Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚t⸗ Ingberter — erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Zeiertage. 2 mal wöͤchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Nittwochs und Samstagt mit 
strirten Beilagen. as Blatt koftet vierteljahrlich 1A4 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 78 4, einschliehlich 103 Zustelungtsgebuhr. Die 
Sinrückungsgebühr sur die 4gespaltene Sarmondzeile ober deren RNaum betragi bei Inseralen aus der —29 — B, bei außerpfalzischen und jolchen auf welche die Erpedition 
n Austunft ertheilt, I3 ⸗ Neklamen 80 ⸗. Bei maliger Cinruckung wird nur dreimalige berechnet. 
—V 78. 
Mittwoch, 2. April 1890. 25. Jahrg 
Abonnements 
für das 
zweile Quartal 
auf den 
bomal wöchentlich erscheiuenden 
„St. Ingberter Anzeiger“ 
onnen bei allen Postexpeditionen, den Post⸗ 
zoten, bei den Umträgern und in unserer 
zrpedition bestellt werden. 
Inserate finden durch den „St. Ing— 
serter Anzeiger“ die weiteste Verbreitung. 
Uuf ewige Zeiten weide sein Name verbunden sein 
mit dem Namen des deutschen Reiches. Redner 
schloß mit dem Wunsche, Gott möge den Fürsten 
noch lange zum Segen des deutschen Vaterlandes 
erhalten, worauf das dreifache Hoch folgte, welches 
hegeistert aufgenommen, brausenden Widerhall bei 
dem ganzen Zug fand. Der Fürst dankte dem 
domite für die schöne Kundgebung, er hoffe jetzt 
zfter die alte Hansastadt Hamburg zu besuchen, 
deren Ehrenbürger er sei. Er richtete schließlich 
einige Worte an den früheren Reichstagsabgeordneten 
Wormann. Der Zug trat alsdann den Vorbei⸗ 
narsch vor dem Schlosse an, der eine halbe Stunde 
vährte, und sammelte fich später auf der großen 
Wiese. Inzwischen nahm der Fürst mit seiner ganzen 
Familie auf dem Schloßbalkon Platz, welcher einen 
zuten Ausblick auf die Wiese gewährt. Noch dem 
Zesang von „Deutschland, Deutschland über Alles,“ 
der „Wacht am Rhein“ und wiederholten brausen⸗ 
den Hochs auf den Fürkten wurden die Fackeln 
zusammengeworfen, worauf sich der Zug auflöfte. 
Friedrichsruh, 1. April. Seit frühem 
Morgen bringen zahlreiche Sonderzüge riefige 
Menschenmassen. Eine großartige Huldigung fand 
tatt. Fürst Bisssmarck trat unter die Menge, 
die begeistert ihn umjubelte und seine Hände kuüßte. 
Militärmufiken von Hamburg, Wandsbech, Ratzeburg 
zrachten ein Morgenständchen dar. Der Fürst 
zrachte ein Hoch auf den Kaiser aus. Der Kaiser 
chiclte sein lebensgroßes Oelbildnis und den General 
Brafen Wedel zum Glückwunsch. Der komman⸗ 
dirende General v. Leszczynski, die Burgermeister 
Petersen von Hamburg, Adickes von »Altona, der 
janseatische Gesandte v. Kusserow, Bleichröder, der 
Dberfinanzrat Kriege uund eine Abordnung der 
Zurschenschaften wünschten dem Fürsten Bismarck 
Hlück. Tausende trugen ihre Namen in ein Em— 
pfangsbuch ein. Zahllose kostbare Geschenke wurden 
äberreicht. Fürst Bismarck hielt eine außerordentlich 
feurige Ansprache an die Burschenschafter und unter⸗ 
nahm mit dem Grafen Wedel unter dem begeisterten « 
Jubel der Menge eine Ausfahrt durch den Sachsen- 
wald. Spaͤter begleitete er zu Fuß den Grafen 
Wedel an den Bahnzug, wo eine großartige Kund⸗ 
gebung der dichtgedrängten Menge stattfand. 
