Wem's drum zu thun ist, der spart die paar 
Pfennige an Tabak und Bier, fast hätte ich ge⸗ 
agt an Branntwein, wenn ich nicht der Ueber⸗ 
zeugung wäre, daß dieses Getränk seit seiner Ver⸗ 
seuerung durch die Steuer nicht mehr getrunken 
vird. Eine Kleinigkeit! Aber gerade kleine Posten 
zezahlt der Schuldner oft mit dem größten Wider⸗ 
villen, vorzüglich dann, wenn er nicht weiß, ob 
hm diese Geldanlage später auch zugut kommen 
werde. Selbst bei einer scheinbar so geringfügigen 
Sache zeigt sich die Frömmigkeit und ihr Gegen⸗ 
eil. Der gottlose Arbeiter murrt und knurrt, 
venn ihm am Samstogabend nur ein Zehnpfen⸗ 
nigstück von seinem Wochenlohn vorenthalten wird, 
vährend der gottesfürchtige die paar Pfennige freu— 
dig hingibt wie der Landmann, welcher Samen⸗ 
örner auf Heffnung ausstreut. 
Die Beiträge der Arbeiter zur Versicherungs⸗ 
anstalt würden bedeutender sein, wenn nicht die 
Arbeitgeber die Hälfte derselben zu bezahlen hätten. 
Ja die Annahme ist ziemlich allgemein, daß sie 
die alleinigen Zahler sein werden, sei es daß sie 
freiwillig sich dazu verstehen, sei es daß sich die 
Arbeiter eine Minderung ihres Lohnes um den 
Beitrag zur Versicherungsanstalt nicht gefallen 
assen. Der Taglöhner oder der Dienstknecht darf 
unicht denken, auf einige Mark im Jahre braucht 
s den reichen Leuten nicht anzukommen. Die 
Beiträge werden für einzelne Arbeitgeber doch zu 
hohen Summen. Ein Graf im Reichstage, aller⸗ 
zings ein Großgrundbesitzer, hat herausgerechnet, 
)daß die Invaliditäts-⸗ und Altersversicherung ihm 
ährlich auf fünftausend Mark zu stehen komme, 
die er für seine Arbeiter bezahlen müsse. Wahr— 
cheinlich ist er so reich, daß er sich auch so nicht 
hesonders weh thut. Wer vollblütig ist, darf sich 
einmal in den Finger schneiden, das macht ihn 
nicht blutarm. Aber es gibt tausende von kleinern 
Herren im Reiche, welche diese Beiträge nicht zah—⸗ 
ien können, ohne sich anzugreifen, welche für die 
gebrechlichen und alten unter ihren Arbeitern sor⸗ 
gen helfen, ohne daß für sie selbst ausreichend ge⸗ 
'orgt ist, wenn sie aufs Krankenlager sinken oder 
dammer oder Pflug aus der zitterig gewordenen 
hand legen. Verständige Arbeiter üherlegen das 
und sehen es als ihre Pflicht an, zu ihren Arbeit⸗ 
Jebern in ein freundlicheres Verhältnis zu treten, 
sich ihnen nicht mehr gegenüber zu steller, als 
seien sie ihre schlimmsten Feinde. Auch auf die 
Stellung der Arbeiter zum Staat muß die Inda⸗ 
lidiiäis⸗ und Altersversicherung bessernd wirken 
Bisher galt es in gewissen Kreisen als unumfiß. 
liche Wahrheit, daß der Saat, der Schutzer du 
gegenwärtigen Gesellschaftsordnung, des geoͤneinen 
Mannes geborner und geschworner Feind jei. Nun 
befürwortet dieser Feind ein Gesetz zum Schus 
der Schwachen, der Gebrechlichen und Alten aus 
den handardeitenden Klassen, also wird's mit diese 
Feindschaft ein windiges Gerede sein. Er legt 
zu der Rente jedes einzelnen Arbeiters sogar füns. 
zig Mark jährlich zu, damit dieselbe ein bischen 
ansehnlicher werde. Fünfzig Mark! scheinbar nu 
ein Trinkgeld, aber jedenfalls mehr, als alle 
Arbeiterhetzer zusammen den Verhetzten bisher ge 
geben haben. 
Jeder denkende Arbeiter müßte nach dem Er— 
laß des neuen sozialen Gesetzes staatsfreundlicher 
werden und bewußter als bisher für die heutige 
Ordnung der Dinge eintreten. Selbst auf die 
dußern Stützen dieser Ordnung, auf die Ange— 
stellten des Staates, auf die Beamten in ihtren 
berschiedenen Stellungen, muß sich diese Freund 
lichkeit erstrecen. Bisher war von einer Anerkenn⸗ 
ung der Beamtenthätigkeit gerade in den Kreisen 
der Handarbeiter, der Leute, die nicht mit dem 
Kopfe pflügen, in der Regel wenig zu spüren. 
