Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Samstag, 15. März 1890. 
25. Jahra. 
Politische Uebersicht. 
* Das Gewinn⸗ und Verlustkonto der einzelnen 
parteien nach den letzten Reichstagswahlen 
gietet ein mehr interessantes als für die Mittel⸗ 
zarteien erfreuliches Bild. Die Deutschkonservativen 
jatten im Reichstage am Schluß der letzten Session 
9 Sitze inne, von diesen haben fie 64 behauptet, 
15 verloren, 7 gewonnen; fie haben also 71 
MPandate inne. Die Reichspartei hatte bisher 39 
Sitze, von denen fie 19 behauptet, 20 verloren 
jat; gewonnen hat die Partei kein Mandat. Die 
Kationalliberalen hatten 94 Sitze inne, behaupteten 
37, verloren 57, gewannen 5 dazu, sie haben so— 
mit 42 Mandate. Die Deutschfreisinnigen hatien 
jon 38 Sitzen 32 behauptet, 6 verloren, dazu ge⸗ 
vannen fie 87 Sitze, befitzen also 69 Mandate. 
die Volkspartei verlor den einen Sitz, den fie im 
etzten Reichstag hatte, gewann dagegen 10 neue. 
die Sozialdemokraten zählten 11 Mandate, von 
denen fie 10 behaupteten und 1 verloren: dazu 
gewannen sie 25 Mandate, haben also jetzt 85 
Sitze. Die Antisemiten besaßen 1 Mandat, das 
ie behaupteten, dazu gewannen sie 8, haben somit 
etzt 4 Sitze. Das Zentrum behaupteie von 100 
rüheren Sitzen 97 und verlor 8, gewann aber 
hierzu 11, befitzt also jetzt 108 Mandate. Die 
bolen behaupteten ihre sämtlichen früher besessenen 
18 Mandate, gewannen dazu 3, besitzen also jetzl 
16. Die Welfen behaupteten ihre 6 früheren Sitze, 
jewannen dazu 5 und besitzen jetzt 11 Mandate. 
Die Eröoͤrterungen über die „Kanzler⸗ 
krisis““ wollen in der deutschen Tagespresse nicht 
verstummen und ihre stete Wiederkehr kann auch 
mit als ein Charakteriftikum für die derzeitige in⸗ 
nere Lage in Deutschland betrachtet werden. Die 
widersprechendsten Gerüchte tauchen dabei über die 
Kanzlerkrisis“ auf und noch jüngst beyauptete 
ine offiziöse Korrespondenz im Gegensatz zu an⸗ 
deren offizissen Stimmen, der Reichskanzler habe 
auf seine Abficht, nicht nur den Vorfitz im preuß⸗ 
ischen Staatsministerium, sondern auch den Kanz⸗ 
nethosten aufzugeben, noch nicht gänzlich berzichtel. 
diese Korrespondenz dürfte indessen uüͤber die Pane 
ind Abfichten des leitenden Slaatsmannes ebenso 
zut oder ebenso schlecht unterrichtet sein, wie dies 
don allen übrigen Meldungen über die Kanzler⸗ 
rifis gelten kann. Einen neuen Impuls hat den 
kroͤrierungen über die angeblichen Rücktrittsge⸗ 
anken des Fürsten Bismarä augenscheinlich auch 
die Verleihung des Schwarzen Adlerordens an den 
Staatssekretär v. Boͤttlicher gegeben und 
iind die merkwürdigsten Vermuthungen über die 
Ursache dieser besonderen Auszeichnung laut ge⸗ 
worden. Man kann ddieselben indessen einstweilen 
aetrost auf fich beruhen lassen, denn aus dem gna— 
igen Handschreiben des Kaisers an Herrn v. Boͤt⸗ 
icher geht genügend hervor, daß der nächste Grund 
ur die dem verdienten Siaatsmann zu Theil ge⸗ 
wordene Auszeichnung in seiner hervorragenden 
onalpolitischen Thätigkeit zu erblicken ist. 