Berlin, 1. April. Die Zusammenberufung 
des neuen Reichstages auf den 14. April 
ist, eine beschlossene Thatsache. Das Arbeitspensum 
dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach ein sehr um⸗ 
jassendes werden. Von sozialpolitischen Gesetzes⸗ 
vorlagen ist mit aller Sicherheit ein Entwurf, be⸗ 
reffend die Einrichtung von Gewerbegerichten, bezw. 
kinigungsämtern. Ob es anßerdem noch möglich 
ein wird, die Ergebnifse der internationalen Arbeiter⸗ 
chutzkonferenz für die einzubringende Vorlage recht⸗ 
eitig zu verwerthen, ist allerdings zur Stunde noch 
raglich. So viel ist sicher, daß in den betreffen⸗ 
den Bundesrathsausschüssen mit Anspannung aller 
xräfte gearbeitet wird, um mit Benutzung des vom 
Reichsstag angenommen Arbeiterschutzgesetzentwurfes 
und unter Berücksichtigung der Wünsche der Kon⸗ 
ferenz eine neue Vorlage so rasch als irgend mög⸗ 
lich an den Reichstag gelangen zu lassen. Mit 
Sicherheit ist ferner eine neue Militärvorlage zu er⸗ 
warten; dieselbe dürfte allerdings die befürchtete 
enorme Höhe von mehreren hundert Millionen Mark 
nicht erreichen. Endlich wird eine kolonial⸗politische 
Vorlage dem Reichstage zugehen. Man geht somit 
nicht fehl, wenn man auf eine recht ausgedehnte 
steichstagssession bis in den Hochsommer hinaus 
echnet. (B. T.) 
Berlin, 1. April. Behufs Ausfuhrung der 
bpon vielen Seiten angeregten Errichtung eines 
Nationaldenkmals für den Fürsten Bismard 
in der Reichshauptstadt traten gestern eine · Anzahl 
angesehener, den verschiedensten politischen Rich- 
ungen angehörigen Männer zusammen, um dem—⸗ 
nächst einen diesbezüglichen Aufruf zu erlassen. 
Das Komite beabsichtigt, den Kaiser um Ueber. 
aahme des Protektorats zu bitten. Den Vorsitz 
ibernahm der Landesdireklor Levetzow. 
Berlin, 1. April. Der „Reichsanzeiger“ ver— 
ffentlicht die Ernennung des badischen Gesandten 
Freiherrn v. Marschall!l zum Staaissekretär des 
Auswärtigen Amtes und Stellbertreter des Reichs- 
kanzlers im Bereiche des Auswärtigen Amtes. Der 
hisherige Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, 
Graf Berchem, ist zum Wirklichen Geheimen Rai 
mit dem Prädikat „Exzellenz“ ernannt; er bleibt 
auch fernerhin auf seinem Posten. Gleichzeitig wird 
die Abberufung des Freiherrn v. Marschall von 
seinem bisherigen Posten als badischer Gesandter 
am vreußischen Hofe im „Reichsanzeiger“ ver— 
yiffentlicht. 
Deutsches Reich. 
München, 1. April. (Candtag.) Das 
Ztaatsministerium der Finan zen hat, in Be⸗ 
creff der Geschaftsverhältnisse des Messungsbezirkes 
Munchen⸗Stadt, ein Nachtragspostulat 
sum Etat des Staatsministeriums der Finanzen 
ür die 20. Finanzheriode dem Präsidium in Vor⸗ 
age gebracht. Es heißt in den Erläuterungen 
hiezu: Die räumliche Entwicklung der Stadt 
München und die im Verlaufe der Jahre sich mehr 
ind mehr steigernde Bauthätigkeit daselbst haben in 
den Geschäftsverhältnissen des Messungsbezirkes 
Nunchen ·Stadt Schwierigkeiten hervorgerufen, die 
eine Abhilfe dringend erheischen. Die Regierungs⸗ 
finanzlammer von Oberbayern hat unterm 1. 
Marz lf. Is. die Willigung erhöhter Mittel für 
die Aufstellung eines den Bedürfnissen der Stadt 
MNüunchen entsprechenden, verstärkten Geometerper— 
onales in Antrag gebracht. Die Verhältnisse legen 
den Gedanken nahe, nicht allein auf eine Verftaͤrk⸗ 
ung des für den Messungsbezirk Munchen⸗Stadt 
nöthigen Geometerpersonals, sondern auch auf eine 
ngete Verbindung des sogenannten Umschreib- 
nessungsdienstes mit den dem Katafterbureau noch 
»bliegenden Arbeiten für die Neuvermessung der 
Stadt München Bedacht zu nehmen. In Aus- 
ührung dieses Gedankens ist beabsichtigt, die Dienst⸗ 
eschäfie des Messungsbezirkes München⸗Stadt bis 
nuf Weiteres und insolange, bis die Münchener 
deumessungsarbeiten vollsiändig find einer beim 
datasterbureau zu errichtenden besonderen Messungsab- 
hellung Messungsbehörde München) zum Voulzuge 
uu überweisen. 
