Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ver „St⸗ Ingoperter Vnzeiger“ erscheint täglich mit Autznahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗Vlatt und Mittwochs und Samstags 
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203. 
gur Erinnerung an Sedan. 
Zwanzig Jahre sind nunmehr im Zeitenraume 
zrrduscht, seit die ewig denkwürdige Schlacht bei 
*idan geschlagen wurde, jene Schlacht, in der 
t Uebermuth unserer westlichen Nachbarn ge⸗ 
ochen ward und Napolecns III. Adler in den 
ziaub sanken. Wie die große Völkerschlacht bei 
ipzig ein bleibendes Memento in der Welige—⸗ 
hichte bedeutet und beansprucht, so auch die 
zhiacht bei Sedan! Wie an jene knüpfen ag 
iese fich unlöslich gewaltige Erinnerungen; es 
ind Marksteine der Geschichte, Gedenksäulen für 
je Einen zur Erhebung und Begeisterung, für die 
Undern zur Warnung, ein „Mene Tekel“ in un⸗ 
usloschlicher Flammenschrift für Alle, die freblen 
Zinnes den Völkerfrieden anzutasten Gelüste im 
getzen tragen. 
Es ist eine schöne Sitte, von Zeitabschnitt zu 
atabschnitt solch' erinnerungsreiche Tage fest- 
chet als sonst gewöhnlich zu begehen und darum 
eietn wir heuer das 20jährige Jubiläum des 
Sedanstages mit wohl berechtigtem Jubel und 
Stolze. Höher schlagen die Herzen, mächtiger 
pricht die Erinnerung zu uns, wenn wir nach 
zwei Jahrzehnten jetzt zurückolicken auf die Ver— 
angenheit. 
Da klingt der begeisterte Jubel uns wieder ins 
oht, der damals ob des herrlichen Sieges unser 
heutes noch nicht zu einem politischen Ganzen ge⸗ 
intes Vaterland durchbrauste, da wird aber auch 
ie Trauer wieder lebendig bei dem Gedanken an 
it Tausende deutscher Soöͤhne, die mit ihrem 
Hetzblute den Sieg erkauften, da erwacht das da⸗ 
nalige Gelbbniß wieder, der Helden jener Tage, 
yer todten wie lebenden, nie und nimmermehr zu 
pergessen, und ihr Andenken in Ehren zu halten, 
und dies Gelöbniß fortzuvererben auf Kind und 
dindes Kinder. 
Und die Frucht von Sedan, die Ernte dieser 
lutigen Saat? Deutsche aller Stämme rangen, 
in Waffenbrüderschagr verbunden, gemeinsam den 
brbfeind zu Boden, sie alle hatten den gleichen 
nthetl am Kampfeslohne, denn Sedan wurde 
iner der gewaltigsten Grundsteine zum Bau des 
euen deutschen Kaiserreiches. 
zwanzig Jahre, eine kurze Zeitspanne, und 
qJ wie viel hat fich in ihr zugetragen! Er- 
ebendes und Trauriges, Herzerfreuendes und Er⸗ 
chütterndes. Das Leben der Volker gleicht ja dem 
ys einzelnen Menschen in seinen Wandlungen und 
d hat auch das deutsche Volk des Wandels und 
ir Schichsalsfügung in diesen 20 Jahren in Gu⸗ 
em und Schlimmem erfahren müssen. 
Wir sahen das deutsche Reich wieder erstehen, 
en Traum von Jahrzehnten endlich verwirklicht, 
iher wir sahen auch zwei edle Kaiser in die Grufi 
inlen. Kaiser Wilheim J., dessen Andenken ein 
esegnetes bleiben möge fuͤr und fur,entrichtete 
dem Tode den natüeüchen Zoll, aber seinen un⸗ 
Xtgeßlichen Sohn, den Sieger in mancher Feld⸗ 
Glacht, den Slolz der Nation, bon dem sie noch 
nethost und erwartet, ihn traf ein so hartes 
aitletes Geschick. Gerade seiner müssen wir am 
— in besonderer Wehmuth gedenken. 
vnn Ludwig II. von Bayern ging ihm im Tode 
an. Auch ihm, der in jenen großen Tagen als 
nndrut her Furst sich dewährt, gebuhrt der 
nshen ungusloͤschiicher Erinnerung. Große 
in hat der Tod außzerdem seit jenen Tagen in 
e Reihen der deutschen Helden getifsen. venige 
25. Jahrg. 
— 
Dienstag, 2. September 1890. 
hrer genialen Führer leben noch, der eiserne Kanz— 
ler, des deutschen Reiches Baumeister, hat seine 
Weikstelle verlassen. 
