Full text: St. Ingberter Anzeiger

Lokale und pfaälziiche Nachrichten. 
*St. Ingbert, 16. Aug. Zu dem Jahres⸗ 
jest des Hüttenvereins ist unsere Stadt unge— 
nein reich beflaggt. Schon früh vereinigten sich die 
Bereinsmitglieder auf dem Eisenwerke zum ge— 
chlossenen Zug, welcher unier Vorantritt der Musil 
nach den Wohnungen des Herren Kommerzienrat 
Ostkar Krämer, des Herrn Direktor Gladde und des 
Herren Heinrich Kramer zog. Diesen Herren wurde 
ine Morgenmufik dargebracht, und der 1. Vorstand 
des Hüttenvereins Herr Kircher hielt jeweils eine 
Ansprache, wofür die also Geehrten ihren freundlichsten 
Dank aussprachen. Auch haben dieselben dem Ver⸗ 
eine beträchtliche Geldspenden zugewandt. Nach der 
genannten, alle Theilnehmer ehrenden Feier begab 
sich der große Zug durch die Stadt nach beiden 
hristlichen Kirchen. in welchen Gottesdienst statt⸗ 
fand. — Heute Nachmittag wird das Waldfest im 
dautzenthälchen abgehalten. 
* St. Ingbert, 16. Aug. Die gestern 
Nachmittag in den Saal des Cafe Becker dahier 
einberufene Arbeiterversammlung war 
uußerst zahlreich besucht; an tausend Personen 
waren zugegen. Herr Pfarrer Zimmier eröffnete die 
Versammlung mit Willkommensworten und stellte 
den Redner Herrn Kaplan Dasbach aus Trier vor. 
Dieser ergriff dann das Wort zu einem laängeren 
eingehenden Vortrage über „die Stellung der 
Sozialdemokratie zur Arbeiterfrage und zur Religion.“ 
herr Dasbach kam zuerst auf den Zwiespalt in der 
sozialdemokratischen Partei, welcher beweise, daß 
in derselben nicht einmal Uebereinstimmung über 
die Grundlagen ihrer Organisation herrsche, viel 
weniger noch über die Grundlagen zur Gründung 
einer neuen Gesellschaftserduung. An der Hand 
einer Broschüre des Sozialdemokraten Stern führte 
der Herr Redner ein Bild des sozialdemokratischen 
Zukunftsstaates vor, in dem er zeigte, wie die 
Sozialdemokraten sich die Produktionsmethode denken, 
wie dann niemand einen Lohn sondern eine Be— 
scheinigung über die Arbeit und hierfur Gebtauchs⸗ 
zegenstände erhalte. Der fleißige Arbeiter bekomme 
im Zukunftsstaat nicht den Lohn, welchen er ver⸗ 
diene. Es ist nicht Zweck dieser Zeilen, auf die 
mannigfachen Ausführungen einzugehen. Herr Das⸗ 
dach kam zu dem Schluß, daß die Sozialdemo⸗ 
lratie unfähig sei eine neue Gesellschaftsordnung 
aufzubauen, weil sie die drei Grundprinzipien Fa⸗ 
milie, Eigenthum und Glauben an einen persön- 
ichen Gott beseitigen wollen. Sowohl im Verlauf 
zer Rede als nach derselben ertönte im Saale lautes 
Bravorufen. 
Nach Herrn Dasbach meldete sich Herr Meyer 
nus Pirmasens, der bekannte sozialdemokratische 
Agitator, zum Wort. Er suchte die Aufstellungen 
eines Vorredners zu widerlegen und zu entkräften. 
Die anwesenden Sozialdemokraten spendeten ihm 
auch Beifall, doch weckte er oͤfter das Lachen und 
Entrüstung der Mitglieder der Zentrumspartei. 
derr Kaplan Dasdach sah sich zu einer Entgegnung 
deranlaßt, sodaß die Versammlung sich bis 8 Uhr 
Abends, also auf vier Stunden ausdehnte. Weitere 
ozialdemokratische Redner, Herr Ehrhardt aus 
Mannheim und der Gründer des ArbeitereRechts⸗ 
schutzvereins Herr Roll aus St. Johann wollten 
noch sprechen, doch stimmte man jertzt all—⸗ 
gemein für Schluß. Herr Ehrhardt erklarte, daß 
er Herrn Daësbach zu einer neuen Versammlung 
einladen werde. Herr Pfarrer Zimmer schloß sodann 
die Versammlung, indem er auf Herrn Kaplan 
Dasbach ein Hoch ausbrachte. 
