Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
ber St⸗ Zegberter — erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗Vlatt und Mittwochs und Samstags mit
— ——
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iiaracavges se ans welhe de
146. Donnerstag, 26. Juni 1890. 25. Jahrg
Deutsches Reich.
Berlin, 25. Juni. Reich 8t ag. Fortsetzung
er Beratung der Militärvorlage. Deeken
Welfe) halt das Septennat für fortdauernd. For⸗
saungen seien nur zu bewilligen, wenn Gefahr
vorfiege. Grade im Interesse des Friedens liege
ie Ablehnung der Vorlage. Frhr. v. Huene
veht herdor, der Zweck der Windthorst'schen Reso-
ution sei, durch militärische Zukunfisplane hervor⸗
caufene Beunruhigung zu deseitigen; die jetzige
dorlage lDnne aus destehenden Einnahmen gedeal
derden. Die zugeficherte Erhöhung der Zahl der
dispositionsurlauber gelte, wie er annehme, nicht
loß für dieses Jahr, sondern auch für die Zukunft.
die zweijührige Dienstzeit wäre ja sehr erwünscht,
vürde aber dazu führen, daß viele zwei Jahre
ienen müßten, die jetzt nur Reserveübungen mach⸗
en. Reichskanzler v. Cabpribi erklärt, über die
ütojeklte innerhalb der Regierungen könne er üch
icht dußern, solange dieselben nicht abgeschlofsen
cien. Was die Auslegung seiner Aeußerung üder
rie Dispofitionsurlauder anlange, so sei die An-
nahme des Abgeordneten v. Huene zutreffend. Schatz⸗
threlar d. Maltzahn bittet, von der Voriage
ale finanziellen Erwaͤgungen fernzuhalten, da der
Lachweis nicht erbracht sei, daß Deuischland die
inanziellen Lasten der Vorlage nicht tragen könne.
Nund welche neuen Steuern man fordern werde,
oͤnne er noch nicht sagen, weil die Ausgaben für
Ne Alterz⸗ und Invalidenversicherung noch nicht
hersehhar seien. Zur Zeit sei es moͤglich, diefe
lutgahen ohne Mehrbelastung der Einzelstaaten
u deten. Sobald Erwägungen innerhalb der
kegierungen statigefunden, vürde betreffs der
ginanzlage dem Reichstag weitere Mittheilung ge—
nacht werden. Finanziell erhebliche Einnuhmen wie
—X dürften nicht beschränkt werden. Eine
keichs⸗-Cinlommensteuet sei nach der Verfafsung
icht ausgeschlossen, aber zunächst müsse man ver⸗
uhen, die Ausgaben auf dem bisherigen Wege zu
eden. Abg. Bebel kommt auf die Annexion
alch· Lothringens zuruͤck, die zu den Rustungen
und der gegenwaͤrtigen Lage geführt habe. Er
wlmisirt sodann gegen die Zutunftsplane der Re—
ung. Die Abficht, jeden waffenfähigen Mamn
m Dienst heranzugiehen, sei nut hei einer ein
hien Dienstgeit erreichbar · Man müsse ein
gtidenes Nein zu der Vorlage sagen. Der
temini ster erwidert, der Adbgeordnete
9 habe nur mit den unzufriedenen Massen
ung, aber nicht mit der Armee. Einzeine
nnnende Ungerechtigkeiten aufzubauschen und
— sei die Domane der sozialistischen Ab⸗
— —X Zabl der Selbstmorde in der Armee
* n letzten dreizehn Jahren sehr erheblich ge⸗
Elsoß Lothringen werde das Ausfallthor
ued, bleiben. Frankreich würde auch bei
— des Reichslandes seine Armee gleich-
ducheen. Frankreich sei Deutschland um
n —*9— Mann ülberlegen. Man musse unbe⸗
— 88 schaffen. Die Vorlage sei eine Folge
—* chen Wehrgesehßes, welches in rigorosester
ue tgehe. waͤhrend das deutsche Gesetz in
—— wandle. Die Bewilligung der
n —* niemanden für etwanige kunftige
e erungen— Der Wunsch nach zweijͤhriger
vdeee augenblicklich nicht erfüllbar. Frhr.
d euffel erklärt; die Konserbaliden hielten
an fte notwendig und wuͤrden unter Ab
un er Antrage und Resolutionen fur die—
mmen. Abg. Comierowsti (pole)
pricht ebenfalls für die Vorlage und die Resolution
Windthorst. Hierauf wird die Sitzung auf morgen
2 Udhr vertagt.
Ausland.
