Full text: St. Ingberter Anzeiger

auch den Postboten während des Jahres einen 
achttägigen Urlaub zukommen ließe und die Stell⸗ 
bertretung aus Staatsmitteln bezahlen würde. Wie 
ich in Erfahrung gebracht, haben die Postboten der 
jenseitigen Kreise sich an den Landtag gewendet, 
mit der Bitte, es möge bei vorkommendem Urlanb 
von einigen Tagen die Stellvertretung aus der 
Staatskasse vergütet werden. Unsere Postboten aus 
der Pfalz wollen sich nun der Petition ihrer 
Kolegen im jenseitigen Bayern anschließen.“ 
— Zweibrücken, 28. Nov. Eine herbe 
Kunde durcheilt unsere Stadt. H eute Vormittag 
2 12 Uhr ist Herr Rechtsanwalt Hugo Schmidt 
nach längerem Leiden gestorben. Die Trauer— 
nachricht von dem Dahinscheiden des hochgeschätzten 
Mitbürgers wird weit über die Grenzen unseres 
Bezitkes hinaus, in der ganzen Pfalz mit herzlicher 
Anitheilnahme vernommen werden. Gedoren 
am 19. Juli 1847 zu Otterberg bei Kaiserslautern 
als der Sohn des kgl. Notars Schmidt, widmete 
fich der Entschlafene, nachdem er das Gymnasium 
in Speyer besucht, dem Rechtsstudium auf den 
Ho hyschulen von Erlangen, Wurzburg und Hiidel⸗ 
berg, destand den Staatscorcurs im Jahre 1874, 
und wirkte seit dem Jahre 1878 als t. Adodkat⸗ 
anwalt, seit 1879 als Rechtsanwalt in Zweibrücken, 
in welchem Berufe er sich bald einen hochgeachteten 
Namen erwarb. In den wenigen Mußestunden, 
welche ihm seine umfangreiche berufliche Thätigkeit 
übrig ließ, beschäftigte sich der Dahingeschiedene vor⸗ 
zugsweise mit geschichtlichen Studien, deren Früchte 
er teilweise in mancher schätzenswerten geschichtlichen 
Abhandlung niederlegte. Aber auch im öffentlichen 
politischen Leben entfaltete Herr Anwalt Schmidt 
ein reges Interesse. Beseelt von inniger Liebe zu 
seinem engeren und weiteren Vaterlande, durch⸗ 
drungen von entschieden nationaler Gesinnung trat 
er, allezeit ein warmer Freund von Kaiser und 
Reich, in Wort und Schrift für die Pflige des 
nationalen Gedankens ein und war steis mit ganzer 
Seele dabei, wenn es galt, seine Anschauungen zu 
vertreten und zu bethätigen. Die nationalliberale 
Partei des Wahlkreises Zweibrücken⸗Pirmasens, der 
engere Ausschuß des libsralen Wahlvereins und u. 
a. der westpfälzische Zweigbverein der deutschen Ko— 
lonialgesellschaft betrauern in ihm ein eifriges lang 
jähriges Mitglied. Zig.) 
— Em recht trauriger Vorfall wird 
aus Etschberg gemeldet: Die Eheleute Adam 
Fauß waren am Donnerstag nach Quirnbach ge⸗ 
gangen, um dort einen Gewinn der Pferdelotterie 
zu erheben und hatten 3 Kinder, 9, 8 und 
Jahre alt, in der Wohnung eingeschlossen zurlickge⸗ 
lassen. Nachmittags bemerkten Nachdarn Rauch am 
Fenster, auch schien das am Fenster stehende 8 
Jahre alte Kind um Hilfe zu bitten. Kurz ent⸗ 
schlossen schlugen die Leute das Fenstec ein uud 
drangen in die Stube, woselbst das alteste Kind 
bereils todt aufgefunden wurde; die anderen beiden 
hatten ebenfalls Brandwunden. Vermuthlich hat 
uͤngeschicte Verwendung von Petroleum das Un⸗ 
glück verschuldet, aber auch das Verhalten der 
Eltern wird nicht vorwurfsfrei bkeiben. 
— Morbach, 27. Nov. Der Musiker Hein⸗ 
rich Merle von hier gewann in der Quirnbacher 
Pferdelotterie ein Pferd, welches er sofort dort 
wieder um den Preis von 400 Mk. verkaufte. 