*St. Ingbert, 16. Aug. Der Land⸗ 
wehrverein hält morgen Nachmittag im 
Kastel'jchen Garten ein Gartenfest ab, zu 
welchem auch Nichtmitglieder Zutritt haben. Die 
Musik wird hierbei durch die hiefige Berglapelle 
ausgeführt, deren Tüchtigkeit ja bekannt ist, sodaß 
der Besuch der Festlichkeit nur zu empfehlen ist. 
Z St. Ingbert, 16. Aug. Die seltene 
Feier der goldenen Hochzeit begehen nächsten 
Montag die in der Kohlenstraße wohnenden Ehe⸗ 
leute Ludwig Simon, 78 Jahre alt, und 
Margaretha Simon, geb. Würtz, 70 Jahre 
alt. Da die beiden Jubilare in dürftigen Ver⸗ 
hältnissen leben, dürfte Mancher diese Gelegenheit 
wahrnehmen, um dem Paare eine Gabe zukommen 
zu lassen. 
x*St. In gbert, 16. Aug. Die Prüfung 
ür den einjährigesreiwilligen Mili— 
ärd ienst findet Montag den 22. September in 
Speyer statt. 
Zweibrücken, 14. Aug. Ein älteres, 
von Homburg stammendes Fräulein Z. machte 
gestern durch Ertränken im Bleicherbache ihrem 
deben ein Ende. Die Leiche wurde heute Morgen 
jeländet. Die That geschah wahrscheinlich infolge 
iner Geistesstoͤrung. Mantel und Hut wurden an 
ver Hoffmannschen Badeanstalt gefunden. (3) 
— Zweibrücken, 16. Aug. Das hier 
iegende 2. Bataillon des 18. Jauf.Regts. 
uät morgen Abend 8 Uhr 30 Min. mittelst 
Zonderzuges zu den großen Truppen⸗Uebungen 
rach Unterfranken ab. — Die hiesige ESkadron 
des 5. Chevaulegers⸗-Regiments begibt fich, am 
Mittwoch den 27. August, morgens 7 Uhr, nach 
Zaargemünd zum Regiments-⸗Exerzieren. Am 1. 
Sept. erfolgt der Abmarsch nach Mez mit Marsch⸗ 
icherung. Die Rücktehr in die Garnison Zwei—⸗ 
hzrücken findet am 19. Sept. statt. 
— An der kgl. Hufbeschlagschule in 
Zweibrücken wurde, wie die Zw. Zig.“ 
meldet, am 14. ds. die Prüfung der Schüler des 
4. Kurses abgehalten. Die Prufungskommission 
bestand aus den Herren: Regierungsrath Morhar! 
als Vorsitzender, Bezirksthierarzt Weigand, lgl. 
Ztabsveterinär Krieghbaum und Schmiedemeister 
Weil aus Kusel. Saͤmmtiliche Schüler, welche fich 
der Prufung unterzogen, haben dieselbe bestanden. 
Die Namen der Schüler find folgende: 1) Heinrich 
Fuhrmann⸗Krahenberg, 2) Jakob Gerdon⸗Schweig⸗ 
hofen, 3) Gg. Hellmann⸗Niederhochstadt, Gg. 
dlink. Erdesbach, 5) D. Knerr-Großsteinhausen, 6) 
Peter Lotter⸗Edesheim, 7) Friedrich Morgenthaler⸗ 
Schneckenhausen, 8) W. Rezzer⸗Rhodt, 99 W. 
Wagner⸗Alsenz. 
— Kusel. Diese Woche erscheint als eine 
vabre Unglückswoche; denn schon wieder 
reffen von allen Seiten Hiobsposten ein: Zu 
Theisbergstegen wurden in dem Herrn Braun'schen 
pflastersteinbruche zwei Arbeiter von Felsstücken ge⸗ 
roffen; der Eine, Philipp Bieht von Steinwenden 
st iodi. — Am selben Tage, 12. Augußst, fiel der 
Wagner Bier zu Thallichtenberg von einem Dache 
und blieb todt auf dem Platze. (Pf. Vz.) 