Paris, 24. Juni. Der „Gil⸗Blas“ ver⸗
iffentlicht ein Telegramm, wonach die Abdankung
es Königs von Griechenlandbeschlossene
Sache sei. Dieselbe werde noch während dessen
jegenwärtiger Reise ins Ausland erfolgen.
Paris, 25. Juni. Der Untersuchungsrichter
rließ gestern die Verfugung zur Einsteülung
des Verfahrens gegen die Russen Demski,
Mendelssohn und Orlow genannt Voigrin, die noch
m Laufe des heutigen Abends in Freiheit gesetzi
verden. Sieben Angellagte werden vor dem Zucht
dolizeigericht erscheinen. Lavesin befindet sich auf
zer Flucht, er wird in contumaciam zur Rechen⸗
cchaft gezogen werden.
Wien, 25. Juni. Ein offizioser Petersburger
Brief der „Politischen Korrespondenz“ bekennt auf-
richtig, die Russen seien über das deutsch⸗
englische Uebereinkommen derftimmt,
veil durch die Abtretung Helgolands an Deuisch⸗
land dieses einen ausgezeichneten Stützpunkt für
den Schutz seiner Kusten gewinne, wahrend für
Rußland ein neues Hindernis für eine etwanige
Ausfahrt seiner Flotte aus der Ostsee geschaffen
werde.
orale und pfalzische Nachrichten.
L. St. Ingbert, 26. Juni. Die Bedurf—⸗
aißfrage nach einr Wasserleitung für unsere
Stadt, gewinnt, wie es den Anschein hat, in der
jffentlichen Meinung allmählig mehr und mehr In⸗
eresse, denn wie in diesem Blatte schon gestern er⸗
vaähnt, sollen morgen, Freitag von Haus zu Haus
chon Erhebungen behufs Fesistellung der Betheilig⸗
ung vorgenommen und den Einwohnern die noͤtigen
lufklarungen über die an sich geringen Kosten der
deitung innerhalb des Hauses und der Kosten des
Wassers pro Monat gegeben werden. Bedenkt man,
daß in St. Ingbert doch eigentlich nur die Lud⸗
vigsstraße, der verhältnismäßig am wenigsten be⸗
vpoͤlkerte Stadttheil ausreichendes und gutes Wasser
jat, und berückfichtigt dabei, welche Annehmlichkeiten
Wafserleilungen überall bieten und daß durch die
Unlage des Wasserwerks in keiner Weise eine Be⸗
astung unserer Steuerzahler eintreten kann, da
weifelsohne das Wasserwerk sogar eine ähnliche
kinnahmequelle wie die Gasanstalt bringen wird,
o steht zu erwarten, daß auch derjenige Theil
inserer Bürgerschaft, welcher in dieser Frage bis
jetzt vielleicht mangels gemachter Erfahrungen fich
his dato abgeneigt zeigte, nunmehr der Sache
zünstiger gestimmt gegenüber steht, damit nicht
dieses schoͤne Unternehmen am Ende gar in Privai⸗
hände ühergeht.
Beabsichtigt ist, das Pumpwerk nicht auf Quel⸗
jen, welche innerhalb des Weichbildes unserer Stadt
zelegen sind zu erbauen, sondern außerhalb der-
selben, damit Verunreinigungen des Wassers, die
durch das unausbleibliche Anwachsen unserer Stadt
bedingt find, ausgeschlossen bleiben, und wie sie bei
Jädtischen Brunnen häufig vorlommen, und ja leider
bei uns in jüngster Zeit sogar eine Typhusepide⸗
mie hervorriefen.
Hoffen wir, daß das Ergebniß der Erhebungen
am morgigen Tage ein recht günstiges werden
möge, damit baldmöglichst der Ausführung der
Acbeiten näher getreten und unserer Bürgerschaft
Gelegenheit gegeben werden kann, sich ebenso wie
anderwärts von den Vortheilen, Annehmlichkeiten
und Wohlihaten einer derartigen Einrichtung zu
ͤWerzeugen.
