Full text: St. Ingberter Anzeiger

x»ͤl Jugherter Ahzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
Der , St, Iugberter Arzeiger erscheint täglich mit Tasnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗VBlatt und Müttwochs und Samftagt mi 
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Auskunft ertheilt, 13 0, NReklamen 80 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
Ae 30. 
Deutsches Reich. 
Mannheim, 4. Febr. Oberbürgermeister 
Ddr. Miquel wird in Mannheim demnächst in 
einer oöffentlichen, von der nationalliberalen Partei 
veranstalteten Wablversammlung sprechen. 
München, 4. Febr. In der Abgeord⸗ 
netenkammer leitete Freiherr v. Stauffenberg 
in einer nahezu zweistündigen Rede die allgemeine 
Frörterung über den Eisenbahnetat ein. Die 
2lagen, welche im letzten Sommer allenthalben in 
der Presse und auch von dem Eisenbahnpersonal 
über die Eisenbahnverwaltung erhoben wurden, 
seien Punkt für Punkt von ihm als Referenten 
und vom Finanzausschuß aufs genaueste untersucht 
worden und hätten sich zum allergrößten Teile als 
unbegründet und als übertrieben erwiesen. Der 
Minister Fthr. v. Crailsheim dankt dem 
Referenter sowie dem Ausschuß für diese eingehende 
und objektive Prüfung, welche wieder Ruhe in das 
Persoual gebracht habe, dessen Disciplin unter 
enen Preßangriffen gelitten hätte. Morgen wird 
Frht. von Stauffenberg seine Berichterstattung 
fortsetzen. 
Berlin, 3. Febr. Die „Post“ beftätigt die 
Meldung, daß der hiesige Vertreter des Reichskom- 
missars, Major Lieber, sich demnächst mit län⸗ 
gerem Urlaub nach Ostafrika begibt. 
Nach demselben Blatte hat PremierLieutenant 
stling die Oberleitung der weftafrikanischen 
Station in Bismarckburg übernommen. Demnächst 
geht Premier Lieutenant Herold von hier ab, 
um Kling's frühere Stelle einzunehmen. 
Am nächsten Sonntag soli in Halle der Berg⸗ 
mannstag der Provinz Sachsen ftattfinden, 
zti welchem Siegel zu sprechen gedenkt. 
Berlin, 4. Febr. Oberbürgermeister Dr. 
Diquel ist heute früh hier eingetroffen. 
Berlin, 3. Febr. Die Nordd. Allgem. 
Ztg.“ verdffentlicht das Schreiben einet 
Deutsscchen aus China, welcher 1000 Mt. 
die Wahlen zugunsten des Kartells über⸗ 
endete. 
Ausland. 
London, 8. Febr. Die „Times“ meldet, 
—A— 
sei nach Petersburg berufen worden, um über den 
englisch-portugiesischrn Streitfall Bericht zu erstatten; 
der Zar wunsche, angesichts der Absicht der portu— 
ziefischen Regierung, die Intervention der Mächte 
anzurufen, genau und vollständig informirt zu sein, 
damit es ihm ermoͤglicht werde, sachgemäße Be— 
ichlüsse zu fassen. 
London, 83. Febr. Der „Newyork Herald“ 
meldet aus Sanfibar, daß laut Meldung zweier 
anderer franzoͤfischer Missionäre sich Peers in 
Ukambany füdlich von Kenia auf der Rücdkehr 
defindet. 
Christiania, 8. Febt, Der Kronprinz 
roffnete das Storthin g im Auftrage des Koͤnigs. 
Die Thronrede bezeichnet die Beziehungen zu den 
auswartigen Maͤchten als die bisten. Durch den 
Budgetüberschuß des vorigen Jahres, sowie reichliche 
Zolleinnahmen im laufenden Johre wären mehr⸗ 
fache Steuererleichterungen und groͤßere Bewilligungen 
ju Eisenbahnbauten ermöglichi. Es wird in der 
Thronrede ferner eine Wehrsteuer, Abänderung des 
Bestzes über die Wehrpflicht und ein Gesehe be— 
triffend die Aufsicht über die Arbeiten in Fabriken, 
orgeschlagen. 
—xX—— 
Mittwoch, 5. Februar 1890. 
