Full text: St. Ingberter Anzeiger

Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 4. Jan. Wie schon ange⸗ 
kündigt, steht uns für morgen hier ein hoher musi⸗ 
salischer Genuß in Aussicht durch die Auffüührung 
des Oratoriuns „Die Geburt Jesu“, welche 
in der ebang. Kirche um 8 Uhr nachmittags be⸗ 
ginnt. Der Ruf, welchen sich durch dasselbe der 
beranstaltende Dudweiler Verein erwarb, berechtigt 
gewiß zur Erwartung eines schönen Kirchenkonzerts. 
Möge demselben ein recht zahlreicher Besuch zutheil 
werden. 
2Wie bereits mitgeteilt wurde, ist der Haupt⸗ 
lreffer der Elf kath. Landkirchen den Zwit ings⸗ 
schwestern Frl. M. u. B. Schmidt zugefallen. Das 
zlückliche Loos wurde bei Herrn Jakt. Dahl, 
Friseur, dahier gekauft. 
** Der Allgem. Kranken⸗, Unterstüß⸗ 
ungs- und Sterbekasseverein St. Ing⸗ 
bert hält morgen Nachmittag 83 Uhr im kleinen 
Saale des Cafe Becker die statutenmäßige General⸗ 
versammlung ab. Auf der Tagesordnung stehen: 
Bericht über den Stand des Bereins. Rechnungs⸗ 
ablage und Neuwahl des Ausschusses. Dieselbe 
zeigt sich somit für die Mitglieder von Wich⸗ 
ligleit. 
*Eine Generalversammlung des Vereins „Ge⸗ 
mütlichkeit“wird nächsten Mentag, abends 8 Uhr 
im Vereinslokale (F. Frank) stattfinmen, für welche 
als Tagesordnung festgesetzt ist: Rechnungsablage, 
Neuwahl des Ausschusses und Ausloosung von 
Vereinsaktien. 
*— Auf Grund der bisher gemachten Erfah⸗ 
cungen bezuüglich der Ausbezahlung der Unfall⸗ 
entschädigungen durch die Post und im 
Hhinblicke auf das bevorstehende Inkrafttreten des 
Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes find die 
Vorschriften der Geschäftsanweisung für die Vor— 
stände der Berufsgenossenschaften vom 27. September 
1885 und deren Nachträge durchgreifenden Verein⸗ 
fachungen unterzogen und gleichzeitig die Einrich⸗ 
ungen so getroffen worden, daß dieselben sich dem⸗ 
nächst auch auf die gemäß des Gesetzes über die 
Inbaliditäts- und Altersversicherung zu leistenden 
Zahlungen anwenden lassen. Die von der Direktion 
der kgl. bayerischen Posten nund Telegraphen festge⸗ 
ietzte neue Geschäftsanweisung trat mit dem 
l. Januar 1890 in Kraft, es ist aber den Berufs⸗ 
genossenschaften die Weiterverwend ung der vorhan⸗ 
denen, nach dem bisherigen Muster hergeflellten 
Formulare bis zum Schlusse des Jahres 1890 
gestattet worden. 
*— die Beleuchtungsfrage spielt 
heute in den Städten und Familien eine große 
Rolle. Gas, Elektrizität und Petroleum liegen 
mit einander im Streit und innerhalb jeder 
Brennart bekämpfen sich wieder zahlreiche Systeme. 
So hat man nach der „Str. Post“ Gasbrenner 
erfunden, durch welche das Gas gleiche Helligkeit 
erlangt, wie das elektrische Licht. Ein mit einer 
chemischen Flüssigkeit imprägnirtes, sehr feines 
Geawebe in Gestalt eines Hütchens wird über den 
Brenner gestülpt, das Gewebe glüht vollständig 
aus und nur die Impiägnirung bleibt bestehen 
und verleiht dem Gaslichte eine Helligkeit, die es 
mit dem elettrischen vollständig konkurrenzfähig 
macht. Leider sind diese Lichthauben aber so 
empfindlich, daß sie bei leiser Erschütterung schon 
in fich zusammenfallen, was diese Art der Hellig⸗ 
keitserzeugung kostspielig machen würde, wenn 
diese Brenner nicht, wie versichert wird, ganz un⸗ 
perhälinißmäßig wenig Gas verbrauchten. 