Man nannte alle Beamten in Bausch und Bogen 
Drohnen im Staate, die den Honig verzehren, ohns 
ihn zu erzeugen. Am wenigsten Gunst genossen die 
Pensionisten unter ihnen, weil, manchmal mit 
Recht, angenommen wurde, daß angeborne Faul— 
heit und selbstwerschuldete Ungeschicklichkeit eine An⸗ 
zahl von Staatsdienern vorzeitig dahin führte, dersstaat⸗ 
lichen Pensionskasse lästig zu werden. Auch auf 
diesem Gebiete muß sich jetzt eine Wandlung voll⸗ 
ziehen. Denn tausende von Arbeitern werden in 
Zukunft selbst Staatspensionisten, also selbst Droh⸗ 
nen, zwar nur kleine Drohnen, die nicht soviel 
berzehren, die aber durch ihre große Zahl dem 
Honigvorrate des Staates höchst gefährlich werden. 
Es wird sich bald zeigen, ob das Ehrgefühl im 
Arbeiterstande noch rege ist, ch der Arbeitsstolz 
bei den einzelnen noch so groß ist, daß er sie 
hindert, unter Simulierung von allerlei Gebresten 
und Gebrechen sich in rüstigen Jahren auf die 
faule Haut zu legen und statt mit dem vollen Ar⸗ 
beitslohn auskömmlich zu leben, bei der weit ge⸗ 
ringeren Invuliditätsrente halb zu verhungern. 
hier ist der am meisten angreifbare Punkt 
des ganzes Gesetzes. Machen die Arbeiter in 
hrer großen Masse die hier von Menschenken⸗ 
nern gehegten Befürchtungen zu schanden, so ist 
die Invaliditäts- und Altersversicherung ein glüch⸗ 
licher Wurf der Reichsregierung. Jeder, welchem 
diese Versicherung einmal zugut kommen soll, 
hat die Pflicht, das Ehrgefühl bei sich selbst und 
bei seinen Kameraden zu stfärken. Schlimm ge— 
nug, wenn es nach einigen Jahren der Probe sich 
herausstellt, daß die deutsche Arbeiterwelt zur 
Würdigung eines solchen Gesetzes noch nicht sitt⸗ 
lich reif sei! 
Diese Reife wuürde den Arbeitern auch dann 
jehlen, wenn sie sich von jetzt an nicht mehr ver⸗ 
pflichtet fühlten zu sparen, weil ja für ihr Alter, 
oder wenn sie krank würden, so wie so gesorgt 
sei. Die Sozialdemokraten haben das Sparen 
allerdings bisher schon widerraten. Erst neuerdings 
hat einer ihrer Wortführer erklärt: „Vom Stand⸗ 
punkt des Arbeiters ist und bleibt das Sparen 
ein volkswirtschaftlicher Fehler; er muß bei Strafe 
des Sinkens seiner Lebenshaltung jeden verwend— 
baren Groschen nur zu deren Hebung und nicht 
zur Ansammlung von Kapital verwenden, da er 
doch nicht soviel erübrigen kann, um sich zum Unter⸗ 
nehmer aufzuschwingen.“ Schon im allgemeinen 
fi's eine mehr als lächerliche Behauptung, daß der 
Vermögende sparen müsse, der Wenigervermögende 
nicht. Aber. auch abgesehen davon, sammelt der 
parsame Arbeiter sich sein Kapitälchen ja auch im 
igensten Interesse. Dasselbe soll nicht todt liegen 
leiben, sondern die Zinsen dienen ihm jetzt schon 
zur Hebung seiner Lebenshaltung, ebenso das Ka⸗ 
hital, wenn er spater seine Lebensbedürfnisse don 
seinem täglichen Verdienst nicht mehr ganz zu be— 
friedigen vermag. Sinkt er in's Grab, ohne daß 
er die letzte Mark gebraucht hat, nun er kann gewiß 
leichter serben, wenn er mit dem Bewußtsein stirbt, 
zaß Kinder und Enkel den sparsamen Vater und 
Broßvater segnen. Nur leichtfertige, ohne dies zut 
Verschwendung geneigte Arbeiter erklären nach Ein⸗ 
ührung der Invaliditäts- und Altersversicherung!