Full text: St. Ingberter Anzeiger

ein. Die Straßenvbentilbrunnen gelangen jetzt zur 
Ausfuhrung. 
— Speyer, 20. Maärz. Der Apotheker⸗ 
gehilfenprüfung unterzogen sich diesmal nur 
2 junge Leute, welche auch bestanden haben. 
— Schifferstadt, 20. Märtz. Der Ackerer 
Joseph Magin, wohnhaft in der Kapellengasse da- 
jier, war heute morgen mit dem Fällen reines 
Baumes beschäftigt. Gegen 11 Uhr sahen einige 
Leute dieser Arbeit zu. Unter den Zuschauern 
hdefand sich auch der 24jährige Ackerer Michael 
Schleicher, Sohn von Peter Schleicher hier. 
Derselbe stellte sich, obwohl gewarnt, in die Fall- 
seite des Baumes, während der Knecht des Magin 
auf den Baum stieg, um ein Seil zum Umziehen 
yes Baumes oben zu befestigen. Dies war noch 
nicht geschehen, als der Baum unerwartet umfiel 
und den Aderer Michael Schleicher zu Boden 
warf und ihn so unglücklich traf, daß ihm ein 
Bein oberhalb des Knies durchbrochen wurde. Außer⸗ 
dem wurde er von den Aesten im Gesichte übel zuge⸗ 
richtet. Der auf dem Baum während des Um⸗ 
allens fitzende Knecht des Magin, ein gewandter 
Turner, lam mit dem bloßen Schrecken dabon. 
— Deidesheim. Um einem schon längst 
recht fühlbar gewesenen Bedürfnisse hier abzuhelfen, 
hat der Stadtrath im Auge, an Stelle der nieder⸗ 
zelegten Schmittschen Nebengebäude im Schulhofe 
eine Turnhalle zu errichten. Auch ist beab⸗ 
ichtigt, die Ertheilung des Unterrichts in eine Hand 
zu legen. 
— Frankenthal, 21. März. Ein bei der 
dohnbewegung der hiesigen FZimmerge« 
Jjel len Beteiligter teilt dem „Frth. Tgb.“ berich⸗ 
sigend mit, daß sie (die Zimmergesellen): 1) Keine 
Lohngleichstellung,) 2) Samstag nicht früher wie 
iblich Feierabend und 3) am Vorabend von Feier⸗ 
agen nicht a Tag früher die Arbeit einstellen, 
piel weniger wenn sie nicht arbeiten die versäumte 
Zeit vergütet haben wollen. — Seine Exzellenz, 
gl. Staatsrat und Regierungspräsident, Herr voun 
Braun, hat nach eingehender Informalion dem 
Arbeiterfortbildungsverein Frankenthal 
in Anerkennung seiner Leistungen durch Pflege 
der Fachbildung seiner Mitglieder den namhaften 
Beitrag von 100 Mk. aus Mitteln der Wittels- 
zachstiftung König Ludwig II. zugewendet. 
Pfaälzisches Schwurgericht. 
J. Quartal 1890. 
Zweibrücken, 19. Maärz, Nachm. 3 Uhr. 
Sechste Verhandlung gegen Margaretha Stoeßel, 
22 J. a., Fabrikarbeiterin von Kaiserslautern, 
wegen Meineids. Der Schwurgerichtshof ist besetzt 
von den Herren kgl. Oberlandesgerichtsrath v. Jan 
als Vorsitzender, kgl. Landgerichtsräthen Platz und 
Schneider als beisitzende Richter, Rechispraktikant 
Müller als Gerichtsschreiber; die Anklage vertritt 
gl. 2. Staatsanwalt Wildt, die Vertheidigung 
ührt Rechtspraktikant K. Erbelding. Geschworene 
ind die Herren: Schleip, Wernz, Abresch, Kehr, 
Becker, Roth, Emmerling, Siben, Wolter, Schneider, 
hoffmann, Haid. — Die Anklage fiutzt sich auf 
solgenden Thatbestand: Die Angeklagte kam in der 
Nacht vom 26. auf 27. Juli v. J. nach Mitternacht 
nit ihrem Geliebten, dem Metzgerburschen R., und 
Defsen Kameraden aus der Wirthschaft von L. in 
der Mühlstraße zu Kaiserslautern, in die anstoßende 
Fackelstraße. Dort geriethen die Begleiter der An⸗ 
geklagten mit dem Metzgerburschen Br., der bei 
einem unbekannten Burschen vor der Wirthschaft 
von G, stand, in Streit, schlugen ihn zusammen, 
wobei iusbesondere R. mit einem offenen Taschen⸗ 
messer auf ihn einhiehß und ihm einen Stich in den 
Rücken versetzte, während A. Cl. nach seinem Gi— 
dändniß mit einem geschloßenen Taschenmesser auf 
Br. einschlug. Auf den Hilferuf Br.'s wurden die 
Begleiter der Angeklageten von dessen Genossen bis 
zur Wirthschaft „zum Riesen“ verfolgt woselbst 
exstere noch mit einem Zimmer sesellen zusammenge- 
riethen und groben Unfug verübten, bis die Polizei 
ꝛinschritt. Im Lauf der Voruntersuchung gegen 
zie vier Begleiter der Angeklagten wegen des vor⸗ 
zenannten Vergehens wurde auch die Angeklagte 
velche zuerst dem Schutzmann Schucdh erklärt habe, 
von dem Vorfall nichts gesehen zu haben, am 19. 
