Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ingherter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der DSt⸗Jugberter Ireiger erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungk⸗Vlatt und Mittwocht uind Samfagt wiil 
rfirirten Beilaten. as Blalt koflei dierieljährlich J A 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Poß bezogen 1M 78 eq 40 Zuftellungssgebuhr. Die 
Firücangsgebühr sar die 4gespaltene Sarmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Expedition 
Aunskunft eribellt. Iß, Neklamen 80 BVeli maliger Sinruckung wird nur dreimalige berechnet. 
39. 
Reichsstagskandidat 
der nationalliberalen Partei 
für den Wahlkreis 
Zweibrücken-Yirmasens 
ist Her 
Kommerzienrat Adt, 
Bürgermeiffer in Ensbeim. 
Politische Uebersicht. 
* Die Angelegenheit der Pfälzischen 
Brandversicherungsanstalten wurde be⸗ 
kanntlich in der Abgeordnetenkammer noch⸗ 
nals an eine Kommission verwiesen. Dem „Pf. 
N.“ schreibt man hierüber aus Munchen Fol⸗ 
gendes: Aus der Generaldiskussion geht hervor, 
daß die Abgeordneten der Pfalz um jeden PVreis 
füt die Vortheile des Anschlusses an die vor⸗ 
züglich staatlich geleitete Brandverficherungskammer 
die Nachtheile einer schärferen, zu vielen Placke- 
reien führenden Bauordnung des rechtsrheinischen 
Bayern nicht in Kauf nehmen wollen. Anderer⸗ 
seits sind die diesrheinischen Abgeordneten, die 
Belegenheit beim Schopf nehmend, bemüht, 
wenigstens einige Härten der Bauordnung anzu⸗ 
regen und machen hiervon ihre Zustimmung zu 
dem Anschluß abhängig. Abg. Bech vermißt eine 
in Gesetzform pracifirte Bauordnung für die Pfalz 
und meint, daß die von der Regierung und dem 
Landrath der Pfalz getroffene Vereinbarung ver⸗ 
schiedene Ummodelungen zulasse. Die Vorbeding⸗ 
ungen, und das ist die Bauordnung, müßten die 
gleichen sein, wenn ohne Schädigung des dies- 
rheinischen Bayerns die Aufnahme in die Landes⸗ 
anstalt vor sich gehen soll. Der kgl. Staats⸗ 
minister v. Feilitzsch betonte, daß von den 
Brundlagen für die Vereinbarungen zwicchen 
Staatsregierung und Landrath der Pfalz nicht 
abgegangen werden könne. Er nehme zur Revision 
der Bauordnung für das diesrheinische Bayern 
eine wohlwollende Stellung. Mit dem Verlargen 
nach Revision der Bauordnung diesseits des 
Rheines bei diesem Gesetz erreiche die Kammer 
nur so viel, daß der Anschluß der Pfalz an 
ansere Brandverficherung auf unbestimmte Zeit 
zinqusgeschoben würde. Von dem ganzen Bundel 
Anträge ist der vom Abgeordneten Keßler und 
Henossen gestellte der interessanteste, weicher in 
Verbindung mit diesem Gesetzentwurf die Vorlage 
ines Gesetzentwurfs über eine zu errichtende 
daatliche Mobiliarfeuerbersicherung für ganz Bavern 
bderlangt. 
»Noch kurz vor dem entscheidenden Termine 
F Reichstagswahlen ist nun der preußische 
Staatsraih wieder zusammengetreten, 
und zwar am Freitag Nachmittag, im Elisabeth⸗ 
saale des Berlmer Refidenzschlosses. Man weiß 
—T daß dieser erst im Jahre 1884 durch 
Zaiser Wilhelm J. wieder ind Leben gerufenen 
Körperschaft diesmal wichtige Arbeiten harren, 
nämtich die Berathungen üͤber die bedeutungs⸗ 
doslen sozialreformatorischen Vorschläge, welche 
daiser Wilhelm in seinem Erlosse an'den preuß- 
isthen Handelsminister v. —A 
dat, und es könnte daher etwas auffällig erschei- 
nen, daß der Staatsrath über diese Fragen gerade 
pmitten des auf seinem Höhepunkte angelangten 
Wabltreibens derathen foll. Jsneen in 
Samstag, 15. Februar 1890. 
