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mit Aßtrrrxten Reilegen. Hes Tuit —adet dierteszgrlich 1246 60 einichleziach Aragereen burch die Baß bezogen 1A 75 -, tinislietßllch 40 Zusteliungsgebuhr.
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8 302. Dienstag, 30. Dezember 1890. 25. Jahrg.
Politische Jahresrundschau.
Das Jahzr 18090 charakterisirte sich in seiner
allgemein politischen Erscheinung als em erfreuliches
Friedensjahr, denn wenn es auch an kleinen Reib—⸗
ungen zwischen einzelnen Mächten nicht fehlte, so
kam es doch niemals zu bedrohlicheren Verwickel⸗
ungen. Dee friedlichen Dispofitionen aller maß—⸗
gebenden Mächte einerseits, dann aber namentlich
der feste Forthestand des Dreibundes zwischen Deutsch⸗
land, Oesterreich Ungarn und Jialien anderseits
ermöglichten diese günstige Gestaltung der europä—
ischen Lage, die auch für das neue Jahr die be—
friedigendsten Ausblicke gewährt. Den eigentlichen
Mittelpunkt aller Friedensbestrebungen bildete jedoch
immer wieder das deutsche Reich, dessen
jugendlicher Herrscher, Kaiser Wilhelm II.,
sfich einen wesentlichen persönlichen Antheil an der
Erhaltung der Völkerharmonie zuschreiben darf. Er
hat durch eine Reihe bedeutsamer Kundgebungen
bewiesen, wie sehr er entschlossen ist, das Gewicht
Deuischlands für die Erhaltung des Friedens in die
Wagschaale zu werfen, und seine auch im Jahre
1890 unternommenen greßen Auslandsreisen und
Besuche an auswärtigen Höfen haben diesem Zweck
sichtlich ebenfalls gedient. Zuversichtlich wird das
Streben des erlauchten Monarchen in erster Linie
auch fernerhin darauf gerichtet sein, das Seinige
dazu beizutragen, daß den Völkern Europas das
kostbare Gut des Friedens gewähct bleibe.
Als das bei Weitem bedeutsamste Ereigniß auf
dem Gebiete der inneren deutschen Politik stellte fsich
der Rücktritt des Fürsten Bissmarck von
allen seinen Aemtern dar. Die Ursachen, welche zu
dem Ausscheiden des großen Staatäsmannes aus der
Regierung führten, sind auch jetzt noch nicht voll⸗
ständig klargelegt, wenngleich man sie ahnen kann;
erst die Zukunft wird daher völligen Aufschluß über
den „Sturz“ des eisernen Kanzlers bringen. Jeden⸗
falls wird aber die große Mehrheit des deutschen
Volkes nimmer vergessen, was es Großes an na-
tionalen Gütern und Errungenschaften dem ersten
Kanzler des neuen Reiches bverdanit! Die Amts-
niederlegung des Fürsten hatte zunächst auch die
Demission seines ältesten Sohnes, des Grafen
Herbert Bismarck als Staatssekretär des Auswär⸗
tigen Amtes zur Felge, auf welchem Posten Graf
Herbert durch den Freiherrn Marschall von Biber-
stein abgelöst wurde. An Stelle des Fürsten Bis—
macck selbst aber wurde der bisherige kommandirende
General des 10. Armeékorps, v. Caprivi, vom
stoiser zum Reichskanzler, sowie zum preußischen
Ministerpraäsidenten und Minister des Auswärtigen
rnannt.