283. Jahrßg. 
des Roten Kreuzes hat beim schweizerischen 
Bundesrate Beschwerde geführt über den Mißbrauch 
des Kreuzes zu Reklamezwecken. Der Bundesrat 
Jat geantwortet, wolle man die Unterdrückung des 
Mißbrauches des Roten Kreuzes auf die Friedens— 
zeiten ausdehnen, so müßte man die internationale 
lebereinkunft vom Jahre 1864, betreffend die 
Berbesserung des Loses der verwundeten Militaärs 
bdei den Feldarmeen, durchsehen, wofür die Zu— 
timmung aller Vertragsstaaten nötig sei. 
Paris, 4. Febr. An der Börse wird be— 
hauptet, die Regierung gedenke keine Anleihe aufzu— 
anehmen, sondern die Au prozentige Rente umzu— 
wvanneln. — Die Ruhestörungen, welche nach 
Beendigung jder letzten Wahlversammlungen auf 
den Straßen vorkamen, haben die Regierung ver— 
mlaßt, anzuordnen, daß Gruppen, die singend oder 
ruhestörend die Straßen durchziehen, von den Ab— 
heilungen der Kavallerie und Gendarmen ausein— 
inder zu treiben sind. — In zwölf Tagen wirdFinanz— 
minister Roudier das Budget vorlegen. Seinen 
Vorschlügen gemöß wird es die Reform der Ge— 
tränke- und Grundfteuergesetzgebung in Betracht 
ziehen und die Einheitlichkeit des Budgets durch 
die Einreihung des außerordentlichen Kriegsbudgets 
in das ordentliche Budget herstellen. Das außer— 
ordentliche Budget wird also in Zukunft fortfallen. 
Paris, 4. Febr. Die, Ropublique Française“ 
meint, die Gemeinschaft der Interessen Rußlands 
und Frankreichs sei einer der Haupftfaktoren der 
europäischen Politik, aber die Völker koönnten eben— 
o wenig wie die Individuen eines gewissen Stolzes 
entbehren. Es gäbe aber Leute, die sich mit zu 
hiel Eifer Rußland an den Hals würfen, das sei 
ein Mangel an Würde und Geschicklichkeit. Die 
einize Politik sei: Viele Lebel-Gewehre und viele 
nischlossene Soldaten, das übrige komme von selbst. 
— Die „Presse“ veröffentlicht einen Dankbrief 
Boulangers on Laisant für die Huldigungen aus 
dem letzten Bankett. Boulanger gibt seinem Ver—⸗ 
rauen zu den Wahlen am 16. Februar Ausdruck 
Rom, 3. Febr. Die Deputirten— 
kammer nahm heute ihre Sitzungen wieder auf. 
Es wurden zahlreiche Interpellationen eingebracht, 
darunter solche über die Gründung einer afrika— 
nischen Kolonie, über die militärische Aktion in 
Abessinien, über die Tumulte an den Univer⸗ 
itäten, besonders in Neapel ꝛc. Ministerprasident 
Frispi nahm sämmtliche Interpellationen an. 
Diejenige über die Universitätstumulte wurde auf 
naächsten Donnerstag anberaumt, alle übrigen aus 
den nächsten und eventuell die folgenden Sonn⸗ 
ibende. — Der Antrag des radikalen Depu⸗ 
tirten Luigi Ferrari auf Erlassung eines 
Dekretes bezüglich der Gründung einer Kolonie 
uim Rothen Meere wird dem Wunsche Crispis 
gemäß nach den Interpellationen über Afrika ver⸗ 
handelt werden. 
Wien, 4. Febr. Im Klub der vereinig— 
ten deutschen Linken berichtete der Abg. 
Dr. v. Plener über die Ergebnisse der Ausgleichs- 
Konferenzen und erläuterte ausführlich die ein— 
zelnen Punktationen, begründete dieselben in ein—⸗ 
gehender Darstellung der Verhältnisse Böhmens und 
trat einigen in der Oiffentlichkeit vorgebrachten 
Bedenken entgegen. An die Ausführung Plener's 
knüpfte sich eine längere Debatte. In derselben 
wurde der Befriedigung über die Erfolge der 
Deutschen in Böhmen Ausdruck gegeben; die Ab— 
nachungen wurden als wesentlich durch die böhmi— 
chen Verhältnisse bearündet erklärt und die Er— 
wartung ausgesprochen, daß die Stärkung und Be⸗ 
fefligung der Deutschen in Böhmen nicht ohne 
Rückwirkung auf die übrigen Deutschen Oesterreichs 
bleiben konne; zunächst aber müsse die Partei eine 
zuwartende Haltung einnehmen. 
