Full text: St. Ingberter Anzeiger

Arbeiterverireier zu Ueberwachung der Berg⸗ 
werke an. 
Wien, 19. Mai. Ein Bericht der ‚Polit. 
Tor.“ aus Berlin kommt auf die Meldung der 
Times“ über eine beabfichtigte Annäherung 
ublands an Deutschland zurück und 
zußert über die in maßgebenden Berliner Kreisen 
herrschende Anschauung: Deutschland, welches unver⸗ 
drüchlich an dem aus gemeinsamer Friedensliebe 
dervorgegangenen Dreibunde festhalte, koͤnne mit 
anderen Staaten Verträge nicht anders schließen, 
als in Gemeinschaft mit seinen beiden Verbündeten. 
Wolle Rußland sich Deutschland nähern, so müßte 
ersteres sfich darüber klar sein, daß letzteres einen 
Pakt nur als eines der Mitglieder des Dreibundes 
ju schließen vermöchte. Dies würde nicht eine 
Uenderung der derzeitigen Gruppirung. sondern 
den Hinzutritt Rußlands zur Friedensliga bedeuten. 
Konstantinopel, 18. Mai. Die „Agence 
de Constantinople“ meldet: Nachdem die Pforte 
die letzte russische Note wegen Zahlung der rück⸗ 
ständigen Kriegsentschädigung bisher un⸗ 
veantwortet gelassen, richtete der russische Botschafter 
Nelidow neuerdings eine Note an die Pforte, 
in welcher derselbe verlangt, daß die Einnahmen 
aus der neuen Finanzoperation vor Allem zur Be⸗ 
riedigung Rußlands verwendet werden müßten. 
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 20. Mai. Heute Mittag 
zrifft Hetr Konsistorialrat Risch aus Spyer 
dahier ein und wird im Laufe des Nachmittags 
im der Lateinschule sowohl als in der hoͤheren 
Töchterschule eine Prüfung vornehmen. 1 
* St. Ingbert, 20. Mai. Wie aus dem 
Anzeigetheil zu ersehen, wird das erste Militär⸗ 
onzert im Abonnement, im Garten der Bier ˖ 
zrauerei Becker (Fr. Frank), morgen Nachminag 
5b/, Uhr stattfinden. Dasselbe wird gewiß einen 
zahlreichen Besuch finden. Hoffentlich ist die Wit⸗ 
terung günstig. 
* St. Ingbert, 20. Mai. Wie der Zw. 
Z.“ von hier berichtet wird, hielten vorgestern die 
amtlichen Dist riktsstraßen wärter der Kan⸗ 
one Blieskaftel und St. Ingbert in St. Ingbert 
eine Versammlung ab, deren Zweck die jetzigen 
Besoldungsverhältnisse der Distriktsstraßenwärter 
bildeten. Ein Veitrauensmann trug in sachlicher 
Weise die Wünsche seiner Kollegen vor und betonte 
die Notwendigkeit einer Bessergestaltung der Be⸗ 
soldungsverhältnisse. Der betr. Herr Bauschaffner 
zersprach in dieser Angelegenheit sein möglichstes zu 
leisten. 
*— Das kgl. bayer. Kultusministerium gibt 
Folgendes bekannt. Im Budget für die 20. Fi⸗ 
nanzperiode find die Mittel vorgesehen, um, vom 
l. Januar 1890 an beginnend, jeder Wirtwe 
»eines Lehrers, Verwesers oder Schul- 
zehilfen, so lange sie fich nicht wieder verehe⸗ 
iicht, eine jährliche Unterstützung von 240 Mtk. 
sseither 180 Mk.), den ehelichen Doppelwaisen 
eines Lehrers eine solche von 180 Mk. (seither 
100 Mk.), den ehelichen einfachen Waisen eine 
olche von 100 Mk. (seither 80 Mk.) und zwar 
den Knaben dis zum vollendeten 18.. den Mäd⸗ 
hen bis zum vollendeten 16. Lebenslahr zu ge⸗ 
währen. 
— Blicweiler, 18. Mai. Wie lang 
kann ein Huhm ohne Speise und Trank leben? 
