Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
der ‚St Zugberter Arzeiger erscheint täglich mit ußnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 3 mal wochentlich mit Unterhaltungt ⸗Blatt und Mittwochs und Samstags mit 
ieligen Aas vicn oget dienetärruge 0 Anschhießtin Fragertedn; durch die pof baaosu Aιν emjcüehlid 10 J Zustellungsgebuhr. Die 
erüctuugsgebühr far die 4gespaltene Sarmondjeile oder deren Raum betragt bei Inseraien aus der pin ae , bei auhzerpfalzischen und solchen auf welche die Erpvedition 
vietcsfi cribeiu. 18 , Neklamen 80 A. Bei 4maliger Einruidung wird nur dreimalige berechnet. 
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Deutsches Reich. 
Straßburg, 4. Febr. Condesausschuß.) 
zei der Lsung des Etats erklärte Unterstaats— 
ekretär Schraut, die Finanzlage sei eine 
ünstige und der Stand der Industrie hoch be⸗ 
riedigend, teilweise sogar glänzend. Eine Voer⸗ 
andigung bezüglich der Kanalfragen ware 
rwunscht. Das Reichsland werde in der Erhöhung 
er Beamtengehälter dem Vorgehen des Reiches uud 
greußens folgen. Auf die Interpellation eines 
Ubgeordneten wegen des Paßzwanges ant—⸗ 
portete Unterstaats sekretäͤr v. Kölleir, die Maß⸗ 
regel sei zwar hart, aber notwendig, und werde 
noͤglichst milde ausgeführt; er warnt vor Ueber⸗ 
relburgen in den Klagen über Härte, und erklärt 
ich gern bereit, gerechtfertigte und bestimmte Klagen 
mgegenzunehmen. 
Berliu. 4Febr. DaSparlamentarische 
sRahl beim Reichsanzler heute Abend 
ehnte sich bis zu einer ungewöhnlich späten Stunde 
uus. Um 9 Uhr meldete der Adjutant dem Kai⸗ 
er, der Wagen sei vorgefahren. Der Kaiser ver⸗ 
lieb jedoch bis 44311 Uhr im angeregtesten und 
wanglosesten Gesptäch mit den Tischgenosten, 
namentlich mit Oberbürgermeister Dr. Miquél 
ind Freiherrn v. Stumm. Der Monarch zog, 
die das „Fr. J.“ meldet, alle Tagesfragen in 
en Kreis der Unterhaltung und versetzte durch 
eine weit über die Kenntniß deutscher Verhältnisse 
inausgehende Vielseitigkeit sowie durch die Sicher- 
jeit und Schärfe seines Urtheils die Unwesenden in 
zrstaunen. Besonders eingehend erörterte der Kai⸗ 
er die Arbeiterverhältnisse und bezeugte dabei ein 
ückhaltloses Wohlwollen für die auf Verbesserung 
er Lage der arbeitenden Klassen gerichteten Bestreb⸗ 
ingen, soweit letztere in den Wirkungskreis des 
Ztaates fallen. Das heitere, freundliche Wesen 
yes Herrschers verlieh dem Mahl den Charakter 
ner edelften, ungezwungenen Geselligkeit. 
Berlin, 4. Febr. Dem Bundesrate 
ang der Gesetzentwurf betr. die Einführung der 
ßewerbegerichte zu. Derselbe zerfällt in 
unf Abschnilte, behandelnd die Etrichtung und Zu⸗ 
ammensetzung der Gewerbegerichte, das Verfahren 
vor den Gerichten, die Thätigkeit derselben als 
rinigungzamt, das Verfahren vor dem Gemeinde⸗ 
vorsteher und die Schlußbestimmungen. 
Berlin, b. Febr. Der „Reichsanzeiger“ ver⸗ 
uffentlicht eine kaiserliche Kabinetsordre an den 
steichskanzler vom 4. Februar, in welcher es heißt, 
ver Kaifer sei entschlossen zur Verbesserung 
der Lage der deutschen Arbeiter die 
hand zu dieten, soweit dies die Grenzen gestatten, 
velche seiner Fürsorge durch die Notwendigkeit ge⸗ 
pogen worden seien, die deutsche Industrie auf dem 
Beltmarkt konkurrenzfähig zu erhalten und dadurch 
se und der Arbeiter Existenz zu sichern. Der 
dückgang heimischer Betriebe durch den Verlust des 
Lbsatzes im Auslande würde Unternehmer und 
Irbeiter brodlos machen. Die in einer internatio⸗ 
alen Konferenz begründeten Schwierigkeiten für 
Verbesserung der Lage unserer Arbeiter lassen fich 
uut durch eine internationale Verständigung der an 
»em Weltmarkt beteiligten Lander wenn nicht über⸗ 
vinden doch abschwächen. Ueberzeugt, daß auch 
nidere Regierungen von dem Wunsche beseelt seien, 
sese Bestrebungen einer allgemeinen Prüfung zu 
anterziehen, befiehlt der Kaiser, daß die deulschen 
Besandten in Frankreich, England, Belgien und der 
Schweiz amtlich anfragen, ob die betreffenden Re— 
dierungen geneigt seien. mit Deutschland bebufs 
Donnerstag, 6. Februar 1890. 
