Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄt. Jutherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
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M 16. 
Deutsches Reich. 
München, 18. Jan. Candtag.) Der 
lerikale Abg. Keßler beantragt eine Mehrforder⸗ 
ing von 8300,000 M. zwecks Aufhebung der bis⸗ 
erigen fiebenjährrigen Karenzzeit beim Wohnungs- 
eldzuschuß der Beamten. 
Berlin, 18. Jan. Reichstag.) Der 
keichstag beendete heute die zweite Etatsberathung, 
inter Annahme des Etatsgesetzes, wobei Bennigsen 
83 als Aufgabe des nächsten Reichstages betonte, 
u prüfen, ob die großen Ausgaben nicht auf den 
identlichen Etat zu übernehmen feien. Frhr. v. 
Zzuene begründet dann seinen Antrag betreffend 
ie Wehrpflicht der Geistlichen. v. Kleist⸗ 
setzo w erklärt, es bestehe kein Bedürfniß für die 
zrotestantischen Theologen, von der Heerpflicht ent- 
zunden zu werden. Eneccerus nennt den 
Antrag eine Beeintrüchtigung der allgemeinen Wehr⸗ 
flich. Der Militärdienst sei eine Schule des 
harokters, der man den Geistlichen nicht entziehen 
ürfe, was sie auch selbst nicht wünschten. Nobbe 
jat nichts gegen die Beschränkung des Antrages 
nuf die katholischen Geistlichen einzuwenden. Schließ⸗ 
ich wurde der Antrag Huene mit 121 gegen 
39 Stimmen abgelehnt, dagegen die Anträge auf 
lenderung der Wehrpflicht für die katholischen 
Theologen nach v. Kleist Retzows und v. Kardorffs 
lusführungen angenommen. Der Antrag Windt⸗ 
jorst auf Aufhebung des Expatriirungsgesetzes wird 
juch in dritter Lesung angenommen. Bei dritter 
desung des Antrages Windthorst betreffend Siche r⸗ 
ing der Cuhte in den deutschen Schutzgebieten 
prechen Kulemann und Struckmann dagegen, während 
Ztoͤcker den Gegenantrag befürwortet, die gleich⸗ 
eitige Wirksamkeit verschiedener confessioneller 
MNissionare in denselben Bezirken zu verhüten. Beide 
Unträge werden schließlich abgelehnt. Bei der 
A 
Zzefähigungsnachweis stellt sich die Be⸗ 
chlußunfähigkeit des Hauses heraus und die Sitzung 
vird deshalb geschlossen, Nächste Sitzung Montag 
2 Uhr; zweite Lesung der Dampfervorlage und 
sest der heutigen Tagesordnung. 
Berlin, 18. Jan. Die Budgeikommission 
»es Reichstages nahm die ostafrikanische 
dampfervorlage mit der Bestimmung an, 
aß ein niederländischer oder belgischer Hafen von 
en Schiffen anzulaufen sei, und daß bei einem 
indauernd höheren Gewinn der Reichszuschuß er⸗ 
tzigt bezw. der Schiffsgesellschaft höhere Leistungen 
uferlegt werden sollen. 
Ausland. 
London, 18. Jan. Der „Staatsanzeiger“ 
ꝛeroffentlicht Aktenstücke zum portugiesischen Streit, 
veiche zeigen, daß Lord Salisbury Portugal nicht 
llein zur Nachgiebigkeit zwang, sondern obendrein 
urch die Anzweiflung des Wortes des Ministers 
es Aeußern in einer in der diplomatischen Ge⸗ 
hichte unerhörten Weise dem ütigte. Nachdem 
Salisbury vom englischen Vizekonsul in Mozam⸗ 
ique aus Seipa Pintos Munde gehoͤrt hatte, daß 
ie Erpedition am Schire zurüchgeblieben sei und 
datunga befestigte, also nicht nach Inhambane zu— 
ücdgekehrt sei, wie Barros Gomes behauptete, 
andte er an den Gesandten Petre das Ultimatum 
nit folgenden Worten: „Ich ersuche Sie, 
zarros Gomes zu bemecken, daß die von England 
rheischte Garantie in dem Erlaß eines Befehles 
m den Gouverneur von Mozamb' que bestehe, clle 
‚ottugiesischen Truppen vom Schire und dem Ma—⸗ 
ololo · Lande zurückzuziehen. Sie werden seiner Ex⸗ 
Montag, 20. Januar 1890. 25. Jahrg. 
