Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
er ‚St⸗ Iugberter — erscheint täglich mit Aussnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatu und Mittwocht und Samstags mit 
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V 204. Dienstag, 3. September 1889. 
24. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Frankfurt a. M., 2. Sept. Das Auer⸗ 
jacher⸗Fesst auf dem Auerbacher Schloß gestal⸗ 
eie fich zu einer großartigen Kundgebung der 
zationalliberalen Partei. Restauration und Ruinen 
ind umlagert; der Schloßhof vermag die Tausende, 
die aus allen Gegenden zusammengeströmt, nicht 
u fassen. Aus Baden, Bayern und Hessen find 
die hervorragendsten Parteiführer anwesend. Von 
Reichstagsabgeordneten ist Böhm, Brand, Bürklin, 
diffiné, Klemm, Marquardsen, Miquel, Scipio, 
Siegle und Ulrich erschienen. Miquel, von 
ndlosem Jubel begrüßt, bringt in gewohnter 
Meisterschaft den Kaisertoast aus. Er gedenkt der 
Sorgen und Bekümmernisse der 70er Jahre, des 
Zzweifels bei Beginn des Feldzuges, und der freu— 
zigen Begeisterung, als der Sieg, als der Friede 
endlich Einzug hielt. Redner wirft einen Rückblick 
zuf die bedeutenden Errungenschaften der letzten 
wanzig Jahre: mächtig und geehrt nach außen, 
inig im Innern stehe Deutschland da. Den Werken 
)es Friedens gewidmet, blüht nationale Wohlfahrt 
ind die Fürsorge für das Wohl der Minderbegü⸗ 
rerten; eifersüchtiger Partikularismus sei verstummt 
ind, der Schwierigkeit der Lage in Europa bewußt, 
jab das Volk bei den letzten Wahlen ein glänzen⸗ 
yes Beispiel einer einmüthigen Nation; möge es 
mmer so sein, dann wird, ob Frieden, ob Krieg, 
deutschland seinen Ehrenplatz behaupten, und wenn 
uch Kaiser Wilhelm J. und Friedrich, des Vaterlands 
ind Reichs Begründer dahm gegangen, so führe 
etzt ein Vorbild an Vaterlandsliebe, an Pflichttreue 
ind Selbstverleugnung, ein jugendlicher kraftboller 
daiser ein weises Regiment; nicht wird uns des- 
halb bang um Deutschlands Geschick. Unser Panier, 
schloß Redner, bleibt Kaiser und Reich, ihm folgen 
und mit ihm fallen wr! Zum Gelöbniß erhebet 
den tausendstimmigen Ruf: Hoch lebe unser geliebter 
daiser. Als Redner folgten Marquardsen, Diffiné, 
Scipio, Kuechler, Böhm und Osann. Dann begab 
ich ein endloser Festzug nach Auerbach zurück; die 
ẽntfernteren entführte die Bahn, die Näherwoh⸗ 
jenden vereinigte freudigster Festjubel. 
München, 1. Sept. Das Gesetz- und Ver⸗ 
dnungsblatt Nr. 33 veröffentlicht einen Nachtrag 
zum Gesammiverzeichnisse der den Militäranwärtern 
in den Bundesstaaten vorbehaltenen Stellen und 
ein neues Verzeichniß der zur Aufstellung von 
btilitäranwärtern verpflichteten Privateisenbahnen. 
München, 1. Sept. Das zur Erinnerung 
uin den Tag don Sedan im „Bürgerlichen Brau— 
jaus“ gestern veranstaltete Fest erfreute sich eines 
jehr zahlreichen Besuches, denn der große festlich 
deschmückte Garten und die Halle waren vom Pub⸗ 
litum dicht geflillt. Das Fest nahm um 8 Uhr 
eeinen Anfang mit einigen Musikpiècen der Militär⸗ 
apelle Fach, an welche sich der von den Gesang⸗ 
dereinen „Neu⸗Bavaria“ und „Bürgersängerzunft“ 
borgetragene Männerchor „Friedrich Rothbart“ an⸗ 
reiste, wie denn überhaupt die Militärkapelle und 
zie Gesangvereine mit ihren Vorträgen abwechselten. 
die der Feier angemessene patriotisch gehaltene 
Festrede hielt Herr Magistratsrath Kommerzienrath 
Schuster, welche mit einem Hoch auf den Prinz⸗ 
Kegenten und auf Kaiser Wilhelm JI. schloß, in 
velches Hoch die Anwesenden jubelnd einstimmten 
aum war das Hoch verklungen, so erscholl das 
ed „Die Wacht am Rhein“, während gleichzeitig 
t große Raum in bengalischem Licht erglänzte. 