— Kaiserslautern, 15. Aug. Die 
estrige erste Aufführung des Lutherfestspiels 
st, nach der „Pf. Pr.“, zu den hervorragendsten zu 
iennen, welche das Stück bisher erlebt. Die äußere 
LIusstattung ist geradezu verschwenderisch. Die 
gühne ist nicht wieder zu erkennen. Sie ifsf 
vollständig umgebaut und der Orchesterraum, so wie 
die zu beiden Seiten desselden befindliche n Logen 
ind in dieselbe mit hereingezogen. Man sieht, daß 
ine sichere Künstlerhand die Leitung des Ganzen 
ibernommen hat. Das Gleiche gilt von der Kostü⸗ 
nierung, welche von großartiger Pracht ist. Die 
Darstellung selbst, bezw. die Milwirkenden, ver⸗ 
dienen alles Lob. 
— Kaisersla utern, 15. Aug. Fuür die 
dammgarnspinnerei wird gegenwärtig der 
Wasserleitungsstrang von der Pumpstation aus durch 
die Stadt gelegt. Laut Vertrag mit der Stadi 
jat genannte Anstalt diese gesonderte Wafsser- 
uführung Anspruch. Bei den gegenwärtigen Aus⸗ 
zrabungsarbeiten am Stiftsplatz stieß man wieder 
auf Gelaände des ältester Friedhofes 
der Stadt, und werden daher viele Totengerippt 
hlosgelegt. (Pf. V.⸗Ztg. 
— Kaiserslautern, 15. Aug. Mit dem 
Bautag des Deutschen Radfahrer⸗Bundes 
Gauverband Nr. 5 (Mittelrheingau), am Sonntag, 
31. August, in Kaiserslautern, wird 
uuch ein Preiswettfahren (Neustadt a. H.— 
daiserslautern, 33 Km.), sowie nachmittags in 
kaiserslautern ein kleines Straßenrennen verbunden 
sein. 
— Pirmasens. Die seinerzeit auf den 
27. 28. und 29. September festgesetzte Obest⸗ 
Ausstellung mußte wegen eingetretener un⸗ 
orhergesehener Hindernisse auf den 5., 6. und 7. 
Oltober verlegt werden, an welchen Tagen dieselbe 
aun bestimmt stattfindet. 
— Pirmasens, 14. Aug. Aus der heu⸗ 
igen Stadtratssitzung ist u. a. hervorzu⸗ 
jeben: ein Beschluß, wonach in diesem Jahre das 
Sedanfest gefeiert werden soll. Es wurden hier⸗ 
u 1000 Mk. aus städtischen Mitteln bewilligt. 
Dem städt. Einnehmer Leinenweber wurde die Er⸗ 
sjebung der Brandverficherungsbeiträge übertragen. 
der stehende Kessel im Schlachthaus funktioniert 
erartig schlecht, daß derselbe eine sehr große Mengt 
'on Kohlen verschlingt, was bei richtiger Gangart 
aur mit der Hälfte Kohlen zu geschehen hätte. Es 
joll daher ein neuer stehender Kessel angeschafft 
werden, der zu 5500 Mk. veranschlagt is. d 
Kanal in der Kaffeegasse, der durch das lette 3 
wetter beschädigt worden ist, wird beim Neubau 
deutend erweitert; die Koften hierfür wurden in 
Höhe von 5000 Mte. bewilligt. w 
— Pirmastens, 14. Aug. Gestern Abend 
9 Uhr warf der in der Winzlerstraße im 2. . 
eines Hauses wohnende Schuster Chr. — 
21 J. a., seine Schwester Masßdatidß 
23 J. a., zum Fenster hinaus. Die —2 
erlitt äußerlich nur unbedeutende Verletzungen 
fie innerlich verletzt ist, ist zurzeit miht ban 
Die Ursache zu der mörderischen That soll u 
daß den Eltern der beiden ein Gelddetrag 
wendet wurde. Die beiden Geschwister beschuldi r 
fich wechselseitig des Diedstahls und es scheim d 
ob der Bruder sich durch Beseitiguug seiner —2 
einen unliebsamen Zeugen vom Hals schaffen * 
Untersuchung ist en 
— Aus der Pfalz, 14. August. 