— Den zahlreichen Schülern und Freunden 
des Herrn Seminarlehrers K. Hildebrand in 
Kaiserslautern wird der Hinweis erwünscht 
sein, daß derselbe am 1. Dezember d. Is. sein 25. 
Dienstjahr als definitiver Lehrer der dortigen 
Lehrerbildungsanstalt vollendet. 
— Rodalben. Seit einigen Tagen zirku- 
lirt eine Liste hier durch Herrn Maschinenwerk- 
meister Viktor Wiestler der Pirmasenser Wasser⸗ 
leitung. Dieselbe beabsichtigt, sobald sie die 
entsprechenden Abonnenten bekommen, hier eine 
Leitung mit Wasser, sowie auch elektrisches 
Lich weinzufuühren. Es sollen sich bis j gt schon 
biele Abonnenten für Wasser, sowie für Licht ge⸗ 
meldet haben. 
— Pirmasens, 27. Nov. In der heutigen 
Stadtraftssitzung kam u. a. folgendes zur 
Verhandlung: Dem Schneiderlehrling Philipp Hoff 
mann wird zum Besuche der Kreisbaugewerkschule 
in Kaiserslautern das städtische Stipendium von 
100 Mi. zugewiesen. — Eine Bitte des pfälzischen 
Verschoͤnerungsbereins um einen Jahresbeitrag wird 
abschlägig beschieden. — Nach einer an das k. 
Bezirksamt gelangten Mitteilung der k. Regierung 
kann den Obe⸗rlehrern an den Volksschulen nicht 
jugemutet werden, diese Funktion unentgeltlich aus- 
zuüben. Es wurde daher jedem dieser Lehrer eine 
Zulage von 100 Mk. für die Ausübung dieser 
Funktion bewilligt. Außerdem wird von diesen 
Oberlehrern eine Person ernannt, die ausschließlich 
mit der vorgesetzten Behörde zu verkehren hat, und 
diesem Lehrer wegen Mehrarbeit 200 Mk. zuge⸗ 
wiesen. — Die pProtestantischen Schüler in den 
Bemeinden Fehrbach, Petersberg undStaffelhof können 
egünsfigungsweise, unter allem Vorbehalt die hiesigen 
Schulen besuchen. — Von Herrn Adjunkt Leinen- 
veber ist der Antrag gestellt worden, die Erbauung 
der neuen Straßen den betreff⸗nden Anwohnern 
nuf deren Kosten zu übertragen, ähnlich wie dies 
in Ludwigshafen der Fall ist. Da der Antrag 
pon weittragender Bedeutung ist, wird derselbe an 
den Bauausschuß zur Beratung überwiesen. — In— 
folge der am 1 Januar eintretenden Invaliditäts« 
und Altersversorgung ist die Aufstellung eines 
tüchtigen Beamten hierzu notig. Das Anfangsgehalt 
'ür diesen Beamten soll 100 Mk. betragen und 
wird die Stelle ausgeschrieben. — Infolge des 
tarken Besuchs der Realschule ist der Z'iichensaal 
)erselben zu klein. Es wird deshalb der Schön⸗ 
chreibunterricht von Nebenlehrern erteilt werden 
und wurden hiefur 192 Mt. genehmigt. 
— Am nächsten Sonntag begeht laut „P. A.“ 
derr Lehrer Zundel in Pirmasens mit 
einer Gattin die Feier der silbernen Hochzeit. 
— Landau, 28. Nov. Besitzwechsel.) 
Zerr Bademeister Huschler verkaufte sein Haus in 
der Kirchstraße in der Nähe der weisen Kaserne 
ür 11000 Mt. an Hen. Tünchermeister Eisen⸗ 
hardt hier. 
— In Jocgrim brach dem „L. A.“ zu 
Folge ein 16jähriges Bürschchen aus Hagenbach in 
ine Wohnung ein und entwendete daraus einen 
Heldbeutel mit 4 Mk. 80 Pfg. Inhalt. 
