Full text: St. Ingberter Anzeiger

Rilitärlast auf die Schultern der ärmeren 
selasse abwälzte. Er gibt eine Aufstellung 
der wachsenden Schulden, die namentlich das Sep⸗ 
lenat gebracht habe. Die Erinnerung, daß ja vor 
der letzten Reichsstagsauflösung jeder Mann und 
jeder Groschen bewilligt gewesen, fehlt auch hier 
nicht. Der Kartell Reichstag bewillige der Regier⸗ 
ung jetzt alles, da brauchten wir ja überhaupt 
leine Volksvertreter. Ja, wenn es die Verteidig⸗ 
ung des Vaterlandes gelte, dann würden auch die 
Sozialdemokraten nicht zurückstehen; doch wollten 
fie keinen Erorberungskrieg, wie derjenige von 1870 
nach Sedan einer geworden sei. Redner wolle 
nicht sagen, daß wir die Reichslande an Frankreich 
zurückgeben sollten, aber Elsaßz⸗Lothringen sei der 
Schlüssel zu den heutigen Militärlafsften. Die So— 
zsialdemokraten wollten nur das Volksheer. Hieran 
schließt der Redner eine eiwas verworrene Dar⸗ 
stellung des Wachstums der europäischen, insbe⸗ 
sondere der deutschen Heere. Die Miltarlast werde durch 
die Zoͤlle und indirekten Steuern jetzt den Arbeitern 
aufgebürdet. Er wendet fich gegen die Getreide- 
zoͤlle (welche in Pirmasens das Brod verteuert 
hätten) die Branntweinsteuer und Zuckerexport⸗ 
Prämien. Zum Soziclistengesetz übergehend, sagt 
er. daß man schon lange darauf gelauert habe, 
Ausnahmegesetze zu erlassen, bis die Attentate gegen 
Kaiser Wilhelm J. die Gelegenheit dazu geboten 
hätten. Nachher habe auch der Reichstag die Ge— 
lreidezoͤlle aufgestellt. Die Schaffung des Alters⸗ 
und Invalidengesetzes erklärt er als Folge der 
Sozialdemokratie; ohne fie keine Sozialpolitik 
Redner spricht gegen dies Gesetz, sowie nochmals 
gegen die Anwendung des Sozialistengesetzes und 
ferner gegen jede Kolonialpolitik. Als er dann 
auch seine Ansichten über Religion, Ehe und Fa⸗ 
milie entwickeln will, errklärt ihm der die Ver⸗ 
sammlung überwachende Herr Bezirksamtsassessor 
Kollmar, daß dies nicht zum Thema gehöre; der 
Vorfitzende Hr. Roß bestreitet den Einwand. Doch 
faßte fich Referent kurz und empfiehlt zum Schluß 
die Wahl des Arbeiterkandidaten L. Maher. Zur 
Diskussion meldet sich Niemand. Hr. Roß spricht 
dann in nicht recht klarer Weise über die Folgen 
des Sozialistengesetzes; dasselbe gefährde die Existenz 
der Arbeiter. Nach einer längeren Pause ertheilt 
Hr. Keidel Winke zur Wahlagitation und Hr. Roß 
bdringt ein Resolution in Vorschlag, sich mit den 
Ausführungen des Referenten und der Aufstellung 
des Arbeiterkandidaten einverstanden zu erklären; 
ungefähr die Hälfte der Anwesenden heben zu⸗ 
stimmend die Hände. Daß dieselben aber Alle 
Sozialdemokraten seien, darf bezweifelt werden. 
Der Vorfitzende brachte noch ein Hoch auf den 
standidaten aus und schloß dann die Versammlung 
— Zweibrücken. Für den Reichssstags 
wahlbezirk Zweibrücken⸗Pirmasen? 
muß, wie die „Zw. Zig.“ berichtet, für die dedor⸗ 
dehende Reichstagswahl mit der nunmehr sicheren 
Thatsache gerechnet werden, daß nuser bisheriget 
Abgeordneter, Herr OStar Krämer von St. 
Ingbert, aus dringenden persönlichen und geschäftlichen 
Bründen ein neues Mandat nicht mehr annehmen 
in können erklärt hat. Die Verhandlungen über 
die Aufstellung eines anderen geeigneten Reichs— 
agskandidaten der nationalliberalen Partei find im 
kinvernehmen mit dem genannten Herrn Abge-; 
»xdneten von Seiten der Parteileitung der beiden 
Bezirke Zweibrücken und Pirmasens inzwischen 
jepflogen worden und wird der zu machende Vor ⸗ 
chlag auch im Laufe dieser Woche den zu be— 
ufenden Vertrauensmänner-Versammlungen unter⸗ 
reitet. 
— In Bruchmäühlbach feierte am Samstag 
kaver Carius, k. Straßenwart der Kaiserstraße 
Station Bruchmühlbach, sein 48jähriges Dienst⸗ 
zubiläum in noch ziemlicher Rüstigkeit auf ein und 
erselben Station. 