Den zweiten Theil des Mends bildeten eim Rabe 
hübscher und kräftiger Gesänge, sowie die nicht 
ninder beifallswürdigen Vorträge der Hapelle Fach. 
Berlin, 1. Sept. Am 5. begibt sich der 
Taiser wie bekannt nach Dresden zur Theilnahme 
in den Manövern des 12. Armeekorps. Von einer 
zuch nur beabsichtigten Reise des Kaisers an den 
hof von Kopenhagen, welche die dort erschei— 
ende „Nordische Korrespondenz“ angekündigt hat. 
st, wie man versichert, nie die Rede gewesen 
Auch die übrigen Meldungen derselben Korrespon⸗ 
»enz von einer geplanten Heirath einer preußischen 
Brinzessin mit einem dänischen Prinzen und der- 
zleichen mehr werden als leeres Gerede bezeichnet. 
— Wie bereits mitgetheilt, sind die Gesuche um 
Aufhebung des Paßzwanges im Reichsland 
hier angelangt und zunächst in den Instanzenweg 
zewiesen; sie sind von dem kaiserlichen Civilkabinet 
in das Reichskanzleramt gelangt und werden dort 
Begenstand der Erwägung sein. An eine Auf— 
sebung des Pußzwanges ist thatsächlich nicht zu 
»enken. Es heißt, daß dies nach Lage der be— 
jehenden Verträge auch nicht füglich angänglich sei. 
Dagegen scheint man zu einer milderen Handhab⸗ 
ing der Vorschriften zu neigen. — Vor einigen 
Tagen ist die Marmorbüste des Kaisers von 
Desterreich hier angekommen, welche dieser, 
wie bekannt, bei seiner Anwesenheit dem Fürsten 
Bismarck verehrt hat. Die Büste findet Aufstellung 
in der hiesigen Wohnung des Reichskanzlers. 
Berlin, 2. Sept. Der Kaiser, welcher 
sich heute früh 5 Uhr 30 Min. nach Jeßnitz be⸗ 
geben hatte, wohnte Vormittags dem Manöver der 
i. Garde-Infanteriedivision bei Jeßritz, 
velches mit Parade schloß, bei und begab sich 
Mitiags nach Züllichau, um die 2. Garde⸗Infan⸗ 
eriedivifion zu besichtigen. Ueberall fand ein massen⸗ 
jafter Zudrang der Bevölkerung statt, welche be⸗ 
Jeisterte Kundgebungen dem Kaiser darbrachte. 
Berlin, 2. Sept. Der Sedantag wurde 
jeute in den Schulen durch Festakte und zahlreiche 
Veranstaltungen der Vereine auf das festlichste be⸗ 
zangen. Die Siadt trägt reichen Flaqgenschmuck. 
dom Rathhausthurm erschallte Festmusik. Laut 
orliegenden Meldungen ist die Sedanfeier in ähn— 
icher Weise auch in Dresden, Halle, Breslau, 
darlssruhe, Leipzig, Posen, Bremen, Strelitz, Brom⸗ 
erg, Osnabrück, Eifenach und in ganz Thüringen 
egangen worden 
der Auflösung des Universitätsvereines. Es heißt 
darin, wenngleich die Vereine wegen der Sym⸗ 
»athiekundgebungen für die französische Nation auf- 
nelöst würden, so hielten trotzdem die czechischen 
Studenten als akademische Bürger sowohl wie auch 
paäter als Volksberather unverbrüchlich fest an den 
Idealen der franzöfischen Nation, an der Auf⸗ 
tlärung und der Freiheit. — Der Statthalterei 
wurden die Satzungen für einen neuen czechi⸗ 
ich en Leseverein überreicht. 
Soffia, 2. Sept. Der diplomatisché 
Agent Serbiens, Body, gab im Auftrage 
seiner Regierung der bulgarischen Regierung die 
Versicherung, daß die Intentionen Serbiens durch⸗ 
aus friedlich seien und daß die militärischen Maß— 
nahmen ausschließlich zur Durchführung der seit 
— 
serve dienten, deren Mannschaften zu vierzehn⸗ 
ägigen Uebungen herangezogen werden sollen. 
Eokale und pPfalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 3. Sept. Die gestern 
Abend im Vereinslokale (F. Frank) abgehaltene 
daupwersammlung des „Turnvereins St. 
