Full text: St. Ingberter Anzeiger

— 0 4 X 
Amtliches Organ des königl. Amssgerichts St. Ingbert. 
der ‚Dt Jugbrrter Frre erscheint taglich mit Aubnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungt Vlatt und Mittwochs und Samstags mi 
Afrirten Beilagen. as Bleu ioflei dierieljährlich 1A G60 einschließlich Tragerlohn; durch die voß berogen 12A 78 4, einschließlid 40 ⸗ Zuflellungsgebuhr. Die 
eũctungsgebuhr far die 4gespaltene Sarmondieile ober deren Raum beiragi bei Inseraien aus der vᷣsaig 10 bei auhßzerpfaltischen und jolchen auf welche die Crvedition 
Aiatni ihen, 10 2, Neklamen 30 . Bei Amaliger Einrücung wird nur dreimalige berechnet. 
— — 
234. J 
Dienstag, 8. Oktober 1889. 
24. Jahrg 
Deutsches Reich. 
Darmstadt, 6. Olt. Der Grobherzog 
don Hessen hat dem Chef des Generalstabes 
zrasen v. Waldersee, des Großkreuz des 
dudwigsordens verliehen. 
Dresden, 7. Okt. Die Gesandtschaft 
deb Sultans von Sansibar befichtigte Vormit 
jags die Kasernen unter Führung des striegs⸗ 
ninisters. Am Donnerstag wird die —AXX 
‚om Koͤnige empfangen werden. 
Berlin, 6. Olt. Wenn auch der Tag der 
anlunft des Zaren in Berlin aus unbekannten 
Fründen in amtlichen Kreisen vor der Oeffentlich⸗ 
seu geheim gehalten wird, so deutet doch alles 
daraufhin, daß der Besuch entgiltig in dieser Woche 
jattfinden wird. Die einzige Schwester des Zaren, 
die Herzogin von Edinburg, ist bereits heute 
mit ihrem Gatten zum Besuch des kaiserlichen Hofes 
zus Koburg eingetroffen und der russische Hofzug 
wird voraussichtlich bereits heute Abend hier an⸗ 
jangen, um zur Verfügung des Zaren zu stehen. 
VBon anderer Seite wird, wie bereits erwähnt, der 
i0. d. als Tag der Ankunft des Zaren bezeichnet. 
Berlin, 7. Olt. Kaiser Wilhelm be⸗ 
abt fich heute Abend 11 Uhr auf dem Dampfer 
Alexandria“ nach Spandau und von dort mit⸗ 
tels Sonderzuges nach Kiel, um morgen das dort 
antreffende englische Geschwader zu begrüßen. — 
die Post“ beftätigt, daß die Kundgebung des 
Reichsanzeigers“ vom 2. Oktober über die „Kreu;⸗ 
eiuung“ unmintelbar von allerhöch sster Stelle 
jerrühre, mit dem Hinzufügen, die bezügliche Ver⸗ 
oͤfentlichung sei auf besonderen Befehl des Kaisers 
eingerückt worden. 
Berlin, 7. Okt. Nach Meldung der „Post“ 
vird, den neuesten Bestimmungen gemäß, die 
Zaiserin Friedrich die Reise nach Athen am 
14. Oktober über Dresden, Wien und Venedig 
nittels Sonderzuges antreten. 
Ausland. 
London, 7. Ott. William Robertson, 
der Deputierte von Brighton, welcher schon laͤngere 
zeit leidend war, tödtete sich gestern. 
Paris, 7. Olt Die aus der Provinz bis 
etzt, Mitternacht, eingelaufenen Meldungen ergeben 
ine bedeutende Mehrheit zugunsten der Repu⸗ 
olitaner. Von 1133 Uhr an verlief sich die 
Menschenmenge auf den Straßen. Bald herrschte 
Ruhe in der ganzen Stadt. In Toulouse sollen 
ernstliche Ruhestörungen vorgekommen 
mehrere Personen verwundet sein. 
Paris, 7. Olt. Das endgiltige Wahl⸗ 
rgebnis ist folgendes: Die neue Kammer 
desteht aus 366 Republikanern und 207 Bou 
iangisten und Reaktionären. Dabei sind die drei 
Wahlfitze der Colonieen Réunion und Guyana, 
welche jedenfalls republikanisch sind, nicht mit ein⸗ 
gerechnet. 
