Wesen. Und dann das Kaisermanbver, der Kaiser
an der Spitze seiner Armee. Konnte man nicht
meinen, ein neuer Friedrich der Große, der 1786
sein Auge schloß, seĩ in ihm aufgestanden? Wenn
unser Kaiser im Kriegssturm mit gleicher Feld⸗
herrngabe gleich einem Wetter die Feinde zerschmet⸗
terte, wie einst der große Friedrich that, welche
Zuversicht bei den drohenden Gefahren, die uns
umgeben! Der 27. Januar in der Haupistadt an
der Seine und der 27. Januar in der Hauptstadt
an der Spree, — welcher gepwaltige Gegensatz!
Dort ein Sumpf der politischen Verdorbenheit, —
hier der Gipfel vaterländischer Begeisterung; dort
eine kopflose Regierung, vor einem Abenteurer
zitternd, — hier ein Haupt, zu dem Alles ver⸗
jrauend aufschaut; dort ein Volk, von Fieber⸗
schauern geschüttelt und den Wahnsinn im Ange-
sicht, — hier das Feuer einer dankbaren Freude
in allen Herzen; dort die Ungewißheit, mit der
man dem morgigen Tage entgegensieht — hier das
Gefühl der Sicherheit und des gefestigten Bestandes!
Sollten wir uns dessen nicht freuen? Wir wären
ja unwerth der großen Zeit, deren Zeugen wir sein
durften, wenn nicht des Reiches Größe und Herr-
lichkeit, worin das Sehnen und Hoffen langer Jahr⸗
hunderte seine Erfüllung gefunden hat, unser ganzes
Herz uns erfüllte. Uns selber wollen wir heute
zurufen: Vorwärts mit Gott für Kaiser und
Reich! In die Weite aber soll es schallen als
Antwort auf die ehernen Grüße, die zu uns her ·
üüberklangen: Gott segne und schütze unsern Kaifer!
Ja, Kaiser Wilhelm, der treue Herrscher eines
treuen Volkes, der Schirmherr deutscher Ehre, der
Schützer“ des Friedens lebe hoch!
* Wie aus allen Gegenden des deutschen Reichs
so kommen namentlich auch aus den Städten und Ork⸗
schaften der Pfalz Nachrichten über zahlreiche Ver⸗
anstaltungen zur Feier von Kaisersgeburistag. In Lud—
wigshafen, Frankenthal, Speyer, Dürkheĩim, Neu—
stadt, Landau, Kaiserslautern, Zweibrücken, Pir⸗
masens fanden größere Banketts siatt, während in
anderen Orten besonders die Kriegervereine sich
angelegen sein ließen, den Tag festlich zu begehen.
Ueberall trugen die Festlichkeiten einen ungetrübt
herzlichen Charakter und bewiesen die vaterländische
Gesinnung des pfälzer Stammes und seine treue
Anhänglichkeit an das Reich.
*— Im Jahre 1888 starben in der
Pfalz folgende katholische Geistliche:
1) Pfr. Fr. Zimmermann in St. Martin, 69
Jahre; 2) Decan Fr. J. Huth in Pirmasens, 64
Jahre; 83) Pfr. Fr. Ries in Kirrweiler, 71 Jahre;
O9 Decan J. Becker in Dudenhofen, 59 Jahre;
5) Pfr. El. Kunkel in Ruppertsberg, 69 Jahre;
6) Pfr. C. Waldecker in Heiligenstein, 59 Jahre;
7) Dompropst Joh. Peter Busch in Speyer, 84
Jahre; 8) Pfr. J. D. Dengel in St. Ingbert,
57 Jahre; 9) Caplan C. Gleßgen in Fischbach,
27 Jahre; 10) Pfr. M. Burgey in Godramstein,
42 Jahre; 11) Pfr. L. Thum in Albersweiler,
48 Jahre alt.
— Zweibrücken, 28. Jan. Die gestrige
Vorstellung des Schnelläufers Dibbels
nahm auf dem Markiplatz unter dem Andrang
einer zahlreichen Zuschauerschaft einen recht inte
ressanten Verlauf. Herr Dibbels zeigte sich dem
mitwirkenden Wettpferde in allen Trab⸗Arten
gewachsen und errang mit 60 Runden in 13
Stunden einen „durchlaufenden“ Erfolg. Bei der
ersten Runde glitt das Pferd infolge der herrschen⸗
den Glätte aus und stürzte der Reiter; da die
Verletzungen keine erheblichen waren, konnte der
Ritt fortgesetzt und in )4 Stunden durchgeführt
werden. Von hier geht Herr Dibbels nach Pirma—
sens und später eyv. nach Homburg, wo es einem
Wettlauf mit Veloziped gilt.