2Jahrg 
seits auch bekannt, daß die bezüglichen, von der 
zenannten Korperschaft zu treffenden Beschlüsse 
als Untergrund für die neuen, dem nächsten Reichs⸗ 
tage zu machenden sozialpolitischen Vorlagen die⸗ 
nen sollen und bei der Wichtigkeit und Dringlich⸗ 
keit des Gegenstandes erscheint allerdings der noch 
bor den Wahlen erfolgte rasche Zusammentritt des 
Staatsrathes gerechtfertigt. Unmittelbar vor der 
Eröffnung des Staatsrathes sind noch eine An⸗ 
jahl neuer Mitglieder ia denselben berufen wor⸗ 
den, von denen die meisten, wie Fürst Pleß, die 
Freiherrn v. Stumm und v. Huene, Kommerzien⸗ 
rath Krupp, Generaldirektor Ritter in Waldenburg 
Schlefien) und Handelskammerpräsident Jenke 
in Essen durch ihre Stellung im bürgerlichen 
deben höchst sachku dige Persönlichkeiten in den 
derschiedenen Arbeiterfragen sind. Die geschäft⸗ 
ichen Verhandlungen des Staatsrathes wird der 
sum Staatssekretär desselben ernannte bis⸗ 
jerige Unterstaatssekretär im Reichsamte des In⸗ 
nern, Dr. Bosse, leiten. 
* Das preußische Armee-⸗Verordnungsblatt ver⸗ 
jffentlicht in seiner jüngften Nummer das vom 
Reichsiage genehmigte neue Militärgesetz, 
jetr. die Bildung zweier weiteren Armeekorps, des 
16. und 17. Die Neuformationen treten, wie 
ekannt, am kLommenden 1. April ins Leben und 
vird demnach dieser Tag ein bedeutsames Datum 
n der militärischen Weiterentwickelung des deut⸗ 
chen Reiches dilden. Das 16. Armeekorps hat 
ein Generalkommando in Metz und wird fich 
sus der 33. und 34. Division nebst der 83. und 
34. Kavallerie⸗Brigade und der 16. Feldartillerie⸗ 
zrigade, außerdem aus den entsprechenden Pionier⸗ 
ind Trainabtheilungen zusammenstzen. Das 17. 
Armeekorps hat seine Generalkommando in Danzig 
und wird gebildet aus der 35. und 36. Division, 
der 35. und 36. Kavalleriebrigade, der 17. Feld⸗ 
artilleriebrigade und den nöthigen Train- und 
Bionierabtheilungen. 
*Der Herzog von Orleans ist im 
Hefängniß derselben Ordnung wie die übrigen 
Befangenen unterworfen, mit Ausnahme der 
Nahrung. Der Direktor des Gefängnisses ersuchte 
zenselben, ihm die Liste derjenigen Personen zu 
geben, welche er zu empfangen wünsche. Der 
Zerzog bezeichnete darauf 18 Personen, darunter 
zjeben Verwandte. Nach der Frist von 10 Tagen, 
die zu dem Zwed der Appellation vorgeschrieben 
sst, wird der Herzog in ein Provinzialgefängniß, 
vahrscheinlich nach Loos, Departement du Nord, 
gebracht. Man vermuthet, Carnot werde einen 
angeren Zeitraum abwarten, ehe er den Herzog 
degnadige. Derselbe würde wenigstens einen Theil 
einer Strafe abzubüßen haben, 
Ausland. 
London, 14. Febr. Der Bericht der Pa r⸗ 
nell⸗Kommission, welchen der Staatssekretär 
des Innern Matthews, gestern auf den Tisch des 
Anterhauses legie, umfaßt 160 Seiten. Er ist von 
zrei Richtern unterzeichnet und von einem rein 
uristischen Standpunkle aus redigirt. Die Kommission 
erklärt die Angeklagten nicht gemeinschaftlich für 
Miiglieder einer Verschwörung, die vollstäudige 
Inabhängigkeit Irlands herzustellen, meint jedoch, 
»aß einige derselben, unter diesen Michael Davitt, 
die Landliga zu diesem Zwecke gebildet hätten. 
diese hätten sich verschworen, durch Gewaltmittel 
uind Schreckens herrschaft die Landbesitzer in Armut 
zu bringen und aus dem Lande zu treiben. 
