Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sieg oder Tod. Sterben ist mein Gewinn— 
die Braut reiste sofort nach ihrer Heimath zurück. 
der jugendliche Bräutigam aber ging zu seinem 
zohn, den er acht Tage vorher verjagt hatte, und 
agte: Lieber Sohn, nun sollst Du wieder in Dein 
haradies einkehren.“ 
7 Prüfungen der Mediziner. Im 
ßrüfungsjahre 1888/89 find in Bayern Doktoren 
ud Kandidaten der Medizin gepruüft worden: (die 
ingellammerten Zahlen beziehen sich auf das 
grüfungsjahr 1887488) bei der Prüfungskommission 
sünchen 195 (193). Würzburg 291 (260), Er- 
angen 82 (1), bestanden haben: München 147 
140), Wurzburg 174 (177), Ersangen 52 (3). 
p. Karlstadt. Die Brandstätte in 
ztetten bietet ein trostloses Bild und da es 
n Mittwoch den Tag üher,regnete, wurden die 
eborgenen noch glimmenden Ernteborräthe, sowie 
je auf freie Plätze geretteten Mobilien, die eben⸗ 
alls nur theilweise verlichert sind, vollends ruinirt. 
jeberall sieht man verweinte, kummervalle Gesichter, 
voch ist alles emsig bei den Aufräumungsarbeiten 
yeschaftigt. Dank der vereinten Anstrengungen der 
zeuerwehren wurde die Gemeinde völliger Vernicht⸗ 
ng entrissen. Abgebrannt sind 35 vollständige 
zeuernanwesen! Feuerwehren waren von 19 
dachbarorten erschienen: von Thüngen, Heslar, 
zinzfeld, Halsheim, Müdesheim, Reuchelheim, 
eugtumbach, Arnstein, Büchold, Bühler, Aschfeld, 
zußenheim, Gössenheim, Himmelstadt, Retzbach, 
zellingen, Karlstadt, Mühlbach und Laudenbach. 
p' Bayreuth, 13. Olt. Die Regieruug 
erbot wegen der Maul- und Klauenseuche die 
ziehmärkte in Bayreuth, Hof und verschiedenen 
ideren Orten Oberfrankens. 
Mäunchen, 10. Olt. Der heute erfelgte 
zod des Etzbischofs von MüncheneFreising, 
ot. Antonius v. Steichele, erweckt überall 
ie lebhafteste Theilnahme. Der Erzbischof war ge⸗ 
ren am 27. Januar 1816 zu Mertingen in 
zchwaben als der Sohn eines Rotgerbers. Die 
zriesterw'ihe empfing er im Alter von 22 Jahtren. 
zor seiner Berufung auf den erzbischöflichen Stuhl 
in München⸗Freising war er Domprobst in Augs- 
urg. Ein gewaltiges Werk „Beschreibung der 
didzese Augsburg“, laßt er undollendet zurück. 
Af Jahre, schreiben die „Münchener Neuesten Nach- 
ichten“, stand Dr. v.Steichele als Erzbischof 
er Diözese München-Freising vor und trotzdem er 
it von koörperlichen Leiden heimgesucht wurde, ist 
eine ganze Amtsführung eine unausgesetzte rastlose 
Arbeit gewesen. Man sah es dem Manne, der an 
oͤrperlicher Größe kaum an das Mittelmaß hinreichte, 
iicht an, welch stählerner Wille ihn beseelte. Nur 
as unter buschigen Brauen scharfblitzende Auge 
erriet, daß in diesem Körper ein außergewöhnlicher 
heist wohnte. Selbständigkeit, hervorragende Arbeits⸗ 
rafl und ein heiliger Berufseifer waren Eigenschaften 
niefes Kirchenfürsten, der die größte Strenge gegen 
ich selbst übte, dabei aber von außerordentlicher 
Nilde und Güte gegen andere war. In seinem 
zribatleben war er die Einfachheit selbst. Seine 
politische Haltung wurde durch zwei bischöfliche Er⸗ 
asse klar gekennzeichnet, durch welche er in dem 
inen Falle seiner Verehrung für das Haus Wit 
elsbach und seiner Liebe zum bayerischen Vaterlande 
lusdruck gegeben, in dem anderen aber seine An— 
anglichkeit und Verehrung für Kaiser und Reich 
zkundete, als er im Juni vorigen Jahres beim 
Tode Kaiser Friedrichs dem Diözesanklerus wahrhaft 
ührende Klageworte vorschrieb, welche zum Ge— 
achtniß an den edlen Todten von der Kanzel herab 
in das Volk zu richten waren. Bemerkenswert ist 
uch, daß er, ebenso wie der verstorbene Bischof von 
dassau, als Erzbischof niemals nach Rom, trotz 
nancher Aufforderung, gereist ist. 
