Full text: St. Ingberter Anzeiger

In Colgenein ergangte sig am 
Mittwoch Morgen gegen 10 Uhr, wahrend die 
Slocken zu dem Festgottesdienste für Se. kgl. Hoheit 
den Prinzregenten riefen, der 46 Jahre alte Land⸗ 
Fieth Johannes Hanauer in seiner Scheune, 
nachdem er noch vorber slarl dem Glase zuge⸗ 
sprochen hatte. Ueberhaupt soll der Verlebte und 
amentlich in der allerneuesten Zeit zum Kummer 
seiner Familie stark dem Trunke ergeben gewesen 
jein, d ssen unheilvollem Einflusse man auch die 
Ausflüühr ung seines Verzweiflungsaltes zuschreibt 
ũebrigens soll der Verstorbene vor ca. 8 Tagen 
auf seinem Speicher schon einen Selstmordversuch 
gemacht haben, der jedoch damals glüclich ver⸗— 
eu wurde. Der Verlebte hinterläßt eine Frau mit 
z unmundigen Kindern, worunter einige noch in 
jartem Alter. h 
— Jermiscotes. 
Dudweiler, 13. Marz. Beim ersten 
Auflegen der Listen des Rechtsschutzvereins 
zur Sammlung von Gaben für den Saalhau waren 
dieselben in Sulzbach, Neunkirchen, Völklingen und 
an anderen Orten feilens der Polizeibehörde kon- 
fiszirt worden. Die Amtsanwaltschaft in Sulzbach 
deuͤte beim Amtsgericht dortselbst Antrag auf Erlaß 
Fon Strafbefehlen gegen den Vorsitzenden, den 
stellvertretenden Vorsitzenden und verschiedene Sulz⸗ 
bacher Wirte, in deren Lokalen die Listen konfiszirt 
worden. Seitens des Amtsgerichts ist nun, wie 
der „St. J. G. A.“ meldet, der Untrag der 
Amtsanwalischaft abgelehnt und die Wiederaus- 
lieferungder Listen an die letztweiligen Inhaber ber⸗ 
fügt worden. 
p Herr Photograph Heinrch Leonhard 
in St. Johann ist zum Königl. Bayerischen 
Hoflieferanten ernannt worden. Es ist dies 
aͤne Anerkennung für die ausgezeichneten Moment⸗ 
Aufnahmen, welche der also Ausgezeichnete sowohl 
bei der Anwesenheit Sr. Kgl. Hoheit des Prinz⸗ 
regenten in St. Ingbert, wie gelegentlich 
der Einweihung des Krieger⸗Denkmals bei Woͤrth 
gemacht hai. Für die Sr. Kgl. Hoheit üdher 
machten Exemplare dieser Aufnahmen hat Herr 
Leouhard bereits früher mehrere Allerhöchste Dank- 
schreiben erhalten. 
Forbach. In den letzten Tagen haben 
mehrfach Verhandlungen zwischen den Vertretern der 
Militärberwaltung und der Stadt wegen der für 
Unterbringung der Truppen nach zu treffenden 
Einrichtungen stattgefunden. Wie wir höͤren, wird 
mit den Erdardeiten zum Bau einer Train⸗Kaserne 
noch in diesem Jahre begonnen werden. Der Bau⸗ 
platz für die Train⸗Kaserne ist noch nicht bestimmt, 
doch wird die Entscheidung vermuthlich in aller— 
nächster Zeit getroffen werden. 
Sschillingsfürst, 10. März. Ein ge— 
wisser V. der in Würzburg bei der Post angestellt 
war, kam dieser Tage hiecher, angeblich weil er 8 
Tage Urlaub wegen Influenza habe. Hier traf er 
mit seinem Bruder zusammen und entwendeten die— 
selben ihrer in dürftigen Verhältnissen lebenden 
alten Stiefmutter ein mit 6000 Mt. gezogenes 
Ansbach-Gunzenhauser Eisenbahnanlehensloos. Die 
Wittwe hatte von dem Treffer keine Ahnung und 
erfuhr erst die Neuigkeit, als sie aus dem aufge— 
sprengten Kommod den Diebstahl des Looses be— 
merkte und das edle Brüderpaar vermißte. In 
Ansbach erhielt fie erst nähere Aufklärung, doch 
traf sie die beiden Früchtlein nicht mehr und wer—⸗ 
den dieselben nun wahrscheinlich schon auf dem 
großen Wasser schwimmen. 
