Full text: St. Ingberter Anzeiger

ein Küchenfenster ein und gelangte durch dasselbe 
in das Zimmer, wo er in der dort aufbewahrten 
Tageseinnahme eine willkommene Beute fand. 
Herr Speier befand sich mit den Seinen auf 
einem Balle. Es wird vermuthet, daß der Dieb 
gute Lokalkenntniß besitzt und somit wußte, wo 
das Geld verwahrt wurde. (A) 
— Pirmasens. Besitzwechsel. Herr 
Jakob Mergenthaler verkaufte letzthin an Herrn 
Friedr. Nagel, Schuhartikel on gros, einen 616 
qm großen Bauplatz in der Schützenstraße, 
neben demselben und Herrn Gg. Beifel gelegen, 
um den Preis von 21,860 Mk., das ist 35 Mk. 
per qm. 
— In der Kreisirrenanstall zu Klin⸗ 
genmuünster verstarb dieser Tage der 40 Jahre 
alte Peter Müller von Weilerbach. Es ist diese 
feit dem Bestehen der genannten Anstalt (1858) 
der tausendste Todesfall daselbst. 
— Germers heim. Bei der dieser Tage 
durch den kgl. Notar Herrn Theobald abgehal ⸗ 
tenen Versteigerung der beiden der Wwe. Geißer! 
und Kindern gehörigen Häuser wurde das Gasf⸗ 
haus zum Schaf um 28 000 Mk. und das 
daneben liegende kleinere Haus um 5000 Mk 
von Wwe. Geißert gesteigert. 
— Die Gemeinde Dudenhofen hat zur 
Vertilgung der Waldraupen 5000 Mk. aus- 
geworfen, ebenso setzte Speyer zu gleichem Zwed 
13,000 Mk. als außerordentliche Ausgaben in's 
Budget. Man sieht, daß die waldbesitzenden 
Dörser und Städte keine Opfer scheuen, um endlich 
einmal den alles vernichtenden Kiefernspinner aus 
der Welt zu schaffen. Nach Berechnung stellen 
sich die Ausgaben für Ringeln und Leimen eines 
einzelnen Baumes auf einige Pfennige, so daß die 
Kosten dieses Verfahrens in keinem Verhältniß 
stehen zu dem Werth, den der Wald fuür die 
Bürger, ganz besonders aber für die ärmeren 
Klassen hat. 
— Speyer, 13. Jan. Wegen starken Auf⸗ 
tretenz der Influenza wurde die Lehrer bild 
ungsanstalt bis zum 30. d8. Mis. ge⸗ 
schlossen. 
— Haßloch, 12. Jan. Ein theuerer 
Kuß. Bei einer letzthin hier stattgefundenen Fest 
lichkeit erlaubte sich ein junger Mann den Scherz, 
ein Mädchen, ohne daß letzteres damit sich einver⸗ 
standen erklärte, zu küssen. Das Mädchen, ob 
dieser Mißhandlung zur Rache herausgefordert, 
drohte, den Missethäter zu verllagen. Beide Theile 
einigten sich nun dahin, daß der junge Mann, der 
fich Verletztfühlenden eine Entschädigung von 400 
Ml. zahlen muß. (Pf. K.) 
C —Neustadt. Wie die „Neust. Ztg.“ hört, 
soll von den deutsch⸗Freisinnigen des 
Wahlkreises Landau-Neustadt Professr Günther 
aus Nürnberg als Reichtaaskandidat aufgestellt 
werden. 
— Lambrecht. Kaiserin Augusta, 
welche nun in ein anderes Leben abgerufen 
wurde, hat auch hier, wie die „Pf. Zig.“ 
schreibt, ein Andenken ihres wohlthatigen Sinnes 
zurückgelassen. In unserer Kultusbaunoth nah⸗ 
men wir im vorigen Sommer zu ihr unsere Zu⸗ 
flucht und nicht vergebens. Die greise Färstin 
und Dulderin ließ uns huldvollst den Betrag von 
200 Mk. anweisen. 
— In dem Lambrechter Thal hat sich 
die Influenza eingestellt und veruesacht 
namentlich in den Fabriken mißliche Betriebs⸗ 
störungen. Die Fabriken von Glatz und Gebrü— 
der Hemmer arbeiten nur noch mit einem kleinen 
Theile ihrer Mannschaft, da fast stündlich sich 
neue Kranken anmelden. Es ist dies um so 
empfindlicher für solche Etablissements, welche 
durch Veriräge an eine bestimmte Lieferungsfri 
gebunden sind. 
