Full text: St. Ingberter Anzeiger

einl wiro, ca. 10,000 Venschen trant darnieoder. 
Sammiliche Krankenhäuser sind mit Jafluenza⸗ 
sranken überfüllt. Sämmtliche öffentliche Schulen 
find ausf Antrag des Herrn Großh. Bezirksaiztes 
bis zum Donnerstag, den 16. d. M., einschlieblich 
geschlossen worden. 
F Eine für die betreffenden Interessentenkreise 
eht beachtensweithe Schrift ist erschienen; sie 
rägt den Titel: „Die Haussteuerfrage 
in der bayer. Kammer der Abgeordneten. Eine 
Mahnung für Haus⸗ und Grundbesitzer von Dr. 
d. Loll.“ Würzburg, A Stuber's Verlag. Preis 
50 Pf. Der Verfasser dieser Schrift stellt auf, 
»aß die Häusecst uer in jeder Beziehung mit 
zer Kapitalrentensteuer gleichgestellt, daß dieselbe 
also ebenso von der wirklich bezogenen reinen 
Rente und zwar in demselben Betrage wie diese 
erhoben werden soll. Den Hausbesitzern soll das 
Recht zustehen, zu verlangen, daß von dem Mieth⸗ 
werthe ihrer Häuser in Abdzug gebracht werden: 
1) die Zinsen der Hypothek⸗Kapitalien, 2) die 
Sebäude Unterhaltungskosten einschließlich der 
Brandversicherungs⸗Beiträge, 3) der Entgang des 
Miethzinses für leerstehende Wohnungen. Die als- 
dann noch verbleibende reine Rente sei-dann so 
hoch zu besteuern, wie die reine Rente aus den 
Beld⸗Kapitalien. 
Bayreuth. Landgericht. Welch' un⸗ 
mgenehmen Ausgang manchmal ein sog. „schlechter 
Wiß“ nehmen kann, davon gibt die nachstehende 
Verhandlung ein drastisches Beispiel. Am 16. 
Sept. v. Is. fand im Hofraum der Sesselmann⸗ 
schen Wirthschaft zu Birken, A.G. Stadtisteinach 
ein Zimmerstutzenschießen statt. Der Oekonom 
haul Ott von Schwaad machte sich den Spaß 
dem Sockenmacher Andreas Fleischmann von 
Braunersreuth ein gebratenes Huhn heimlich aus 
der Tasche zu ziehen und davonzulaufen. Fleisch- 
nann, welcher eben nach der Scheibe schießen 
wollte, merkte den ihm angethanen Schabernack 
und schoß mit einem Flobertstutzen nach dem fliehen⸗ 
den Ott. Dieser Schuß, der in den rechten 
Oberschenkel ging, fiel sehr unglücklich aus; es 
hildele sich eine eiterige Entzundung des Schenkels 
dom Hüftengelenk bis fast zum Knie, so daß Ott 
unter heftigen Schmerzen ein Ywöchiges Kranken- 
iager durchmachen mußte. Fleischmann bestreitet, 
absichtlich nach dem Ott geschossen zun haben, und 
will die Sache einem unglücklichen Zufall zu 
schreiben. Durch die Beweisaufnahme wurde je—- 
doch zweifellos festgestellt, daß der Angeklagte vor— 
»ätzlich den Schuß auf Ott abfeuerte. Wegen eines 
Vergehens der gefährlichen Körperverletzung wurde 
»er Angeklagte zu 3s Monaten Gefängniß 
unter Abrechnung der seit dem 2. Nov. v. J. ver— 
hüßten Untersuchungshaft verurtheilt. Der Haft— 
hdefehl wurde aufgehoben. 
F München, 5. Jan. (Influenza.) In 
zen Iffentlichen Militär- und Zivilkrankenanstalten 
jefanden sich gestern gegen 1200 Influenzakranke; 
zie Zcehl der in Privatpflege befindlichen Kranken 
beträgt ficher hoch in die 10,000. 