— Erfweiler. Ver S8jährige Knabe einer 
Frau aus E. war dieser Tage in großer Gefahr. 
Die Ftau hatte ihre drei Kinder allein zu Hause 
gelassen. Der Knabe wollte mit Feuer spielen und 
da er gesehen, wie seine Mutter oft die Erdöle 
flassche nahm und mit Erdsl Feuer anmachte 
so goß er auch deren Inhalt in den Kohlenkasten 
und zündete an. Die Flammen schlugen hoch 
empor, und wvenn nicht durch das Hilfegeschrei des 
ältesten Mädchens und den Feuerschein aufmerksam 
gemacht, die Nachbarin gleich herbeigesprungen wäre, 
so hätte das Kind wahrscheinlich seinen Fütwitz mij 
dem Leben bezahlt. (Pf. M.) 
— Homburg. Die hiesigen Wirte und 
Tanzsaalbesitzer haben nach der „Pf. Pr.“ einen 
Vertrag abgeschlossen, wonach keiner der Kontra⸗ 
henten bei Tanzzelegenheiten Bier verschänken 
darf, widrigenfalls derselbe als Konventionalstrafe 
eine Geldbuße von 100 Mk. an die hiesige Armen⸗ 
tasse zu entrichten hat. 
— Die VPostverbindung zwischen Kusel 
und Ba umholder ist vom 1. Januar ab inso— 
fern veränderi, als die Post nicht mehr von Kusel 
uus nach Baumbolder geht, sondern von Baum⸗ 
holder aus in Kusel abgeholt wird. Der Post⸗ 
wagen kommt Morgens halb 9 Uhr in Kusel an 
und geht Abends nach Baumholder zurück. 
— Der Stand der Bevölkerung der Stadi 
taiserslautern war am 81. Dez. 1889 
38347 Seehen. 
— Pirmasens, 3. Jan. An Stelle des 
zumsk. Bezirksamtsassessor in Haßfurt beförderten 
Herrn Wilh. Metz wurde für die Restdauer des 
dandtags der Regierungspraktikant Herr Theodor 
Ddüurr von Spey'r dem hies. k. Bezirksamt als 
unktionirender Ass ssor beigegeben. 
— Landau, 2. Jan. Mit welcher Frechheit 
nanche Stromer die Betitelei betreiben und 
zas Mitleid mildthätiger Personen zu erregen 
vissen, beweist nachstehender Vorfall. Kam da 
gestern Abend ein anscheinend einarmiger Hand⸗ 
perlsbursche in die Wirtschaft von Herrn Hugo 
Wehner dahier und bat bei den anwesenden Gästen 
im Unterstützung. Auf Befragen, wo er seinen 
Arm verloren habe, erklärte derselbe, in einem 
Steinbruche, und machte dabei eine so traurige 
Miene, daß er einem wirklich dauerte. Einer der 
inwesenden Gäste hegte jedoch Verdacht bezüglich 
er Angaben des Gauners, rief denselben, ein 
Zehnpfennigfstück hinhaltend, zu sich näher heran 
ind unterzog ihn einer körperlichen Untersuchung, 
pobei er den vermeintlich fehlenden Arm an's 
Tageslicht beförderte und auf diese Weise den 
Schwindler entlarvie. Bevor die Anwesenden sich 
aus ihrer Ueberraschung erholt hatten, war derselbe 
rus der Wirihschaft verschwunden und erst nach 
eine Entiernung kamen die guten Gedanken, daß 
nan ihn hätte festhalten und der Polizei über⸗ 
iefern sollen. 
— Aus Landau wird über folgenden Preis— 
zampf berichtet: Zuerst annoncirte nämlich ein 
daufmann Petetrs im „Landauer Anzeiger“ das 
Pfund Zucker zu 30 Pfennig. Ein Kollege ver— 
uchte hierauf, ihm das Geschäft zu versalzen, 
ndem er 29 Pfennig annoncirte. So ergab fich 
nachstehende Preis-Berderberei in den aufeinander 
olgenden Nummern des „Anzeigers“: 
ser. 246: Zucker per Pfd. 80 Pf. FIrz. Peters, 
Landau. 