— Ludwigshafen, 13. Jan. Das dritte 
Jahresfest des allgemeinen evang. protest. 
Mifssionsbereins der Pfalz hatte wesent— 
lich unter der Ungunst der Witterung zu leiden, 
und war dee Besuch namentlich von auswärts ein 
bedeutend geringerer als dies bei einigermaßen an— 
nehmbarem Wetter der Fall gewesen wäre. »Richts⸗ 
destoweniger war der Festgottesdienst am Nachmittag 
gut besucht und nahm die Feier einen programm⸗ 
gemäßen, recht hübschen Verlauf. Als Festredner 
lraten die Herren Stadtpfarrer Bickes-Ludwigshafen, 
Konsistorialrach Dr. Ehlers-Frankfurt und Missionar 
Karl Munzinger aus Quirnbach auf. Herr Uni— 
bersitätsprofessor Dr. Bassermann aus Heidelberg 
var durch leichtes Unwohlsein verhindert, an dem 
Feste theilzunehmen. 
J — Kirchheimbolanden. 13. Jan. Als 
Stellvertreter des Herrn kgl. Einnehmers Sattler 
vurde Herr Einnehmereikandidat Ph. Koch von 
hsier, Sohn des Herrn Agenten J. Koch, an Stelle 
des nach Gaugrehweiler versetzten Herrn David 
Bünther, ernannt. (K. A.) 
— Der Jahresbericht des pfälzischen 
dreisausschusses des bagerischen 
dandeshilfsvereins, zugleich Organ der 
daiser Wilhelm⸗Stiftung für 1889 ist erschienen. 
Aus der Kaiser Wilhelm⸗Stiftung erhielten Unter⸗ 
zutzung 83 Personen, darunter 26 Wittwen, 
dezw. Kinder von Unteroffizieren und Soldaten 
ind 57 Soldaten und Wehrmänner vom Feld— 
vebel abwärts. Die Gesammtzahl der Unter— 
tützten ist gegen 1888 um 8 gestiegen, neu sind 
zugezogen 8 Unterstützungsbedürftige, von früheren 
Jahten wurden 75 ühernommen. Die Einnahmen 
detrugen 13687 Mk. 66 Pf.; die Ausgaben 
vertheilen sich wie folgt: dauernde Unterstüzungen 
3422 Mk., vorübergehende kleine Unterstützung 
8 Mk., für Badekuren an 2 Personen 147 Mt 
60 Pf., für die pfälzische Sanitätskolonne 1839 
Mk. 20 Pf., für Drucksachen 371 Mk. 6 Pf., 
zum Ankauf eines pfalzischen Eisenbahnpapiers 
aus den Geschenken von Fräulein Szent-Ivanyi 
5341 Mk. 85 Pf., zusammen 9429 Mk. 71 Pf 
Der Kassenüberschuß beträgt demnach 4257 Mt. 
)5 Pf. Das Vermögen für Zwecke der Kaiser 
Wilhelm⸗-Stiftung betrug Ende Vorjahres 
123957 Mk. 95 Pf. — Thätigkeit für Zwecke 
des Landeshilfsvereins. Das Sanitätskolonnen⸗ 
vesen und das Vereinslazaretwesen hat sich in 
1889 bedeutend gehoben und in den größeren 
Städten unserer Provinz bestehen Vereine. Zweig— 
Zereine des Landeshilfsvereins bessehen in: Ann—⸗ 
veiler, Dürkheim, Bergzabern, Edenkoben, Ger— 
nersheim, Homburg, St. Ingbert, Kaisers— 
autern, Landau, Ludwigshafen, Neustadt, Oder⸗ 
noschel, Speyer, Wolfstein und Zweibrücken, mit 
usammen 661 Mitgliedern und einem Gesammt⸗ 
dermözen von 37 076 Mk. 71 Pf. An Unter⸗ 
tützungen wurden im vergangenen Jahr geleistet 
usammen 3359 Mk. 580 pf. 