rellenz zu sofortiger Absendung einer Depesche in 
niesem Sinne drängen und bitten, daß Ihnen Ab⸗ 
hrift davon gezeigt werde. Falls dies nicht ge⸗ 
chieht, betrachtet England Portugals Verficherungen 
ils islusorisch“. Darauf erfolgte die Uebergabe des 
Utimatums und das Nachgeben mit dem Rechts⸗ 
porbehalt und Berufung auf Artikel 12 der Kongo- 
Akte. „Daily News“ verurtheilt in einem Leit⸗ 
irtikel die Rücksichtlosigkeit gegen eine kleine Macht 
velche schon bereit war, nachzugeben. Salisbury 
sabe zu einer Drohung unnöthigerweise eine Be⸗ 
chimpfung gefügt, indem er Zweifel an Barros 
ßomes Wort ausdrückte. Solche Herausforderungen 
eien weder anständig, noch weise; sie führten 
rüher zu Duellen und könnten jetzt noch Kriege 
eranlassen. 
Bruffel, 18. Jan. Die Regierung hat in den 
Abtheilungen der Repräsentantenkammer erklärt, fie 
jabe mit der deutschen Regierung eine Vereinba⸗ 
ung über die Theilung des bisher neutralen Ge⸗ 
zietes von Moresnet geschlossen. 
Paris, 18. Jan. Der gestrigen Entrüstungs⸗ 
‚ersammlnng der hier ansässigen Portugiesen wohn⸗ 
en etwa 300 Personen bei. Auch einige Spanier 
ind Italiener, darunter der alte spanische Aufwieg- 
er Ruiz Zorilla, und Ciprani, der ita⸗ 
ienische Revolutionär, waren zugegen. Die portu⸗ 
ziefischen Redner griffen England heftig an, lobten 
ie Haltung Frankreichs. Zorilla berührte die Ge⸗ 
neinsamkeit der portugiesischen und spanischen In⸗ 
eressen und meinte, die Gründung der Repuplik 
vurde zu einer Vereinigung der heiden iberischen 
Ztaaten führen, die dann stark genug seien, um 
en Angriffen von Außen widerstehen zu koöͤnnen. 
luch erging sich Zorilla in Lobsprüchen auf 
zrankreich und erklärte, mit dem Tage, da Frank 
eich nicht mehr seine Rolle in der Welt spiele, sei 
z um die Freiheit geschehen. Er empfiehlt daher 
einen Landsleuten, Frankreich treu zu lieben, es 
u unterstützen und unter seinen Fahnen zu käm—⸗ 
ffen. Ueber die republikanische Bewegung in Spa⸗ 
aien sprach Zorilla mit größter Zurückhaltung, 
vohl mit Rucksicht auf die franzoͤsische Regierung. 
die Versammlung nahm schließlich folgende Tages⸗ 
rdnung an: „Die in Paris wohnenden Portu—⸗ 
iesen geben ihrer gerechten Entrüstung über das 
gorgehen Englangs Ausdruck, fie erheben dagegen 
Finspruch und erklären sich einverstanden mit allen 
tundgebungen, die in Portugal veranstaltet werden; 
ie danken der franzoöͤfischen Presse für ihre Sym- 
zathie, welche dieselbe ihnen in diesen schmerzlichen 
Tagen erwiesen hat.“ 
Lissabon, 18. Jan. Die Lage des Königs 
Farhos, sowie des neuen Ministerinums Serpa 
Bimentel ist überaus schwierig. Der Minister⸗ 
zräsident, welcher nicht die Kammermehrheit für 
ich hat, schlägt ein Kaemmerauflösung vor. 
Der König fürchtet jedoch eine starke Zunahme 
)er republikanischen Abgeordneten durch die Neu⸗ 
vahlen. In den Städten Lissabon, Oporto und 
Foimbra sind die Republikaner bereits derart vor⸗ 
jerrschend, daß die Monarchisten kaum Kandidaten 
ür den Wahlkampf finden dürften. Eine Zunahm⸗ 
er republilanischen Bewegung im ganzen Land 
ann nicht geläugnet werden. Gestern trafen hier 
Abgeordneten der Vereine zu Madrid, Barcelona und 
Zaragossa ein, um eine Bewegung zur Gründung 
iner iberischen Repablilk eimuleiten. 
AI 
zukunft geäußert. 
Rom, 18. Jan. Der seit dem 285. Nobd. 