F Wegen Gefährdung eines Eisen— 
bahnzuges wurden zwei halbwüchsige Jungen 
von Würzburg vom dortigen Amtsgericht zu je 
fieben bezw. fünf Tagen Gefängnißstrafe verurtheilt. 
Sie hatten wiederholt große Steine auf das 
Schienengeleise der Würzburg⸗Rottendorfer Bahn 
gelegt, um fich das Vergnügen der Ansicht einer 
Eisenbahn ·Entgleisung zu machen! Glücklicherweise 
passirten stets Güterzüge mit schweren Lokomotiven 
welche die in die Schienen geklemmten Steine zer— 
malmten. 
fLandwirthschaftlicher Bezirks— 
Verein Muünchen. In der Monatsversamm— 
lung vom 26. Febr. hielt Herr Amisrichter Dr. 
Guggenheimer einen Vortrag über ‚Lagerhäuser, 
Warranis, und ihr Einfluß auf die Landwirth⸗ 
schaft.“ In höchst interessanter Weise erläuterte 
der Vortragende das Wesen dieser Einrichtung, 
deren Einführung auch im Deutschen Reiche zur 
Zeit vorbereitet wird, und beleuchtete die Vortheile 
derselben im Allgemeinen wie insbesondere für die⸗ 
Landwirtschaft. An der Debatte, die sich an den 
Vortrag anknüpfte, betheiligte fich namentlich Hert 
Rechtßsanwalt Dr. Rüdiger, welcher u. A. daraus 
aufmerksam machte, daß die Warrants sich wohl 
in England, wo der Verkehr selbst die Einrichtunç 
schuf und sie nach lokalen Bedürfnissen gestaltete, 
sich gut eingebürgert hätten, daß dagegen in den 
Ländern wie Frankreich, Belgien und Oesterreich, 
wo man durch staatliche Gesetze die Warrants ein⸗ 
zuführen versuchte, die Anwendung hinter den Er⸗ 
wartungen zurückgeblieben sei, und glaubte, daf 
die Einrichtung mehr für den Handel und an 
großen Stapelplätzen passend sei, für die Land 
wirthschaft aber kaum verwerthbar gemacht werden 
koönne. Letzterer Anficht schloß sich auch der Vor⸗ 
sitzende, Herr Professer Dr. Ranke, an und sprach 
dieser, indem er dem Vortragenden für seine licht⸗ 
volle Darstellung des schwierigen Themas dankte, 
den Wunsch aus, daß sich die Juristen mehr als 
es bisher geschehen sei, mit Vorträgen betheiligen 
möchten. 
Munchen. Vom Schlage gerührt starb letzten 
Montag dir in weiten Kreisen bekannte Por- 
tier im Zentralbahnhofe Joh. Huber. Der von 
fast allen europäischen Herrschern durch Orden und 
Ehrenzeichen ausgezeichnete Mann hatte in letzter 
Zeit wieder ein werthvolles Geschenk des Herzogs 
von Altenburg — Uhr mit Kette und den email⸗ 
lirten Namenszügen des Herzogs — erhalten 
und bisaß eine Sammlung von werthvollen Ge⸗ 
schenken aller Art von fürstlichen Persönlichkeiten 
die eine förmliche Sehenswürdigkeit bildet. 
Aus Bremen wird die Verhaftung eines 
Schwindler⸗Paares, nämlich eines in einem dortigen 
Weschäfte angestellten Kassirers und einer Putz 
macherin, gemeldet. Ersteret hat seinen Prinzipalen 
im Laufe mehrerer Jahre die Summe von 700,000 
Mark veruntreut und die unterschlagenen Gelder in 
Bemeinschaft mit seiner Geliebten verpraßt. 
Berlin. In den Arbeiterkreisen wird fort⸗ 
zesetzt die von sozialdemokratischer Seite angeregte 
Frage lebhaft erörtert, ob zur Feier des 1. 