Friedrichsruh, 81. Marz. Heute Abend 
rachten mehrere Extrazuige Tausende don Mannern 
ilet Stande. Mehrere Kriegerbereine mit Fahnen 
wschienen. Als der imposante Fodelzug das Land— 
saus erreicht hatte, tralen Furst und Fürstin 
dismarde, Graf Herbert und Wilhelm Bismarck 
wdst Gemahlin, Grof und Grafin Ranyau aus 
em Schlosse. Das Komite bildele hier einen Kreis 
und Furst Biswarck hielt mit bewegter Stimme 
ine Rede. In derselben betonte er, daß er nach 
einer 28jährigen Thätigkeit als Minister natürlich 
deinde habe; die leßten Tage hätten ihm jedoch 
ewiesen, daß er auch — seidst in dem schwer zu⸗ 
siedenzuffellenden Berlin — Freunde habe. Noch 
nehr freue ihn die Ueberzeugung, daß er in seiner 
nwinebaren Nähe hier sobiel Freunde faände. 
di sei ein Zeugniß dafür, daß seine Arbeit, 
—3 genützt zu haben, anerlannt werde. 
Nolte ⸗ Hamburg hielt darauf eine schwungvolle 
nsprache und dankte dem Fürsten für alles, was 
aur Entwicklung und Ehre Deutschlands gethan. 
Ausland. 
Paris, 1. April. Der Mimister des Aeußeren 
Ribot, teilte im Minifterrate seine gestrige Unfer— 
redung mit Jules Simon über die Berliner 
Arbeiter⸗Konferenz mit. — Präsident Carnot 
mpfing heute Jules Simon. 
Lokale und p e Lac dichten. 
*St. Ingbert, 2. April. Zu dem gest⸗ 
rigen Festmahl im Hotel Stutzmann, zur Feier 
des Geburtstages des Fürsten Bißmaré 
jatte eine sehr ansehnliche Zahl von Verehrern des 
großen Kanzlers fich vereinigt. Der Verlauf des 
Abends war ein sehr harmonischer und des patrio⸗ 
nischen Zweckes würdiger. Die erste Rede feierte 
unsere edlen Fürsten, Prinzregenten Luitpold und 
Zaiser Wilhelm. Dieselbe hielt der praktische Arzt 
herr Dr. Pfaff in kernigen Worten. An diesem 
Tage sei es Pflicht, der erhabenen Monarchen zu 
gedenken und dem monarchischen Gefühle Ausdruͤck 
ju geben, das durch Bismards Witken im Volke 
so sehr gestärkt wurde. Se. Kgl H. der Prinz 
regent ging seinem Volke voran in der Aneikenn⸗ 
ung der Verdienste des Kanzlers. Se. M. der 
Zaiser habe es in dem bekannten Telegramm nach 
Weimar in so überwältigender Deutlichkeit ausge- 
prochen, wie schwer ihm der Abschied von dem 
verehrten Kanzler wurde. Heute schaare sich ganz 
Deutschland um den Kaiser, des Himmels Segen 
rflehend zur kühnen Fahrt des deutschen Staais⸗ 
chiffes, dessen Steuer der Kaiser mit mutigem 
Zriff aus der gewaltigen Hand des scheidenden 
danzlers Ubernahm. So wolle denn die Ver—⸗ 
ammlung die Bismarckfeier beginnen mit einem 
doch auf S. Kgl. Hoheit den Prinzregenten Luit- 
old und S. M. den Kaiser Wilhelm. Dieses 
doch weckte begeisterten Widerhall, worauf der all⸗ 
emeine Gesang der „Wacht am Rhein? erkoͤnte. 
stach kurzer Pause feierte dann Herr Swudienlehrer 
Wolffhardt den scheidenden Kanzler in nachfolgender 
wsgezeichneter Rede: 
Unter den Buchen des stillen Sachsenwaldes 
ern von den Geschäften und dem Getriebe der 
Welt — feiert heute seinen 75jährigen Geburtstag 
»er große Mann, der die letzten Jahrzehnte die 
hHeschicke Deutschlands nicht blos, sondern der gan⸗ 
en zivilisierten Welt mit starkem Arm leitete. 75 
Jahre. — Ein langer und an welterschütternden 
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