— Ruchheim. Schon in den Herbstferien 
vährend des Monats Oktoder wurde der Ausbruch 
mfieckender Rinderkrankheiten — Roötheln 
Masera, Keuchhusten u. d. dgl. — konstatirt. Die⸗ 
elben hielten dann so rasch ihren Einzug, in den 
inzelnen Familien, daß die am 3. November be⸗ 
jonnene Winterschule nun schon seit 14 Togen 
vieder geschlosseu ist. Bei einem probeweise ge— 
nachten Versuch die Schule zu beginnen, fehlten 
n der prolestantischen Vorbereitungsschule von 80 
indern 73, in der protestantischen Oberschule von 
4 Kindern 53, in der katholischen Schule von 
33 Kindern 25, in der israelitischen Schule vvn 
11 Kindern 10. Daß in den schlimmen Charakier 
)er Krankheit kein Zweifel zu setzen ist, bdeweist 
die traurige Thatsache, daß in kurzer Zeit 7 Kinder 
— darunter bereits vorgerücktere — dem unheim— 
lichen Gaste zum Opfer fielen. 
— Speyer, 27. Nor. Die Herrn Brauerei⸗ 
irektor H. Schwartz gehörige Dampfholzschnei⸗ 
erei im Kämmerer gelegen, wurde um den Preis 
on 25,000 Mk. an Herrn F. A. Gettert aus 
Ftankenthal verkauft. Derselbe beabsichtigt, dortselbst 
ine Eisengießerei zu errichten. (Pf. K.) 
— Speyer, 28. Nov. An der hiesigen kgl. 
Realschule ist die Lehrstelle für Zeichnen 
nn Erledigung gekommen. Der mit dieser Stelle ver⸗ 
yundene Jahresgehalt beträgt 2280 Mk., welcher 
ih nach Ablauf von drei Dienstjahren um 860 
Mk., nach weiteren zwei Dienstjahren um 180 
Mtk. und sodann in Quinquennien um je 180 
Mk. erhöht. Außerdem steht vom 1. Januar ein 
ahrlicher Wohnungszuschuß von 180 Mt. in 
Jussicht. Bewerber haben ihre mit den vorge—⸗ 
chriebenen Nachweisungen belegten Gesuche bis 
ängstens 14. Dezember bei dem igl. Rektorat 
jenannter Lehranstalt einzureichen. 
— Edenkoben. In leztzter Zeit war es 
twas ruhiger geworden im Weingeschäft. 
Reuerdings kam wieder mehr Zug in das Ver—⸗ 
aufsgeschäft und wird eben wieder ziemlich Wein 
zefüullt; in Folge dessen sleigen die Preise und 
vurden schon Käufe dis zu 300 Mk. das Fuder 
ibgeschlossen. Infolge des reichlichen Herbstes und 
des guten Absatzes gehen die Weinversteigerungen 
lott von statten und werden besonders in Mai-; 
tammer und St. Martin ganz erstaunliche Erlöse 
erzielt. 
— Maikammer, 27. Nov. H uite feierte 
Franz Humm mit seiner Frau die goldene 
dochzeit. Der Jubilar ist noch recht rüstig. Er 
geht noch an jedem Tage in Taglohn und holt 
noch selbst seinen Bedarf an Holz aus dem Walde. 
— Aus der Pfalz. Als ein Beweis da⸗ 
für, wie sehr die Pfälzer Edelgewächse anerkannt 
und bezahlt werden, mag die Thatsache angeführt 
werden, daß eine Firma in Deidesheim ein Faß 
1886x Forster Kirchenstück Auslese zu Me. 
12,000 per 1000 Lir. an eine New Yorker Firma 
verkauft hat. 
— Hambach 27. Norb. Am Mittwoch 
Abend; schoß der hiesige Jagdhüter Herr Glas 
in einer Entfernung von unzefähr 200 Meter 
yom letzten Hause in Hambach aus fünf Wild 
schweinen eines heraus. Emige Tage früher 
zatte derselbe bereits ein solchez im Gewicht von 
155 Pfund erlegt. 
— In Bischheim wurde die Dienstmagd 
Marg. Grauer von Niederwiesen verhaftet und nach 
dirchheimbolanden in's Gefägnis verbracht. Die. 
elbe hatte funf trächtigen Kühen von hinten schäd 
siche Miuel (Schnupftabak, Pieffer v. s. w.) ber 
gebracht, in Folge dessen die Kühe erkrankten und 
eine derselben wahrscheinlich verenden wird. Ferner 
soll fich die Magd geäußert haben. sie werde auch 
ine Person vergiften. 