Mai die Arbeit an diesem Tage niedergelegt 
werden solle oder nicht. Gegen 400 Versammlungen 
im deuischen Reich hatten sich für eine derartige 
Feier ausgesprochen, als plötzlich die sozialdemo⸗ 
ratischen Führer abwinkten. Eine Zeit lang schien 
28, als ob die Feier sich auf das Halten von Ver 
sammlungen beschränken würde. Nun aber legten 
ich die radikalen Elemente ins Mittel, veranstalte— 
sen Versammlungen, die sich mit großer Schärfe 
jür das Niederlegen der Arbeit an jenem Tage 
aussprachen und gegen das schwächliche Verlassen 
einmal gefaßter Beschlüsse Protest erhoben. Trotzdem 
ist den „Preuß. Bi.“ zufolge mit ziemlicher Sicher⸗ 
heit anzunehmen, daß die Radikalen nachgeben 
werden und daß es zu irgendwie nennenswerten 
Arbeitseinstellungen am 1. Mai nicht kommen wird 
f Berhin, 12. März. Die Deutsche 
Bank nimmt 381 Millionen Mark 392 prozentig 
Mecklenburger Konsolidirte Handels Anleihe auf. 
F Zur Feier des 450jahrigen Jubi⸗ 
ldums der Buchdruckerkunmst in diesem 
Jahre haben sich der Verein Berliner Buchdrudrei⸗ 
zefitzer und die Berliner typographische Gsellschaf⸗ 
»ereinigt. Als Zeitpunkt haben sie das Johannis 
sest, das Fest der Aufklärung (21. bis 23. Juni), 
festgesetzt. Mit dem Festakte soll eine Ausstellung 
erbunden werden, welche ein Bild des gegenwärtigen 
Standes der „schwazen Kunß“ geben soll. 
Eininteressanter Rechtsstreit. 
Am 10. März entschied das Reichsgericht in der 
Feststellungsklagesache, welche bekanntlich auf Ver⸗ 
inlassung der „Germania“ in Stettin im Jahre 
1888 von den Herren Dunker und Gen. in Stiet⸗ 
sin gegen die Gothaer Lebensversicher— 
ungsbank wegen der von dieser Anstalt ein⸗ 
geführten unentgeltlichen Mitübernahme der Kriegs⸗ 
gefahr wehrpflichtiger Versicherter angestrengt wor 
den war. Wie neulich in der gleichen Klagsache 
des Dr. Pansa wider die Lebensversicherungsbank 
so wurde auch hier die klägerische Revision kosten⸗ 
pflichtig verworfen. Es ist also durch zwei oberst⸗ 
richterliche Entscheidungen anerkannt, daß der Vor⸗ 
ttand der genannten Anstalt bei Erlaß der ange⸗ 
sochtenen Verfassungsanderungen seine verfassungs- 
naßigen Befugnisse keineöwegs überschritten hat. 
Amsterdam, 12. März. Eine überaus 
zroße Volksmenge hatte sich gesterr auf den Quais 
eingefunden, um die Ankunft dis deutschen 
Füsiliers A. L. Schierhorn, der am 6. 
Juni d. J. in Edi (Atieh) beim Belagern einer 
Verschanzung mit unbeschreiblicher Tapferkeit an der 
A 
Lager hineinsprang und durch seine Kuhnheit den 
Sieg herbeiführte, zu erwarten. Als er um 2 Uhr 
landete, brach aus Tausenden von Kehlen stürm⸗ 
ischer Jubel los. Eine Anzahl Offiziere bereitete 
ihm einen feierlichen Empfang, der General⸗Obers 
Poortugael hielt eine warm empfundene Ansprache 
an den Helden; eine Musikbande geleitete ihn 
unter Abspielen von Volksliedern nach seinem 
Quartier. Der Koͤnig ernannte den mit Säbel- 
dieben bedeckten Invaliden zum Ritter des militärischen 
Willem⸗Ordens. 
F Cardiff. Die Zahl der Todten bei dem 
Unglück in der Grube „Morfa“ ist nunmehr defi⸗ 
nitiv auf achtundachtzig festgestellt. F 
Tamiliennachrichten. 
Gestorben: In Dudweiler Georg Jakob 
Wunn U., 76 J. a.; ebendaselst Karoline Lo— 
renz, geb. Kliebenstein, 63 J. a.; in Hütschen⸗ 
zdausen Ludwig Kurz, 60 J. a.; in Herschberg 
Michael Bohl, 84 J. a.; in Frankenthal Elias 
Becker; in Seebach Jakod Wolle, 75 J. a.; 
in Ramberg Jatkob Voͤrr, 42 J. a.; in Neustadi 
Kath. Gerlach Wwe., geb. Appel, 80 Ir a.; in 
Ludwigshafen Käthchen Eiders, 19 J. a. 