September 1889 durch den Herrn kzl. Unter⸗ 
uuchungsrichter vdernommen und zwar, nachdem fie 
angegeben hatte, sie habe ein Verhältniß mit dem 
hdamals angeschuldeten R., sei aber nicht mit ihm 
derlobt, zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen 
Aussage nach Ableistung des Zeugeneides in gesetz⸗ 
licher Form. Bei dieser Vernehmung machte die 
Angeklagte ganz unwesentliche Angaben und oder⸗ 
ichwieg ihr bekannte, wichtige Thatumstände. Bei 
hrer weiteren Vernehmung durch den Herrn kgk. 
Antersuchungsrichter vom 23. September berichtete 
zezw. ergänzte sie ihre frühere Aussage und erklärte 
nuf Vorhalt, warum sie dies alles früher nicht 
ingegeben habe, sie habe es nicht sagen wollen, 
ie habe sich gedacht, die Burschen wünschten, daß 
ie nichts sagen sollte. Auch bei ihrer späteren 
Bernehmung durch Schutzmann Schuck am 18. 
dovember v. Is. zur Beschuldigung wegen Mein⸗ 
»ids in Folge ihrer unbollständigen Aussage erklärt 
ie, dem Herrn Untersuchungsrichter nicht die ganze 
Wahrheit angegeben zu haben, weil sie von den 
Nessern nichts habe sagen wollen. Einer Mitar⸗ 
zeiterin erzählte die Angeklagte, A. Cl. häute ge⸗ 
tochen, sie wolle ihn aber nicht perrathen und in's 
Unglück bringen; auch prahlte dieselbe nach ihrer 
gernehmung noch im Gerichtsgebäude, gegenüber 
em Zeugen Cl.: „Ich hab nichts verrathen und 
sabe noch Geld (Zeugengebühren) bekommen.“ Die 
derren Geschworenen bejahten unter Herrn Schleip 
ils Obmann die auf Meineid lautende, sowie die 
sach 8S 157 Ziff. 2Z und 8 158 R.St.⸗G.⸗B. ge⸗ 
tellten Fragen, wonach die an sich verwirkte Strafe 
nuf die Hälfte bis ein Viertheil zu ermäßigen 
st. Der Gerichtshof erklärte wegen Verbcechens 
des Meineides eine Zuchthausstrafe von 1 Jahr 
für erwirkt, ermäßigte dieselbe, da die Angeklagte 
zie Verlobte des R. gewesen, bis ein Drittheil und 
wandelte sie entsprechend der Vorschrist des F 21 
l. c. ineine Gefäignisstrafe von G Monaten um. 
Schluß der Verhandlung halb 7 Uhr Abends.) 
Zweibrücken, 20. März, Vorm. 8 Uhr. 