Hierüber wird der „Zw. Z.“ berichtet: Der Hütten⸗ 
beiter Peter Müller von hier hat unter seiner 
Haustreppe, wie man das auf dem Lande haäufig 
nieht, einen Gänsestall. Von boͤsen Buben wurde 
hmeöfters das Thürchen des Ställchen ausgehoben 
und auf der Straße herumgeschleudert. Um diesem 
Unfug zu steuern, zumalen er gegenwärtig keine 
Bänse besitzt, befestigte Müller eines Tages mit 
Nägeln und Keilen die Thür derart, daß sie nur mit 
Bewalt hätte aufgemacht werden können. An dem⸗ 
selben Tage waren nun der Familie Müller zwei 
hrer besten Hühner abhanden gekommen. Da die⸗ 
elben am nächsten Tage auch nicht kamen, nahm 
nan an, daß der Marder den Tierchen den Gar⸗ 
aus gemacht habe. 33 Tage nach der Vernagelung 
der Thuür am Gänsestall saß Ehefrau Müller vor 
demselben und ‚las Kartoffeln aus. Da bver⸗ 
aahm sie deutlich ein Tupfen und Picken 
im Gänsestall. Sie glaubte an einen Geister⸗ 
spuch, rief einen Nachbar, aber dieser hatte 
auch nicht den Mut, die Thüre aufzumachen. 
Hierauf wartete man, bis der Mann nach Hause 
am. Dieser öffaete mit Gewalt die Thüre. Was 
am zum Vorschein? Die zwei armen Hühner. die 
33 Tasge ohne Speise und Trank hier einsam ihr 
zebden gefristet hatten. Das eine fraß sogleich, 
vährend das andere infolge dieser Hungerkur 
„krumm“ geworden war und erst nach und noch 
sahtung zu fich nahm. Im Stalle lagen vier 
Fier. 
— Die kgl. Hufbeschlagschule in Zwei⸗ 
zrücken hat dieser Tage wieder einen neuen 
durs eröffnet, zu welchem 8 von den Angemeldeten 
Zutritt erhielten u. z.? Fuhrmann aus Krähenberg, 
Bedon aus Schweighofen, Hellmann aus Nieder⸗ 
jochstadt, Kling aus Edesbach, Kaert aus Groß 
teinhausen, Bitter aus Edesheim, Morgenthaler 
nus Schneckenhausen und Walzner aus Alsenz. 
— Hornbach, 18. Mai. Heute Nachmittag 
Jegen 6 Uhr zog ein schweres Gewitter über unsere 
Begend und schlug der Blitz in das Wohnhaus 
zes Ziegeleibesitzers Herrn L. Kreischer, wodei 
ein Kind einige leichte Verletzungen erlitt und 
angere Zeit bewußtlos blieb. Die übrigen 
ahlreich Anwesenden kamen mit dem Schricken 
avon. 
— Pirmasens, 18. Mai. Der Streik 
n der Schäfer'schen Maschinenfabrik hatte heute 
Lacht ein blutiges Nachspiel. So viel 
arüber bekannt wurde, war es der in der Dem⸗ 
ergerschen Fabrik beschäftigte Schlofser Aug. Schmid, 
velcher den wieder arbeitenden Schlossern von Ferd. 
„chäfer Söhne, mit denen er in einer Wirischaft 
usammentraf, Vorwürfe über ihre, Mattherzigkeit“ 
nachte. Hieraus entspann sich ein Streit, welcher, 
achdem die Beteiligten die Wirischaft verlassen 
satten, zu einer Schlägerei sührte und zwar mitten 
n der Haupistraße. Das Endergebnis war, daß 
ser erwähnt/ Schmid einen Messerstich erhielt, 
velchen ihm der in der Schäferschen Fadrik arbei⸗ 
ende Schlosser Schüler beigebracht haben soll. 
dtzterer mit noch einem Kameraden wurde verhaftet, 
pährend ein vierter an dem Streit Beteiligler sich 
urch schleunige Flucht der Verhaftung entzog. 
die Verletzung Schmids soll sehr gefährlich sein. 
— Pirmasens, 19. Mai. Ueber einen 
Zelbstmord ist heute zu berichten. Der Postadjunkt 
Peber hat durch Erhängen an einem Bettstollen seinem 
deben ein Ende gemacht. Was den jungen Mann 
u dieser That bewog, ist bis jetzt unhekannt. 
