Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
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der ‚St Jugberter Arzeiger erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungk⸗Blatt und Mittwocht und Samstagt mu 
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Auskunft ertheilt, 13 , Neklamen 80 A. Bei 4maliger Cinradung wird nur dreimalige berechnet. 
34. 
Deutsches Reich. 
Augsburg, 8. Febr. Der Bischof von 
mugsburg enthob den Pfarrer Stempfel, den 
zerfasser einer antiultramontanen Broschüre, seiner 
delanstelle und leitete den kanonischen Prozeß gegen 
enselben ein. 
Muünchen, 7. Febtr. In der Kammer 
er Abgeordneten begann die Spezial 
ehatte des Eisen bahnetats. Mehrere An⸗ 
ragen beantwortend, erklärte Minister v. Crails⸗ 
seim, die Herabsetzung des Personentarifs sei nur 
m Lokalverkehr in der Umgebung großerer Städte 
inanziell vorteilhaft. Der Handelsstand messe der 
herabsetzung der Gütertarife eine weit gröößere Be⸗ 
eutung bei. Die Regierung werde, wie bei den 
gütertarifen, auch betreffs der Personentarife vor⸗ 
ichtig vorgehen; erhebliche Ermaßigungen seien 
uur unter Zustimmung des Landtags möglich. Die 
jonversion der Eisenbahnschuld anlangend, erklärte 
ich der Minister füt inkompetent, meinte jedoch, 
ie Sache sei zu verschieben. Eine Ermaäßigung 
es Reisegepäcktarifs werde demnächst eintreten. Die 
zinstellung von Wagen dritter Klasse in die Schnell⸗ 
üge sei nur in driugendsten Fällen ungängig. Die 
xinnahmen aus dem Personenverkehr wurden mit 
8396 900 Mark genehmigt. 
München, 8. Febr. Im Reichsraisausschuß 
ihrte Prinz Ludwig aus, die Aktkatho— 
ken gehörten nicht der papftlichen Kirche an; 
ieselben verwürfen die schon vor dem Vatikanum 
estandenen Kirchenlehren und besäßen eine ge⸗ 
rennte Hierarchie. Der Prinz wünscht, daß die 
Utkatholikenfrage endlich erledigt werde und zwar 
m zweckmäßigsten, weil die Mehrheit der Reichs⸗ 
ate doch gegen der Kamerbeschluß sei, durch eine 
zagesordnung, welche den Wunsch ausdrücke, daß 
»ie Staatsregierung mit den Kirchenbehörden eine 
endgiltige Regelung herbeiführe. Minister von 
sadilsheim stimmte in Vertreiung des Minisiers 
on Lutz dieser Motivierung bei und erklärte, die 
»ayerische Regierung habe niemals die altkatholische 
hierarchie anerkanni. Graf Preifing widersprach. 
zͤchließlich wurde eine Tagesordnung angenommen, 
vorin es heißt, es sei noch nicht festgestellt, daß 
die Altkatholiken außerhalb der katholischen Kirche 
anden, und hinzugefügt wird, daß der Altkatholi⸗ 
emus eine vollständige Kirchentrennung involviere, 
r daß ein Urteil der Kirchengewalt noch nicht 
oorliege 
Ausland. 
Varis, 7. Febr. Der gesiern volljährig ge⸗ 
Lndene Herzog von OrLeans, der Sohn 
des Grafen von Paris, trof heute Morgen mit 
einem Schreiben seines Vaters hier ein, worin dieser 
zu seinen Gunsten auf alle Rechte an den franzö⸗ 
sishen Thron verzichtet. Außer em hatte der Herzog 
—RK Manifest an dos franzofuche Voil bei sich. Im 
3 Vufe des Tages sp.ach der Herzog auf dem Re—⸗ 
bkatirungsbureau in der Ruͤe St. Domingue vor 
und verlangte seine Einstellung in die Armee. 
Ran wies ihn nech der Infanterieabtheilung des 
kriegsministetiums, wo er den Bescheid erhielt, daß 
dan von ihm keinerlei Erklärungen enigegenzu- 
uhmen hate. Um halb) Uhr heute Abend er— 
ialgte, it. Fr. Z., seine Be rhaftung in der 
dohnung des Herzogs v. Luynes, auf Grund des 
bes vom Jahre 1886 beir. Ausweisung der 
ozösischen Prinzen. Dieses Gesetz bedroht jeden 
unterstehenden Prinzen für den Fall des 
errechtlichen Betreiens von franzoͤsischem Boden 
un emer Gefängnißstrafe don 2 bige Jahren. 
