Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
der „St⸗ Jusberter Arieig erscheint täglich mit Aue naken ver Conn⸗ am' eiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungt ⸗Blatt und Mittwochs und Samstags vnn 
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Auslunst ertheilt, Ib ⸗, Neklamen 80 R. Bei Aaliger Sinrndung wird nur dreimalige bere«hnei. 
MG6GIJ. Donnerstag, 20. März 1890. 
25. Jahrg 
Deutsches Reich. 
Berlin, 18. März. Wahrend der Frühstücks 
pause der Arbeiterschutz⸗Konferenz er⸗ 
chien der Reichskanzler mit dem Grafen Herbert 
gismarck und weilte von 194 bis 2 Uhr im Kreise 
ser Delegierten. Nachmittags 5 Uhr fand Empfang, 
um 7 Uhr ein Galadiner zu Ehren der Delegierten 
der Konferenz in der Bildergalerie des königlichen 
Schlosses statt. Zur Rechten des Kaisers saßen 
zules Simon und der dänische Vertreter Tietgen, 
egenüber Graf v. Moltke, zur Rechten Staats- 
etretär v. Bötticher, zut Linken Minister v. Maybach, 
uuch Graf Herbert Bismarck war anwesend. Der 
daiser und die Kaiserin zeichneten viele Delegierten 
zurch läangere Ansprachen aus. Der Kaiser war in 
eutseligfter Stimmung, darüber erfreut, daß die 
Ausfichten für das Gelingen der Konferenz als 
vorzüglich gelten, und verweilte bis 9/2AUhr 
Horgen werden Sitzungen der Kommissionen X 
ind XIJ abgehalten; abends findet Defiliercour im 
koͤniglichen Schloß und am Donnerstag eine 
keunion bei dem Handelsminister v. Berlepsch fatt 
Berlin, 19. Marz. Die „Nationalzeitung“ 
aeldet: Das Entlassungsgefuch des Reichs⸗ 
anzlhers soll ganz kurz sein und wird nur 
nutch sein Körperbefinden infolge hohen Alters be— 
zründet. Gestern Nachmittag war das Gesuch noch 
icht genehmigt, seine Annahme ist jedoch unzweifel⸗ 
uft. Es heißt, der „Reichsanzeiger“ veröffentliche 
eute die Annahme. An eine Abunderung der Re⸗ 
jerungseinrichtung des Reiches werde nicht gedacht, 
lso wird wieder ein Reichskanzler ernannt. Die 
xersönlichkeit, auf welche Kaiser Wilhelm in erster 
nie seine Wahl gelenkt hätte, soll fich über die 
Innahme des Kanzlerposftens noch nicht erklärt 
aben. Wer diese Personlichkeit ist, darüber schweiqt 
ie „Nationalzeitung“.) 
Berlin, 19. Marz. An der gestrigen mil i⸗ 
urischen Konferen z bei dem Kaifer nahmen 
deneralfeldmarschall Graf“ Molide, die komman 
enden Generäle und Juspekteure und die Gene— 
Aadjutanten teil. Heme Morgen empfing der 
diset den Staatzmmister von Boiticher une hane 
ue mit dem General d. Caprivbi eine Be— 
ung. 
Berlin, 19. Marz. Die offiziösen, Berliner 
ltischen Nachrichlen? meiden, der Reich 
¶n dier habe bei dem gestrigen Frühstück mit den 
elegierten zur Arbeiterschutzlonferenz herzlichst und 
—A 
en on und dem italienischen Senalor Boccardo. 
d letzterew habe sich Furst Bismard nach Crispis 
Andn erkundigt und dann gebeten, „seinem besten 
Iꝑe die herzlihsten Grüße zu beftellen“,die 
— anknupfend: Auch in Zufunft bleiben 
ege Italiens und Deuischlands dieseiben! 
derun, 10. Marz. Der Kaises hat deñ 
Aritt des Reichskanzlers Fürsten 
marck von sammtlichen Reichs⸗ und Siaals 
geneh migt. Sicherem Vernehmen nack 
b kommandirende Generai v. Caprivi 
emn als Nachfolger des Fursten Bismard 
—S Die Nationalzeitung“ will aus 
8 uelle wissen, der General v. Caprivi 
nn eichstanzler und dem Anscheine nach auch 
uinn ußischen Ministerpräsisdenten 
u7* Staatsseltreiar Graf Herberr Biß 
—** entschlossen, mit seinem Vater, dem 
ex, auszuscheiden und würde durch 
otschafter v. Rad owitz ( Konstantinoveli 
»der Hatzfeld (Erüher Staatissekretär, jetzt Bot⸗ 
ichafter in London) ersetzt werden. 