Ziebente Verhandlung gegen a Peter Schmitt, 
19 J. a., b Wilhelm Zoeller, 20 J, a., beide 
Fabrikarbeiter in Frankenthal, ad aà wegen Noth- 
ꝛuchtsversuchs, ad b wegen Beihilfe hiezu. Der 
Zerichtshof ist gebildet aus den Hetren k. Ober- 
andesgerichtsrath v. Jan als Vorsitzendem, kgl. 
dandesgerichtsräthen Gulden und Fooß als bei⸗ 
itzenden Richtern uund dem kgl. Sekretät Loewen⸗ 
zerg als Gerichtsschreiber; Vertreter der kgl. Staats- 
jehörde: Zweiter Staatsanwalt Wildt, Vertheidiger: 
ad a) Rechtspraktikant Vogt, ad b) Rechtsprakti⸗ 
'ant Dr. Braun. Geschworene sind die Herren: 
dehr, Becker, Kuhmann, Roth, Zwißler, Hofmann, 
Schneider, Weber, Schmidt, Anselmann, Hirsch, 
duber. Dem Angeklagten Schmitt liegt zur Last, 
inen Versuch zum Verbrechen der Nothzucht gem. 
177 R⸗St.⸗G.⸗B. begangen, dem Angeklagten 
oeller, Beihiife hiezu geleistet zu haben. Die 
derhandlung findet im Interesse der Sittlichkeit bei 
zeschlossener Thüre statt und verbietet fich eine 
nähere Erörterung der einzelnen Thatumstände von 
elbst. Der Spruch der Herren Geschworenen 
autete auf „Schuldig“ unter Ausschluß mildernder 
Imstände und verurtheilte der Gerichts hof den An⸗ 
jeklagten Schmitt zu einer Zuchthausstrafe von 
zwei Jahren, den Angeklagten Zoeller zu einer 
ochen von einem Jahr und sechs Mona— 
en. Schluß der Verhandlung und der Session, 
rach 1 Uhr. 
Vermischtes. 
F Berlin. Den Haupttreffer von 
500,000 Mk. in der Ziehung der Schloßfreiheit⸗ 
dotterie hat ein in Paris wohnender Deuischer 
jewonnen, welcher das Loos hier bei der Deut⸗ 
chen Bank in Aufbewahrung hat. Der zweite 
daupttreffer von 400,000 Mk. ist einer Anzahl 
yon Beamten des hiesigen Haupitelegraphenamtes 
ugefallen. Der dritte Hauptgewinn von 800,000 
Bt. fiel auf Nr. 67,251 in die Kollekte des Hrn. 
Rob. Th. Schröder in Stettin; an dem Gewinn 
sind, da es in 8 Achteln eingetheilt ist, K Perso- 
nen betheiligt, welche den verschiedensten Berufs⸗ 
klafssen angehören. 150,000 Mt. sind auf ein 
doos gefallen, welches zum Theil den Angestell⸗ 
ien der hiesigen Bankfirma Albert Schnappach 
Jehört. 
Stadtisches. 
Eine lange Reihe von Gegenständen fand fich 
auf der gestern Nachmittag stattgehadten Stadit⸗ 
ratsitzung. Vor Beginn der Verhandlungen 
rsuchte der vorfitzende Herr Bürgermeister, das 
Andenken des verstorbenen Stadtratsmitgliedes Gg. 
Ahl durch Erheben von den Sitzen zu ehren; dies 
Jeschiehtt. An Stelle des Verstorbenen ist Herr 
Direktor Fiack in den Stadtrat eingefreten. Die 
zur Besprechung stehenden Sachen waren meist 
nicht so wichtigen Charakters, daß sie an dieser 
Stelle näheres Eingehen erfordern würden. 