Nc. 247: Zucker per Pfd. 29 Pfg. Gg. Müller, 
Kaufhaus, Landau. 
Nr. 248: Zucker per Pfd. 28 Pfg. Irz. Peters 
Landau. 
Jct. 249: Zucker per Pfd. 27 Pf. Gg. Müller, 
Kaufhaus, Landau. 
sr. 250: Spezialität: Rohe u. gebr. Kaffee's, Zucker 
gratis. Frz. Peters, 
Landau. 
Der Sieg in diesem Kampfe blieb natürlich dem 
Zratis-Verkänfer. Als aber die freudig herzu— 
römenden „Käufer“ den Gratis-Zucker abzuholen 
amen, erhielten sie drei Stücklein „Quotlibet“ und 
eldst wer 28 Pfg. für das Pfund Zucker bot, er⸗ 
nielt ihn nur dann, wenn er auch Kaffee kaufte. 
(M. T.) 
— Billigheim. Der Tabakverkauf 
zat nun hier seinen Anfang genommen. Es wurden 
wa 150 Zentner von den Herren Gedrüder Fried 
n Ingenheim gekauft und zwar zum Preise von 
3 224 Mtk. Vermittelt wurden die Käufe durch 
zen hiesigen Makler Joh. Käufer. Es ist nur zu 
erwundern, daß das Tabaksgeschäft hier bis jeßt 
o flau ging, frotzdem der hiesige Tabak wieder 
ehr gut ausgefallen ist und sih durch sein Blatt 
ind guten Brand auszeichnet. (L. A.) 
— Speyer. Um den Preis von 113500 
Nk. ging das große Hotel „Rheinischer Hof“ 
m den Kaufmann Herrn Theodor Kemm über. 
detzterer betrieb bisher ein Weißwaarengeschäft am 
iesigen Platze. — In nicht langer Zeit wird die 
iesige neugegründete BRaumwollspinnerei 
hre Thätigkeit beginnen. 
— Deidesheim, 3. Jan. Das CErheben 
»es Wochenmarktstandgebühren für das Jahr 
890 ging durch Versteigerung von vor— 
jestern zum Preis von 390 Mtk. an den Speng 
ermeister Eschenfelder über. Im letzten Jahr 
erbrachte die Erhebungsgebühr der Gemeindelasse 
300 Mtk. 
— Wachenheim. Vor einige Tagen mel— 
dete eine Frau bei der hiesige Bahneinneh—⸗ 
nerei an, daß sie wahrscheinlich am Billetschalter 
in Gohdstück von 10 Mek. verloren babe. Da 
zie Nachforschungen hiernach vergeblich blieben, so 
zlaubte die Frau, daß sie dasselbe wohl zu Hanse 
siegen gelassen. Jetzt hat sich nun das Goldstück 
wirklich in einer Ecke in der Nähe des Billet⸗ 
schalters gefunden. Nun fehlt aber die Eigen⸗ 
thümerin, da sie es übersehen, ihren Namen 
hdei der Vahneinnehmerei anzugeben. Die verlorene 
Zrone kann sie bei der Bahnkasse erheben. 
— Ludwigshafen. Ein Herr aus unserer 
Nachbarstadt Frankenthal, welcher am Shylverster— 
ibend hier jedenfalls des Guten etwas zu viel 
gethan hatte, kam Nachts gegen 2 Uhr an den 
Zilletschalter des hiesigen Bahnhofs, um sich ein 
Billet zu lösen. Da um diese Zeit kein Zug ab⸗ 
gjeht und der Schalter geschlosser ist, so konnte dem 
Wunsche des Frankenthaler Herrn nicht entsprochen 
verden. Derselbe ließ sich nun beigehen, an dem 
Billetschalter sechs Glasscheiben zu zertrümmern und 
o lange Unfug zu verüben, bis er durch Schutz⸗ 
eute in Nummer sicher gebracht wurde, wo sich 
eine blinde Wuth hoffentlich bald gelegt hat und 
er zu einer besseren Einsicht gelangt ist. (Kl!) 