— Pirmasens, 28. Jan. Am Mittwoch
Abend hält der Schriftsteller Herr Friedrich v.
Hellwald im Kaufmännischen Verein einen Vortrag
über: „Rußland in Mittelasien.“
— Heltersberg. Für den 1. Mai ist uns
hier die Errichtung einer Poststelle in Aussiche gestellt.
Zweimalige Postbotenfahrt wird Waldfischbach mit
mit unserem Orte verbinden.
— Ein Kind verbrannt. Am Freitag
Nachmittag ereignete fich in Zeselberg ein sehr
bedauerlicher Unglücksfall. Die Eheleute Wagner
waren Geschäfte halber auswärts und vertrauten
ihre zwei Kinder einem älteren Mädchen an. Das⸗
selbe war genöthigt, in der Nähe Wasser zu holen
Als es zurückkam, bot sich ein schrecklicher Anblick:
das jungste Kind, ein Mädchen von zwei Jahren,
tand in Flammen. Sofort übergoß es das Kend
nit Wasser, allein das arme Wesen hatte solche
grandwunden erlitten, daß es nach 10 Minuten
derschied. Wahrscheinlich hatte das unglüdliche
xtind sich am Ofen zu schaffen gemacht, wobei
ein Kleid Feuer sing.
— Ein seltsames Vorkommniß soll sich nach
dem „L. T.“ in dem Annweiler Hinter—
vwalde bei einer Treibjagd ereignet haben. Bei dieser
Belegenheit kam ein Rehpaar auf einen Treiber
u, welcher bei diesen Jagden gewoͤhnlich mitwirkt.
IAls das (wahrscheinlich verscheuchte Paar) dem
Treiber nahekam, fließ dieser einen Schrei aus,
porauf der Bock voraus einen Seitensprung machte
ind sich überpurzelte. Der Treiber eilte flüchtig
dem Bocke nach und vecwischte denselben mit der
inken Hand am Hinterlauf, worauf Bock und
Treiber miteinander den Berg abwärts purzelten.
An einem Buchenbäumchen blieben beide hängen
der Bock links, der Treiber rechts, wo es dem Letz-
eren gelang, aus der rechten Seitentasche sein Messer
zu holen und den Bock zu knicken. Nach Feststell
ingen war der Bock nicht, was man vielleicht
glauben könnte, angeschossen.
— Gute Tage scheinen eben die Zigeuner
in Landau zu haben, denn der Eilb. meldet:
die Bande wird so lange hier bleiben, bis es ge⸗
ungen sein wird, die Heimath derselben zu er—
nitieln. Das hat natürlich seine Schwierigkeiten,
u deren Beseitigung die Zigeuner am allerwenigsten
elbst beitragen; auf die Frage nach der Geburts⸗
ätie der einzelnen Glieder der Bande erfolgte zu—
neist die Antwort: „Eine Wiese, der Wagen“
der Uehnliches. Bis zur Ermittlung der Heimath⸗
erhältnisse wird die Bande hier auf Staatskosten
erpflegt werden, jedoch erfolgte mit Rücksicht auf
den Unterricht im Gymnasium und der Realschule
ie Ueberführung des Zigeunerlagers nach dem
Zouterrain bei der weißen Kaserne. Bemerkens-
verth ist, ist daß bei der Bande auch nicht die
Zpur irgend einer gewerblichen Thätigkeit zu er⸗
zicken ist; sie ernährt sich lediglich durch den Bettel
in der verschiedensten Form und angeblich auch
durch Pferdehandel, bei welchem natürlich nicht die
Verkäufer die „Geleimten“ sind. Es bleibt jeden-
alls eine merkwürdige Erscheinung, daß unsere
sonst so vorsichtigen Landleute solchem Gesindel
zegenüber ein Vertrauen an den Tag legen,
dessen dasselbe in keiner Beziehung würdig ist.
