Full text: St. Ingberter Anzeiger

* L 4 R 418 
Amtlich — P II 
des königl. Amtsgerichts St. p b * a 
ngbert. 
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Erxveditior Uustunft ertheilt. 15 4 Neklamen 80 . Lei Amaliger Cinrddung wird nur dreimalige berechnet. 
25. Jahrg. 
259. 
Freitag,“ Movember 1890. 
Deutlches Reich. 
München, 5. Nov. Die baherische Regier— 
ing hat über die Verwandischaft oder Nichtver⸗ 
vandischaft der Redemptoristen mit den 
gesuiten drei Gutachten eingeholt, und zwar eins 
son dem inzwischen verstorbenen Herrn von Döl⸗ 
inger, die beiden andern aber von den theologischen 
Fakulttäten zweier bayerischen Uaiversitäten. Mit 
nesen drei Gutachten wird sich, laut der „Koͤln. 
zig.“, der Justiz-Ausschuß des Bundesrats zu be⸗ 
chäfiigen haben. Inwiefern Bundesrat und behye— 
ische Regierung auch von jenem andern Gut ⸗ 
achten, welches sich, wie es scheint, die Redemp⸗ 
aristen im Vatikan zu beschaffen gewußt haben, 
denntnis nehmen werden, dürfte noch unent⸗ 
chieden sein. 
München, 6. Nov. Reichskanzler v. Ca⸗ 
Iridi hatte gestern Abend 6 Uhr im Ministerium 
ꝛes Aeußern eine einstündige politische Unterhaltung 
nit Fehrn. v. Crailsheim. Von O bis 113 
hr verweilte Herr v. Caprivi auf einer Abendge⸗ 
ellschaft bei Ccailsheim. Er saß dabei zwischen 
em Finanzminister v. Riedel und der Gemahlin 
»es Frhrn. v. Crailsheim. Er unterhielt sich mit 
ammilichen Ministern und sprach hesonders ein⸗ 
ehend mit dem Kultusminister v. Müller üder die 
stedemptoristen und mit dem Minister des Innern 
Frhrn. v. Feilitzsch über die Vieheinfuhr. Die hier 
imgehenden Nachrichten von dem Rücktritte des 
zrhen. v. Feilitzsch sind unbegründet. 
München, 6. Nov. Reichskanzler v. Ca- 
ridi ist heute um 11 Uhr 25 Minuten vormit⸗ 
ags nach Mailand weiter gereist. Bei der Abfahrt 
yes Reichskanzlers waren der Minisierpräsident v. 
Krailsheim, der preußische Gesandte Graf Rantzau, 
er bayerische Gesandte in Berlin, Graf v. Lerchen⸗ 
eld und der italienische Gesandte, Chevalier Cova, 
m Bahnhof anwesend. 
Berlin, 6. Nov. Gutem Vernehmen der 
Sirb. P.“ nach, ist an Stelle des von seinem 
dommando entbundenen Generals v. Heuduck 
»er Gouverneur von Straßburg. General der In- 
anterie v. Lewinski, zum kommandirenden Ge⸗ 
neral des XV. Armeekorps, der Kommandeur der 
.. Garde Infanteriedivision, Generallieutenant v. 
Sobbe, zum Gouverneur von Straßburg und der 
Oberquartiermeister, Generallieutenant v. Holleben, 
um Kommandeur der 1. Garde⸗Infanteriedivision, 
owie Generalmajor Oderhaffer, Kommandeur der 
8. Jafanterie-Brigade, zum Oderaquartiermeister 
ernannt worden. 
Berlin, 6. Novb. Die „Kreuzzeitung“ be—⸗ 
jätigt heute die Meldung, daß infolge der Be— 
ufung des Konsistorialrans Dryander zum 
„chloßprediger an Stelle des für lange Zeit beur— 
aubten Hofpredigers Dr. Kögel sowohl Heri 
5töcker wie Herr Schrader dem Könige ihre 
rẽntlassung als Hof-⸗ und Domprediger angeboten 
saben. — Die Arbeiterschutzkommission 
des Reichstags beriet heute den (vom sogenannien 
Lrucksystem handelnden) Paragraphen 115. Der 
este Absatz dieses Paragraphen wurde underändert, 
er zweite mit einigen von Stumm und Kleist⸗ 
Ketzow beantragten etläuternden Einschaltungen, die 
baragraphen 116 bis 119 unverändert ange⸗ 
iommen. 