FMuünchen. (Militärisches.) Wie für 
die Offiziere der drei Haupiwaffengattungen (In⸗ 
fanterie, Kavallerie, Artillerie) Vorsorge zur wei—⸗ 
teren wissenschaftlichen und praktischen Ausbildung 
zetroffen wurde, wurde nun auch hinfichtlich der 
Offiziere des Ingenieurkorps vom Kriegsministerium 
mgeordnet, daß im zweijährigen Turnus Ingenieur— 
Offiziere auf ein Jahr zu einem Fußariillerie⸗ 
Regimente, im Zwischenjahre ein solcher zu den 
Armierungs⸗ und Schießübungen der Fußariillerie 
zu beordern sind; weiters sind Offiziere zum Be⸗— 
juche größerer Uebungen bei fremden Armeen zu 
entsenden. Zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung 
haben Ingenieur⸗Offiziere die technische Hochschule 
zu besuchen und entsprechende Informationsreisen zu 
unternehmen. 
F München. Die Münchener Kindl— 
brauerei hat den alleinigen Ausschank des 
Münchener Bieres bei dem im Sommer d. J. in 
Berlin stattfindenden deulschen Bundes-Schützenfest 
erhalten. 
F In der Neujahrsnacht schweißten mehrere 
Burschen auf der Thyssen'schen Fabrit in 
Styrum ein Stück Rohr an einem Ende zu, 
jüllten es mit Wasser, schlossen das andere Ende 
mit einem Eisenkeil und warfen das Ganze in die 
furchtbare Glut eines der Fabriköfeu, um durch die 
entstehende Explosion einen Neujahrsknall hervor⸗ 
zurufen. Später platzte auch das Rohr und ein 
Stück desselben flog einem iungen, hei der Sache 
anoeieiigten Arbeiter mit soiher Wucht Aan e 
dopf, daß derselbe mit zerschmettertem Schädel 
ofort todt zu Boden sank. Die nichtswürdigen 
Lrheber dieses Unglücks fitzen bereits hinter Schloß 
und Riegel. J 
F Berlin, 6. Jan. Die Erkrankung der 
zreisen Kaiserin Augusta erregtdie allgemeinste 
Teilnahme und ruft eine gedrückte Stimmung her 
vor. Aus allen Kreisen der Bevölkerung erfolgen 
zauernd Anfragen bei dem vor dem kaiserlichen 
Palast aufgestellten Polizisten, wie bei dem Pfoört⸗ 
ner in der Behrenstraße. Die Auskunft lautet, 
venn auch nicht hoffnungslos, so doch immerhin 
»etrübend. Es handoölt sich um eine sehr schwere 
xFrktankung an der Grippe. Die Großherzogin 
yon Baden befindet sich dauernd am Kranlenbett 
hrer erlauchten Mutter. Fast von allen euro⸗ 
äischen Höfen sind telegraphische Anfragen nach 
»em Befinden der Kaiserin eingegangen. Der 
Reichsanzeiger“ wird diesen Abend das erste 
Bulletin bringen. In die ärztliche Behandlung 
eilen sich Hofrat Dr. Velien. der langjährige 
deibarzt der Kaiserin, und Dr. Schlier, der um 
die Kaiserin in Baden-⸗Baden zu sein pflegt. —— 
Auch Frau Fürstin Bismarkk ist in Fried⸗ 
ichsruh von einem sehr heftigen Grippe⸗Anfall 
reilt worden, Der Leibarzt der fürstlichen Familie, 
Professor Schweninger, hat sich bereits nach Fried⸗ 
richssßruh begeben. Der Fürst ist, wie man hört, 
vegen der Krankheit seiner Gemahlin äußerst be⸗ 
orgt. Seine Rückkehr nach Berlin, welche schon 
in den nächsten Tagen erfolgen sollte, ist bis zur 
Benesung der Fürstin verschoben worden und wird 
annmehr keinesfalls vor dem 18. Januar zu er—⸗ 
warten. 