— Edenkoben, 27. Jan. Als gestern
Vormittag Herr Adjunkt Satter von hier seinen
mit ihm im Hofe seines Anwesens im Gespräche
zewesenen und in hohem Alter stehenden Vater,
Zerrn Anton Satter, Oekonom dahier, auf kurze
Jeit verlassen hatte und ihn wieder aufsuchen wollte,
sand er denselben zu seinem großen Schrecken auf
einem Speicher erhangt vor. Die sofort angestell⸗
ten Wiederbelebungsvbersuche blieben erfolglos. Die
Motive zu dieser Zeit dürfen darin zu suchen sein,
daß der Verlebte in jüngster Zeit Spuren geistiger
—A
licher Behandlung sich befand. M. Bz.)
— Der Stadtrath von Neustadt beschloß
in letzter Sitzung einstimmig, gegen den Beschluß
des kgl. Bezirksamts, welches die Genehmigung des
durch die Bürgerbversammlung beschlossenen Anlehens
»on 500000 Mk. versagt, bei der kgl. Regierung
se kurs zu ergreifen.
— Speyer, 27. Jan. Aus den sehr um⸗
angreichen Verhandlungen der gestrigen Stadtraths⸗
itzung ist als besonders bemerkenswerth zu bezeich⸗
ien, daß die Jakobsgasse für die Zukunft den Na⸗
men Heydenreichstraße führen soll, als Andenken
an den unlängst verstorbenen großen Wohlthäter
der Armen und der Stadt. — Von den Zinsen
aus der Hilgardstiftung erhalten nach der N. Bz.
die Bildhauer Emil Wolf und Meinhard zusammen
200 Mk.
— In Wachenheim beabsichtigt man die
Bründung eines Bau⸗Pereins zur Schaffung
neuer Wohnhäuser im Werthe von 2000 — 3500
M, welche durch Verloosung und nach Leistung
einer Anzahlung von mindestens 1000 des Haus-
wverths, sowie Gewährung von Ratenzahlungen
bis allenfalls zu 20 Terminen in das Eigenthum
der Vereinsmitglieder übergehen sollen.
— Unterrichtskurse für Baderge—
hilfen werden in diesem Jahre in dem Kranfken-
zjaus München, dann in den Krankenhäusern zu
Augsburg, Frankenthal, Nürnberg und
Regensburg abgehalten.
— Am 13. Mai l. J. beginnt eine Pruf⸗
rag für das Gerichtsschreiberamt; die
elbe wird von den Prüfungskommissionen bei den
zandgerichten München IFrankenthal, Wurn
zurg und Augsburg abgenommen.
— Die rühmlichst belannte Wagenfabrit
3. H. Bedmanntin Kirchheimbolanden
eierie geslern ein Jubiläum: der 1000. Wagen is
ertiggestellt. Ein außerst eleganter Jagdwagen
nit ganz vorzüglicher Einrichtung, für 12 Personen
Platz bietend, welche durch einen baldachinartigen
hdimmel gegen alle Witterungsverhältmisse geschuͤh
ind; ferner ist auch vorgesehen. daß die Jagi-
junde mitfahren können und haben dieselben ihr
esonderes Coupe. Ein großer Raum zur Aufb⸗⸗
vahrung des erlegten Wildes, eine ganz geschich
mgebrachte Einrichtung zur Aufbewahrung der
Zewehre und Räumlichkeiten für sonstige Utensilien
erboliständigen das prächtig ausgeführte Kunstwerk.