Das Jahr 18090 brachie auch wieder allgemeine
KReuwahlen zumdeuischen Reichstage,
welche die Lösgunz der bisherigen „Kartellmehr⸗
heit“ zur Folge hatten. Als eine mittelbare Folge
dieses Wahlausganges konnte wohl die Nichter⸗
neuerung des Sozialistengesetzes betrachtet
werden, welches am 1. Oktober 1890 nach zwölf⸗
ähriger Geltuugsdauer außer Kraft trat. Dasür
wurde die sozigle Gesetzgebung des Reiches
energisch weitergeführt, indem im Anschlusse an die
durch Kaiser Wilhelm noch Berlin einberufene in⸗
zernationale Arbeiterschutzkonferenz dem Reichstage
die so umfangreiche und wichtige Vorlage üder dea
»sseren Schutz von Leben und Gesundheit der
Arbeiter in ihren verschiedenen Berusszweigen zu-
zjing. Es steht mit Bestimmtheit zu erwarten, daß
ger Reichstog seine bereits im vorigen Mai be—
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gonnenen Berathungen der Arbeiterschutz Vorlage
in dem Sessionsabschniite nach der Weihnachtspause
zum gedeihlichen Abschlusse brivgen wird. Erwähn⸗
ing verdient noch die Einführung der Gewer de—
Jer ichte durch die Reichsgejetzgebung, sowie das
Inkrafittreten des Alters- und Innalidi—
atsversicherungsgesetzes zum 1. Januar
1891. Die militairische Siärkung des Reiches
machte auch im vergangenen Jahre durch die Er—
zöhung der Frieden spräsenzstaärke des
»eutschen Heeres, und sonstige Maßnahmen milie
airischer Natur, besonders durch die Errichtung
weier neuen Armeekorps, erhebliche Forischritte.
In Preußen wurde auf die kräftige p rsönliche Au—
regung Kaiser Wilhelms hin eine Reihe hoch—
vichtiger Reformen, das Gediet des ge⸗
sammten Schul⸗ und Unterichtsweseas, sowie die
jäadlichen Gemeindeverhältnisse und das Finanz⸗
und Steuerwesen umfassend, eingeleitet; über die
Durchführnng dieser einschneidenden Reformen läßt
sich indessen zur Zeit noch kein abschließkendes Ur⸗
heil ermoglichen
Es erubrigt noch ein Blick auf die Gestaltung
der deutschen Kolonialpolitik im Jahre
1890. Ais deren Haupimoment erscheint die defini—
ive Abgrenzung zwischen den Gebiets- und In—
teresensphären Deutschlands und Englands in Ost⸗
afrika durch den betreffenden deutsbzen glischen
Bertrag. Durch denselben find die Grenzen
Deuischostafrikas fest umschrieben worden, aller⸗
ings nicht ohne einige Opfer deutscherseits, wofür
ndessen England die Insel Helgoland an
Deuischland abtrat, eine Errungenschaft, welche im
»eutschen Volke freudig begrüßt wurde. Die Be—
uhigung Deutsch Ostakrikas wurde vollständig durch
jeführt, indem die Deutschen auch die südlichen
Theile ihres ostafrikanischen Küstengebietes von den
Rebellen gründlich sauberten. Seitdem hat die Ent-
vickelung Deutschostafrikas einen vielversprechenden
AUufschwung genommen, welche durch die bevor⸗
tehende endguüͤltige Neuordnuug der Verhälinisse in
diesem jetzt wichtigsten deutschen Kolonialgebiete
ächerlich noch mehr begünstigt werden wird.
Schauen wir nun auf die hervorragendsten
Freignisse zurück, welche das Jahr 1890 in den
übrigen Staaten Europas zeitigte, so müssen wir
zunächst der Vorgänge in Oesterreich⸗ Un—
garn, des treuen Verbündeten Deutschlands ge—
denken. Auch im abgelaufenen Jahre ward die
Richtung der auswärtigen VPolitik Oesterreich Ungarns
durch die unerschüttliche Fortdauer der Allianz des
Zaiserstaates mit dem deutschen Reiche bestimmt
und dieses enge politische Freundschaftsberhälinis
erhielt durch die Zusammenkunft der Kaiser Franz
Joseph und Wilhelm I. zu Rohnstock von Neuem
seine kräftige Besiegelung. Um die beiden Reiche
zinander endlich auch wirthschaftlich näher zu bringen,
ind zwischen ihren beiderseitigen Bevollmächtigten
zollpolitische Verhandlungen zu Wien eroͤffnet worden,
welche einen ersprießlichen Ausgang zu nehmen ver⸗
sprechen. Was die innere Politik des Donaurei⸗
hes anbelangt, so wurde dieselbe in Cislei—
hanien entschieden durch die böhmische Ausgleichs⸗
frage beherrscht, deren bisheriger Entwickelungsgang
jedoch der Herstellung des nationalen Friedens in
Böhmen keineswegs sonderlich günstig ist. In Ungarn
var das bemerkenswerthesse Ereigniß der inneren
Politik der Rucktritt des Ministeriums Tisza, der
zurch die unaufhörlichen Angriffe der Oppysitions-
harteien auf Tisza veranlaßt wurde. Aber die
etzteren gewannen durch den Kabinetswechsel durch—
aus nichts sür ihre politischen Zwecke. denn das
neue Kabinet Szapaihy ergriff mit fester Hand die
Zügel der Regierung und der bisherige Verlauf der
Dinge in Ungarn beweist, daß die parlamentarische
Stellung des Ministeriums Szapary eine vollkom⸗
men gesicherte ist.