F Munchen. In der ehemaligen Benediltiner 
AUbtei Füssen bei Hohenschwangau wurden in 
mem bisher verborgenen Gemache hochinteressante 
„chriften und Bücher aus dem vierzehnten 
Jahrhundert aufgefunden, als Theil des Archibes 
er einst reichen und mächtigen Abtei. 
f Mänchen. Der hiesige „Kaufmännische 
Berein“ hatte neulich in den Zentralsälen eine 
Zersammlung anberaumt, in welcher laut Tages⸗ 
rdnung die Frage der Sonntagsruhe fuür 
jen hiesigen Kaufmannsstand besprochen wurde. 
zn einer von der Versammlung angenommenen 
tesolution wird das Komité ermächtigt, beim 
deichstage und beim bayer. Landtage die Erlassung 
eesehlicher Vorschriften über die Sonntagsruhe im 
dandelsstande zu beantragen. In der Zwischen⸗ 
eit bis zur gesetzlichen Regelung sollten die Ge⸗ 
chaftsinharer und die betr. Vereine auf dem Wege 
reiwilliger Verständigung bezügliche Ausführungs- 
estimmungen treffen. 
FBanknoteafälscher. Der jugendliche 
Zimmergeselle Hecht in Kreuth, ein tüchtiger 
—X bedenk⸗· 
iche Vergnügen, einen Reichskassenschein herzustellen 
Mit Zirkel, Bleistift, Feder und Tusch gelang ihm 
ies quch auf gewöhnlichem Schreibpapier, so daß 
r diesen Schein in einem Wirthshaus in Wangen 
ils einen echten unbeanstandet ausgeben konnte. Hier⸗ 
zurch ermuthigt, zeichnete er zwei weitere solche 
Scheine, die er gleichfalls ohne Anstand in Jsny 
vechseln ließ. Nun mit Reisegeld versehen, begab 
re sich nach Kempten, woselbst er sich lediglich da— 
nit beschäftigte, falsche Funfmarkscheine anzufertigen. 
Dort zeichnele er 5 solche Scheine, die er sammtlich 
n Kempten und Umgegend an den Mann brachte. 
rẽ7nde Juli ds. Is. kam er nach Ulim, wo er einen 
olchen Schein zeichnete, den er am 3. August in 
iner Wirthschaft zu Neu-Ulm ausgab. Man gab 
hm dort unbeanstandet heraus, entdeckte aber die 
Falschheit des Scheines sofort, nachdem der Ange— 
lagte die Wirthschaft verlassen hatte. Im ganzen 
jat er 9 Fünfmarkscheine angefertigt und ausge⸗ 
jeben, von denen 7 beigebracht sind. Von den 
heschworenen unter Zulassung mildernder Umstände 
ür schuldig erklärt, wurde Hecht zu 3 Jahren und 
z Monaten Gefängniß und djährigem Verlust der 
ürgerlichen Ehrenrechte verurtheilt. 
Muünster. Ein gewiß selten elr 
Falinereignete sich, laut dem „Westf. Merk.“, 
uüngst Abends in hiesiger Stadt. Bei einer armen 
Bittwe erschien ein „fechtender“ Handwerksbursche, 
im zu betteln. Auf die Antwort der Wittwe, daß 
ie selbst für sich und ihre Kinder kein Brod habe, 
neinte der Handwerksbursche, die Frau scheine frei⸗ 
ich ärmer wie er zu sein, griff in die Tasche, legte 
ine Mark auf den Tisch und entfernte sich, in den 
Nachbarhaͤusern weiter bettelnd. 