Aber all' das Große und Schöne, was wir 
diesen und allen um Deutschland verdienten Män— 
nern verdanken, es hat Dauer und Bestand. Wür⸗ 
dig seiner Vorgänger steht Kaiser Wilhelm TI. an 
der Spitze der deutschen Fürsten, Vertrauen er—⸗ 
veckend und Vertrauen findend, beim eigenen 
Volke wie im Auslande; kraft⸗ und machtbvoll 
vurzelt die deutsche Eiche, nimmer verdorrend, so 
ange ihr das Eine nicht fehlt: „Die Eintracht 
inter Germaniens Söhnen.“ Und daß dies so 
zleibe, daß kein Zwiespalt und Hader die deutschen 
Stämme trenne, dies sei ein heiliges Gelöbniß 
im Sedanstage! 
Ein neues Geschlecht ist inzwischen herange⸗ 
vachsen, bereit in die Fußstapfen der Väter zu 
reten und mit Gut und Blut für das Vater⸗ 
and einzustehen, wenn es vonnöthen sein sollte. 
Wir hofsen und wünschen, daß solche Zeit noch 
erne von uns sei, daß fie womöglich niemals 
omme. Was wir in dem uns aufgezwungenen 
tampfe vor 20 Jahren uns ersiritten und zu 
Recht erwarben, das wollen wir behalten und da⸗ 
ran soll uns keine schwächliche Rücksichtsnahme 
und unmannliche Leisetreterei falscher Friedens⸗ 
freunde hindern. Mehr als dieses sein gutes Recht 
vill aber Deutschland nimmer! 
Froͤhlichen Herzens laßt uns Sedan feiern! 
sticht um die vor 20 Jahren besiegte Nation zu 
raͤnken, nicht um in stolzer Selbsterhebung mit 
zieser Gedenkieier zu prunken, nein, in würdiger 
Weise, mit Dank gegen Gott, der dem deutschen 
Schwerte seine Hilfe lieh und damit Schweres 
»von unserem Heimathsheerde abwendete, zur er- 
jebenden Erbauung und Erinnerung fuür die 
Zeitgenossen mit dem Wunsche, daß wir noch 
lange diesen Ehrentag der Deutschen in Frieden 
feiern dürfen! 
enigen der drei Länder, die hier vertreten seien. 
Begeistert stimmte die Versommlung in das 
hoch ein. 
Das Ereignis des Tages war, nach Ideengehalt 
ind Stimmung, die Rede des Reichstagsabgeord⸗ 
neten Dr. Bürklin, welcher von hohem geschicht⸗ 
ichen und politischen Gesichtspunkte, in der idealen 
Beleuchtung begeisterter Vaterlandsliebe das Vater⸗ 
and und das deutsche Volk, vom Kaiser bis zum 
eetzten seiner Unterthanen, feierte. Rückschauend anf 
die geschichtlichen Ereignisse vor 20 Jahren betonte 
ex, wie das deutsche Volk als Haupterfolg ange⸗ 
ehen habe die Einigung des vielzerrissenen Vater⸗ 
andes. Jahrhunderte sei es auf uferlosem Meer in 
der Brandung dahingetrieben, bis endlich unter der 
durmsicheren Hand unseres großen Kaisers und des 
Fürsten Bismarck der Ruf erklungen sei: Land, 
zand — Vaterland! In beredten Worten, unter 
hackenden Bildern, wieder und wieder von begeisterten 
Beifallssturm unterbrochen, warf Dr. Bürklin einen 
stückblick auf die geschichtliche Entwicklung Deutsch⸗ 
ands, das an dem Elend der kleinstaatlichen Zer⸗ 
rissenheit, von dem noch heute die Ruinen dieses 
ilten Schlosses laut zeugten, dahingesiecht sei, bis 
insere großen Nationalhelden es durch die Politik 
der That geeint hätten. Er feierte den nationalen 
Bedanken, der fiegreich auch durch unser Partei⸗ 
leben gegangen sei und der auch um alle die Par⸗ 
teien, welche auf dem gemeinsamen Boden des 
Baterlandes stehen, ein einigendes Band bei der 
Feier des heutigen Tages schlinge. Er gedenkt be⸗ 
Jeistert des Mannes, dessen Sehnsucht von jeher 
die Verwirklichung des Ideals aller deutschen 
Paitrioten gewesen, der die That der nationalen 
Wiedervereinigung vollbracht und dieser auch die 
That auf gesetzgeberischem Gebiete habe folgen lassen. 
