pEine mysterisse Geschichte. Die
taronin Alfonse Rotzschild ist bekanntlich vor
niger Zeit auf der Reise von Köln nach Paris
am Juwelen im Werthe von 60,000 Francs be⸗
johlen worden. Londoner Meldungen zufolge
hurde der Dieb dort aufgegriffen. Er ist ein
Imerikaner, Namens Thomas Pitt, kaum 25 Jahre
it und einer der schönsten, elegantesten Männer.
pitt, ein Mediziner, der vor dem letzten Examen
seht, legte ein umfassendes Gestandniß ab. Schon
seit längerer Zenm beschäftigt er sich mit Hypnotis⸗
us und hat darüber in New York ein Buch er;
cheinen lassen. Er gibt den Diebstahl zu, aber
er habe denselben nur verüht, weil er die
varonin bhypnotisiren und als Medium siudieren
wollte. Es sei absolut nicht seine Absicht gewesen,
die Juwelen zu behalten. Zum Beweise, daß er
reinerlei Ursache zum Diebstahle hatte, zog er eine
qsut gefüllte Brieftasche hervor. Er erzählte weiter,
haß er sich auf der Reise furchtbar gelangweilt und die
Ziit mit hypnotischen Experimenten vertreiben wollte.
FFt hätte das Experiment, um auch die Baronin zu
unterhalten, gern mit einer dritten Person gemacht;
zum Unglücke“ war außer ihm und der Baronin
siemand im Coupé . Die Baronin war mit
Leichtigkeit hypnotisirt und in einen Zustand ge—
bracht, in welchem fie jedem seiner Befehle unde—
dingt gehorchte. Er habe dies aus dem Grunde
geihan, weil die Baronin, mit welcher er kurz
vorher Uber den Hypnotismus sich unterhalten
hatte, seine Worte mit Zweifel aufgenommen hatte.
Er habe der Baronin ad oculos demonstriren
wollen, daß der Hypnotismus kein leeres Wort sei.
die Juwelen habe er deshalb nicht bei der Batonin
gelassen, um sie für ihre Zweifel zu bestrafen, das
heißt, sie einen, zwei Tage in Angst zu lossen. Er
erzählte sodann, daß die Baronin nach ihrer
Hypnotisirung auf seinen Befehl: „Gehen Sie
mir Ihr Juwelenkästchen!“ sofort gehorchte und
ihm dasselbe übergab. Thomas Pitt, dessen Vater
aus Boston telegraphisch mehrere tausend Dollars
Kaution schickte, wurde nach eintägigem Aufenthalte
im Gefängnisse auf freien Fuß gesetzt.
Berhin, 1. Nov. Der „Times“ wird von
hier in Bestätigung der Mitteilungen anderer Blätter
geschrieben: Ich bin in der Lage mitzuteilen, daß Dr.
KochEntdeckungeine Methode umfaßt, durch
welche alle Parasiten und Bazillen im menschlichen
Körper getödtet werden können. Der Diphtiherie Ba⸗
zillus wird zunächst Gegenstand der Untersuchung
durch den Gelehrten, wenn die ersten Erfolge be—
züglich des Tuberkel-Bazillus veröffentlicht sind,
wenn auch der Diphlerie Bazillus als wirklich vor⸗
handen noch nicht bestimmt als zerstörende Mikrobe
rkannt ist. Dr. Koch wird wahrscheinlich sein
heilmittel gegen die Schwindsucht früher veröffent
uchen als vorausgesetzt war, da die schwindsüchtigen
sranken, die unter seiner Behandlung in der Cha—
rite standen, meist qünstige Forischritte in der Ge—
nesung machen. Bis zu dieser Veröffentlichung
wird Dr. Koch nicht einmal die Erkundigungs⸗
ichreiben über seine Heilmittel öffaen. Fünfhundert
Telegramme aus England, Frankreich und Amerika
und zahlreiche Briefe sind an ihn gelangt, seit die
Nachricht von dem erfolgreichen Ergebnis seiner
Arbeit in die Welt gedrungen, und diese Korre—
spondenz wächst stündlich.
Berlin. Die „Deutsche medizinische Wochen⸗
schrift“ erwähnt, daß die Behandlung derLungen⸗
schwindsucht sich vor einer ganz neuen uner—
wartet glücklichen Epoche befiadet. Die Versuche
Kochs werden gegenwärtig in der unter' Professer
Leyden stehenden Abteilung des Charite Kranken⸗
hauses unternommen.