Drei Kronen mit Monogramm zieren die Seiten
und Hinterfläche. Herr Baron Eugen v. Gienanth
in Eisenberg ist der Besteller. Die Fabrik beschäftigi
uurchschnittlich 36 —44 Arbeiter und ist die große
Ztrebsamkeit des Herrn Beckmann im In⸗ und
Ausland rühmlichst bekannt. Oscdpf. Bz)
— Gasbeleuchtung in den Eisen—
bahnzügen. Im Laufe dieses Frühjahres
werden sämmtliche auf den Pfaälzischen Strecken
fahrenden Personenwagen, insofern dies noch nicht
der Fall ist, mit Gasbeleuchtung versehen werden
und wird jeder Wagen zu diesem Behufe ein Gas—
reserboir mit den entsprechenden Leitungen erhalten.
Die Ausführung hat eine Firma im jenseitigen
Bayern erhalten. (Vzʒt.)
Vermischtes.
Die „S.“ u. Bl.Zig.“ schreibt: In der
deutschen Presse war in den letzten Wochen vielfach
die Rede von einer Kaiserreise nach Meßt,
Ztraßburg, Saarbrücken u. s. w., welche in diesem
Frühjahr stattfinden werde. Die Zeitungen wußten
ereiis über die kleinsten Details des Programms
zu dieser Reise zu berichten. Demgegenüber glau—⸗
den wir auf Grund zuverlässiger Informationen
nittheilen zu kͤnnen, daß Se. Majestät für die⸗
ses Jahr eine Reise nach den Reichslanden
nicht in Aussicht genommen hat. Damit schwin ⸗
et leider auch die Hoffnung, den geliebten Herr⸗
cher in diesem Jahre in unserer Saargegend weilen
u sehen. — Gelegentlich des Geburtstages St.
Maj. des Kaisers und Königs hat Herr Geh. Rat
Freiherr v. Stumm in Neunkirchen für jeden
Arbeiter des hiesigen Eisenwerkes ein Exemplar der
Lebensbeschreibung nebst mohlgelungenem Portrait
Sr. Majestät besiimmt. Es wird gewiß für die
ca. 3200 Arbeiter eine bleibende Erinnerung an
den ersten Geburtstag Kaiser Wilhelm's IIJ. bilden.
F Die Stadtverordnetenversamm⸗
lbung in Saarbrüscken beschloß die sofortige
fErbauung einer sechsklassigen Schulbaracke in der
Nähe des Gymnasiums behufs Unterbringung ver⸗
chiedener Gymnasialklassen. — Eine beachtenswerthe
Wurst hat Herr Metzgermeister Konrad Köhler,
Fisenbahnstraße hier, angefertigt. Sie hat meht
als 2 Meter Lange und ein ganz delikates Füllsel.
Das Monstrum von einer Wurst wird, wie die
„S. Z.“ hört, von zwei festlich gekleideten Metzger⸗
zesellen am Mittwoch in die Kappensitzung der
„M'r sin nit so!“ gebracht, und soll dort, nach⸗
dem der Präfident „Charles Le Beau“ davon ge
kostet, der Gesellschaft zum besten gegeben werden.
In Kreuznach find falsche 2,0 und!
Markslucke in Umlauf; dieselben kennzeichnen sich
durch großen Bleigehalt und können deshalb am
dlange leicht von den echten Geldstücken unterschie⸗
den werden.
Mannhbeim, 26. Jan. Es sind nunmeht
3 Jahre verflossen, daß ein lediges, unbescholtenes
Dienstmädchen Namens Margaretha Ries
sier ermordet wurde, ohne daß es bisher gelungen
vare, den Thäter ermitteln zu können. Runmehr
cheint Licht in das Dunkel kommen zu wollen.
Wie hekannt, wurden dahier die Einbrecher Böhler
und Schwarz dingfest gemacht und es steht
iunmehr Letzterer auch im Verdacht, den Mord an
»er Margarethe Ries verübt zu haben. Schwar;
var nämlich zu der Zeit, als der Mord vollbracht
vurde, Wirth im „Pfalzgraf Ludwig“ hier, wo—
elbst das betr. Mädchen letztmals gesehen wurde.
kin Diebsgenosse des Schwarz hat nunmehr aus
Jesagt, daß Letzterer ihm Mittheilung vom Morde
ezw. dem Thäter gemacht habe. Darnach hätie
—„chwarz die Ries im Aborit feiner Wirihschaft
K
pp
i