Paris, 7. Okt. Die heutigen Auslassungen 
der Blaätter, soweit sie einigermaßen ernst zu neh⸗ 
nen sind, stimmen darin überein, daß durch den 
epublikanischen Sieg die Revision begraben 
t. Beachtenswert ist, daß viele Monarchisten, die 
oisher durchaus boulangistisch auftraten, heute mit 
großer Uebereinstimmung von Versönlichkeit reden 
ind das Zusammengehen der gemaͤßigsen republi— 
anischen und monarchistischen Elemente als wahr⸗ 
cheinlich betrachten. 
—X 
Aintergrund und wird kaum noch erwähnt. Viele 
Anzeichen deuten darauf hin, daß ein großer Teil 
seiner Anhänger ihn völlig aufzugeben gedenkt, Lokale und pfaälzische Rachrichten. 
umal infolge der Erschöpsung seiner Kasse von *Si. Ingbert, 8. Ott. Man wird sich noch 
—VI—— die früher gebrachte Nachricht erinnern, daß Herr 
fafsung ist allgemein, daß Boulanger endgiltig ab⸗ Bildhauer Jal. Stolz von hier mit seinem Werke 
geihan ist. Pshche“ die goldene Medaille der Alademie der 
unfte in München erworben hat. Das genannte 
Werk, eine Gypsfigur, befindet sich in der Ausstellung 
m Glaspalasi zu München. Ein Berichterstatter 
der „Augsb. A.“ hat darüber folgendes günstige 
Urtheil abgegeben, das wir unsern Lesern mit 
Freude vorlegen: „Durch das Werk des Herrn Stolz 
dird die Muͤnchener Skuͤlptur herborragend reprä⸗ 
entirt und man darf dem Künstler wohl eine schöne 
Zukunft voraussagen. Sicherheit und Tiefe der 
AÄuffaffung, Formgewandtheit und Schoͤnheitsgefühl 
steten hervor. Die jugendliche Mädchengestalt. knieend 
die Hände im Schooß gefaltet, hat vor Allem seel⸗ 
ischen Gehalt, eine der schönsten Ideen der griech⸗ 
ijchen Mythologie in keuscher Anmuth versinnbild⸗ 
lichend. Der Rythmus der Linien, die Weichheit der 
Form, zeigen geiäutertes Naturstudium. das sich von 
der Nüchternheit des Modells zu emanzipieren versteht.“ 
Herr Siolz befindet sich gegenwärtig in seiner Vater⸗ 
sadt und hat auch hier schon verschiedene Arbeiten 
ausgeführt, welche sein großes Talent offenbaren. 
Wir wunschen unserem reichbegabten Landsmanne, 
daß ihm durch Uebertragung der Herstellung von 
Kunsiwerken recht viele Gelegenheit geboten werde, 
fich der weiteren Ausbildung seines Talents zu 
widmen. 
*Nach dem Militär⸗Hauptetat pro 1880990 
deziehen in Bayern 982 Offiziere und Aerzte, 287 
Beamte und 7009 Unteroffiziere und Soldaten 
Pensionen im Gesammtdewrage von 3560,381 
Mark. 
Von der Blies, 7.Okt. Schwer be— 
troffen wurde in Biesingen Lehrer Rudig, 
welchem am Samstag zwei Kinder von 3 bis 5 
Jahren starben. — Von einem ahnlichen Unglück wurde 
nach der „Zw. Z.“ zuBlieskastel der Nachmͤch · 
ter F. Bingert heimgesucht, welchem am Sonntag 
Abend fast in ein und derseiben Minute zwei Kinder 
im Alter von 5 und 7 Jahren durch den Tod 
entrifsen wurden. Dieser Trauerfall ist um so be⸗ 
bauerswerter, als diese Familie erst vor 2 Monaten 
ein Njahriges Mädchen verlor. 
— Zweibrücken, 7. Olt. In der am 
Samstag Abend abgehaltenen Monatsversammlung 
des Turnvereins wurde u. a. beschlossen, an einem 
Sonntag Nachmittag gegen Ende Novemder ein 
Foglings »Preisturnen abzuhalten. Den 
Zeschluß des Abends bildete ein interefsanter Vor⸗ 
— EV 
heinlichen Wert des Turnens. GBtig.) 
Zweibrücken, 8. Oli. Bei der hier 
liegenden Eskadron des 5. Chevaulegers⸗Regiments 
sind 50 Rekruten eingerück. 