Rom, 13. Febr. (Kammer.) Mazoleni 
tellte an Crispi die Anfrage, welche diplomatischen 
S„chritte die Regierung unternommen, um den 
englisch⸗portugiesischen Korflikt gemäß Artikel 12 
des Berliner Vertrages im Interesse des Friedens 
ind der Zivilisation einem Schiedsgerichte zu 
interbreiten. Crisdi bemerkte, angesichts der er⸗ 
zjffneten Unterhandlungen könne er die Anfrage 
nicht beantworsen. Mazoleni behält sich die Wieder⸗ 
jolung seiner Interpellation vor. Der Finanz⸗ 
ninister ertlärt gegenüber mehreren Rednern, 
zas Defizit, welches im letzten Finanzjahre 280 
Millionen betrug, werde im nächsten nur 323 
Millionen ausmachen. Man könne daher abwarten, 
b den Steuerträgern nicht neue Opfer zu er⸗ 
paren waären. Weiter wies der Minister ziffer⸗ 
näßig nach, daß die Beschaffenheit des italieni⸗ 
chen Budgets keineswegs eine ausnahms- 
weise sei und man kein Recht habe, die Solidität 
des italienischen Kredits zu bezweifeln. 
Nom, 13. Febr. Nach einer Meldung der 
„Agenzia Stefani“ aus Adizana fand am 26. 
Januar eine Schlacht zwischen Degiac Se⸗ 
soum und Ras Alula statt. Letzterer wurde 
zeschlagen und schwer verwundet. 
Pest, 13. Febr. Der Kaifer empfing den 
Zrafen Hartenau (Prinz Alexander von Bat⸗ 
tenberg) in halbstündiger Privataudienz. 
Sansibar, 18. Febr. „Reuter“⸗Meldung. 
die Leiche des Sultan s wurde heute Nach- 
mitiag zur Stadt gebracht. Die Aerzte des Char⸗ 
esworth vom britischen Konsulat und Martin vom 
Panzerschiff „Voadicea“ untersuchten den Leichnam 
und stellten fest, daß die Araber die Leichenöffnung 
nicht zugeben. Der Leichnam bietet keinerlei Au— 
zeichen eines unnatürlichen Todes dar und wird. 
heute Abend beerdigt. Seyyid Ali, der Bru— 
der des Sultans, wurde zum Nachfolger gewählt. 
In der Stadt ist alles rubia. 
Deutsches Reich 
Metz, 14. Febr. Das Wolffsche Telegraphen⸗ 
jureau meldet: Die Drucklegung des Fasten⸗ 
dirtenbriefes des Bischofs ist von der Re—⸗ 
gierung auf Grund des Preßgesetzes perhatern 
vorden. 
Breslau, 12. Febr. Die „Schlesische Zeit⸗ 
ing“ meldet, der Herzog von Ratibor sei 
ürzlich vom Kaisser empfangen worden, um als 
Braäͤsident des schlefischen Provinziallandtages die 
fFinladung der Provinz zu dem im Herbst gelegent⸗ 
ich der Anwesenheit des Kaisers geplanten Feste 
zorzutragen. Der Kaiser nahm die Einladung 
m, auch die Kaiserin stellte ihre Anwesenbeit in 
Iussicht. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 15. Febr. Heute Nacht 
zerschied dahier ein geachteter Bürger, Herr 
Zimmermeister Georg Uhl. Das Vertrauen seiner 
Hiitbürger hatte denselben in den Stadtrat be⸗ 
rufen; ein ehrendes Andenken wird ihm gewahrt 
zleiben. Möge ihm die Erde leicht sein. — In 
die durch vorerwähnten Todesfall erledigte Stadt⸗ 
ratsstelle wird Herr Glashüttendireltor Fiack als 
erster Ersatzmann einzurücken haben. 
* St. Ingbert, 15. Febt. Es sei hiermit 
nochmals an die morgen Nachmittag im Cafe 
Becker dahier stattfindende mationalliberale 
Wählerversammlung erinnert. Gewiß wird 
s die Anhänger der Partei interessiren, durch den 
uls ausgezeichneter Redner bekannten Herrn Justiz⸗