Die dritte Macht im europuischen Dreibunde,
Jtalien, blieb auch im Jahre 1890 ein treues
Blied dieses Friedensbundes, obwohl es nicht an
Versuchen fehlie, Italien seinen beiden Verbündeten
zu enifremden. Aber schon der Besuch des deutschen
steichskanzlers v. Caprivi beim italienischen Minister—
dräsidenten Crispi in Mailand ließ die Aussichts-
ofigkeit derartiger Bemühungen erkennen, und die
m November statigefundenen Neuwahlen zum ita—⸗
sienischen Parlamente bestätigten, indem fie dem
Ministerium Crispi eine große Mehrheit brachter,
daß das italiensche Volk die auswärtige Politik Crispi's
hollkommen billigt. Als ein Aus⸗fluß derselben kann
die Auflößung sämmtlicher irredentistischer Vereine
Jialiens und das Ausscheiden des mit den Irre—
dentisten sympathifirenden Finanzministers Seismit
Doda aus der Regierung betrachtet werden. Die
italienische Kolonialpolitik feierte eine neuen Triumph
durch die Einverleibung der bisher abyjsfinischen Ge⸗
biete Keren und Asmara in die Kolonie Massauah.
(Schluß folgt.)
Seutiches Reich.
Straßburg, 28. Dez. Nach einer Verord⸗
nung des Ministeriums in Elsaß⸗Lothringen hat vom
1. Januar 1892 an die Führung der Standes—
register einschließlich der darauf bezüglichen
Verhandlungen in sämtlichen Gemeinden des Landes
in deutsscher Sprache zu erfolgen, soweit nicht
für einzelne Gemeinden der Gebrauch der französi⸗
chen Sprache zeitweise durch das Ministerium zu-
gelassen wird.
Muünchen, 29. Dez. Prinz Leopold
begibt sfich am 31. ds. nach Berlin um in seiner
Figenschaft als Kommandant des J. bayer. Armee⸗
korps mit den sämtlichen Armeekorps⸗Kommandanten
der deutschen Armee wie im vorigen Jahre am 1.
Januar der Neujahrscour beim deutschen Kaiser an⸗
zuwohnen.
Stuttgart, 29. Dez. Auf Befehl des
dönrgs Karl reisten heute der mit der Fuh⸗
rung des württembergischen Armeekorps betraute
General v. Wölckern und Oberst Krummacher,
Kommandeur des Infanterie⸗Regiments Kaiser
Wilhelm, nach Berlin, um zum neuen Jahre dem
Kaiser die Glückwünsche des Armeekorps und
seines Regiments zu überdringen.
Berlin, 29.5 Dez. Den nunmehr getroffenen
Bestimmungen zu Folge wird der Kaisser am
Neujahrstag nach dem Gottesdienst in der Schloß⸗
tapelle große Gratulationẽ?cour im Weißen Saale
abhalten, woran die Mitglieder des Bundesraths,
die Prinzen aus souveränen Häusern, die General⸗
feldmarschälle, Ritter des Schwarzen Adler⸗Ordens,
die Häupter der fürstlichen und ehemals reichs⸗
ständischen gräflichen Familien, die Staatsminister
und die Präfidien des Reichslages und Landtages,
die Generalität, die Wirkl. Geheime Räthe 1. Klasse
und die Kommandeure der Leib⸗Regimenter Theil
nehmen.
Ausland.
—London, 29. Dez. Gladstone feiert
beute seinen 81. Gedurtstag. Er wird einen
Trinkbrunnen in Hawarden enthüllen und dabei