Ingbert“ war, der Wichtigkeit der Tagesordnung 
angemessen, seitens der Mitglieder zahlreich besucht. 
Der 1. Punkt der Tagesordnung: Abänderung des 
z 25 der Statuten zielte dahin, daß künftig siatt 
der bisher vorgeschriebenen zwei Hauptbersamm⸗ 
ungen im September jeden Jahres nur mehr eine 
solche abgehalten werde, in der sowohl Wahl der 
PBrüfungskommission, Prüfung der Rechnungen und 
der Kaffe, Entlastung des Rechners als auch die 
Neuwahl des Vorstandes vorgenommen werden 
olle. Diese neue Fassung des Z 28 der Vereins⸗ 
atzungen wurde einstimmig angenommen und trat 
ofort in Wirksamkeit, indem die Prüfungskommis⸗ 
ion gewählt wurde und ihre Arbeit begann. Wäh— 
rend dessen wurde dann der weitere Punkt: Ge⸗ 
dührenfreie Aufnahme von N9 früheren Mitgliedern 
des Männernturnvereins, auf Grund der Satzungen 
durch allgemeine Zustimmung erledigt. Nachdem 
die Prüfung der Kasse die vollständig genaue Füh⸗ 
ung derselben ergeben, ertheilte der Kassenwart 
Bericht und erhielt Entlastung. Aus dem Bericht 
zxhellt, daß der Verein im abgelaufenen Berichts⸗ 
ahr vereinnahmte 268 Mk. 32 Pfg. und veraus⸗ 
zabte 256 Mtk. 16 Pfg. Die Zahl der Mitglieder 
deträgt gegenwärtig 96. 
Die nun folgende Neuwahl des Turnraths 
zatte das Ergebniß, daß mit Ausnahme einer Charge 
ille den bisherigen Inhabern wieder übertragen 
vurden; gewählt find die Herren: Johann Rickel, 
l. Turnwart, Herm. Lempert, 2. Turnwart, Phil. 
Fitz, 1. Sprecher, Johann Kuhn, 2. Sprecher, 
Vilhelm Schmelzer, Notariatsgehilfe, Schriftwart, 
Jakob Meyer, Kassenwart, Hrch. Schwarz, Wagner, 
Zeugwart und Jul. Grewenig, Beifitzender. 
Von dem Kassenwart wurde der Antrag ein⸗ 
—XED 
ichen Beiträgen heranzuziehen, und beschloß die 
Hdauptversammlung, daß die Zöglinge von jetzt ab 
eweils die Halfte des Beitragssatzes für die aktiven 
Turner entrichten sollen. 
Eine eingehende Besprechung veranlaßte der 
nuf der Tagesordnung bezeichnete: Ball mit tur— 
gerischen Aufführungen. Statt dessen einigte men 
ich jedoch, damit der Verein seinen passiven Mit⸗ 
zliedern Unterhaltung biete, und mit seinen Leist⸗ 
ingen mehr an die Oeffentlichkeit trete, am 39. 
s8. M. nachmittags ein Schauturnen und abends 
inen Ball zu veranstalten. Bei günstiger Witterung 
Ausland. 
Bern, 2. Sept. Es sollen Anhaltspunkte 
‚orliegen, daß die Angabe des Graveurs Nicolet, 
zas anarchistische Manifess verfaßt zu haben, 
rotz des eigenen sogenannten Geständnisses falsch ist. 
Nom, 1. Sept. Bezüglich des Abbruchs der 
»atikanisch-russischen Verhandlungen 
zerlautet jetzt, nach dem „B. T.“, der Papst mache 
zie Errichtung einer ständigen russischen Gesandt⸗ 
chaft beim Vatikan zur Vorbedingung der Ver— 
jandlungen; die französische Regierung unterstütze 
»as Verlangen des Vatikans. Ferner verlautet, 
»aß der Vatikan im Einverständniß mit Frankreich 
»etreffs der Errichtung einer Nuntiatur in Peking 
zerhandle. Der Nuntiusposten werde eventuell einem 
rranzösischen Prälaten übertragen. 
Wien, 2. Sept. Die Erzherzöͤge Albrecht 
ind Rainer, sowie der Kriegsminister haben 
ich nach Galizien begeben, um den dort statt⸗ 
indenden Manövern beizuwohnen. 
Wien, 2. Sept. Die czechische Stu— 
dentenschaft richtete abermals eine Adresse an 
die französische Studentenschaft mit der Bekanntgabe