— Aus der Pfalz. In Folge einer durch 
zas kgl. Kultusministerium gemachten Erhebung ist 
iner Anzahl von pfälzischen Lehrern und Lehrer⸗ 
nne auferlegt, sich der Anstellungsprüfung der 
Schuldienstexrspektanten bzw. auch der Seminaraus- 
trittsprüfung zu unterziehen. Die Betroffenen sfind 
Ausländer, die zum Theil in Folge des Stellen- 
nangels in der Pfalz Verwendung fanden, oder 
auch Lehrer und Lehrerinnen an höheren Töchter⸗ 
chulen u. s. w., die bis jetzt der Prüufungs⸗ bezw 
Zeugnißpflicht fur Bayern noch nicht nachgekommen 
ind. Es ist für die Einzelnen wohl nicht leicht, 
da sie meist über das übliche Prüfungsalter längfl 
hinaus sind, noch einmal schulmäßig die gnaze 
ange Reihe der in der Prüfung geforderten Fächer 
zu absolvieren. Aber die Staatsregierung begehl 
zomit einen Akt der Gerechtigkeit gegen ihre ein« 
heimischen Lehrer, indem fie deren Prüfung gegen⸗ 
iber dem sog. „Rektoratsexamen“, allerhand Sprach⸗ 
prüfungen u. s. w. hochstellt und vielleicht eine 
bisher nicht immer angenehm empfundene Konkurrenz 
rschwert. 
Akademie in Münster) find 29 007 Studenten imma« 
trikulirt gegen 28 929 im entsprechenden Winter⸗ 
emester des vorigen Jahres. 
Neueste Nachrichten. 
Neunkirchen, 20. Jan. Gestern fand in 
Fischdach a. d. N. eine von mehr als 50 Personen 
esuchte Versammlnng des früheren Wahlkomites der 
freilonserbativen und nationalliberalen Pariei statt, 
welche einstimmig die Aufstellung unseres gegen⸗ 
waͤrtigen Reichstagsabgeordneten, des Herrn Frei⸗ 
herrn von Stumm als Kandidaten für die 
Reichstagswahl beschloß. 
Berlin, 19. Jan. Der Schluß det 
Reichstags dürfte spätestens am 25. d. M 
— 9— 
In dem Befinden des Frhrn. d. Francken— 
tein ist der „Germania“ zufolge eine Verschlimme. 
rung eingetreten. 
Brüssel, 19. Jan. Die Gendarmerie zer— 
prengte 500 mit Hacken bewaffnete Berg 
eute, welche in drohendet Haltung gegen da— 
Bergwerk bei Montigny zogen. Zahlreiche Truppen⸗ 
teile find in Charleroi eingetroffen. 
RNom, 19. Jan. Der Papst hat der Her— 
zoginvon Aosta telegraphisch sein Beileid an⸗ 
anläßlich des Ablebens des Herzogs ausgesprochen. 
Der Koͤnig dußerte dem Bürgermeister und dem 
Präfekten von Turin gegenüber, er habe in dem 
derzog von Aosta seine treueste und stärkste Stütze, 
inen sicheren ihm ergebenen Ratgeber verloren, bor 
jem sein Herz keine Geheimnisse hatte. Die Muni⸗ 
ipalitäten von Rmm und Turin veröffentlichen 
Trauermanifeste. — Der Kronprinz hat sich 
jestern Abend in Palermo an Bord der „Acabia“ 
ingeschifft. 
Sanfibar, 19. Jan. Das Befinden Emir 
ßaschas hat fich etwas gebessert. — Der Sultan 
jat der Regierung des Congostaates die An— 
verbung von 1200 sansibaritischen Arbeitern ge⸗ 
tattet. — Das Kabel zwischen Mombassa und 
Sanfibar ist nunmehr fertig und wird die direkt 
elegraphische Verbindung mit Europa! heute eröffnet. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X Demetz 
Wie bereus gemelder in am 17. 7 M. In Stmigar 
zer als Dichter weit über die Grenzen Deutschlands hinau 
oekannte Prälat Dr. K. v. Gerok gestorben. Wohl die 
letzte dichterische Leistung desselben dürfte das Gedicht au 
die verstorbene Kaiserin Augusta sein, welches die neuest 
Nummer von „Ueber Land und Meer“ (herausgegeben 
von Prof. Jos. Kirschner, redigirt von O. Baisch, Stuftgar 
Deutsche Verlags⸗Anstalt) veröffentlich. 
Es wird unsere Leser gewiß freuen, dieses stimmungs⸗ 
volle Poem kennen zu lernen, und drucken wir es daher 
im heutigen Unterhaltungsblatt mit Erlaubnis der Redaktio⸗ 
des genannten Blattes ab. 
Vermischtes. 
F Von den Hochschulen. Der Besuch 
der deutschen Universitäten hat im laufenden Winter— 
emester nur eine Steigerung von 0,28 pCt. er⸗ 
ahren. Auf den 21 Universitäten (eipnschließlich der 
—— 70000 2 35. 
Geschäfts-Eröffnung und Empfehlung. 
Hiermit zeige ich ergebenst an, daß ich die 
Gastwirthschaff. 
welche Herr Ludwig Jochum bisher betrieben hat, übernommen 
habe und mit dem heutigen Tage eroffne. 
Mein Bestreben wird es sein, durch gute Speisen und Ge⸗ 
tranke, sowie durch freundliche Bedienung das Wohlwollen meiner 
werthen Gaste zu erwerben. 
Die Lolalitäten sind einer gründlichen Erneuerung unterzogen 
worden. 
Hochachtungsvollst! 
Heinrich Rau. 
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