F Haifische von beträchtlicher Größe kommen 
seit einiger Zeit in der Nord see vor. Erft 
kürzlich wurden nach der „Magd. Zig.“ durch den 
Fischdampfer „Präsident Herwig“ zwei Haie ange— 
»racht, von denen der größere eine Länge von 12 
Fuß hatte, und am 28. Dezember brachte der 
Fischdampfer „Nixe“ wieder einen Hai von gleicher 
Länge an, der mindestens einen Umfang von 6 
Fuß hat und in der Nähe von Hetgoland ge— 
'angen ist. Die Fische gelangen mit in die Netze 
der Dampfer und werden dann mit aufgezogen. 
dleinere Haiarten von etwa höchssens 3 —4 Fuß 
dänge sind auch früher zuweilen mit gefangen, 
vährend größere Haie nach Meinung der Fischer 
ind Schiffer nicht in der Nordsee vorkommen. Das 
Fleisch der Haifische gilt bekanntlich für ungenieß— 
zar, jedach bekommt dasselbe durch Räuchern einen 
Beschmack, der an den vom geräucherten Rindfleisch 
erinnert. Diese beiden drößeren Haifische sind von 
einem Schaustellet für 50 bezw. 60 Mk. angekauft 
and werden demnächst in den größeren Städten 
zur Schau ausgestellt werden. 
F Influenza und Dividenden. Ju 
irztlichen Kreisen kommt man unwillkürlich zu der 
Betrachtung, in welchen Unmassen das Antipyrin 
etzt in der ganzen Welt für Jafluenza⸗Erkrankte 
erforderlich wird. Da es die Farbwerke von 
Meister, Lucius und Bruning in Höchst sind, 
velche das Patent auf Antipyrin besitzen, so liegt 
eine Schlußfolgerung für den Gewinn der Farb— 
verke hierbei ziemliich nahe. Ein im Großhandel 
mit 15 Pfg. verkauftes Pulver kostet der Fabrik 
noch nicht 1 Pfg.; der diesjährige Mehrgewinn 
»x Farbwerke nur an Antipyrin soll an 400.000 
Maĩk betragen. 
fFODie großartigste Wasserleitung 
der Welt wird voraussichtlich Paris bauen. 
Die französische Hauptstadt ist zur Zeit sehr schlecht 
nit Wasser versorgt. Man mußte oft im Sommer 
wegen Mangels an Quellwasser Flußwaßer ver⸗ 
venden, was Typhuserkrankungen und eine Ver— 
dopplung der Todesfälle zur Folge hatte. Das 
Wasser soll nun aus den Thälern der Arve und 
Bigne hergeleitet, 1050 Kilometer weit auf einem 
Aquadukt geführt werden, in einem Zentralbecken 
in Montretou zusammenfließen und von dort nach 
den städtischen Sammelbecken in Passy und Mont⸗ 
rouge in zwei Armen abfließen. Die tägliche 
Wassermenge wird 110000 Kubikmeter betragen; 
die einmaligen Kosten belaufen sich auf 35 Milli— 
onen Franks, die Betriehskosten auf jährlich 
50 000 Frks. 
4 (Durchgefallen.) Wie es bei Schorn⸗ 
teinfegerprüfungen mitunter zugegangen 
ist, darüber wird aus fruherer Zeit eine ergötzliche 
Geschichte erzählt. Es meldeten sich eines Tages 
gleichzeitig zwei Schornsteinfegergesellen zur Meister⸗ 
axufung im anunusttriset, 4J Weichem iuet 
Prüfungsmeister selbst sein Geschäft hatte. Dieser 
nochte alles gut leiden — aber Konkurrenz war 
hmuverhaßt, und deshalb sorgte er dafür, daß bride 
Besellen durchfielen. Es gab damals noch' viele 
von den großen Schornßeinen, worin die Schinken 
zeräuchert wurden. Nun war der eine der beiden 
Prüflinge ungewöhnlich aroß und dick, der andere 
jehr klein und mager. Der Prüfungsmeister wies 
darauf dem kleinen Gesellen einen riesig weiten 
Schornstein und dem dicken einen engen zum Fegen 
an. Der Dicke blieb in dem engen Schornstein 
stecken und mußte mühsam herausgezogen werden, 
und der Kleine hatte nicht Beinlänge genug, 
um den weiten Schornstein zu besteigen, nnd 
io fielen natürlich beide in der Prüfung glänzend 
zurch. 
Bienstesnachrichten. 