Die Lehre von Sedan sei, daß Hochmut, Recht⸗ 
haberei und hochfahrendes Wesen die Nationen er- 
niedrige, hingebende Vaterlandsliebe aber ein Volk un⸗ 
überwindlich mache. Durch diese Lehre werde der 
Tag von Sedan zu einem Tage der Ermahmung, 
der Selbstprufung für unser Voll. Und wenn er 
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mit nicht in einen Gegensatz zu den Fürsten. Die 
Zeiten solch eines Gegensatzes seien für ewig da⸗ 
sdin. Beide gehörten zusammen, Fürn und Volk, 
seien durch die Geschichte zu einem einzigen Gan⸗ 
jen geworden. Laut mahnend erhob Redner seine 
Stimme zu dem Volle, nie abzuweichen von dem 
Wege strenger Zucht und ernster Arbeit; dann 
werde es auch ssein und bleiben ein einig Volk 
don Brüdern, werde würdig bleiben der großen 
Zeit, die wir heute feiern, und derer, die fich für 
uns geopfert haben. Schon flamme am Himmel 
das Morgenrot des neuen Jahrhunderts; im An- 
bruch begriffen sei eine neue Zeit. Fur diese uns 
zu rusten ist der Gegenwart hohe und ernste Auf⸗ 
zabe. Mächtig hatte die Rede gezundet, nicht so⸗ 
wohl durch den Ideeninhalt, wie besonders auch 
durch die begeisterte Vaterlandsliebe, von wel⸗ 
her sie getragen wurde, und mächtig erbrauste 
das Hoch. 
Rachdem so Voll und Vaterland gefeiert wor⸗ 
den war, gedachte Reichstagsabgeordneter Osann 
aus Darmstadt des großen Mannes, dem wir in 
erster Reihe die Erfolge von Sedan verdanken, 
der in langer Vorbereitung die Arbeit verrichtet 
habe, durch welche der Tag von Sedan erst mög⸗ 
lich geworden, dessen Namen untrennbar mit dem 
Tage von Sedan verbunden sei: des Fursten 
tismarck. Nachdem das begeisterte Hoch, welches 
Teutsches Reich. 
Heidelberg, 831. Aug. Sedanfest auf 
dem Heidelberger Schlosse. Von allen 
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vährend des Vormittags dem Festorte Festgäste zu. 
Die Stadt, schon durch eine Natur ohne gleichen 
zrangend umgeben, hatte sich auch ein festliches 
Hewand von Fahnen, Laub⸗ und Blumengewinden 
zagelegt, alle Fenster der Straßen, durch welche der 
Festzug sich bewegie, waren mit frohen Menschen 
Jeseht. Auf dem Hofe der Schloßruine versammelte 
ich die Festgemeinde und hier wurde eine Feier 
dollzogen, würdig der aroßen geschichtlichen 
kreignisse. 
Zunachst betrat Hofrat Mayer aus Heidelberg 
die Rednetiribüne, in deren Hintergrund, scharf sich 
abhebend von dem dunklen Gemäuer, die Buüste 
des Kaisers prangte, um die Versammlung zu be—⸗ 
zrüßen und den Kaiser zu feiern. Die Erbschaft 
daiser Wilhelms J. habe angetreten der Enkel, ein 
Schirmer und Schützer des europäischen Friedens 
zu sein und wahr zu machen das Wort Friedrichẽ 
des Großen, der Koönig sei der erste Diener des 
Staates. Ihm, unferem jugendlichen Kaiser, galt 
zas Hoch, das einen begeisterten Widerhall fand in 
den vielen tausend Herzen und das laut in den 
alten Schloßruinen erdröhnte, worauf von der 
Versammlung die Nationalbhymne gesungen wurde. 
Fabrikant Ritzhuupt brachte in packender Rede 
ein Hoch den deuischen Fürflen, besonders den⸗