— Aus der Pfalz schreibt man der „Sir. 
P.“: In der Spinnerei und Weberei ist eine 
dohnbewegung im Anzuge. In dem Städt-⸗ 
hen Lambrecht, welches eine bedeutende Tuch— 
abrikation hat, haben die Arbeiter bereits einen 
Fachverein der Textilindastrie“ gegründet, welcher 
ich als erste Aufgabe die Erhöhung der Arbeits— 
öhne gestellt hat. Dieser Verein hat einen dor— 
tigen Großfabrikanten vor die Wahl gestellt, ent— 
weder höhere Löhne zu zahlen oder sich den Unan⸗ 
nehmlichkeiten eines Ausstandes am 1. Februar 
zersichert zu halten — 
miscotes. 
F Reichsgerichtliche Entscheidung. 
Die Ueberschreitung der schiedsrichterlichen 
Befugniß hat nach einem Urtheil des Reichs—⸗ 
gerichts, 1. Zivilsenats, vom 30. Oktober 1889, 
bei der Einheitlichkeit der gefällten Entscheidung die 
Ungiltigkeit des ganzen Schiedsspruchs zur Folge. 
Ist im Schiedsvertrag nichts Anderes vereinbart, 
o ist das ordentliche Gericht nunmehr zur Ent⸗ 
scheidung der dem Schiedsrichter unterhreitet ge— 
wesenen Frage berufen. 
Friedrichsthal, 13. Jan. Wie wir 
hören, soll hierselbst eine Apotheke errichtet 
werden und hat hierzu, wie zur Errichtung einer 
Filiale in Elbersberg ein Herr Apotheker Steffen 
aus Homdurg die Erlanbniß erhalten. 
F Dudw eiler, 13. Jan. Da in der ganzen 
zorigen Woche in jeder Schule an 30 —40 er—⸗ 
rankte Kinder fehlten, so sind heute Morgen 
ämmiliche Klassen vorläufig auf 8 Tage geschlossen 
vorden. Schier die Hälfte der Einwohnerschaft ist 
an der Influenza erkrankt. In der Belegschaft 
der Grube DudweilerJägersfreude ist die Zahl 
der Erkrankten von 250 bercits auf 350 gestiegen. 
F Drastisches Mittel. Eine neue Er⸗ 
findung, ihren Mann zu veranlassen, aus dem 
Wirtshause nach Hause zu kommen, wird von 
ziner Frau aus Diemtingen (Simmenthal) 
zemeldet: Dieses ingenieuse Weib brachte am 
letzten Neujahrstage, Nachts zwischen 1 und 2 
Ahr, auf die Treppe des Wirtshauses, in dem 
hr Mann sich befand, eine Garbe Haferstroh und 
zündete sie an, daß sie lichterloh brannte. Ent- 
veckt und von der Polizei über die Sache zur 
Rede gestellt, erklärte die Frau, sie habe keine 
Abficht gehabt, einen Brand zu veranlassen, son— 
dern sie wollte die Leute im Wirtshause. wo 
Tanz war, nur stören, damit ihr Ehemann dann 
nach Hause komme. Patentirt dürfte die Erfind— 
ung freilich kaum werden. 
FSchwabach. In dem Nachbarorte W. 