Schuldienst. Die. interimistische Verwesung 
der durch die Versetzung des Schulberwesers Heim⸗ 
bucher nach Hayna erledigten katholischen Schul— 
berweserstelle zu Hauenstein ist dem bisherigen 
interimitischen Verweser an der katholischen Schule 
dayna. Joseph Hast. vom 1. Januar 1890 an 
übertragen. 
Aichamt. Zum Aichmeister wurde ernannt: 
ür den Aichbezirk Bergzabern der geptüfte Aich— 
imtskandidat und frühere Gendarmerie-Stations⸗ 
sommandant Dom. Böh von Leimersheim; auf 
Ansuchen versetzt: die Aichmeister Friedr. Schwen— 
del von Germersheim nach Neustadt a. H. Ju⸗ 
lius Köstner von Homburg nach Germersheim 
und Heinrich Winkler von Bergzabern nach Hom— 
urg. 
—— 
Familiennachrichten. 
Gestorben: Ja Zweidrücken Ludtwig 
Franck, Rentner, 62 J. a.; in Homburg Fried⸗ 
cich Battels, Notar; in Pirmasens Katharina 
Hhinkel, geb. Zirkel, 29 J. a.; in Kaiserslautern 
Maria Nilolaus, 26 J. a.; in Landau Wil— 
hbelm Baumann und Friedrich Zauner,. Post- 
offizial; in Ludwigshafen Ludwig Dittler, 37 
J. a.; in Freinsheim Mina Neu, geb. Rein⸗ 
hardt, 50 J. a.; in Ellerstadt Moses Mayer, 82 
J. a. 
Neueste Nachrichten. 
Berlin, 6. Jan. Als Reichstags⸗ 
Wahltermin ist dem Vernehmen nach der 6. 
März festgestellt worden. (Pf. K.) 
Bruüssel, 6. Jan. Die Nachricht mehrerec 
deutschen Blätter über die Beschlagnahme eines nach 
Frankreich vestimmten Kohlenzuges beruht auf 
einer Mistifikation. Eine Versammlug, woran 4000 
Bergarbeiter Theil nahmen, beschloß die Fortsetzung 
des Streikes. 
Paris, 6. Jan. Gestern fand in Ville 
d'Avrah die Gedachtnißfeier für Gam— 
detta statt. Einer der zahlreichen Kränze trug 
die Insshrift: „Die brafilianischen Repudlikaner 
ürt Gambetta“. Der Deputirie Reinach hielt die 
Bedächtnißrede. Zum Schluß verdreitete er fich 
über die Richtung, welche die Politik nehmen 
nüsse, um den Anschauungen Gambetta's zu ent⸗ 
prechen. Es sei das die Politik, welche Gambetta 
als die Politik der Eintracht und der Beruhigung 
zezeichnet habe, die Polinik, welche er gemeint 
jabde, als er es verdrecherisch und verweiflich 
nannte, in einem Lande offene Agitation zu 
reiben, das nicht im Basitz aller seiner Grenzen 
ei. „Nun wohl“, schloß der Redner, „bleiben 
vir dieser großen Lehte treu. Wir haben unsere 
Augen nicht von der Vogesenlücke abgewendet und 
verden sie nie abwenden. ie werden wir das 
Ihr der Stimme verschließen, die aus den be⸗ 
rübten Landen herüberdringt und verlangt, daß 
ille guten Franzosen, die nichts vergessen haben 
uind nichts vergessen werden, sich um die Fahne 
der Republik sammeln.“ Darauf brachte Siebecker 
m Namen der „allzeit getreuen Elsaß⸗Lothringer“ 
Bambetta seine Huldigung dar. 
Newyork, 6. Jan. Der Senator Frye 
zringt heute eine Vorlage ein, durch welche die 
Bostverwaltuug ermächtigt werden soll, Kon⸗ 
rakte abzuschließen behufs Transportes von Post⸗ 
achen zwischen den Häfen der Unionstaaten und 
auswärtigen Häfen durch Stahldampfer, welche in 
Imerika erbaut sind und Amerikanern gehören. — 
Die Grippe ist hier aufgetreten und in der Zu⸗ 
jahme begriffen; die Stetblichkeit ist eine unge⸗ 
vöhnlich große. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X. Demetz.