Ausland. 
London, 19. Marz. Die meisten Morgen⸗ 
blätter betrachten den Rüdtritt des Fursten Bis— 
mard als vollendete Thatsache und sprechen sich 
iber die Bedeutung des großen Mannes in sehr 
ympathischer Weise aus. „Times“ und Standard“ 
zreisen insbesondere die ungeheueren Verdienste des 
Fürsten um den europäischen Frieden. Die, Morning 
Post“ meint, in der auswärtigen Politik werde der 
kinfluß des Fürsten Bismard noch lange nach 
seinem etwanigen Rücktritt verspürt werden. 
London, 19. Maͤrz. Die „Times“ meldet 
zus Sansibar, der Sultan habe mit Zu—⸗ 
timmung der deutschen Behoͤrden zwei Bevollmäch⸗ 
igte abgesandt, welche den Frieden auf dem 
Festlande zwischen Arabern und Deuischen 
m Süden von Dar⸗es⸗Salaam herstellen sollen. — 
Emin Pascha hat fich heute nach Bagamoyo 
zurückhegeben. 
Paris, 19. Marz. Die Erregung über den 
Rücktritt des Fürsten Bismard dauert fort. 
Alle Welt ist davon ergriffen und allgemein wird 
das Scheiden dieses Mannes bedauert, 
indem man ihn heute als den wachsamen Hüter 
des europäischen Friedens preist, den man nunmehr 
für erschüttert hält. Die Börse teilte diese Unruhe; 
alle Werte, besoaders die internationalen, waren 
sehr abgeschwücht. Auch auf dem heutigen Diplo⸗ 
matenempfang im Ministerium des Aeußeren drehte 
sich die Unterhaltung fast einzig um dieses weltbe⸗ 
wegende Ereignis. Die Zeitungen sind angefüllt 
nit Artikeln über den Fürsten Bismarck und mit 
sachrichten über die Berliner Krisis. Fast aus⸗ 
aahmslos huldigen fie dem Geist und der Begab⸗ 
ung des Scheidenden und geben den erwähnten 
Befürchtungen Ausdruck. 
Wien, 19. März. Das „Fremdenblatt“ 
dußert fich in Betreff der Folgen des Rücktritts des 
Fürsten Bismarcdahin: Es sei selbstoer⸗ 
tärdlich, daß die us wärtige Politik des 
deutschen Reiches nicht die geringste Aenderung 
erfahren werde. Kaiser Wilhelm werde so wenig 
wie seine Vorgänger von dem strengen Einhalten 
der friedliebenden Richtung abweichen und werde 
an den Bündnissen festhalten, welche zum Nutzen 
der drei Reiche geschlossen worden. Das Gebäude, 
an dessen Aufrichtung Fürst Bismarck georbeitet, 
ei ein kräftiges Werk, eine gesunde naturgemäße 
Schöpfung, deren echte Lebensluft doch der Friede 
ei. Die hohe Einficht und das Pflichtgefühl des 
Kaisers Wilhelm vermehrten die Bürgschaften der 
Friedens valitif 
den Industriegeleise von heute an 14 
Tage lang auf dem Bürgermeisteramt aufge- 
iegt find. 
— Kaiserslautern, 19. Marz. In ent⸗ 
gegenkommender Weise hat die hiesige Bahnver⸗ 
waltung auf bdem Mittelperron einen 
Wasserleitungsauslauf anbringen lassen. 
Passagiere und Zugpersonal brauchen nun nicht 
mehr den weiten Weg vom Zug bis zum Brunnen 
in Eile und Hast zurüchzulegen, sondern können, 
was besonders im heißen Sommer sehr schätzeus 
werth ist, einen erquickenden Trunk in naäͤchster 
Nähe der Züge erhalten. — Besitzwechfsel. 
Das André'sche Haus mit Zubehoör in der 
Schneiderstraße Nr. 8 ging bei der heutigen nota⸗ 
riellen Versteigerung um den Preis von 9000 Mt. 
un Herrn Buchdruckereibesitzer Ph. Rohr zu 
daiserslautern über. Dieses jetzt zum Terrain der 
Offizin der „Pfälzischen Volkszeitung“ gehötige 
daus gibt den Gesammträumlichkeiten dieser Offizin 
einen Flächeninhalt von 30 Dezimalen. 