Montag, 10. Februar 1890. 
25. Jahrg. 
Dder Herzog wurde zunächst vor den Polizeipräfekten 
uind später nach der Conciergerie gebracht. 
Paris, 8. Febr. Da der Herzog von 
Drleans auf der That ergriffen wurde, erschien 
er bereits vor der 8. Kammer des Zuchtpolizei⸗ 
zerichss. Auf Antrag Buffets, eines Sohnes 
des Senators, wurde die Angelegenheit, dem 
Wunsche des Herzogs entsprechend, auf drei Tage 
sertagt, damit der Prinz sich einen Verteidiger 
eschaffen kann. Das geringste Strafmaß würde 
zuf zwei Monate lauten. Man nimmt jedoch an, 
»aß Präsident Earnot den Prinzen nach einigen 
dafttagen begnadigen werde. 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
*St. Ingbert, 10. Febr. Die gestrige 
VBablerversammlung, welche die So zial⸗ 
remokraten ins Cafe Becker dahier einberufen 
atten, war durch Vertreter fast aller Parteien be⸗ 
ucht. Der Saal war gedrängt voll, besonders be—⸗ 
nerkte man diele preußische Bergleute. Durch den 
inberufer wurde die Versammlung eröffnet und 
ofort dem Referenten Hrn. Ehrhardt aus Ludwigs⸗ 
afen das Wort erteilt. Beginnend mit der be—⸗ 
annten abfälligen Erinnerung an die letzte Reichs⸗ 
agswahl kommt er dann zunächst auf den der 
S„ozialdemokratie gemachten Vorwurf der Reichs⸗ 
eindlichleit, welchen er zurückweist. Seine Partei 
onspirire nicht; ihr Ziel sei nur, die Verhältnisse 
n Deutschland so umzugestalten, daß jeder sich 
harin wohl fuühle. Im Gegenteil macht Rednet 
en Kapitalisten, die ja im Jahre 1870 erst den 
lusgang der ersten Kämpfe abgewartet, ehe sie ihr 
Beld hergegeben, den Vorwurf des Konspirirens. 
hor 15 Jahre hätten die Parteien noch Programme 
ꝛesessen und vertreten, heute richte sich alles nach 
ziner Wahlparole. Die Kartellparteien sagten, wer 
um Kaiser halte, müsse auch zu ihnen halten; und 
»och seien die Nationalliberalen im Reichstag vor 
1887 an die Wand gedrückt worden. 
Die erste That des neuen Reichstags sei die 
Hewilligung des Militäretats und darnach die 
Schoffung der indirekten Steuern gewesen. Redner 
jidt hier eine Aufstellung der wachsenden Erträgnisse 
er indirekten Steuern und bezeichnet als Mitur- 
jeber der letzteren namentlich das Zentrum. Fort⸗ 
ahrend bringt er die Klage über Verteuerung der 
Lebensmittel, wie über die Gefährdung des Klein— 
jewerbes durch die Aktiengesellschaften. Die Er— 
jebnisse des Reichstages auf sozialreformatorischem 
Bebiete, die Unfall- und Versicherungsgesetze unter⸗ 
ieht er in oberflächlicher Weise einet Krik. Die 
Sozialdemokraten hatten zuerst, also auch vor dem 
Zentrum, auf die Sozialreform hingewiesen; auch 
ünftig müßten gerade sie am Ausbau der Reform⸗ 
esetze thätig sein, und der Kaiser müsse sich aus 
»ie Sozialdemokraten stützen. Die kaiserlichen 
kErlasse haben ohne Zustimmung des Auslandes 
einen Wert. Die Kolonialpolitik verwirft Redner 
janz und spricht auch an ihr dem Zentrum Schuld 
u. Bei Zusammenfassen seiner Ausführungen 
rtlart er als Ziel der Sozialdemokratie die de⸗ 
ossenschaftliche Arbeit. 
Gegen den Referenten trat Herr Rechtsanwalt 
dönig⸗Zweibruden auf, welcher an den Patriotis- 
nus der Arbeiter appellirt. Referent habe zwar 
zesagt, was andere Parteien gethan, aber nicht, 
vas die Sozialdemokraten wollten. Diese Pariei 
volle blos die Zerstörung, ohne zu bedenken, 
vas darauf folge. Diese Partei habe auf 
»em nationalen Boden keinen Platz, fie wollte 
a Elsaß ˖Lothringen an Frankreich geben, sie 
habe in Paris konspirirt. Weder national, 
zeligiös, noch monarchisch dürfe sie sich nennen. 