Budapest, 3. Febr. Graf Aladar Andrafsy 
ist zu seinem Bruder Julius Andrassy 
abgereist, da dessen Zustand bedenklicher gewor⸗ 
den il — 
ale und p he rten 
* St. Ingbert, 5. Febr. Die Stelle eines 
bezirksärztlichen Vertreters dahier 
is wieder zu besetzen. Bewerber um dieselbe haben 
ihre Gesuche bis zum 17. Februar ds. Is. bei der 
kgl. Regierung der Pfalz, Kammer des Innern, 
einzureichen. 
*St. Ingbert, 5. Febr. Der heutigen 
Schöffengerichtssitzung wohnten als Schöf⸗ 
fen bei die Herren Joh. Friedrich, Privatmann 
und Heinr. Martin, Fabrikant dahier. Verhandelt 
wird 1. gegen Wittwe L. H. aus Hassel, 48 J. 
a., wegen Diebfiahls von Buchenscheitholz im 
Werth von 1,20 Mk. aus dem Vörrschen Walde. 
Die Angeklagte ist überführt und wird deßhalb 
mit Rücksicht auf ihre bisherige Unbestraftheit zu 
1 Tag Gefängniß und in die Koßtkn verurtheilt. 
2. Vorgeführt ist der z. Z. im Landgerichtsge⸗ 
faͤngniß Saarbrücken inhaftirte Bergmann Pt. J., 
20 J. a., aus Altenwald, der der Bedrohung 
mit „Kaltmachen“ gegen einen Tagner von Schnap⸗ 
pach beschuldigt ist. Mit diesem war er am Kirch⸗ 
weihtage (25. August) v. J. in Schnappach zu⸗ 
sammengetroffen, und setzte ihm das offene Messer 
auf die Brust, wobei er die Bedrohung äußerte. 
Durch Zeugenaussage überführt wird seine gegen⸗ 
wärtige Strafe von 2 Monaten 14 Tagen auf 
2 Monate 3 Wochen Gefängniß erhöht. 8. Die 
Bäckergesellen K. D., 27 J. a., aus Wülfinger⸗ 
rode und Ph. M., 26 J. a., aus Berghausen, 
jetzt hier, sind beschuldigt, in der Nacht zum 16. 
Oktober v. J. in das Haus eines Bäcdker⸗ 
meisters in St. Ingbert widerrechtlich eingedrungen 
zu sein; sie gingen zuerst in die Buckstube 
und von da in die Schlafkammer, die der zweite 
Angeklagte von seinem Dienst her noch kannte, wo 
ñe Nachtlager suchten. Da direkte Zeugen fehlen, 
und aus den Aussagen der Angeklagten sich die 
Widerrechtlichkeit der Handlung nicht nachweisen 
laßt, erfolgt beider Freisprechung. 4. Wegen einer 
recht boshaften That hat sich der Bäckerbursche H. 
G., 26 J. a., aus Hirschhorn, z. Z. hier, zu ver⸗ 
antworten. Am Abend des 183. November vor. 
Jahres ward er betroffen vor dem Wagen des 
taufmannes Z. aus Schnappach in der Josefs⸗ 
halerstraße in St. Ingbert. Zugleich entdeckte der 
Knecht des Fuhrwerks, daß ein Zügel durchschnitten 
war. Der der That Verdächtige wurde in der 
Person des Angeklagten verhört, bei welcher Ge— 
legenheit bei ihm ein Messer gefunden ward, das 
er gefunden haben will. Wegen Unterschlagung 
wird er daher auch belangt. Die Verhandlung ergibt 
die Ueberführung des Angeklagten, welcher für die 
begangene Sachbeschüdigung mit 7 Tagen, fur die 
Unterschlagung mit 2 Tagen Gefängniß, insgesamt 
mit 8 Tagen Gefängniß nebstsden Kosten bestraft wird. 
5. Die letzte Anklage lautet gegen den Kaufmann 
B. Sch. aus Chemnitz, wegen Beleidigung eines 
ziesigen Kaufmannes, begangen durch Ausdrücke 
nuf einer Postkarte. Der Angeklagte ist wegen der 
zroßen Entfernung seines Wohnsitzes vom Erscheinen 
ntbunden, dagegen durch die gerichtliche Ethebung