— Irheim, 8. Olt. EKin schrecklicher Un⸗ 
glücksfall, der eine arme Familie in schwere 
Trauer versetzte, hat sich gestern Vormittag dahier 
creignet. Der verheiratete Stiftenmacher Kuntz von 
hier fuhr morgens mit einem hiesigen Aderer 
nach Zweibrücken, um Dünger zu holen. Auf dem 
Deimwege übernahm Kuntz die Führung des Wagens. 
da der Fuhrmann noch einige Geschäfte zu besorgen 
hatte. Auf dem Wege nun zwischen Zweibrücken 
uind Irheim fiel K. vom Wagen und kam so un⸗ 
glücklich untet denselben, daß ihm die Räder des 
chwer beladenen Fuhrwerks über den Kopf gingen. 
Schwerverletzt wurde der Verunglückte nach Hause 
geschafft und erlag noch im Laufe des gestrigen 
Sofia, 7. Okt. Die „Agence“ balcanique“ 
meldet: Die zu vierwöchentlichen Uebungen einbe⸗ 
rufenen 28000 Reserbisten sind heute nach Be⸗ 
ndigung der Manbver entlassen worden. Demnächß 
sollen auch die Soldaten entlassen werden, deren 
Dienstzeit abgelaufen ist, damit für Rekruten Plat 
verde. — Man bespricht die Anerkennung 
des Prinzen Ferbinand und erinnert an den 
süngsten Beschluß der Pforte, ein darauf bezügliches 
Rundschreiben an die Machte zu richten. Der Be⸗ 
ichluß sei durch die Umtriebe Nelidows zunichte 
Jeworden. Die Anregung in dieser Frage stehe 
Zer Türkei zu auf Grund des Berliner Vertrages 
Die Turkei solle in Ausübung der eigenen Rechte 
mischieden vorgehen, andernfalls würde Bulgarien 
die Türkei nicht mehr als Suzerän betrachten 
sonnen und selbst ersprießliche Mittel für sein 
Wohlfahrt suchen müfsen. Die Turkei musse fich 
unverzüglich erklaären, wenn sie nicht eines Tages 
hon neuen Ereignissen überrascht werden wolle. 
Belgrad, 7. Okt. Die „Agence Belgrade“ 
neldet: Die der KCönigin Natalie nahestehen⸗ 
den Kreise versichern, daß diese entschlossen sei, 
allen Möglichkeiten die Stirn zu bieten, anderseitẽ 
nus der bisherigen Unthätigkeit trotz des Drängens 
ahlreicher angeblicher Freunde nicht herauszutreten. 
Der mit Zustimmung der Regierung bei der Skup 
chtina einzubringende Antrag über die Regelung 
der Verhälmisse zwischen Natalie und Milan werde 
m wesentlichen darin bestehen, daß für die Königin 
wie für den König das Recht, in Serbien zu ver⸗ 
peilen, zeitlich umgrenzt und beschränkt werde. 
Die Konigin ist fest entschlossen, jeder derartigen 
Zumutung Widerstand zu leisten und werde sich 
Jarauf berufen, daß dieselbe eine Beschränkung 
zaatsburgerlichet Rechte, also eine Verfassungs 
inderung bedeute; hierzu sei aber die kleine Skup⸗ 
qhtina nicht zustündig, da die neue Verfafsung 
vahrend fünf Jah ren nicht abgeandert werden 
dutfe. — König Milan hat bisher, obgleich 
Regenijchaft und Regierung keineswegs gegen eine 
Zusammenkunft des Ronigs Alerander mit 
riner Mutter sind, die Einwilligung noch nicht er⸗ 
seilt. Da Regenschaft und Regierung den Siand⸗ 
punkt einnehmen, daß die Angelegenheit eine Pri⸗ 
„atsache der Koönigseltern sei und König Milan im 
Sinne der Verfassung und des Bürgergesetzes das 
Recht habe, eine Entscheidung in dieser Angelegen⸗ 
deit zu treffen, so dürfe die Angelegeit in der 
Schwebe bleiben. Der Regent Belimarkowitsch be⸗ 
uchte beute die Königin Natalie. 
Petersburg, 7. Okt. Hausminister 
WortonzowDaschkow, der Kommandirendt 
des Haupiquartiers Richter, der Chef der Kanzle 
Braf Olffsufjew und dessen Gehilfe Baron Budbera 
ind heute nach Berlin abgereist. 
Sansibar, 6. Okt. Das italienische 
Zriegsöschiff „Staffetta“ ist heute nach Venedig ab— 
Jegangen. Das englische Kriegsschiff ‚„Agamem— 
non“ sJegelt Donnerstag ab, „Griffon“ nächsten 
Montag. Der deutsche Reichskommissar Hauptmann 
Wißmann teilte den Kaufleuten in Bagamoyo 
mit, der Reiseweg ins Innere sei offen. Han— 
delsleute rüsteien eine Karawane von Mombasse 
nach Mamboioe aus.