F Ueber die Erscheinung, das Befinden und die
debensweise des Grafen Moltke schreibt die
„N. Z. Zig.“ „Molike ist noch dieselbe hagers
Erscheinung, etwas gebückter, etwas vergilbter und
ein wenig morscher in der Haltung, aber noch
immer hellen Auges. Er hat in letzterer Zeit
einigen Aerger mit dem Magen; die Verdauung ist
nicht gut und das verstimmi gelegentlich den ganzen
Koörper. Ehemals war er ein starker Raucher, jetzt
muß die Cigarre mehr dem Schnupftabak weichen,
wofür ihm die Kaiserin eine prächtige mit Diaman⸗
ten besetzte Dose schenkte. Auch das Gehör läßt
naturgemäß an Schärfe nach, und das ist fur den
Aten Herrn allerdings doppelt schmerzlich, da er ein
leidenschaftlicher Musikfreund ist und sich Abends
tundeniang an Cllo· und Kiapier · Vorlrägen er—
dötzen mag. Darin iß er ganz der Gegensatz Bis
march's, der weder die eigenen musikalischen Fertig⸗
keiten Moltke's besitzt, noch für die Musik Anderer
vesonders eingenommen ist. Darin ähneln sich dagegen
Beide, daß sie vom Thegterbesuch gar nichts halten.
aber daheim gern gute Schriftsteller lesen und auch
ür ein Bonmot empfänglich sind, selbst wenn
dasselbe etwas gepfeffett ist.“
F Ein großer Bau-Arbeitgeberbund
ist in Bildung begriffen, um überall, wo Streiks
nusgebrochen bezw. zu erwattien sind, mit den Ge⸗
fellen u. s. w. auf gütlichem Wege zu verhandeln
»ezw. durch ein gemeinsames Zusammengehen den
VBergewaltigungen der Arbeitgeber entgegen zu
rreten. Eine Kommission in Berlin arbeitet eben
die Statuten aus.
F Großes Aufsehen ruft eine Bekannt
machung des Amisgrrichts in Schwiebus her—
yor, durch welche über das Vermögen des Ritt—
neisters a. D. Joh. Frhrn. v. Manteuffel auf
Topper der Konkurs eröffnet worden ist. Der Ge⸗—
nannte ist der Sohn des verstorbenen General
Feldmarschalls und Statthaliers von Elsaß Loth—
cingen, Freiherrn Edwin v. Manteuffel, der die
heiden Rittergüter Toppr J und DV im Kreise
rossen besaß uud in Topper beigesetzt ist. Nach
inem Tode ühernahm sein Sohn die beiden Güter,
welche 3152 Hektaren, davon 1104 Hsktaren Aceer,
umfossen und einen Grundsteuer Reinertrag von
15,352 Mark haben. Der Eindruck, welchen jene
Bekanntmachung verursacht, wird noch vermehrt
durch die von einem Gerichisvollzieher in Guben
veröffentlichte Anzeige, nach welcher in einigen
Tagen auf dem Rittergute Topper außer Wirth—⸗
chaftsgegenfsländen werthvolle Oelgemälde, Büsten,
Basen, sehr werthvolle Gold- und Silbersachen in
zroßer Zahl, eine „große Siegessäule“, ein
Scheffsmodell“ u. s. w. zur Zwangsversteigerung
kommen. Man wird nicht fehl gehen, wenn man
diese Gegenstände als einen Theil des heweglichen
Nachlasses des Feldmarschalls ansieht, manche
khrengeschenke, weiche dem Oitzteren zu Thdeil
vurden, werden jetzt wohl unter den Hammer
'ommen. Der Vaier des Feldmarschalls war, wie
noch erwähnt weren mag, der 1844 in Magde⸗
zurg verstorbene Chef-Prösident des dortigen Ober⸗
Landesgerichts.
Erzherzog Johann verschollen.
Johann Orth, der frühere Eczherzog von Oster-
reich, hat bekanntlich mit seinem eigenen Schiff, das
er silbtt als Kapitän befehligte, eine Reise nach
Montebideo unterrnommen und ist von dort am
LI. Juli ds. Is. nach Valparaiso weitergefahren
Man hat seitdem von ihm und dem Schiffe nichts
nehr gehört und gesehen. Da die Rrise von
Montebideo nach Valparaiso höchstens 530 Tage in
Anspruch nimmt, so steht zu befürchten, daß dem
—ADDVVV
waren es genau hundertzwei Tage, seitdem man
von Herrn Johann Onh ohne jede Nachricht ist.
Briefe, die an seine Adresse, sowohl nach La Plata,
wo er bis am 11. Juli weilte, wie auch nach
Valparaiso abgeschickt wurden, bis blieben jetzt unbe—
antwortet.
T Die Vereinigten Staaten von
Nordamerika haben nach dem endgiltigen Ergebnisse
der letzten Volkszählung zur Zeit eine Bevölkerung
von 62 480 540 Seelen.