— Kirchheim a. E., 27. Nov. Zwischen 
zier und Bissersheim ereignete sich heute Vormit⸗ 
ag ein schwerr Unglücksfall. Der 43 Jahre 
ilte Barbier Jeh. Schulzvon Laumersheim 
var mit einem Herrn Bürgermeister daselbst ge⸗ 
hörigen einspaännigen Fuhrwerk hierher gefahren, 
um auf dem Kohlenlager des Herrn Gg. Koch fur 
ich eine Ladung Kohlen zu holen. Als der Ge— 
aannte sich um 10 Uhr wieder auf den Ruückweg 
»egeben hatte, scheute zwischen hier und Bissersheim 
nus unaufgeklärter Ursache plötzlich das Pferd und 
rannte in so rasendem Lauf mit dem Fuhrwerk 
zavon, daß Schulz, welcher neben demselben her⸗ 
zing und das Thier zu bändigen suchte, zu Boden 
rürzte und dabei durch das über ihn weggehende 
Fuhrwerk so schwer am Kopf beschädigt wurde, 
»aß laut „Gr. Ztg.“ der Tod schon nach wenigen 
Minuten einttat, und so den zur Hilfe herbeige⸗ 
ꝛeilten Personen nur die traurige Sorge übrig blieb, 
den Verunglückten als Leiche auf einer zur Trag⸗ 
hare improvisirten Leiter nach B.ssersheim zu 
hringen. von wo derselbe später durch Herrtn 
Bürgermeister Kehr nach Laumersheim zurüchge⸗ 
»racht wurde. Daos scheu gewordene Pferd gelang 
's erst zwischen Bessersheim und Großkarldach zum 
Stehen zu bringen und festzuhalten. Der Vetun⸗ 
Uückte binterläßt Frau und Kinder. 
Vermischtes. 
F In Elversberg findet Sonntag den 
30. Noo. und Montag am 1. Dez. die Ein⸗ 
veihung der neuerbauten epvangelischen 
durche start. Das Programm zu der Feier ist 
olgendes: Am Sonntag Abend 5 Uhr: Ein⸗ 
Auten des Festes mit den Glocken der neuen Kirche. 
Böllecschüsse. Illumination der Häuser. Bengalische 
Beleuch'ung der Kirche. Am Montag morgens 8 
Uhr: Choralblasen auf dem Kirchplatze. Vormittag 
4210 Uhr: Vrsiammlung der Festteilnehmer vor 
»em Betsaal⸗e. 8410 Uhr: Abmasch des Festzuges 
üder die Haupistraße, große Bergstraße und Luisen⸗ 
traße zum Kirchplatze. Um 10 Uhr findet die 
Weihe der Kirche und Festgottesdienst statt, dem 
aachmittags 1 Uhr Fest ssen im Gafthause Schaum 
olgen wird. 
Sit. Johann, 28. Noo. Wie der „G.⸗A.“ 
rfährt, ha Saarbrücken der Direktion der 
dampfstraßenbahn bereits gestattet, die 
Vorarbeiten bezüglich der Weiterführung der Bahn 
vom Markiplatz St. Johann über die alte Brücke) 
auf Saarbrücker Gebiet vorzunehmen. Morgen wird 
in Vertreter der Herren Hostmann u. Co. hiet 
intreffen, um sich in Sachen des Ausbaues det 
Dampfstraßenbahnnetzes näher zu informiren. 
Auf dem Bahnhvyfe in St. Johann 
brennen gegenwärtig jeden Abend nicht weniger als 
3 500 Gaeflammen; bei der U-dernahme des hie⸗ 
igen Gaswerks durch die Stadt detrug die Zahl 
)»er brennenden Flammen nur 1200. 
tAugsburg. 24. Novb. Gelegentlich einet 
leinen Operation am linken Fuße eines im 
Feldzuge 187071 durch einen Schuß verwundelen 
Solvaien kam eine franzosische Kuge! 
zum Vorschein, die 20 Jahre hindurch in dem Koͤr⸗ 
per stak und von der Schulter bis in die Wade 
gesunken war, ohne daß der Mann, der seit diese 
Zit angestrengt arbeiten mußte, irgendwelche 
Schmerzen verspürt hatte. 
Munchen. Staatskonkurs. Die 
weiie (praktische) Prüfung für den höheren Justizt