Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Austunft ertheilt, Ib d, Neklamen 80 7 Bei 4maliger Cinruckung wird nur dreimalige berechnet. 
V184. Samstag, 9. August 1890. 22. Jahrg 
Das deutsche Helgoland! 
zur Stunde hat sich der feierliche Uebergang 
ar Insel Helgoland aus dem Besitze Englands, 
Aches das wogenumbrauste Felseneiland 82 Jahre 
ndurch sein eigen nannte, in denjenigen des 
uschen Reiches vollzogen und wenn Kaiser Wil- 
im D. auf der Ruüͤckreise von England an die- 
m Sonntag, wie er geplant, an der Küste Helgo- 
uds zu kurzem Aufenthalte landet, so kann der 
lauchte Monarch seinen Fuß hiermit bereits auf 
utsche Erde setzen. Wohl in jedem patriotischen 
ꝛutschen Herzen wird die Kunde, daß Helgolaud 
unmehr in aller Form ein wenn auch noch so 
eines Glied des deutschen Reiches ist, ein freu⸗ 
geß Echo hervorrufen, denn alter deutscher Boden 
hort wieder zum Mutterlande und ein kräftiger, 
tdeuischer Volksstamm ist jetzt in den Helgolän⸗ 
un auch politisch wieder mit unserer Nation ver⸗ 
nigt worden. Genommen ist auf immer von 
em patriotischen Empfinden des deutschen Volks- 
etzens das drückende Bewußtsein, daß ein durch 
id durch deuischer Fleden Erde, wie Helgoland, vor⸗ 
alagert der Mündung eines der machtigsten 
cerluͤndischen Stroͤme, fich in fremden Haͤnden 
efand — stolz flattert seit dem 9. August die 
eutsche Reichsflagge auf den Felsenzinnen Helgo⸗ 
inds und hoffentlich wird fie bis in die ferusten 
—XL 
Aber nicht nur vom nationalen und historischen 
ztanddunkte aus muß die Thatsache, daß Helgo—⸗ 
and nun wieder uns gehoͤrt, in uns Deutschen 
reudige Befriedigung eiwecken, sondern auch in 
neht praktischer Hinsicht, in militärisch⸗strategischer 
zZegiehung. Es gab ja sehr Viele, die meinten, 
az denn dieser winzige, kaum den 50. Theil einer 
uadratmeile repräsentirende Flecd Erde in der 
eiten Nordsee Deutschland in militärischer und 
nategischer Beziehung nützen solle. Aber inzwi⸗ 
hen haben die dem Erweibe Helgolands gewid⸗ 
ieien Ausführungen der Capribi'schen Denkschrift 
atgelegt, daß der Befißz dieses Felseneilandes trotz 
ziner Kleinheit für Deutschland denn doch keines⸗ 
egs unterschätzt werden darf und diese Auffafsung 
von hervorragenden mililitärischen Autoriläten 
wuerdings entschieden unterstützt worden. Es 
unde hierbei darauf hingewiesen, daß der lost 
gitiige und wichtige Nordostseekanal erst durch 
az deutsche Helgoland seine volle Bedeutung ge⸗ 
ynne, daß letzteres ferner im Kriegsfalle der 
euschen Flotte einen trefflichen Stüßpunkt zu 
bitheidigungs zwecken, wie zu Ausfauüen gegen 
indliche Geschwader gewähre und daß schließlich 
uich den deutschen Betitz Helgolands eine feind 
che Blokade der Elbe⸗ und Wesermündung zur 
nmdglichleit werde. Es wird don Seiten des 
eichs alles Nothige geschehen, um Helgoland die 
m immerhin zukommende militärische und strate⸗ 
ische Bedeutung zu verleihen und es zu einem 
oilzpunkt der deuischen Wehrmacht zu machen. 
Aeber die Fragen der künftigen staatsrechtlichen 
telung und der Verwaltung Helgolands wird 
u schon die nächste Zeit Aufschluß bringen. 
erst aber treten fe noch vor der eindrucksbollen 
nsohe zurück, daß jener einsame und uns 
Iusden doch so theuere Felsen inmitten des 
—— der Nordsee jetzt voll und ganz 
shes Cigenthum —IIL 
ur noch der Uebergabe der Insel unser Kaiser 
— Statte betritt, kann die Bedeutung des 
etgabeakltes nur erhöhen. Den Helgolandern 
iber zeigt der Besuch des kaiserlichen Herrn auf 
hrem Eilande, welches warme Interesse der er⸗ 
auchte Monarch dem neuen deutschen Befitzthum 
ind seinen Bewohnern widmet und in diesem 
Uerhöchsten Interesse liegt für die Helgoländer 
ine gewichtige Bürgschaft, daß sie auch unter den 
jittigen des mächtigen deutschen Aars gut wohnen 
verden. 