Auch die Ordnungsparteien gefstehen den Arbeitern 
»as Koalitionsrecht zu. Die Bewilligung des 
Militäretats sei ein Gebot der Selbsterhaltung. 
Die indirekten Steuern verteuerten weder den 
Schnapps und Tabak noch das Brod. Bis 1887 
habe Deutschland den größten Schnappskonsum 
dro Kopf gehabt, was jetzt durch die Steuer anders 
und besser geworden sei. Trotz der Getreidezölle 
eien die Brodpreise in den letzten Jahren gefallen. 
Redner weist dies ziffermäßig nach.) Bezüglich 
der Lohnfrage müssen die Arbeiter, wenn sie ehclich 
vären, selbst die eingetretene Besserung zugeben. 
Die besitzenden Klassen wollen ja für Verbesserung 
der Lage der Arbeiter eintreten. Vor allem sei die 
Invaliditätsrente hervorzuheben, welche jedem vom 
Anfall Betroffenen zuteil werde Nur nach Anerkennung 
der geschaffenen Gesetze könne man durch ferneres 
Vorgehen auf diesem Wege mehr erreichen. 
Den vorstehenden Ausführungen entgegnet Herr 
xkͤhrhardt, indem er erklärt, daß er die Endziele 
ver Sozialdemokratie nur andeuten, nicht aber er⸗ 
jrtern dürfe. Die Sozialdemokratie sei internatio—⸗ 
nal, wie auch das Kapital, und nur dadurch könne 
ie etwas erreichen. Alle Sozialisten seien für Ab⸗ 
ȟstung und gegen die Kriege; die Befreiungskriege 
jabe steis das Volk gewonnen, nicht die stehenden 
Heere. Die Sozialdemokraten verlangten eine di⸗ 
zekte und progressive Steuer. 
Da die Zeit zu sehr vorgeschritten war, be⸗ 
mmügte sich der Kandidat der Arbeiterpartei damit, 
zu versichern, daß er im Reichstage nur die Jite⸗ 
xessen der Arbeiter vertreten würde. 
Das äußere Bild der Versammlung war von 
dem Auftreten des Herrn König an ein sehr be⸗ 
wegtes, Zwischenrufe billigenden und mißbilligenden 
Tharakters erschallten und bald arteten letziere in 
solchen Laͤrm aus. daß der Ueberwachungsbeamte 
erklärte, wenn der värm fortdaure, müsse er die 
Versammlung schließen. Doch kam es soweit nicht, 
hdielmehr verlietß zum Schluß alles ruhig den Saal. 
Das ganze Verhalten der Sozialdemokraten hat 
zezeigt, daß ihnen das Auftreten eines Gegners 
ehr unangenehm war, besonders offenbarten dies 
die oft hissigen Bemerkungen des Referenten. 
rkinige Aeußerungeun desselben dürfen wir nicht 
ibergehen. Vor allem die unumwundene Erklär⸗ 
uing, daß es ihnen nicht auf die Stimmen der 
Wähler ankomme, sondern zunächst deien fie hier 
nur erschienen, um ihre Ansichten zu ver— 
dreiten. Herr Ehrhardt erwähnt die Steigerung 
)er Kohlenpreise, wie er z. B. in Ludwigshafen 
etzt 50 Pfg. mehr bezaul für den Zentner, und 
ragt nun die Arbeuer „Habdt ihr diese 50 Pfg. 
mehr bekommen“. Ferner fordert er die Arbeiter 
auf, durch die Wahl des Arbeiterkandidaten ihre 
Inzufriedenheit mit ihrer Lage zu dokumentiren. 
Dies Alles ist wohl bezeichnend genug für die 
aufreizende Art der Agitatien, wie fie die sozial⸗ 
demokratische Partei betreibt. Unfrieden zu sähen, 
dazu halten fie sich berufen, denn ihr Element ist 
die Unruhe und ihre Absicht die Erweckung des 
glassenhasses. 
* St. In gaberl, 10. Febr. Auch die Ver⸗ 
ammlung der Zentrumspartei, welche 
jestern im Grewenig'schen Saale stattfand, war 
ine recht stark besuchte. Gegen die sozialdemo⸗ 
ratische bot sie einen angenehmen Gegensatz durch 
ie Ruhe der Berhandlungen. Herr Pfarrer Zimmer 
segrüßte die Versammlung und dankte für das