F Die Gefahr, unversehens photo—
zraphirt zu werden, wird immer größer. Vor
einiger Zeit erregte es schon Aufsehen, als berichtet
wurde, doeß man photographische Apparate zu
Moment Aufnahmen in Hüten und Operngläsern
anbringe und dieselbe zu gegebener Ziit wirken
lasse. Jitzt ist auch diese Anotdnung üderholt und
ein Amerikaner hat nach Mittheilung des Patent⸗
und technischen Bureaus von Richard Lüders in
Göͤrlitz, eine Cravatte mit Vorstecknadel konstruirt,
bei der die Polster der Cravatte die Camera, die
Vorstechaadel des Odbjektiv eines photographischen
Apparates bilden. In der Camera befindet sich
eine Anzahl verschließbarer Rahmen, in welche die
präparirten Platten eingeschoben werden. Unter
einander sind die Rahmen durch eine endlose Kette
»erbunden und werden durch Drehung eines
Znopfes, der in einem hohlen Westenknopf ange—
zracht ist, mit den Platten in die gehörige Stellung
vor dem Odjektiv gebracht. Das Ogjektiv selbst
wird durch Luftdruck, der durch Prisn eines in
der Tasche zu tragenden Gummiballes erzeugt wird,
Jeöffnet und geschlossen. Da die Cam⸗ra nur 0,2
Zoll stark und von den Bestandtheilen des Apparates
nicht sichtbar ist, so ist erklärlich, daß durch solch
photographische Cravatten ganz unauffällig beliebige
Bilder fixirt werden können. Dieser Bilderraub
kann auch in Massen betrieben werden, da die
Camera eine Anzahl Platten enthält.
a,Kritische Tuge.“ Für das Jahr 1891
macht Rudolf Falb folgende „kritische Tage“ nam⸗
haft: Kritische Tage erster Ordnung: 18. Sep⸗
tember, 17. Oktober, 10. März, 8. Apeil, 19.
August. 9. Februar, 16. Nobember,. 8. Mai.
Kritische Tage zweiter Ordnung: 10. Januar, 21
Juli, 25. März, 15. Dezember, 6. Juni, 24.
April, 3. Oktober, 1. November. 238. Mai. Kri—
tische Tage dritter Ocdnung: 28. Februar, 22.
Juni, 3. September, 31. Dezemder. 1. Dezember,
4. August, 25. Januar, 6. Juli. Für das laufende
Jahr stehen noch 4 solcher Tage bevor. Es sind
dies: der 12. November und der 12. Dezember,
Tage zweiter Ordnung, sowie der 26. November
und 26. Dezember, kritische Tage dritter Ordnung.
Volks⸗& Landwirtschaftliches.
Die neuen Vertragspreise der königl.
Bergwerksdirektion Sagaarbrücken für Januar
bis Juni 1891 sollen sich fast allgemein billiger
stellen, nämlich für 26 Kohlensorten um 20 - 140
Pig. pro Tonne. Nur 3 Sorten schlagen um
I0 -50 Pfa. auf, 14 Sorten bleiven unver—
ändert.
Gemeinnüũtziges.
Bekanntlich ist das Rußen der Oefen und
Herde ein besonders von den Hausfrauen schwer
gehaßter Uebelstand. Als gutes, einfach-s Mittel
dagegen werden uns die Kartoffelschalen brzeschaet,
welche in so vielen Haushaliungen als nuztzlos
weggeworfen werden. Tägzlich eine Schppe voll
Kartoffelschasen in das Fruer geworfen, genüge,
um die Röhren von Ruß vollständig freizuhalten.
Durch Beimengung von etwas Salz werde diese
Wirkung noch erhöht. Das einfache Mittel soll
sehr gut sein.
Dienstesnachrichten.
Ernannt: Pfarramtskandidat H. Aug. VDoöͤrr
von Ludwigshafen zum Privatvikar bei Pfarrer
Seitz in Duchroth-Oberhausen. Das selbfländige
Vikaͤriat Erfenbach wurde (om 1. November an)
zu einer Piarrsteolle erhoben. — Ausgeschri⸗bene
Pfarreien: Obermoschel (mit der Dekanatsfunktion)
und Weisenheim alS. Termin: 16. November.
Zolldienst. Hauptzollamtsoffizial Munzert
in Ludwigshafen wurde zum Zollberwalter in
Zweibrücken auf Ansuchen ernannt, der Steuerober—
kontroleur Rechenmacher in Zweibrücken auf An—
fuchen' nach Nürnberg und der Stcuroberkontroleur
Steinle in Ludwigshafen auf Ansuchen nach Regens—
burg versetzt; der Zollassistent Neu in Ludwigs⸗
hafen wurde zum Hauptzollamtsofsizial dortselbsi
ernannt.
Verkehr. Vom 1. Dezember an wird die
Postexpedition in Rhodt sowie Telephon⸗Verbindung
mit Edenkoben errichtet. Als Postexpeditor in Rhodt
wurde der bisherige Postexpeditor auf Dienstvertrag
in Göcktingen, Maarer, bestimmt.
Neueste Nachrichten.
Muünchen, 83. Nov. Bei der Audienz, welche
der Prinz-⸗Regent dem Reichskanzler v. Cap—
ribi am 5. ds., mittags 1 Uhr erteilt, ist Se.
Kgl. Hoheit von dem Generaladjutanten Frhr. v.
Frayschlag begleitet und vom sog. kleinen Dienst,
bestehend aus dem k. Oderstzeremonienmeister Fhr.
Vergier v. Perglas, dem dienstihuenden Flügelad—
jutanten und zwei Kämmerern umgeben. Zu der
Prunktafel um 4 Uhr werden geladen die sämltichen
Staatsminister, die hier befindlichen Mitglieder des
Bundesrates, die Staatsräte und der kal. preuß
Gesandte Graf Rantzau. (3. 3.)
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demeß.
—
Reklamen.
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