1888 hier beglaubigte französische Botschafter Ma⸗ 
riani ist infolge eines Ruckfalles der Bronchitis 
seute Mittag gestorben. Mariani, ein naher Ver⸗ 
vandter Floquets, war von 1882 bis 1888 Ver⸗ 
zreter der franzöfischen Republik in München. 
Turin, 18. Jan. Abnig Humbert iraf Nach⸗ 
nittags hier ein und begab sich sofort ins Palais 
um Besuche seines schwer erlrankten Bruders, des 
Zerzogs Aosta. Derselbe gerieth bei Ankunft des 
königs in Bewegung. Die Prinzesfinen Chothilde 
und Laͤtitia, der Herzog von Genua und die Söhne 
des Kranken wohnten der ergreifenden Begegnung 
der beiden Brüder bei. 
Turin, 18. Jan. Der Herzog von Aosta 
heute Abend 7 Uhr im Alter von 44 Jahren 
Aarken. 
o e und pche 8achre cqhten. 
*St. Ingbert, 20. Jan. Wie bekannt, 
war auf gestern Nachmittag 83 Uhr eine General⸗ 
bdersammlung des Landwehrvereins angesezzt. 
Der Vorstand Herr Peters eroͤffnete dieselbe, worauf 
der Rechner Herr Schwarz über die Zeit von Sep⸗ 
tember bis jezt Rechnung vorlegte. Diese schließt 
ab mit 225 Mk. 91 Pfg. Einnahmen und 215 
Mk. Ausgaben, sodaß die Kasse 10 Mk. 91 Pfg. 
enthält. In der genannten Zrit hat der Verein 
seine Schuld um 132 Mk. vermindert, sodaß er 
hald schuldenfrei sein wird. Von der Abhaltung 
ines Balles nahm die Generalversammlung Abstand, 
zafür soll am 9. Februar eine Unterhaltung mit 
aachfogendem Tanz stattfinden. Zur Neuaufnahme 
Jatten sich 10 junge Leute gemeldet, welche alle 
nufgenommen wurden. Zuletzt schritt die General⸗ 
»ersammlung zur Neuwahl des Ausschusses, aus 
velcher hervorgingen die Herren: J. Peiters, Ftz. 
Woll, J. J. Heinrich, A. Betz, P. Groß, P. J. 
Schwarz, Hrch. Pflug, F. J. Koch, Hrch. Stief, 
. Kaiser und Gg. Schmelzer. Außerdem wurden 
noch 8 Ersatzleute gewählt. 
* Eine Prügelei zwischen einen Gerber 
einerseits und einem Schmelzarbeiter und einem 
Berber anderseits spielte sich letzte Nacht in der 
Blieskasteler Straße hier ab. Dabei versetzte der 
Erstere den Andern mit einem Prügel von respek⸗ 
abler Dicke und Länge nicht ungefährliche Hiebe. 
Die Sache wird ihr Nachspiel wohl im Gerichtssaal 
änden. 
Die Influenza grassirt hier noch immer 
sehr stark. Wegen Fehlens vieler Arbeiter infolge 
der Epidemie mußte im Eisenwerk am Samstag der 
Betrieb theilweise eingestellt werden. Die für heute 
estimmte Narrenfitzung im Vereine „Gemütlichkeit“ 
purde wegen Erkrankung vieler Mitglieder auf 8 
Tage verschoben. 
* St. In gbert, 20. Jan Die gestern im 
Dorst'schen Saale stattgehabte sozialdemokratische 
Wahlbersammlung hatte den Saal vollständig ge— 
füllt, doch befanden sich auch diesmal unter den 
Anwesenden Viele, welche die Neugier dahin geführt 
hatte. Der Einberufer Hr. Hochheim hier eröffnete 
die Versammlung und gab, als das Buüreau ge— 
dildet war, das Wort an Hrn. Keidel aus Pirma— 
sens, welcher an Stelle des erkrankten Reichstags— 
kandidaten Hrn. Mayer über die „Reichstagswahl 
und die Thätigkeit des Reichstags“ referirte. 
Redner beginnt mit dem Hinweis, daß die nächste 
Wahl recht hitzig werde, da fütr 5 Jahre gewählt 
werde. Er wirft einen Rückblick auf die letzte 
Wahl, welche, unter dem Gefühle der Kriegsangfl 
zerlaufen, eine gefügige Mehrheit geschaffen 
dabe, welche alle Lasten besonders dite