Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des köͤnigl. Amisgerichts St. Ingbert. 
er „St Ingberter Inzeiger erscheint täglich mit Trnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wochentlich mi Unterhaltungs⸗Blatt und Muttwochts und Samftags mit 
nafirirten Beilagen. as Bloatt koffet dierteljahrlich 1A G60 4 einjchließih Tragerlohn; durch die Poß bezogen 14 78 n 40 ⸗ Zustellungt gebuhr. Die 
Aurückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondjeile oder deren Raum belragt bei Iuserelen un de —V 10 B, bei außerpfaluschen und jolchen auf welche die äcpedinen 
Austunft ertheilt, 1Ib . Neklamen 80 Rei Amaliaer Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
20. 
Freitag, 24. Januar 1890. 25. Jahra 
Deutsches Reich. 
Karlsruhe, 28. Jan. In Beantworiung 
der von ultramontaner Seite ausgegangenen In— 
rerpellation wegen Zulassung der Orden er⸗ 
lärte Kultusminister Notk, daß die Regierung 
den Zeitpunkt für diese Maßregel sür ungeeignet 
zalte. Namens der Liberalen gab Kiefer die 
einstimmige Erklärung ab, daß in der Einführung 
der religiösen Orden die Partei eine ernste Gefahr 
ür den religiösen Frieden des paritätischen Landes 
erblicke. Redner hoffe, die Regierung werde der 
Stimme der Volksbertretung Beachtung schenken. 
München, 28. Jan Stauffen berg ist 
in der Jufluenza erkankt; zur Zeit ißt die 
rankheit leicht, aber die größte Schonung ver- 
sangend. Da Stauffenberg Referent des Eifen— 
vahn und Postetats ist, erleiden Plenar⸗ und Aus—⸗ 
chußsitzungen der Kammer Störungen. 
Berlin, 22. Jan. Wenn der Reichstag 
zie Ausweisung ablehnt, dann zieht die Regierung 
das Sozialistengesetz zurück. Fürft Bis 
narck kommt nicht zur Verhandlung. 
Berlin, 23. Jan. Reichstag Die zweite 
Zeratung des Sozialisten geses wird fortge⸗ 
etzt und die 88. 11 - 13 werden erörterungslos 
mgenommen. Bei der Beratung des 8 22be— 
chwert sich Abg. Grillenberger;, daß die 
Keichslommission die Sachen ungerechtfertigterweise 
zerschleppe, welchen Vorwurf der Präsident 
nergisch zurückweist. Der Paragraph wird ange⸗ 
ommen-. Bei 8. 23 empfiehlt Abg. Hegel den 
Antrag Ackermunn auf geheime Sitzung der Reichs⸗ 
ommission. Abg. Kulemann spricht dagegen. 
Der Ministir des Innern, Herrfurth, hebt 
jervor, die Tendenz des Gesehes richte fich gegen 
die gemeingefährlichen Bestrebungen 
jer Sozialdemokratie, nicht gegen diese als solche. 
Deshalb sei der kleine Belagerungszusiand unent⸗ 
ehrlich. Ebenso dringend erforderlich sei der Weg- 
all jeder Zeitbestimmung. Die verbündesen Re— 
sierungen könnten nur in einem andauernden 
hesetz ein wirlsames Mittel erbliden. Gegenüber 
»m ursprünglichen Gesetz seien häufig mildernde 
Naßnohmen getroffen worden. Eine weilete Ab— 
chwächung sei nicht angebracht. Die Sozialdemo⸗ 
ratie richte ihre Spitze gegen die best hende 
8sellschaftsordnung. Jedem Freunde derselben 
behe es daher zu, zu fagen: Tun res agitur. Die 
zührer und Ag tatoren übten gewaltigen Einfluß 
uuf die Masse. Wenn diese erst aufgeregt seien, 
nn würden sie die Geister, die sie gerufen, nicht 
28. Der Antrag Ackermann wird abgelehnt, der 
baragraph angenommen. Abgeordneter Buhl er—⸗ 
art, die nationale Partei sei bereit ein andaurndes 
Hesetz zu beschließen, konne aber leider den Stand⸗ 
unkt der Ausweisungsklausel nicht teilen. Sie 
nüsse dabei ablehnend beharren, da es wirksamere 
Mittel gebe. Abgeordneter d. Helldorf ist für 
ne Gesetzesdauer und die Ausweisungsbefugnis, es 
ei denn, daß die Regierung selbsi auf letztere ver⸗ 
ichten wolle. Abgeordneser Win dt horst spricht 
gen die Ausweiseung, welche größtenteils die Aus— 
reitung der Sozialdemokratie verschuldet habe. Der 
Antrag Ackermann, den 8. 24 der Regierungsvor— 
age wiederherzustellen, wird gegen die Konservatiden 
ibgelehnt und 8. 24 nach dem Kommissionsbeschluß 
u streichen angenommen. Hierauf wird in die 
Jeraturg des Ärtikels 1 eingetreten. Die Abge⸗ 
udneten Reichensperger und Munel sind 
gen die andauernde Geltung, Abgeordneter Kunl'e 
nann erklart, die Nationalliberulen wurden eine 
zrundfätzliche Stellung in manchen Punkten erst in 
ritter Lesung einnehmen. Bei namentlicher Ab⸗ 
timmung über die dauernde Festsetzung 
odird der Artikel mit 106 gegen 111 Süͤmmen 
ngenommen, ebenso der Rest des Gesetzes 
hne Eroörterung. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. 