4 Bergeborbeck, 14. Okt. Auf der Zeche 
Christian Levin“ wurden am Samftag durch 
jerabfallendes Gestein drei Beraleute ge— 
ödtet. 
— Ueber einen in Wadersloh bei Wieden— 
zrück verübten Lust mord wird gemeldet: Am 
Nontag Morgen ging die dreizehmjaährige Tochter 
»es Kolon Rarman, am Schluß der Handarbeits⸗ 
tunde, aus dem Dorfe, um zu dem etwa 40 
Minulen vom Orte gelegenen elterlichen Hof zu— 
uckzukehren. Als das Mädchen gegen Abend noch 
nicht zu Hause angekommen war, machte sich der 
gater mit mehreren Nachbarn auf den Weg und 
uchte die Nacht hindurcch bis zum Morgen die 
janze Gegend ab, jedoch ohne Erfolg. Am an⸗ 
zeren Morgen wurde endlich die Leiche des Kindes 
tast mitten im Dorfe in einem Garten aufgefun⸗ 
den. Der Kopf war vollständig in Stroh einge— 
vickelt, die Kieidungsstücke waren durchgeschnitten 
ind der Körper von oben bis unten aufgeschlitzt. 
die Fuße waren zusammengebunden. Der Morder 
nuß fein Opfer, nachdem er es durch einen Schlag 
nuf den Kopf getödtet — der Arzt konstatirte einen 
Zchädelbruch — an den Füßen aufgehängt und 
hm so die schrecklichen Verstümmelungen beigebracht 
saben. Der Mörder ist in der Person des ver— 
eiratheten Schuhmachers Schulte hierselbst ding 
est gemacht. 
p'Ein Blumenjubiläum. Die Feier 
)er hundertjährigen Kuliur der Georgine, Ceorgina 
Dablia) variabilis, ist auf den englischen Blumen⸗ 
Nusstellüungen durch Aussetzung von besonderen 
HZramien ausgezeichnet worden. Die Blume ist im 
Fahre 1789 aus Mexiko eingeführt und zuerst nach 
zem schwedischen Botaniker Dahl und später nach 
»em Petersburger Akademiker Georgi benannt 
vorden. Dieses durch Größe, Schönheit im Bau 
ind Farbenpracht ausgezeichnete und deshalb auch 
n den Gärten Deutschlands als Herbstzierpflanze 
eliebte Gewächs besitzi Wurzelknollen, welche als 
stahrungsmittel benutzbar sind. 
Fareannachrichten. 
Gestorben: In Pirmasens Daniel Metzger. 
76 J. a; in Neustadt Anna Maria Weckesser, 
jeb. Will; ebendaselbst Wwe. Jakob Haag, geb. 
drieger; auf Lohnmuͤhle bei Dreisen Balentin 
gerg sen., 72 J. a.; in Ludwigshafen Kathrina 
gittermann, geb. Dörner, 31 J. a.; ebendaselhs 
thomas Wirth, 29 J. a. und Jalob Lutz, 40 
80. 
Dienstesnachrichten. 
Die protest. Pfarrstelle in Einollen wurde dem 
dandidaten Bruch in Rieschweiler verliehen. 
— w — — — — — 
Neueste Nachrichten. 
Land ftuhl, 158. Okt. Am nuͤchsten 
Sonntag den 20 d8. findet, der „Zw. 3.“ zu⸗ 
folge, dahier im Burgard'schen Saale eine lhi be— 
rale Wahlerdersammlung slatt, worin 
der Reichstagsabgeordnete Reichscrat Dr. Buhl 
aus dem Reichstag Bericht erstatten wird. 
Munchen, 14. Ott. Zur Gebühren⸗ 
sodellenstehen für' die Ausschußberathung nicht 
veniger als 9 Anträge in Aussicht. Zur Malz— 
rufschlags⸗Nobelle verlautet von einem 
Antrag, welcher die Erhöhurg des Aufschlages ab. 
lehnen und die Ermäßigung um 1 Mk. bis 2000 
Hektoliter ausdehnen will, ferner von einem Antrag 
auf Abstufung zwischen 4 Mt. und 7 Mk. 
(Pf. K.) 