Die ungarische Ministerkrisis ist 
uunmehr zum Äbschlußz gelangt und hat, wie 
u erwarten stand, der bisherige Ackerbauminister 
Sraf Szapary an Stelle des zurückgetretenen 
Ministerprafidensen Tisza den Vorsitz im un⸗ 
arischen Kabinet Ubernommen. Aus? dem bis— 
xrigen Kabinet ist neben Herrn Tisza nur noch 
)t Minister des Innern, Graf Teleti, aubge 
dieden, dessen Portefeuille der neue Kabinelschef 
nit übernommen hat, während an die Spitze des 
von Szapary abgegebene Ackerbauministeriums der 
Obergespan des Preßburger Comitats, Graf Beth⸗ 
len, berufen wurde. Welche Wirkungen der somit 
doslzogene Ministerwechsel in Ungarn auf die 
innere politische Lage dieses Landes haben wird, 
äͤßt fich noch nicht abschließend beurtheilen, da 
hierüber die Meinungen sehr auseinander gehen, 
dagegen verfichern alle Pester Blätter, daß er die 
auswärtige Politik Oesterreich-AUngarns nicht im 
Beringsten berühren werde, denn Graf Szapary 
sei ein ebenso warmer Freund des Dreibundes, 
Us es Tisza war. 
Die neueste Siegeskunde aus Deutschost⸗ 
afrika, die Zersprengung der letzten Banden 
der aufständigen Araber unter Banaheri durch 
Major Wißmann, berechtigt zu der Hoffnung, daß 
uunmehr die Epoche der Beunruhigung Deutsch⸗ 
stafrikas durch die wiederholten Araberaufstände 
ndgiltig vorüber ist und daß dafür eine Periode 
jedeihlicher Entwickelung des so werthvollen deut⸗ 
chen Kolonialbefitzes in Ostafrika beginnen wird. 
mit Magazingewehren zu bewaffnen; die Ergebnisse 
des rauchlosen Schießpulvers seien vorzüglich. 
Kopenhagen, 14. März. Der Ausschuß des 
Landsthings fur die Vorlage, betreffend die 
Errichtung eines Freihafens mKopenhagen, 
dimmt der Vorlage als einer wirksamen Stütze 
'ür Handel und Seefahrt zu und genehmigt, daß 
Anlage und Beirieb einer Altiengesellschaft über⸗ 
tragen werden; er empfiehlt baldige Aufhebung der 
Hafenabgaben. 
Paris, 14. März. Im heutigen Ministerrat 
hat das Ministerium beschlossen, seine Ent- 
lassung einzureichen. Der bisherige Minister⸗ 
präfident Tirard begab fich darauf in das Elysée, 
um dem Präßfidenten der Republik, Carnot, sein 
Entlafsungsgesuch zu überreichen. — Die eigent⸗ 
liche Ursache des Rucktritts des Ministeriums Tir⸗ 
ard ist die Ueberzeugung, daß die Stellungnahme 
der Regierung den französischetürkischen Handels⸗ 
beziehungen gegenüber auch von der Kammer nicht 
gebilligt werden wird. Die Minister begaben fich 
heute Abend 5 Uhr ins Elyseͤe, um dem Praͤfi⸗ 
denten Carnot einzeln ihre Entlassungsgesuche zu 
unterbreiten. 
Paris, 14. Marz. In parlamentarischen 
Zreisen berlautet, der bisherige Kriegsminister de 
Freycinet werde ein Versöhnungsministerium 
bilden. Gerüchtweise verlautet, der vor kurzem 
zurückgetretene Minister des Innern Constans 
ibernehme das Ministerium des Aeußern oder das 
Justizministerium. 
Bern, 13. März. Hier ist bis zur Stunde 
nichts davon bekannt, daß Deutschland, wie ein 
chlesisches Blatt meldete, Verhandlungen mit der 
Schweiz wegen Abschluß eines neuen Nie der⸗ 
lassungsvertrages eingeleitet habe. Auch 
der deutsche Kaiser hat in der letzten Audienz, die 
er dem schweizerischen Gesandten Roth ertheilte, 
nichts über diese Angelegenheit geäußert. 
LSokale und pfalzische RNachrichten. 
*St. Ingbert, 15. Maͤrz. Wir wollen 
nicht versäumen, die Mitglieder des Krieger⸗ 
vereins an die morgen Abend im Cafe Becker 
stattfindende mufilalisch⸗-theatralische Unterhaltung 
zu erinnern. — Mit dem Heutigen hat auch hier 
der Salvator⸗Ausschank begonnen. 