Berlin, 28. Jan. Es besteht die feste Ab⸗ 
icht, den Reichstag am Samstag zu schlie⸗ 
zen, vorausgesetzt, daß das Haus bis dabin die 
ritte Lsung des Sozialistengesetzts zum Abschluß 
ringt. Allerdings haben die Sozialdemokraten ihre 
igentliche Theilnahme für die dritie Lesung auf—⸗ 
espurt. — Der Bundes rath erledigte in kurzer 
Zeit die Tagesordnung seiner heutigen Plenarsitzung 
»urch die Ueberweisung der neuen Vorlagen an die 
lusschüsse und nahm die Ausschußanträge üder die 
xFutwürfe für Elsoß⸗ Lothringen an. F 
Ausland. 
London, 28. Jan. Die erste eingehende 
krklärung über die Anficht der Regierung im 
uglischsportugiesischen Streil gab 
estern der Kanzler der Schatztammer, Goschen 
n einer Versammlung der Wohlerschaft in Princ⸗s- 
dall. Danach dleibt den Portugiesen wenig Hoff · 
iunz: Goschen streitet erstens den Portugiesen 
edes Recht auf Schireland ab, verwirfit zweitens 
»en Vorschlag einer Vermittelung als verspaͤtet 
ind leugnet drittens die beabsichtigten weiteren 
Naßregeln nach dem Ultimatum. Portugal habe 
200 Jahre geschlafen, als es durch Livingstones 
ind Stanleys Erfolge in Afrika gründlich aufge· 
veckt worden sei. Schireland sei mit Blut und 
Hräbern dritischer Pioniere desaͤt, es gehdͤre England 
vährend Portugal nicht einen Schatten von Anrecht 
uuf dasselbe besäße, sondern nur durch das Aus— 
Jängeschild einer wissenschaftlichen Expedition Serpa 
Bintos Unterwerfung herbeiführen wollte. Die 
Bermittlung sei verspätet, denn nach dem betreffen⸗ 
den Artikel des Berliner Vertrages solle eine Ver⸗ 
nittlung erfolgen, bevor die Zuflucht zur Waffen ˖ 
ewalt genommen werde; die Portugiefen dagegen 
trebten die Unterwerfung des streiligen Gebieles 
nit den Waffen vor einer Vermittlung an. „Ich 
noͤchte“, sagt Goschen, „die europäische Großmacht 
ennen, welche einer Vermittlung zugestimmt hätte 
'der jetzt zustimmen wollte, statt die Zuruckziehung 
)er Truppen aus den streitigen Gebieten zu ver⸗ 
angen.“ Schließlich behauptel Goschen, daß die 
Heruchte von beabsichtigten weiteren Maßregeln 
nach dem Uttimatum nicht binreichend begrüedel 
eien. 
Brüssel, 28. Jan. Der Grund für die Ver— 
agung der Anti-⸗Sklavereikonferenz 
st der Wunsch des Prasidenten Baron Lambermont 
frroͤrterungen über den englisch⸗portugisischen Streit 
u vermeiden. Sonst erscheint das Eindernehmen 
m schwierigsten betreffs der Durchsuchung der 
Schiffe zu erreichen. Frankreich wird in diesem 
hunkte nicht nachgeben, sodaß alles in Frage ge- 
ellt wird. — Laut amilicher Feststellung wurden 
eit dem Beginn des Ausstandes ein geführt 
us Deutschland und Frankreich zusammen 150 000 
s'onnen Kohlen, aus England ebensoviel. Heute 
st abermals eine Ahnahme des Ausstandes einge⸗ 
reten. 