erft wurden die notigen Ergänzungswahlen u * 
erschiedenen Kommissionen vorgenonimen 
nachgenannte Herren gewählt: in die vau 
xc. Kommission sowie die Sdlachtbauctomnt 
Johann Fiack, in die Kommission füͤr —* 
in die Brandversichungskasse Pt. Uhl, Zimmemee 
in die Einschätzungskommisfion für Mietsteuer * 
hofmann. — Darnach machte der Herr Buegerm 
uͤer Mitteilung üüber die Resultate der üsge 
ung städtischer Anlagen und Gebäude durch 
XXVVB hln 
des zu errichtenden Häuschens für den Todta 
gräber so zu erweitern, daß in demselben Geban 
noch eine kleine Leichenhalle hergestellt werde. N 
Stadtrat heschließt jedoch, jenes Häuschen all 
dehend, rechts vor dem Kirchhofsthor errichten 
lassen und erst später, wenn Bedürfniß vorhanda, 
die Errichtung einer Leichenhalle in Erwagung b 
ziehen. Im vrotestantischen Schulhaus und da 
Zateinschulgebäude sollen notwendige Reparatum 
und Abänderungen vorgenommen werden, woß 
der Stadtrat seine Genehmigung gibt, wie auch zu 
Anlegung der vom Klärbassin beim Sdlachthas 
jach dem Mutterbach zu führenden Thonroͤhren 
Die Aufstellung der Pläne und Kostenanschlig 
jierüber werden dem Herrn Distriktsbauschaffmn 
ibertragen. Eine längere Auseinandersetzung de 
anlaßte die Frage der Ableitung des Feldwasser 
und des aus der Spinnerei abfließenden Waßse 
nittels Kanalisation durch die alte Bahnhofftrej⸗ 
und quer durch die Kaiserstraße neben dem Pit 
GBreß'schen Anwesen vorbei nach dem Mutterbaqh 
Da hierzu vor allem der Ankauf einer zum katho 
lischen Pfarrgute gehörigen Wiese geboten erscheint, 
wird der Herc Bürgermeister beauftragt, diesbe 
zügliche Einleitugen zu treffen. — Es folgen nmin 
einige Verleihungen bezw. Ueberschreibungen der⸗ 
chiedener Wirtschaftskonzessionen, naämlich der 
Hochheim'schen Wirtschaft an die Ehefrau deh 
Bergmannes Ik. Quirin, geborene Kopp, di 
Branntweinausschankes an Wirt Becker auf dem 
Sitzweilerhof, der Wirischaft des Hotels Swiz⸗ 
mann an die Bahyherische Brauereigesellschaft bon 
daiserslautern, der Fr. Friedrich'schen Wirtschaf 
an Frau Wittwe Fr. Friedrich; ferner die Wie 
dererteilung der Konzession an den Rollfuhrmanm 
Joh. Schwarz, für dessen Haus in der Kohlen⸗ 
straße. Dagegen werden abgelehnt die Konzessionb 
jesuche des Wirtes Jos. Quirin für das bisherige 
dofmannsche Haus und jene des Backers und 
Wirtes Diener für sein Haus, beides in der Jo⸗ 
sephsthalerstraße. — Gegen die geplante Anlage des 
Industriegeleises der Glashütte hat der Stadttal 
aichts zu erinnern. — Für das übernommene Ge⸗ 
meindeberechtigungsholz wird die vorjährige Tare 
ingenommen; des weiteren werden zwei Holp 
vächter gegen den früheren Entgelt aufgestellt. — 
An den städtischen Hin. Einnehmer wird die Anweisun 
exteilt, zur ungestörten Fortführung des städtischen 
Zaushalts beim Vorschußberein einen Kredit bi 
su 30000 Mlk. in Anspruch zu nehmen. — E 
ommen nun zur Abhör bezw. Genehmiigung die 
Rechnungen des Hospitals und des Armenpfleh 
chaftsrats, die wir am 5. dss. M. bereits mitge⸗ 
eilt haben, weßhalb nur bemerkt sei, daß der Zu 
chuß zur Armenpflegschaft sich deßhalb um 1000 
Mark erhoͤht, weil zwei arme Familien hierher al 
jeimatberechtigt überwiesen wurden. — Der Stadt— 
rat bewilligt einige Kredite an rückständige Zahlet: 
zugleich beschließt er, daß der Herr Burgermeistet 
derartige Kreditgesuche jeweils bis zur nächstfolgen 
den Stadtratssitzung genehmigen kann, und diej 
Zenehmigung fuür die städtische Einnehmerei bet⸗ 
indlich is. — Den Nachtwächtern werden neut 
Dienstmützen und Mäntel bewilligt. — Mit!“ 
Jjegen 9 Stimmen erfolgte der Beshluß, die Stell 
eines Schweinehirten wieder auszuschreiben und 
war in den beiden Lokalblättern. — Der dis⸗ 
zerige Fasselhalter wird seiner Verbindlichkeit ent 
hoben, da er seitens der Viehbesitzer nicht die noh— 
vendige Unterstützung erhält. — Gegen die defini 
tive Änstellung der H.H. Schulberweser Rudolpt 
und Baier in Schnappach erhebt fich keine Ein— 
sprache. — Nach Erledigung der Tagesordnund 
stellt Herr Stadtrat Hofmann den Antrag auf 
xinführung oder besser gesagt Anbahnung eine 
Beschäftsordnung, doch erfährt dieser Ansrag all⸗ 
semeine Abweisun⸗ 
Tcy onnachrichten. 
Gestorben: in Kaiserslautern Maria Wenzel. 
geb. Herschelmann, 69 J. a.