Treue. Er werde die Verfassung und die Gestze 
»es Landes deobachten. Weitere Erklärungen seien 
zherflüssig. Er beziehe sich auf die vor achtzehn 
Monaten abgegebenen. Die teuersten Hoffaungen 
der Luxemdurger stimmten mit seinn innigsten 
Wünschen überein. Er hoffe mit den Luxemburgern, 
daß der Himmel die Liden des Königs lindern 
und der Königin Kraft an dem Krankenlager 
hres Gemahls verleihen möge. Der Herzog schloß 
nit dem Wunsch für das Wohl des Vaterlandes 
ind einem dreimaligen Hoch auf den König, was 
ie Kammer mit einem Hoch auf den Regenten er⸗ 
piderte. Die Kammer dvegleitete die Stellen über 
ie gleichen Gefühle, welche das Land und den 
stegenten beseelen, mit Beifall. Der Kammerbvor- 
tand wurde mit der Abfassung einer Antwort⸗ 
idresse betraut. Die Sttzung wurde auf eine 
Biertelstunde aufgehoben. 
Paris, 6. No. Deputirtenkammer. 
Fortsetzung der Beratung des Budgets des Aeußern. 
Ddeclasse (Opportunist, Rdocteur der „Répu⸗ 
lique Frangaise) ist mit dem Geist, der die Lei— 
ung der auswärtigen Politik durchdringe, einver- 
janden, findet aber die Ergebnisse nicht befriedi— 
send. Bei Gelegenheit der Umwandlung der äthp- 
ischen Schald hätte Frankreich die Neutralifirung 
lepyptens fordern müssen. Den Verttag mit Eng⸗ 
and üder Sansibar radelt der Redner und fügt 
inzu, man rede jetzt von einem Bündnis zwischen 
rrankreich und England, aber es gebe ein anderes 
n den Thatsochen begruündetes Bündnis. Deuisch— 
and habe ein Bündnis gegen Rußland geschlossen. 
Is es sich mit Oesterreich und Italien verbündete. 
Während dieser Bund sich knüpfte, hätten zwei 
indere Nationan zu verstehen gegeben, daß sie diest 
eltsame und furchtbare Vereinigqung nicht fürchteten. 
)eute werde der Dreibund von seinen Urhebern 
elbst der Verständigung zwischn Frankreich und 
stußland gegenüber für unzureichend hefunden. Die 
zuteressen schmiedeten die Bündnisse; wenn daher 
wei Mäte gemeinsame Interessen hätten, so be— 
tehe auch de facto ein Bund zwischen ihnen. Mi⸗ 
nister des Aeußern Ribot, erwidert, Frankreich 
ei friedlich; es bedrohe niemand, verberge 
ber auch nicht, was es thue, um seine Heere in 
ztand zu setzen und den Notwendigkeiten jeder Lage 
u entsprechen. Die Umwandlung der ägyptischen 
Schuld sei kein Zugeständnis an England, sondern 
m das ägyptische Volk gewesen. Auch habe man 
die Erzielung von Ersparnissen vorbehalten. Aber 
nan habe nicht die Vermehrung der äscyhptischen 
Armee als Bedingung stellen koönnen; denn eine 
'olche Vermehrung würde lediglich den englischen 
Interessen dienen, den Abzug der englischen Trup⸗ 
den aus Aegypten aber nicht um eine Stunde be- 
—XDV 
zie sofortige Räumung Aegyptens zu erzielen. Man 
nusse warten, bis England sein Versprechen, das 
s nie gelengnet habe, erfülle. Das Haus tritt 
odann in die Beratung der einzelnen Artikel ein. 
zeconte (radikal) verlangt Aufhebung drr Gesandt⸗ 
chast beim Vatican. Sein Antrag wird jedoch 
nachdem sich Ribot dagegen ausgesprochen hat, 
nit 317 gegen 205 Stimmen verworfen. Der 
xtat des Ministeriums des Auswärtigen wid dar⸗ 
ruf angenommen. 
RMom, 6. Nob. Der Bischof von Metz, Dr. 
F leck ist, wie hier angenommen wird, vom Vatikan 
ehufs Auskunft Aber die Besetzung des Bistums 
Straßburg nach Rom berufen worden. 