Peber war aus Augsburg gebürtig und hier ein 
zeliebter Gesellschafter. — 
— Diedesfeld. Der Winzer Peter Witt⸗ 
ner hierselbst besitzt einen Weinstock, an welchem 
ein Zweig befindlich, der gegenwärtig nicht weniger 
us 8 Samen zaͤhlt! — 
— Laut offizieller Bekanntmachung wird in 
dainfeld der Fang der Heuwurmmotte 
bligatorisch und gemeinsam versucht. Es kommt 
sierbei der Fliegenfänger, geleimtes Drahtnetz an 
iner Stange, zut Anwendung. und zwar heuer 
als Probe, in der Wurmlage: „Letten“. Auf 
in Glockenzeichen deremigten sich Samstag Abend 
3 Uhr fast an 200 Bewohner, Jung und Alt, 
mpfingen am Gemeindehause das Drahtnetz und 
sjinaus ging es in hellen Schaaren zum „Letten“, 
illwo diese Gewannen zeilenweise, an 100 Mor⸗ 
gen zusammen, abgesucht wurde. Für den Anfang, 
vo jedermann noch ungeübt, war das Resultat 
jut. Mehrere Tausend Schmetterlinge mögen ge⸗ 
angen worden sein, was in Anbetracht des Um⸗ 
landes, daß jede einzelne Motte zirka 30 Eier 
egt, ein nicht zu unterschätzender Erfolg ist. 
— Leimersheim. Endlich ist es unserer 
Bemeindeberwaltung gelungen, von der großherzogl. 
zadischen Flußbau ˖ Verwaltung zu Mannheim die 
angersehnte Genehmigung zu erhalten, die flie- 
jende Brücke, welche die hiesige Gemeinde mit der 
‚adischen Gemeinde Leopoldshafen verbindet, wie⸗ 
er in Betrieb zu setzen (jedoch vorläufig bis zum 
1. September Ifd. Irs. nur in proovisorischer 
Weise.) Man hofft jedoch, daß bis dahin zu 
hunsten der beiden Gemeinden die Sache endgiltig 
nischieden ist und von da ab der Betrieb der 
Fähre definitid stattfinden kann. Wie nach dem 
„Ld. T.“ verlautet, hat unsere Gemeindeverwal- 
ung beim kgl. Bezirkssamte zu Germersheim be⸗ 
ꝛeits die nöthigen Schritte gethan, so daß schon 
infangs laufender Woche die Brüde, welche seit 
September vorigen Jahres im hiesigen Hafen steht. 
in Gang gesetzt werden kann. 
— Speyer. In der letzten unter Vorsitz 
Sr. Exzellenz des kgl. Regierungspräsidenten Herrn 
». Braun als erster Vorstand des Kreiskomite's 
»eß Landwirthschaftlichen Vereins der 
Pfalz stattgefundenen Sitzung des Kreiskomite's 
vpurde die Fesitstellung des Jahresberichts 
Zreiskomite's für 1889 vorgenommen. In do 
der neuesten Vereinssatzungen beschließt das a 
vomite, sich einer vollftändigen Neuwahl zu uͤn, 
verfen. U⸗eber die Adänderung der Stalufen 
dzie Stamm;zuchtbezirke des Donnersb rget⸗ und 
Blanviehes wurde beschlossen, daß es bei der * 
jerigen Fassung der Siatuten verbleiben, —R 
nuf striktere Beachtung derselben seitens der d 
irts Komites bestanden werden soll. — Em 
Besuch um ein St pendium zum Besuche der Oes⸗ 
ind Weinbauschule Kirchheimbolanden wird, da 
ich nut. um den Besuch eines m hiwöchnilig 
dehrkurses handelt, eine Folge nicht gegeben. 
Dder Kreissekretär wurde beauftragt, wegen der he 
nähßigung der Eisenbahafracht für Steinkohl 
chlacke und Malztreber nähere Erhebungen . 
»fl gen. — Zum Schlusse der Sitzung wurd, 
noch verschiedene Mittheilungen entgegengenomm 
— Der umfangreiche Jadresbericht pro Iðhh 
chließt mit den Worten: Wenn die Vondwinh 
zer Pfalz in den Vorjahren trotz der unbefriedige. 