soll jüngst ein Ochse zoei Hundertmarknoten ver⸗ 
ichluckt haben. Es wurde uns darüber Folgendes 
mitgetheilt. Zu einem Oekonomen in W., der einen 
Ochsen feil hatte, kam aus einem weiter entfernten 
Orte ein Bauer, in der Absicht, den Ochsen zu 
kaufen. Das hiezu nöthige Geld, bestehend aus 
wei Hundertmarknoten und aus etlichen 30 Mark 
in Gold und Silber, trug er in einem Säckchen 
berwahrt in einer Brufttasche bei sich. Während 
der Befichtigung des Vierfüßlers ist nun wahr⸗ 
scheinlich dem Beuer das Säckchen mit Inhalt auf 
der Tasche gefallen, ohne daß er es merkte. Der 
Handel scheint nicht zu Stande gekommen zu sein 
und so entfernte fsich der Bauer wieder, nichts 
Schlimmes ahnend. Zu Hause angekommen, ent⸗ 
deckte er seinen Verlust und er sandte sofort einen 
Boten zu dem Oekonomen in W. mit der Frage, 
»Ib er nichts gefunden habe. Auf die verneinende 
Antwort erschien der Bauer selbst und legte den 
wahren Sachverhalt dar. Jetzt fiel dem Oekonom 
in W. ein, daß sein Ochse während der Besichtig⸗ 
ung so viel geleckt und geschluckt habe. Man suchte 
im Barren, in der Streu und fand wirklich ein 
Zwanzigmarkstück und mehrere Geldstücke in Silber; 
die zwei Hundertmarknoten aber blieben ver⸗ 
schwunden. Der Wiederkäuer hat sie jedenfalls 
verschludt. 
F München, 13. Jan. Der älteste 
General der baverischen Armee General—⸗ 
lieutenant a. D. Gustav Cella trat in voller 
zeistiger und körperlicher Rüstigkeit mit heute in 
sein 90. Lebensjahr. 
FEine jugendliche Diebesbande 
bestehend aus 8 Knaben von 12—-915 Jahren. 
welche 14 Diebstahlsbverbrechen ausgeführt hatten, 
wurden in Munchen von 6 Tagen bis zu 1 
Jahr Gefängniß verurtheilt. Sie alle hatten ent— 
weder gar keine Eltern mehr oder Stiefeltern, 
welche den Tag über ihrem Verdienste nachgehen 
müssen. Sollte das nicht die Aufmerksamkeit 
don Behörden und Wohlthätigkeitsvereinen wach⸗ 
rufen? 
FEin armer Handwerksbursche. 
In der Buch⸗ und Skeindruckerei von Stier zu 
Bera sprach im Sornmer vorigen Jahres ein 
Handwerksbursche um ein Geschenk an. Er erhielt 
dies, nachdem er seine Papiece, die er in einer 
derschlossenen Brieftasche bei fich trug, vorgezeigt 
hatte. Als sich der arme Reisende entfernt hatte, 
gewahrte man, daß erc seine Brieftasche zurück— 
Jelassen hatte. Diese wurde wenig beobachtet und 
in irgend einen Winkel geworfen, wo sie bis 
zzt geruht hat und von dem Druckereibesitzer bei 
einer gründlichen Aufräumung wieder aufgefunden 
vurde. Nun wurde sie einer eingehenden Durch— 
ächt unterworfen und siehe da, der Inhalt der 
Tasche repräsentirte einen Werth von etwa 60,000 
Mark, welche Summe auf Grund der Papiere 
am 1. September d. J. in Vondon zu erheben 
ist. Ob der arme Reisende rechtmäßiger Besitzer 
dieser Werthpapiere war, oder ob Jemand anders 
Anspruch darauf erheben wird,. muß vorlädufig da 
hin gestellt bleiben. 
F In Braunschweig, ist die große Jute— 
Spinnerei Vech elde teilweise abgebrannt. 
Der Schaden ist sehr bedeutend (150 - 200000 
Mk.) und der Betrieb wird eingeschränkt. 200 
Mann sind brodlos. 
F Die deutsche Reichsregierung geht nach der 
„Weser⸗Z.“ ernstlich mit dem Gedanken um, für 
das ganze Reichsgebiet eine einheitliche Zeit— 
rechnung einzuführen. Nicht blos für die Post, 
Telegraphie und Eisenbahnen würde die neue Rech— 
nung gelten, sondern auch für das aanze bürger— 
liche Leben. 
Nach der letztwilligen Verfüg— 
ung der Kaiserin Augusta soll das 
Palais in Berlin und Schloß Babelsberg dem 
Kaiser und 4 Millionen Mark Geld der Groß— 
herzogin von Baden zufallen. Dienerschaft, wohl⸗ 
thätige Stiftungen u. s. w. wurden reichlich be— 
dacht. 
Was die Liebe vermag, davon gibt 
ein Ereigniß, das in den Kreisen der Berliner 
Besellschaft eifrig besprochen wird, ein glänzendes