25. Jahrg. 
iner internationalen Verstaändigung in Verbindung 
u treten über die Möglichkeit, den Be— 
ürfnissen und Wunschen der Ar— 
eiter entgegenzukommen s, welche in den 
lusständen der letzten Jahre und anderweit zutage 
ireten. Sobald die Zustimmung zu dieser An—⸗ 
egung des Kaisers im Prinzip gewonnen, wird 
er Reichskanzer beauftragt, die Kabinete aller 
degierungen, welche an der Arbeiterfrage gleichen 
Aniheil nehmen, zu einer Konferenz behufs Be— 
atung der Angelegenheit einzuladen. 
Berlin, 58. Febr. Der „Reichsanzeiger“ ver⸗ 
ffentlicht eine weitere kaiserliche Kabinetsordre vom 
Febhruar an den Handelsminister d. Berlepsch. 
ʒo werwoll und erfolgreich die durch die Gesetz⸗ 
ebung und Verwaltung zur Verbesserung 
jer Lage der Arbeiter bisher getroffenen 
Naßnahmen sind, so erfüllen dieselben doch nicht 
ie ganze mir gestellte Aufgabe. Die bestehenden 
gorschriften der Gewerbeordnung über die Ver—⸗ 
altnisse der Fabrikarbeiter sind einer Prüfung zu 
mterziehen, um auf diesem Gebiete allen Klagen 
ind Wuͤnschen, so weit fie vegründet sind, gerecht 
u werden. Es muß die Aufgabe der Staatsge⸗ 
valt sein, die Zeit und Dauer der Arbeit so zu 
»egeln, daß die Erhaltung der Gesundheit, die Auf- 
echterhaltung der Gebote der Sittlichkeii, die Er⸗ 
aslung der wirtschaftlichen Bedürfnisse der Arbeiter 
ind ihr Anspruch auf gesetzliche Gleichberechtigung 
Jewahrt bleiben. Für die Pflege des Friedens 
wischen Arbeitgebern und Urbeitnehmern sind ge⸗ 
etzliche Bestimmungen über diejenigen Formen in 
Ausficht zu nehmen, in denen die Arbeiter durch 
Zertreier, welche ihr Vertrauen besitzen, an der 
degelung gemeinsamer Angelegenheiten beteiligt und 
ur Wahrnehymung ihrer Interessen bei ihren Ver⸗ 
jandlungen mit den Arbeitgebern und den Organen 
er Regierung befähigt werden. Durch eine solche 
Finrichiung ist den Arbeitern der freie und friedliche 
lusdruck ihrer Wunsche und Beschwerden zu er⸗ 
noͤglichen und den Siaatsbehörden Gelegenheit zu 
Jeben, sich über die Verhälinisse der Arbeiter fort⸗ 
aufend zu unterrichten und mit den letztern Fühlung 
u behalten. Die Allerhöchste Kabinetsordre fährt 
zann fort: „Die staatlichen Bergwerke 
vünsche ich bezüglich der Fürsorge für die Arbeiter 
zu Musteranst alten entwickelt zu sehen, und 
ür den Privatbergbau erstrebe ich die Herstellung 
ines organischen Verhältnisses der Bergbeamten zu 
)en Betrieben behufs Herstellung einer den Fabrik⸗ 
uspektoren entsprechenden Aufsicht, wie sie bis 1869 
esianden.“ Zur Vorberatung dieser Fragen soll 
der Staatsrat unter des Kaisers Vorsitz und unter 
Zuziehung sachkundiger Personen, deren Auswahl 
er Kaiser ich vorbehält, zusammentreten. 
Auslanud. 
Paris, 4. Febr. Der „Temps“ meldet: In 
iner Sitzung der nationalen Gesellschaft zur Be⸗ 
oͤrderung des Ackerbaus besprach Prasident Foucher 
»ie Erneuerung der Handels⸗Ver⸗— 
räge 18892 und betonte, der Artilel 11 des 
rrantfurter Vertrages lonne, richtig angewendet, 
um Schutze Frankreichs dienen. 