)en Verhältnisse den Muth nicht sinken ließen, o 
uhmen fie doch nach den Resultaten des Bericht. 
ahres erleichtert auf. Es hat ihre Mühnn die 
hesser belohnt, als seine Vorgaänger, wenn auh 
zinzelne Erzeugnisse wie z. B, Tadak und Hopfen 
tellenweise der Wein, micht die gewünschten Em— 
ahmen lieferten. Möge auch für die genannten 
ẽrzeugnisse das Jahr 1890 ein gesegnetes sehn 
und im übrigen seinem Vorgänger würdig an 
reihen! Unter allen Umftänden ist zu hoffen, daß 
die Landwirthe der Pfalz die ehrenvolle Stellung 
velche fie in ih. m Gewerbe durch Fleiß und Va 
tändniß errungen haben, auch in Zukunft bebarh 
en werden. 
— Duürkheim, 17. Mai. (Aus der Sicdn 
rathssitzung.) Herr Institutslehrer Strauß hiet ber 
angt nach 10jährigem Aufenthalt dahier unenb 
zeltlich Bürger⸗Aufnahme, sich stuttzend auf 
Urt 80 X. und bezw. Art. 2 des Gesetzes ühe 
deimath, Verehelichung und Aufenthalt. Obgleih 
iun die Unanwenddarkeit der angezogenen Gseße— 
delle dem Gesuchsleller vom Bürgermeisteramte mit 
zetheilt wurde, erfolgte dennoch B-schwerde bein 
Bezirksamte, die der Stadtrath heute im gleichen 
Zinne verbeschied, und weiter beschloß, daß ein 
Berzeichniß aufgestellt werden soll über jene in hit 
iger Stadt wohnenden, in einer anderen baherischen 
Zemeinde heimathberechtigten Männer, bei welchen 
ie Voraussetzuugen des Art. 13 der Geweinde 
dnung gegeben sind, und daß dann dieselben mi 
dem Beschwerdeführer, wie dies periodisch geschih' 
ur Bezahlung der Heimathgebühr angehalten wo 
den solen. A. 
— Wachenheim. Wie man der ‚N. Bg 
nus bester Quelle milteilt, bezahlt die Deuisce 
„chaumweinfabrik dahier in unsern Ge 
neindesäckel pro Jahr za. 12000 Ml. Umlagen, 
pas eiwa die Summe ist, welche die 50 Höͤchste 
leuerten dahier zu entrichten haben. Die deusch 
S„chaumweinfabril wird also im Verlauf von? 
FJahren die ganze Schuld, welche unsere Stadi 
Zchulzwacken u. s. w. aufgenommen, mit ihren 
xinzahlungen in die Gemeindekasse deden. 
— Zreinsheim, 15. Mai. Um 10 ur 
zeute Morgen verschied der Odsthändler Ludn 
dauer, der in der Nacht vom 4. zum 5. Ru 
ruf dem Heimweg durch einen Stich in den bh 
Jefährlich verletzt wurde und welcher That dringend 
erdächtig der 64jährige Tüncher Louis Naßne 
‚ereits seit voriger Woche inhaftirt ist. Bauer wo 
in in der Volliraft des Lebens gestandener Manr 
zer als reeller und koulamer Geschaftemann hie 
ind in der Umgegend fich großer Beliebthein 
reute Der Dahm wird don einer zablreichen äo 
milie betrauertt. 
— Freinsheim, 15. Mai. Schon hu 
,onnten hiesige Bürger einzelne habschgefärt 
Zirschen aufweisen, und dürfte somit, nach — 
Kur.“, bis Pfingsten das Verkaufsgeschäft in⸗ 
deben treten. Im Vorjahr wurden die ersten 
wiheten Fruchte dieset Art am 19. Mei eon 
sefunden. geste 
— Kirchheimbolanden, 19. Mai— 
Nachmittag fand im Saale des Herrn Hch. 6 
mann eine außerordentliche Glheroldensammu 
des Vorschußbereins statt, die, — 
der Tagesordnung, sehr zahlrich besucht war— 
ellvertretende Vorsitzende Herr L. Weil von y 
jeim eroͤffnete die Versammlung und wurde b— 
die Tagesordnung eingetreten. Den ersten