Marktbericht. 
Zweibrücken, 18. März. Auf dem heu⸗ 
tigen Viehmarkte wurden verkauft: O Ochsen, 
48 Kühe und Rinder um die Gesamtsumme von 
11258 Mk. — Pf. — Nächster Viehmarkt am 
Donnerstag, den 27. März. 
Zweibrücken, 13. März. (Fruchtmittelpreis und Bilk⸗ 
lualienmartt.) Weizen M— O ppf. Kornd M — pf., 
Berste zweireihige O M. — Pf, vierreihige dO M. — pf. 
— Spelz M. — Pf, Spelzlern — M— Pf., Dinkel 
— wvi Ant, ijchfrucht d W. — Pf. Hofet d m. 
— Pf. Erbsen O M — Pf, Wicken 0 M — Pfh, 
Heu 2M40 Pf, Stroh J. Qual. 2 M. 80 Pf., II. Qual. 
2 M. 50 Pf., Kartoffeln 1 M. 60 Pf., Weißbrod I!/ Kilo 
56 Pf., Kornbrod 8 Kilo 70 Pf., Gemischtbrod 3 Kile 
84 Pf., paar Weck 100 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
60 Pf. II Qual. 56 Pf., Kalbfleisch 60 Pf. Hammel⸗ 
fleisch 50 Pf., Schweinefleisch 66 Pf., Wein J Liter 80 pf, 
Bier J Liter 24 Pf., Butter /2 Kilogr. — Mk. 95 Pf 
Homburg, 11. März. Weiz en pro Ztr. M. 0,- 
Korn Mi. 0,00, Hafer Mtk. 0,0d, Kartoffein Mk. 1,80 
Butter pro Pfd. Mk. 1,00. Gemischtbrod 6 Pfd. 82 
Pfg., do. 4 Pfd. 54 Pfg. do. 2 Pfd., 27 Pfg., Kornbrod 
6 Ppfd. 72 Pfg., Rindfleisch J. Qual. 66 Pfg., II. Qual. 
50 Pfg., Kalbfleisch 86 Pfg., Schweinefleisch 66 Pfg. 
Protestantischer Gottesdienst. 
Dernntag den 16. März, vormittags 10 
Uhr Text: Luk. 22, 54-62. Lied 535. 
Nachmittags 8 Uhr Christenlehre. Lied 167. 
vteueste Rachrichten. 
Muünchen, 18. Marz. Wie die ‚F. Z.“ 
neldet, erklaärten sämmtliche Bischöfe der 
Staatsregierung, nicht der Widerstand gegen das 
Vatikanum an sich schließe die Altkatholiken von 
der katholischen Kirche aus, sondern der Umstand, 
daß sie die Ohrenbeichte und das Cötibat abschafften, 
sich einem jansenistischen Bischofe unterstellten und 
piele andere Neuerungen einführten. 
München, 18. Marz. In der heutigen 
Sitzung der Abgeordnetenktammer nahm 
der Abg. v. Schausß vor Eiatritt in die Tages⸗ 
ordnung die nationalliberale Partei gegen die in 
der letzten Sitzung von Dr. Or terer erhobene 
Beschuldigung „der Gllüste nach Aufgebung des 
bayerischen Postreservattechtes“ in Schutz und wies 
diese Unterstellung als ungerechtfertigt in ent⸗ 
schiedener Weise zurück. Abg. De. Orterer er⸗ 
widert dem Vorredner unter Hinweisung auf die 
zwanzigjährige Geschichte der nationailibetalen Par⸗ 
tei. Der Präsident ersucht nun, zum Gegenstand 
der Tagesordnung überzugehen, nachdem, um der 
Gerechtigkeit willen, beide Varteien zur Sprache 
gekommen seien. (Große Unruhe im Hause.) — 
Eine Regierungsvorlage beantragt eine Steuer⸗ 
erhebung bis zum 30. Juni. (Pf. K.) 
Mauchester, 14. Marz. Die gestrige Kön⸗ 
ferenz der Grubenarbeiter beschioß, falls 
eine 5ptozentige Lohnerhöhung jetzt und fernere 
bͤprozentige Lohnerhöhung für Juli bewilligt werde 
solle die Lohnfrage als gelöst betrachtet werden, 
andernfalls beginnt am nächsten Samstag der allge⸗ 
—V 
Für die Redaktion verantwortlich F.X Dem e tz. 
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