Berlin, 14. Ott. Der „Reichsanzeiger“ 
publiciert die Ernennung des Freiherrn von Ber⸗ 
lepsch zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz. 
Ludwigslust, 14. Ott. Die Hofjagd 
wurde wegen anhaltenden Regenwetters abgesagt. 
Die hohen Herrschaften verleben den Tag in enge⸗ 
rem Familienkreise. Der Verkehr des Zaren mit 
der großherzoglichen Familie, besonders mit seiner 
Schwester, der Herzogin von Edinburg, ist sehr 
intim. Die Abreise des Zaren erfolgt voraussicht⸗ 
lich auf dem Landwege; der Termin ist noch nicht 
festgesetzt. 
Wien, 15. Okt. Die auf gestern Abend 
anberaumte Abreise des Kaisers Franz Josef 
nach Meran ist infolge Verkehrsstörungen durch 
Hochwasser verschoben worden. 
Klagenfurt, 15. Okt. Infolge Schneefalls 
im Gebirge kam das Hochwasser zum Stillstand 
und teilweisen Rückgang. Der Eisenbahnverkehr 
his Linz ist wieder aufgenommen. (S. 3.) 
Theater in St. Ingbert. 
Wieder hat die Direktion Baudrerler gezeigt, 
daß sie für die Wahl ihrer Repertoirstücke eine 
zlückliche Hand befitzt. Das „Nachtlager von 
Franada“ hatte sich eines fast gleich vollbesetzten 
dauses zu erfreuen, wie der „Freischütz.“ Und 
benso ungeteilt war die Anerkennung, welche 
das Publikum der romantischen Oper Konradin 
Zreutzers spendete. Dieselbe, hier noch nicht ge⸗ 
geben, hat sich in der ersten Aufführung die 
Neigung Aller erobert. Wußten ja auch die Mit⸗ 
glieder des Ensembles die verschiedenen Rollen mit 
Merkennenswerihem Erfolg durchzuführen. Die 
Partie der Gabriele wurde durch Frl. Rosen rei- 
jend wiedergegeben. Hr. Anschütz wußte den Jaͤger 
in sehr lobenswerther Weise darzustellen. In Hrn. 
Lang, der als Gomezt gestern zum ersten Mal auf⸗ 
trat, erkannte man einen mit sehr angenehmer 
Tenorstimme ausgestatteten Sänger. Diese alle 
fanden die beste Unterstützung seitens der Uebrigen. 
Besondere lobende Erwähnung gebührt auch Hrn. 
p. Finstec, welcher durch seinen exakten musikalischen 
Vorirag die wunderschönen Melodien zum rich⸗ 
tigen Verständniß brachte. 
Nach diesem ernsteren, gemüthsollen Werk 
Kreutzers werden wir morgen Gelegenheit haben, 
ein Bühnenerzeugniß leichteren Genres kennen zu 
lernen. Es isn dies die komische Oper der „Der 
See Kadett“, von Zell, Masik von Genee. Ueber 
die Aufführung derselben durch die Gesellschaft 
Baudrexler liegt uns ein Bericht aus Dürkheim 
vor, dem wir nachstehendes entnehmen: „Die Dar⸗ 
stellung der Operetten, Der See ˖ Kadeit“ war ent 
schieden die Krone sämmtlicher Aufführungen der 
Besellschaft Baudrerler sowohl in der diesjahrigen 
als auch borjährigen Saison! Interessante Hand⸗ 
lung! Reizende Musik! Treffliches Spiel! Präch⸗ 
tige Gacderobe! Rauschender, nicht endenwollender 
Applaus! Wir haben von dieser rührigen Theater- 
Gefellschaft schon viel Gutes und Schones gesehen 
und gehört; mit gestrigem Abende hat sich die⸗ 
selbe jedoch sozusagen selbst übertroffen. Die Chöre 
waren trefflich einstudirt und erzielten deshalb beste 
Wirkung. Kurzum, es war ein Theaier⸗Abend, 
vie ein ähnlich genußreicher hier noch niemals ge⸗ 
‚oten wurde. Kein Theaterfreund sollte deßhalb 
den Besuch des „See⸗Kadett“ versäumen!“ 
Fuͤr die Redaktion veranwwortlich: F. X. Demeß