Charleroi, 28. Jan. Der Aus stand 
st beendigt. Es fehlen heute noch ungefähr 2000 
Urbeiter, welche ebenfalls morgen die Ärbeit wieder 
ufnehmen werden. 
Wien, 283. Jan. Nach der „Pol. Korresp.“ 
Jeben in Russisch-Polen zallsich⸗ Nußs, 
weisungen deutscher Industrieller und Grund, 
hefitzer bevor. 
Rom, 22. Jan. Gegenüber einem heute 
irkulierenden Gerüchte vom Tode des Papstes 
zersichert die „Agenzia Stefani“, der Papst sei 
»olllommen wohl; derselde empfing heute den 
Brinzen Boncompagnie und mehrere Bischöfe. 
Turin, 22. Jan. Das Leichenbe— 
zängniß des Herzogs von Aosta hat 
Jeute Nachmittag fiattgefunden. Vor dem Sarge 
chritten die Deputationen jener militärischen Kör— 
oerschaften, welchen der Herzog angehörte, ferner 
die Deputation des Hessischen Husarenregiments 
Pr. 14; ein höherer Offizier, den Sadel des 
Berstorbenen tragend, schritt hinter dem mit rotem 
Sammet bedeckten Sarge her, welcher, auf einer 
stanonenlaffetite ruhend, mit Kränzen der italie⸗ 
aischen und auswärtigen Fürftenhduser bedegt 
var und von acht Pferden gezogen wurde. Dem 
Sarge folgten zu Fuß der König, der Kronprinz, 
die Soͤhne des Verftorbenen, der Herzog von 
Benua, die Prinzen Jerome und vitlor Louis 
Rapoleon, der Prinz von Hohenzellern, die 
Ninister, die Spitzen der Brhörden, Körper- 
chaften, Studenten, Vertreter der Presse, Vereine 
nit 200 Fahnen und sieben Wagen. In den 
Straßen und an den Fenstern befand XXC 
ahlreiche Menschenmenge. Gegen Mittag langte 
der Zug an der Piazza Grand Madee di Dio 
in. wo die Geiftlichkeit die Leiche einsegnete. Der 
Wagen des Königs, von Kavalierie eskortiert, so⸗ 
vie viele andere Wagen geleiteten den Sarg nach 
der Gruft in Superga. Die Koͤnigin und die 
Herzogin von Aosta irafen um 83 uhe in Superga 
ein, wo eine große Volksmenge bersammelt war. 
Der Leichnam wurde in der Basilika aufgestellt und 
aach nochmaliger Einsegnung in die Krypta hinab⸗ 
Jelassen, wo Prinz Amadeus an der Seue seiner 
erslen Gemahlin ruht. 
Birmingham, 22. Jan. Eine Versamm⸗ 
bung von Bergarbeitern, welche ungeführ 
100 000 ihrer Genossen vertraten, wurde heulte 
anter dem Vorsitze des Dputirten Picard eroͤffnet. 
Dieselbe beauftragte die Deputirten Pickatrd. Cun— 
ningham und Graham, im Unterhause eine Bill 
inzubringen, wonach die Arbeitszeit auf acht Stunden 
heschränkt werde. 
Ae und pfälzische Nachrichten. 
G8 St. Ingbert, 24. Jan. Die Lau tzen— 
thal⸗Glashütte St. Ingbert ist nun— 
mehr in das Gesellschaftsregister des Handelsgerichts 
eingetragen. Als Gründer erscheinen die Herren 
Ad. Wagner, Fabrikant, J J. Heinrich, Buͤrger⸗ 
meister, Fror. Steinfeld, Kaufmann, Otto Weigend, 
Kaufmann, diese alle in St. Ingbert; ferner Ost. 
Contzen, Apotheker in Neunkirchen (Rheinpreußem) 
und Hugo Sandkuhl, Kaufmann in St. Johann 
a. d. S. Dir⸗ektor ist Herr Ad. Wagner. 
*Die Gesellschaft „Gemüthlichkeif“ 
hält am nächsten Montag im Caf6 Beder ihre 
erste diesjäͤhrige Narrensißung ab. 
— Zweibrücken, 28. Jan. Infolge der 
heftigen Regengüsse, welche von starkem Sturm be— 
gleitet seit dem letzten „kritischen Tag“ über unsere 
Gegend ziehen, sind der Horn- und der Schwarzbag 
an vielen Stellen über die Ufer getreten und haben 
u. a. das Ernstweiler Wiesenthal Uberschwemmt. 
Auch im Kanal steht das Wasser sehr hoch. 
—. Am 15. ds. Mis. wurde in Knopp ein 
Raiffeisen'sche Darlebenstkassen⸗-Rereilß