*St. Ingbert, 15. März. Wir möchten 
hier auf die Anzeige zum Karlschulzkonzert 
am nächsten Montag verweisen, welche auch die 
Vorverkaufsstelle der Billete angibt. 
* St. Ingbert, 15. März. Ein Streich, 
dem man nicht mehr die Bezeichnung eines schlechten 
Witzes geben kann, wurde in der Nacht zum 
Donnerstag in der Ludwigsstraße dahier ausge- 
führt. An dem Hofe des Herrn B. Müller wurde 
das ziemlich schwere Lattenthor ausgehängt und 
mitgenommen. Es wäre den Thätern, die bekannt 
find, zu rathen, das Thor innerhalbd 2 Tagen 
zurüdzustellen, widrigenfalls gerichtliche Maßregeln 
gegen dieselben ergriffen werden. 
* Der Rechenschaftsbericht des Ster bekasse⸗ 
Vereins für die bayerische Polizeimann-— 
schaft (mit Sitz in Straubing) für das Jahr 
1889 weist eine Einnahme von 41,465.77 Mt. 
und eine Ausgabe von 40,209.84 Mt. auf, so 
daß ein Ueberschuß von 1255,93 Me, verbleibt. 
An Schenkungen vereinnahmte der Verein 170 Mk., 
in Mitgliederbeiträgen 40,014 Mk. An die Hinter⸗ 
zliebenen von 32 gestorbenen Mitgliedern (zwei 
noch von 1888) wurden 39,801 Mk. ausbezahlt. 
Die Gesammteinnahme seit Bestehen betrug 87,672.72 
Deutsiches Reich 
Müunchen, 14. März. Entsprechend einem 
Beschlusse des Gemeindekollegiums beschloß heute 
Abend der Magistrat mit 15 gegen 5 ultra⸗ 
nontane Stimmen eine Eingabe an die Abge— 
»rdnetenktammer gegen die Abstriche im 
Zultusetat; der größere Teil auch der ultramon⸗ 
canen Magistratsräte stimmte für den Antrag. 
Braunschweig, 14. März. Der Regent 
Prinz Albrecht von Preußen reiste nachts 1 
Uhr nach Baden⸗Baden ab und bleibt daselbst bis 
Ende April. 
Berlin, 13. März. Dem „Reichsanzeiger“ 
wird aus Kopenhagen geschrieben: Bezüglich meh⸗ 
rerer Punkte des Programms der Arbeiterschutz⸗ 
Konferenz werden die Delegirten bestimmte In⸗ 
struktionen von der Regierung erhalten. Der Mini⸗ 
ster des Innern läßt folgende dänischen Gesetze 
welche der Konferenz vorgelegt werden sollen, über⸗ 
setzen: Das Lehrlingsgesetz, das Gesetz, betreffend 
Beschäftigung von Kindern und jungen Leuten in 
den Fabriken, das Gesetz, betreffend Verhütung von 
Unalücksfällen bei Maschinen. 
Auslaud. 
London, 14. Marz. Der „Standard“ be— 
merkt in einem Leitartikel über die Berliner Ar— 
beiterschutz⸗Konferenz: Sie sei keia Wiener 
Zongreß zur Verteilung von Ländern, sondern zur 
Erleichterung der Lasten von Millionen Menschen 
in den Bergwerken und Fabriken. Daß diese Auf— 
zabe nicht von Philanthropen, sondern von dem 
riegsherrn der mächtigsten Militärmacht der Erde 
internommen werde, sei fast ein romantischer Um⸗ 
dand. Der Konferenz gebühre die freundliche, sym⸗ 
zathische Aufmerksamkeit selbst seitens derjenigen, 
velche betreffs der praktischen Erfolge mißtrau— 
isch seien. 
London, 14. März. Un terhaus.) In 
der Debatte über das Kriegsbudget erklärt Lord 
Stanhope, die erste Verteidigungslinie würde 
hauptsächlich aus regulären Truppen bestehen und 
einigen Milizbataillonen, total hundertzehntausend 
Mann, in drei Armeekorps geteilt, die Freiwilligen 
mit dem Rest der Miliz bilden die zweite Ver—⸗ 
—X 
lseidigung. Er bedauert die Abstimmung betreffend 
vas Freiwilligenkorps, welche ein Parteimandver 
jewesen, hofft im Laufe des bevorstehenden Finanz⸗ 
ahres fast alle Truppen daheim und in Indien