Römer unser Land Jahrhunderte iin ihn 
hatten, ist bekannt. Daß sie aber selbst die innerßen 
Teile des Hardtgebirges kolonisfiert haben, beweis 
folgender Fund. Zwischen „Schlicken“.Fischbad 
und Lemberg liegt am Fuße des Braunchberge an 
Ursprung des Fischbaches tief in einer Waldschluch 
der Wolfsjagerhof, oder, wie er auf der Forstlath 
heißt, der Hof Wolfseyen. Dort fand man do 
einiger Zeit in einer Tiefe von 2 Meter zwe 
Mahlsteine aus verschlacktem Niedermendiger Basal 
deren Material der Gegend von Andernach ent— 
stammt. Material und Konstruktion weisen nat 
der „Pf. Pr.“, auf die Romer zeit als Period— 
ihrer Entstehung hin. Einer derselben wurde zet⸗ 
schlagen, den zweiten rettete der Einsender dor 
demselben Schicksal und sandte ihn dem Kreismu— 
seum zu Spehyer zu. Derselbe mißt 37 Centimeir 
im Durchmesser und hat 12 -14 Certimeter Hohe 
in der Mitte ein elligiptisches Loch von 6 und Il 
Centimeter Durchmesser. Im Rand befindet fie 
eine 5 Centimeter tiefe und ebenso breite Höhlun 
zum Einsetzen einer Stange, durch welche diese 
Laufer“ auf dem „Mahler“ in horizontaler Rich 
Richtung einstmals von den römischen Kolonisten 
die im mons Vosagus einsam hausten, in Bewen 
ung gesetzt wurde. 
— Annweiler, 14. Aug. Waldwärter 
Wuünrztz vom Hermersbergerhof hatte das seltent 
Glück, gestern Abend 8 Uhr im Wald des k. Forf 
rebiers Wilgartswiesen einen Hirsch zu erlegen 
Derselbe wiegt uusgeweidet 220 Pfund. (K) 
— Vom Rehbach. Ein mißvber 
standener Scherz. Schreinermeister Hobe 
aus Dingsda erlaubte sich den Scherz, des Nach 
harn Michels Gänserich mit verschiedener Oelfarb 
anzustreichen. Stolz und gravitätisch ob des er 
haltenen Schmuckes schritt das Oberhaupt du 
Fänseheerde mit fast melodiösem Gickgac durd 
seines Besitzers Thor, die anderen Kameraden der 
achtlich zurücklassend. Nachvar Michel aber faßt 
die Sache für Ernst auf und verlangte 10 Mar 
als Schadenersatz unter Abtretung des Gänserich 
an den Schreiner. Wohl oder übel, Meista 
Hobel nahm das Thier an und zahlte. Am da 
rauffolgenden Sonntag fellte der listige Meißte 
den bemalten Vogel zur Ansicht und zum Aus 
kegeln in einer Wirthschaft aus, was dem Unte 
nehmer zum größlen Aerger des Nachbarn Mich— 
zine Einnahme von 40 Mark abwarf. Monta— 
darauf trat dann der Ganserich seine letzte Kei 
zur Braipfanne an. Pf. K.) 
— Wie das „Sp. W.“ meldet, soll am Vor 
abend der zwanzigjahrigen Sedan ⸗Gedenkfeier de 
Siadt Bergzabern dum erften Male elertrist 
beleuchtet werden. 
— Im Gemeinde⸗Torfgebruch zu Rheit 
zabern fand am 13. 1. M. die Verfteigerum 
der Torfausbeute fur 1890 flatt. Viele Gemeinde 
der Umgegend waren vertreten, und flr die zun 
Ausgebot gelangten 516 Ster Torf wurden d 
„L. A.“ zu Folge im Ganzen 1762 Ml. 
Pfg. erlöst. 
— Zudwigshafen. Am 27., 28. 
29. Au'»uft ds. Is. findet dahier der 5. suüddeun 
Delegirtenag der Gastwirthde 
eine statt. gdirss 
— Ludwigshafen, 158, Aug. edn 
Friedrich Lur erhieit auf der Lardwirthscheflli 
Jubiladumsausstellung in Köln fur den don “. 
ausgestellten Professor Brauer'schen Geireid un 
das Ehrendiplom der Ausstellung, v 
bein preußischen Siaat und der Stadt