Mailand, 6. Nob. Ministerpräsident Crisp 
st in Begleitung seines Kabinetschefs und zweier 
A 
uind von den Spitzen der Behörden empfangen 
vorden. Er nahm im Hotel Cavour Absteig quar- 
ier. Reichskanzler v. Caprivi wird morgen früh 
3111 Uhr hier erwartet. Das Gerücht. der dies⸗ 
mige Bo schafter in Wien, Nigra, würde der Zu— 
ammenkunft Crispis und des deutschen Reichs 
anzlers beiwohnen, ist vollkommen unbegründet. 
Nigra hat fich in Monza bei dem König verab- 
chiedet und ist nach Wien abgereist. Am Samstag 
vird Reichskanzler v. Caprivi in Monza behufs 
Aeberreichung eines kaiserlichen Handschreibens von 
Zönig Humbert empfangen. Nach dem Empfange 
wird Herr v. Coprivi Ehrengast bei dem Frühstüch 
der Königsfamilie sein. Die Rückceise nach Berlin 
rfolgt im Laufe des Sonntags. 
New NYork, 6. Nop. Nach den bis jetzt vor⸗ 
liegenden Wahl-Nachrichten sollen die 
Demokraten eine Mehrheit von mehr als 100 
Stimmen in dem nächsten Kongreß haben. Die 
„New⸗PYork Times“ schätzt die Mehrheit auf 151, 
die „Sun“ sogar auf 160. Mac Kinleh ist 
in Obio mit 421 Stimmen unterlegen. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 7. Nob. Es besteht noch 
heute in weiten Kreisen die Anschauung, ein 
Wirth könne, wenn er gleiches Bier aus 
einer und derselben Brauerei mit einander ver⸗ 
mische, sich überhaupt einer GenußmittelVerfälschung 
nicht schuldig machen. Das ist irrig. Wenn z. B. 
sog. vortägiges Bier, um es trinkbar zu machen, 
am Krahnmin mit frisch angestochenem Bier, wenn 
auch gleicher Sorte, vom Wirthe vermischt und zum 
Ausschank gebracht wird, ohne daß das Publilum 
auf solchen Verschnitt aufmerksom gemacht wird, so 
jetzt sich der bett. Wirth der Bestrafung mit Ge— 
ängniß und Geldstrafe bis zu 1500 Mark nach 
dem Reichssnahrungs- und Genußmittelverkehrsgesetz 
wus. Dieser Auffofsung ist das Reichsgericht in 
»inem neuerlichen Urtheil beigetreten, obgleich bisher 
eine große Zahl deutscher Gerichte derartige Ver⸗ 
schnitle als eine erlaubte allgemein übliche Ge— 
schaftsmanipulation betrachteten. Als wsentlich für 
den Thatbestand einer solchen Verfälschung erklärt 
das Reichsgericht, daß cin frisches Bier durch Zu 
sotz von wenn auch ursprünglich gleichartigem Bier 
tofflich eine Veränderung erlitten hat, welche g.⸗ 
ignet ist, eine Tauschung über seinen wahren Ge⸗ 
hzalt und sein Wesen zu erwcken, und in dieser 
Zusammensetzung eine thatsächliche Verschlechterung 
des unter gewöhnlichen Verhältnissen zum Ausschank 
Jelangenden Normalbieres darstellt. Der Wirth 
ann sich der gesetzlichen Strafe nur entziehen, wenn er 
solches Bier vor dem Ausschank als „Verschniitbier“ 
»der „vortägiges Bier“ u. s. w. erklärt, bezw. das 
Publikum durch Anschlag in allgemein erkennbarer 
Weise hierauf aufmerksam gemacht hat. 
— Blieskastel, 5. Nob. Besitzwechsel. 
Wie der „Pf. M.“ erfährt, ging die Brauerei 
zum Schloßberg durch Kauf um 180 600 Mt. in 
den Besitz des seitherigen Teilhabers Syffert über. 
— Pirmasens, 6. Nob. Das Untersuch 
ungsgericht von Zweibrücken nahm heute in der 
Angelegenheit des ermordeten Glade unter Bei— 
sein des Mörders eine Ortsbesichtigung vor. Eine 
Jroße Menschenmasse hatte sich an der Stelle ein— 
jefunden, sowie vor dem Sitadthause versammelt, 
woselbst das Zeugenverbör stattfand, um den Moörder 
zu sehen. (Zig.) 
Ausland. 
Luxemburg, 6. No. Kammer. Herzog 
Ldorfsvon Näafsau betonte in seiner Ansprache, 
em ergangenen Rufe folgend, leiste er den Eid der