*St. Ingbert, 26. Juni. In der geltrigen
S3chöffengerichtssitzung fungirien als
Schöffen die Herren Karl Ühl, Kaufmann hier, und
Beorg Hary, Ackerer in Ommersheim. Zur Ver—
jandlung gelangen nacherwähnte Sachen: 1. Das
Bergehen des Diebstahls bezw. der Hehlerei liegt
jur Last dem Fabrikarbeiter Älb. Scha., 23 J. a.
zebürtig aus Saarburg und Maurer Joh. Wer,
21. J. a., aus Neunkirchen (Amtsgericht Wolfssteim).
Der Eillere hatte am Abend des 16. Februar dem
Wirte Joh. Kraus hier ein Kistchen mit 100
Zigarten aus einem Wandschrank entwendet, von
denen auch der Letztere später bekam. Scha. in
jeständig und wird mit 83 Tagen Gefängnis und
en Kosten bestraft, dagegen We. freigesprochen, da
nicht genügend dargethan, ob er wußte, daß die
Zigarren gefiohlen seien. — 2) Gegen die folgen⸗
en Angeklagten lautet die Beschuldigung auf Haus⸗
riedensbruch, und theilweise Korperverletzung und
Zedrohung; die Angeklagten sind der Nageischmied
hak. Mo. 21 J. a., Tagner Nik. Bi. 18 3. a.
Zchuhmacher Fror. Schw. 22 J. a., Schlosser
Irch. Re., 18 J. a. Bergmann Alb. Ge. 2743.
d., Bergmann Joh. Ad. 19 J. a. und Diensi⸗
necht Joh. We. 18 J. a. sämtuch mit Ausnahme
des aus Neuhäusel stammenden Froͤr. Schw. aus
St. Ingbert. Am Abend des 9. Februar kamen
die drei erstgenannten, eitwas nach ihnen auch die
übrigen Angeklagten, zum theil in nicht weniger
als anziehenden Maskeraden, in die Wirtschaft des
Hotel Stutzmann. Der Wirt forderte erst die Mas-
tirten und dann alle die Genannten auf, das Lo⸗
al zu verlassen, es entspann fich ein Streit, wobei
der Wirt von dem Angeklagten Bi. einen Fußtritt
exhielt und mit Todtschlag bedroht wurde. Zwei
mwesende hiesige Bäckermeister verwiesen den Burschen
hr Benehmen, wofür letztere dieselben auf der Straße
mit Steinwürfen überfielen. In dem Handgemenge
machte Mo. von einem Zaunpfahl uͤnd Re. von
zinem Säbel thätlichen Gedrauch. Wegen Haus—
jriedensbruch und Koͤrperverletzung erhaält Jot. Mo.
lMonat 8 Tage, Hrch. Re unter Einrechnung
einer am 11. dse. Mis. erkannten Strafe 5 Monat⸗
(abzüglich 28 verbüßte Tage) wegen Haus friedens⸗
druch und Bedrohung N. Bi. 2 Monaie, die Anderen nur
vegen Hausfriedensbruchs je eine Woche Gefäng⸗
ais bei gemeinsamer Tragung der Kosten; der
gegen Re. erlassene Haftbefehl wird aufrecht erhal-
en. 3.) Trotz hartnäckigen Leugnens wir die 19-
Ahrige Diensimagd Kath. Ru. aus Spiesen des
Diebstahls von 12 Mt. aus der Wohnung des
Bergmanns Gg. Fischer zu St. Ingbert für über⸗
führt erklart. Sie hatte jene Wohnung beireien,
ils nur Kinder zu Hause waren und muß die wie⸗
)erholte Probe ihres Greiftalents mit 3 Monaten
Hefangais und den Kosten büßen. 4) Der Han⸗
delsmann Mch. Me. aus Spiesen, 63 J. a. nahm
aim 4. Nodember vor. Is. aus der Hrch. Schwatz
schen Wirtschaft eine ihm nicht gehdrige Peitsche
mit und behielt fie zu Gebrauch. Es wird in diesem
Fall auf das Strafminimum von 1 Tag Gefäng-
nis sowie Erlegung der Kosten erkannt. 5.) Dem
Metzger Jak. Ruppenthal aus Homburg war an
ꝛinem nicht mehr festzustellenden Tage vorigen
Sommers auf der Fahrt zwischen Rohrbach und
St. Ingbert eine Quantitat Wurst dom Wagen
jestohlen worden. Die Recherchen ermittelten den