— Die Siadt Ludwigshafen zählte am 
S„chluß des vergangenen Jahres 27350 Ein⸗ 
vohner. 
— Die Badische Anilin⸗und Soda⸗ 
abrik in Ludwigshafen hat an ihre Ar⸗ 
deiter, welche 10, 15, 20 und 25 Jahre in der 
Fabrik beschäftigt sind, ansehnliche Neujahr s⸗ 
ßeschenke vertheilt, die namentlich für letztere 
Dienstzeit fich auf 300 Mk. belaufen. Fur die 
Folge sollen diese Geschenke regelmäßig bei Zurück- 
egung der vorgenannten Dienstzeit alljährlich an 
steujahr vertheist werden. In den betheiligten Ar⸗ 
eiterkreisen hat dieses ansehnliche Geschenk viel 
Freude bereitet. 
— Frankenthal, 3. Jan. Die Frau 
velche, wie gemeldet, sich vor einigen Tagen durch 
inen Schnitt in den Hals schwer verwundete, 
darb heute Nachmittag an diesen Verletzungen. 
— Fn Frankenthal erbrach der Kessel- 
chmied Josef Leger, in Siudernheim wohnend, 
z»ei Wirth Calletsch die Rauchkammer und hieß 
ein ziemliches Quantum geräucherten Schweine— 
leisches mitgehen. Die Gendarmerie fand bei 
hren Recherchen ein Stück des entwendeten Flei- 
ches auf Legers Ofen vor, welches für ein leckeres 
Nahl in Zubereitung begriffen war. 
— Goͤllheim. Die „Nordpf. Bg.“ schreibt: 
Am Neujahrstage fand die Beerdigung der im 25. 
debensjchre verstorbenen Kathchen Schläfer unter 
ingemein zahlreicher Betheiligung statt. Von 
dirchheimbolanden, wo die Verstorbene bedienstet 
har, waren etwa 20 Theilnehmer gekommen. Nicht 
edoch lediglich der Theilnahme, sondern auch der 
5ntrüstung über die Behandlung, welche die 
hersltorbene seitens ihrer Dienstherrschaft er⸗ 
ahren hatte, wurde lebhaft Ausdruck gegeben. Das 
Hädchen war erst aus dem Spitale entlassen worden, 
vo es wegen einer Verbrennuug des Armes durch 
'ochendes Wasser Heilung gesucht hatte und klagte 
sald darauf seit mehreren Tagen der vorigen Woche 
iber Krankheit; doch die Herrschaft verweigerte ihr 
zie Erlaubniß nach Hause zu gehen und behandelte 
zasselbe noch in den letzten Tagen in einer Weise, 
zaß der Vater am Samstag das Mädchen abholte. 
stoch in der darauffolgenden Nacht machte im elter- 
ichen Hause der Tod den Leiden des Mädchens 
ein Ende. Die Herrschaft verweigerte auf so—⸗ 
'ortige Mittheilung auch dann noch die Heraus⸗ 
zjabe der Sachen, da fie den Angaben keinen 
Ilauben schenkte. Der Fall gibt Zeugniß von einer 
renzenlosen Lieblosigkeit und die uns geschilderten 
Finzelheiten können hier nicht alle wiedergegeben 
verden. 
Vermischtes. 
Dudweiler, 2. Jan. Ein Zeichen sehr 
sesunden Schlafes gab ein hiefiger Wirth. Am 
Neujahrsmorgen begab sich die Bergkapelle, 24 
Mann stark, in eine hiesige Wirthschaft. Trotz schon 
vorgerückter Morgenstunde lag der Wirth noch in 
Motpheus Armen gefangen. Die ganze Kapelle 
dellte fich um das Bett inhaltlich des schlafenden 
Wirthes auf und bliesen sage und schreibe einen 
Choral, einen Walzer und eine Ouverture, ohne 
daß es gelungen wäre den Schläfer zum Aufwachen 
zu bringen, was schließlich ein kleiner „Hau hau“ 
sju Stande brachte, der gehörig an der Decke 
jerrte, dabei vielleicht auch etwas Fleisch vom Fuße 
nitgriff. Das Gesicht des Schläfers soll beim Er— 
vahen allerdings ein sebhr erstauntes qewesen 
in. (9