— In Niederkirchen. Hier hat fich unter 
jungen Leuten von über 16 Jahren ein „Exerzier⸗ 
Berein“ gebildet, welcher bezwecken soll, den Mit- 
Zliedern eine militärische Vorbildung zu verschaffen. 
Der Verein ist statutarisch organisirt und es liegt 
die Leitung in den Händen eines Ausschufses. 
— Edenkoben. Der Knecht des Herrn 
Weinsteinfabrikanten Kern von hier hatte vor 
wenigen Tagen das Unglück, zwei Einhunder t⸗ 
markscheine, die er in die Kappe gelegt hatte, 
auf dem Weg zur Bahn zu verlieren; dieselben 
wurden von einem Bübchen des Herrn Küblers 
Acker gefunden und von diesem ehrlichen Finder 
wieder an den Eigenthümer zurückg egeben. 
— In Kandel wurden 40 Knaben und 
4 Mavhen, sammmich ege guͤstenichechun 
wegen Besuchs des Wirthshauses mit 1 bis zu 
9 Tagen Haft bestraft. 
— Germersheim, 18. Marz. Herr 
Lehrer Siener dahier (gebürtig aus Arzheim 
bei Landau) feiert in diesen Tagen sein 25jähriges 
Dienstjubiläum. Diese 25 Jahre mühevoller 
Arbeit hat der Jubilar auf ein und derselben 
Schulstelle in Germersheim verbracht. Seine 
cdollegen feiern heute (Mittwoch) Abend den Taa 
in ihrem stillen Kreise. 
— Speyer. Dem Haushalts-Ent⸗ 
wurf des Kreis⸗Komite's des Landwirth— 
schaftlichen Vereins der Pfalz pro 
1890 ist folgendes zu entnehmen: 1) Einnahmen: 
kinnahms ˖ Ueberschuß pro 1889 995 Mk., Rücker⸗ 
zehung vom Stammvermögen 2000 Pik., Mit⸗ 
gliederbeiträge 19,051 Mk.; Zuschüsse aus Staats- 
fonds und für Hebung der Landwirthschaft über- 
haupt 8571 Mk., für Rindviehzucht 6000 Mk., 
Zuschüsse aus Kreisfonds 11,371 Mk., im Ganzen 
betragen die Einnahmen 536,702 Ml. 2) Ausgaben 
3. Auf Mitgliederbeiträge, Aufnahmsdiplome und 
Kalender, Druckkosten der Vereinskundgaben ⁊c. 
18,622 Mk., b. Verwaltung 6987 Mk., c. Land⸗ 
wirthschaftliche Kreisbersuchsstation 3825 Mt. d. 
Boden⸗Kultur 18,990 Mk., e. Vieh⸗, Fisch⸗ und 
Bienenzucht 958 Mk. (Hebung der Geflügelzucht 
100 Mk., der Fischzucht 200 Mk., der Bienenzucht 
200 Mt.); f. Landwirthschaftliches Fortbildungs⸗ 
wesen 2200 Mk., g. dem Kreis⸗Komite zur Ver⸗ 
fjügung 1220 Mk. Die Ausgaben betragen mithin 
gdleich den Einnahmen 56,702 Mk. 
— „Ein Hoͤhepunkt in der Geschichte der Ge⸗ 
dächtnisskirche der Protestation von 1520 Unter 
Lobale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 20. Maärz, Laut heutiger 
Anzeige werden die Mitglieder des Vorschuß⸗ 
zereins St. Ingbert zu der am naͤchsen 
Montag Abend 8 Uhr im Cafe Becker dahier statt⸗ 
indenden ordentlichen Generalversammlung 
ingeladen. Tagesordnung: Geschäftsbericht pro 
1889, Festsetzung der Dividende und Verteilung des 
Keingewinns, Neuwahl von drei Auffichtsratsmit⸗ 
zliedern und Wahl der Prüfungskommissfion für 
die nüchsten zwei Bilanzen. 
* St. Ingbert, 20. März. Durch bürger⸗ 
neisteramtliche Bekanntmachung wird zur öffentlichen 
Kenntniß gebracht, daß die Pläne zu dem von der 
AUktienglashütte St. Ingbert nach dem 
S„chienengeleise des Eisenwerks HKromer anzulegen— 
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