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Deutsches Reich. 
München, 8. Aug. Burghausen ver⸗ 
iert demnächst seinee Garnison, weil es an 
einer Eisenbahnroute liegt und hierdurch rasche 
NRobilifierung unmöglich würde. Als Ersatz für 
„ie Garnison soll dortselbt die für die bayerische 
Armee unabweislich notwendige Unteroffiziers⸗ 
chule errichtet werden. 
Mäünchen, 8. Aug. Die bayerische 
LÄrtillerie zählt vom 1. Okt. 1890 ab an 
reld⸗Artillerie 48 Batterien, darunter 6 reitende. 
zm Kriegsfall rückt also die bayerische Armee ohne 
deuformation auf den ersten Befehl hin mit 288 
Zeschützen aus; eine stattliche Zahl, wie sie früher 
aum die großen Armeen der Napoleonischen Aera 
rreichten. Noch im Jahre 1866 betrug das 
ayerische Bundeskontingent 72 Geschütze und 
1870 rückte die bayerische Armee mit 192 Ge⸗ 
chützen nach Fronkreich. 
Darmstadt, 8. Aug. Die Abordnung, welche 
sem Fürsten Bismarcd den Ehrenbürger⸗ 
drisef überreichen soll, bestehend aus den Stadt- 
erordneten Bergsträßer, Schmeel und Osana, wird 
norgen vom Fürften in Kissingen empfangen wer⸗ 
zen. Sie ist zur Tafel geladen. 
Heiligendamm, 8. Aug. Die Kaiserin 
st nachmitiags hier eingetroffen und von dem 
ahlreich anwesenden Publikum aufs Herzlichste be⸗ 
rüßt worden. 
Berlin, 8. Aug. Der Aufenthalt Kaiser 
WBilhelms auf der Insel Helgoland am 
Sonntag wird nach den bisherigen Besiimmungen 
uur zwei Stunden dauern. Der Kaiser wird im 
zisherigen Gouvernementsgebäude absteigen und dort 
ine Abordnung der eingeborenen Bevoölkerung em⸗ 
jffangen. Bei der Uebergabe wird das ganze Ma⸗ 
dvergeschwader zugegen sein und das 2. Seeba⸗ 
aillon ausgeschifft werden. Leßzteres wird an Bord 
»es Mars“ übergeführt. — Dem Kaiser Wilhelm 
vird bei seiner Ankunft eine Ergebenheitsschrift 
ibergeben; 16 junge Helgoländerinnen in alter 
Nationaltracht werden ihm eine Blumenspende in 
elgolandischen Farben, grün⸗weiß⸗roth, überreichen. 
— Mitiels Anschlags wird in Beireff der Huldig- 
ingsschrift der Helgolaͤnder an die Koͤnigin Victoria 
on England aus einer Depesche des Stagtesekre⸗ 
ars der Kolonien bekannt gemacht: der Staats⸗ 
ekretär habe die Schrift der Koͤnigin vorgelegt; 
iese habe dieselbe mit vielem Vergnügen entgegen⸗ 
enommen. Die Konigin erlenne mit Genugthuung 
zie Loyalitäät der Bewohner Helgolands an und 
vünsche ihnen aufrichtigst die Fortdauer ihres Wohl⸗ 
rgehens und ihrer Zufriedenheit. Sie sei überzeugt, 
aß von Seiner Majestät dem Kaiser alles ge⸗ 
cheben werde, dieselbe zu erhalten. 
Auslanud. 
Cowes, 8. Aug. Gestern fand große Hof⸗ 
afel statt, zu welcher der österreichische Botschafter 
ind die Offiziere des österreichischen Geschwaders 
jezogen waren. — Kaiser Wilhelm hatte 
me länger Unterredung mit Lord Salisbury. 