Paris, b. Febr. Der ‚Temps“ kommt heute 
sochmals auf die Ministetkrise, die nie bestanden 
aben soll, zurück, und gibt die folgende Aufklär⸗ 
ngen: Constans habe nach den letzten Wahlen 
rücktreten wollen; auf die Vorstellungen Carnots 
ind Tirards jedoch, daß er unmöglich nach dem 
zieg den Plaͤz räumen könne, sei er geblieben. 
Zeinen Vlan. das Amt niederzulegen. aber habe 
er, wie es scheint, nicht aufgegeben und da die 
Ernennung eines Präsidenten des Rechnungshofes 
mmer wieder verschoben worden sei, so seien die 
drisengerüchte nicht verslummt. Jetzt aber habe 
Tonstans erklärt, er werde nichts ohne Ueberein⸗ 
timmung mit seinen Amtsgenossen thun und im 
Imte bleiben, falls sein Austritt dem Kabinet 
chaden koͤnne. Nachdem die übrigen Minister ihm 
zargelegt hätten, daß sein Rücktritt eine vollständige 
Berschiebung im Kabinet zur Folge haben müsse, 
jabe er sich endgiltig entschlossen, zu bleiben und 
r selbst habe vorgeschlagen, Tirman auf seinem 
Posten als Gouverneur von Algier zu belassen, 
den Präsidenten des Rechnungshofs sofort zu er⸗ 
iennen und sich erboten, Tirard nach Le Mans 
u begleiten, um jeden Argwohn zu zerstreuen. — 
Das „Journal des Debats“ bemerkt, die Schrift 
»es Obersten Stoffel enthalte eine falsche 
ind gefährliche politische Theorie. Auch nach der 
rfolgten Trennung beider Lander durch Elsaß⸗ 
rothringen hätte der Plan eines Bündnisses zwischen 
Deutschland und Frankreich gegen Rußland, als 
den Gefühlen, Ueberlieferungen und Interessen des 
dandes widersprechend, zurückgewiesen werden 
nüssen. Dem Plan, zwischen Deutschland und 
5rankreich nicht ein Bündnis, an das niemand 
denke, wohl aber eine Uebereinstimmung der diplo⸗ 
natischen Interessen und dauernder Sympathieen 
jerbei zuführen, ständen dauernde und allgemeine 
grunde entgegen, die schon vor dem Jahre 1870 
zagewesen seien und die von niemand beseitigt 
verden koͤnnten. 
Washington, 5. Febr. Der Senat hat 
jgestern den Samoabertrag gutgeheißen. — 
Lokale und pfaͤlzische Rachrichten. 
*St. Ingbert, 6. Febr. Die Mannschaft 
der bayerischen Gendarmeriesoll bekannt- 
ich um 100 Gendarmen vermehrt werden. Diese 
neu sich eröffnenden Poffen werden rasch besetzt 
verden, nachdem der Landtag gleichzeitig mit dieser 
Bermehrung der Mannschaft auch entsprechend den 
horschlägen der Regierung eine erhebliche Besser⸗ 
tellung der Besoldungsverhältnisse der Gendarmerie 
genehmigt hat. Es dürfte für Viele von Interesse sein, 
ju erfahren, wie sich die Gendarmeriemannschaft 
zach diesen neuen Normen stellt und theilen wir 
zies nachstehend auf Grund zuverlässiger Zusammen- 
dellungen mit. Ein Gendarm 1. Kl. hat hienach 
rünftig einen jährlichen Gesammtbezug von 1138 
Mtk., 2. Klasse 1101 Mk., 8. Klasse 1006 Mt., 4. 
lasse 1080 Mk. 5. Klasse 1000 Mk. Außerdem 
hat er Wohnung, Holz und Licht, Arzt und 
Apotheke frei und ist auch wieder die Ausficht auf 
jeinerzeitige Anstellung im Civildienst geboten. Bei 
Beförderung zum Unferoffizier ist die Besoldung 
entsprechend höher. Bei funfjähriger Dienstzeit ist 
die Moͤglichkeit der Verehelichung gegeben, wobei 
die Familie gleichfalls auf freie Wohnung, ärztliche 
Behandlung und freien Medikamentenbezug Anspruch 
sat. Witnwen und Waisen erhalten Pension, resp. 
Zustentation. 
— Auf dem Bahnhofe in Blieskasst el ging 
etzten Dienstag, nach der „Zw. Zig.“, ein Waggon 
»on im Bliesihale gekauften Zuchtrindern 
nach Baden ab. 
— Die Gemeinden Herbitzheim und 
Rubenheim werden von dem bisherigen Bürger⸗ 
meisterei⸗ Verbande getrennt und erhalten vom 1. 
Juli ein eigenes Bürgermeisteramt. 
— Pirmasens. Foͤrster Nashan auf dem 
Jeckenhot schoß im Auaust v. J. einen Rehbock,