— Die Abfahrt ist auf heute Abend 10 Uhr fest⸗ 
gesetzt. — Kaiser Wilhelm fuhr vormittags mit 
eine Dampfpinasse von Osborne zur Irene“ 
uind „Hohenzollern.“ Er wird 792 Uhr Abschied 
yon der Königin Victoria nehmen, mit dem Prinzen 
»on Wales an Bord der „Osborne“ speisen und 
paͤter auf der Hohenzollern“ abreisen. 
Paris, 8. Aug. Die Andeutung der Mög- 
ichkeit, daß Kaiser Wilhelm Frankreich 
defuchen koͤnnte, wird hier trotz der Zurückhalt⸗ 
ing der Presse lebhaft besprochen. Diesem Interesse 
entspringt wohl auch folgende an sich inhaltlose 
Mitteilung, die „Siecle“ heute veroffentlicht: „Er⸗ 
undigungen, die wir aus bester Quelle (de grande 
zutoxité) schopfen, gestatten uns, die Nachricht der 
Indéͤpen dance Belge“ zu bestätigen, daß es der 
ebhafte Wunsch des deutschen Kaisers sei, Frank⸗ 
zeich zu besuchen, sobald er glaubt, daß die 
iffentliche Meinung auf dieses Ereignis vorbe⸗ 
ceitet ist.“ 
Petersburg, 8. Aug. Der Großberzog 
zon Hessen ist gestern Abend in Peterhof ein⸗ 
setroffen und vom Kaiser, sowie von andern 
Nitgliederen des kaiserlichen Hauses am Bahnhofe 
mpfangen worden. 
2c. Lle und pfalzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 9. Aug. Wir koönnen 
msern Lesern die erfreuliche Mittheilung machen, 
aß auch ab hier die früher bezeichnete Fahrt ar⸗ 
»rmäßigung für 10. und 11. August für aller 
Zesucher des Saͤngerfestes in Neustadt genehmigt 
purde, falls dieselben an hiesiger Station eine 
donzerttarte à 1 Mk. 1osen. Der Direktion der Pfalz. 
Fisenbahnen aber sei für diese entgegenkommende An⸗ 
rdnung an dieser Stelle der gebührende Dank 
uusgesprochen. 
— Das kgl. Landgericht Zweidrücken hat 
estern den Fuhrknecht Johann Mai zu 1 Jahr 
Zefängniß verurtheilt, weil er am Abend des 19. 
Nai l. J. den Tod des am 20. Mai verstorbenen 
zartners Joseph Krämer, sowie die Koͤrper⸗ 
erletzung der Ehefrau des Genannten, Sophie, 
jeb. Kaul, und des Vaters des Genannten, des 
härtners Johannes Krämer don Blieskastel, dver⸗ 
irsachte, und zwar dadurch, daß er mit seinem 
nit 2 Pferden bespannten Wagen übermäßig 
chnell fuhr, den Wagen nicht beleuchtet hatie und 
o die auf der Straßze von Blieskastel nach Lauß⸗ 
irchen herlommenden drei Personen mit seinen 
ruhrwerke durch Ueberfahren koͤrperlich verletzte, 
jen Joseph Kträmer derart, daß derselbe infolge 
er erlittenen Verletzungen verstarb. Nach Verkün— 
igung des Urtheils leiftete der Verurtheilte Ver⸗ 
icht auf etwaige Revision und trat seine Strafe 
ogleich an. —V 
— Die Abgangsprüfung an der Waldbau- 
chule zu Tripstadi ist nun vorüber und haben 
ille vier Pruflinge bestanden. Einer erhielt die 
zauptnote L., zwei erhalten Il. und einer III. Die 
)rüflinge wurden angewiesen, sofort die nöthigen 
Schritte behufs Nbleistung ihrer Militärpflicht zu 
hun. Der Aufnahmeprüfung unterzogen sich 15 
unge Leute. Von diesen hatten einige wegen Nicht- 
rfüllung aller Vorbedingungen Dispens erhalten. 
— Pixrmasens, 8. Aug. Gestern ver⸗ 
inglüchte auf dem Horeb eine 70jährige Frau 
n höchst bedauerlicher Weise Dieselbe wollte vor 
hrem Hause Wasser ausleeren, glitt aus und fiel 
iber die 5 Stufen zählende Treppe auf die 
ztraße hinab, wobei fie sich ein Bein ausrenkte.