Full text: St. Ingberter Anzeiger

Als Versammlungslokal ist das Hotel zum Schwan 
ausersehen. 
ASpeyer, 24. Sepi. Das Ergebniß 
der Rechnungen über die Einnahmen und Aus⸗ 
gaben der Gemeindee und Stiftungsforfsi⸗ 
derwaltung der Pfalz für das Jahr 1889 
gestaltet sich wie folgt: Einnahmen 150,833 Mt., 
Rusgaben 169,099 Mek., daher Passivrest 18246 
Mari. Die Beiträge der Wald besitzenden Ge⸗ 
meinden und Stiftungen für das Jahr 1890 
vpurden von der kgl. Regierung auf 1 Mi. 685Pf. 
pro Heltar festgesetzt. (Kur.) 
— Spey er. Die General ⸗Versammlung des 
Pfaͤlzischen Kunstvereins findet dahier 
am 12. Oktober mit Verloosung, Neuwahlen 
u. s. w. statt. 
In der ersten Hälfte des Oltober wird in 
der Gegend von Speher eine gemeinsame Uebung 
der drei vereinigte Sanitätskolonnen 
Speyer, Ludwigshafen und Frankenthal stattfinden. 
— Neufadt, 25. Sept. Dem Ausstellungs⸗ 
komito der BezirksgewerbeAusstellung 
ging gestern von Seiten der Vorstandschaft der 
Saalbau.Altiengesellschaft eine ger ich t lich e Zu⸗ 
stellung zu, laui deren die Champagner⸗, Bier⸗ 
und sonstigen Verkaufsstellen, welche sich in Ver— 
bindung mit ihrer Ausstellung mit dem Vertrieb 
bon Restaurationdartikeln befassen, diesen bei 100 
Mark Strafe pro Tag einzustellen haben. Die 
Vorstandschaft der Saalbaugefellschaft soll fich zu 
diesem Vorgehen dadurch gezwungen gesehen haben, 
weil sich der ständige Inhaber der Saalbau · Re⸗ 
ftauration auf den 8 7 seines Vertrages Feifte, 
daß Niemand außer ihm das Recht habe. Restau⸗ 
ration in den Räumen des Saalbaues zu betreiben, 
und auf Grund dieses eine Entschadigung bean- 
spruchte. Begreiflicherweise ist man allerseits unan⸗ 
genehm von diesen Vorgangen berührt. Der Ge⸗ 
werbeverein soll Berufung gegen diese gerichtliche 
Verfügung eingelegt haben, welche, wie die „Nst. 
Ztg.“ hört, in einem wahrscheinlich schon morgen 
fiaitfindenden gerichtlichen Termin zur Verbandlung 
lommen wird. 
— Därkheim, 28. Sept. Der Verkauf 
der Saline⸗Realitäten (Gradirbau, Sud⸗ 
häuser, Quellen, Pumphäuser ꝛc.) seitens der 
Stadt Dürkheim an den Bade⸗ und Salinenverein 
dahier zum Preise von 30.000 Mk. wurde von 
der Curatelbehörde — kouigliches Bezirksamt Neu⸗ 
stadt — genehmigt. Der Betrieb des Bades wird 
somit völlig in die Hände des Bade⸗ und Salinen ⸗ 
dereins (Actiengesellschaft) übergehen. 
— Frankenthal, 28 Sept. (Strafkammer. 
Georg Lingenfelder VI., 34 Jahre alt, 
Muller von der Heidmähle bei Neustadt, üderfuhr in 
Niederkirchen ein 12/4 Jahre altes Kind, als 
er seinen Müͤllerwagen auf der Ortsstraße um⸗ 
wenden wollte. Das Kind starb an den erhaltenen 
Verletzungen aach zwei Stunden. Wegen fahr⸗ 
lässiger Todtung wurde der sonst sehr aut be⸗ 
leumundete und als vorfichtig bekannte Angeklagte 
zu 1 Tag Gefängniß, der geringsten zuläfssigen 
Strafe, verurtheilt. 
— Aus dem Alsenzthal. Wie von zu⸗ 
verläfsiger Seite mitgetheilt wird, hat Herr Peter 
Stroß, Verleger des ,Bote für die Nord⸗— 
pfalz“ seine Druckerei nebst saͤmmtlichem Inbentar 
an Herrn Pfeiffer aus Rehborn verlauft. 
— Ueber den Krankenstand in der 
Pfalz im Monat August schreibt das „Vereins⸗ 
blatt der pfälz. Aerzte: Der Krankenstand wird 
von fast allen Berichterstattern als niedrig bezeich⸗ 
net. Brechdurchfall hat etwas zugenommen und 
es find fast 250/0 der Erkrankten über 10 Jahre 
alt. Verbreitet war die Krankheit in allen Be⸗ 
zirken der Pfalz, doch wurden außer in Ludwigs⸗ 
hafen (96), Kaiserslautern (69), Speyer (54), in 
den Ortschaften meist nur vereinzelte Kranke be⸗ 
handelt. Typhus kam in St. Ingbert wieder in 
15 Fallen, dann in Mauchenheim (8), in Speyer, 
Frankenthal, Kaiserslautern (von Kusel einge⸗ 
schlepph) und Niederkirchen (je 5), Kirchheimbolan ˖ 
den, Haßloch (von Ludwigshafen eingeschleppt) 
Obermoschel. Hasel (je 2), in Germersheim, 
Schneckenhausen, Bennhausen, Oberhausen, Eisen⸗ 
berg, Freinsheim. Kusel, Birkweiler, Steinfeld, 
Winzingen (ans Rollweiler im Elsaß importiert), 
in Zweibrücken, Auerbach, Medelsheim, Ober— 
würzbach und Oggersheim (e 1 dall) vor. 
Pneumonieen nahmen stark ab, 75 gegen 152 
des Vormonats. Masern sind in Ludwigshafen 
auf 102 zurückgegangen, dann herrscht noch in 
Hablirchen eine kleine Epidemie; Kaiserslautern 
Jatte 18 Erkrankungen; außerdem find in Ger⸗ 
nNersheim 6, Speher 5, Rülzheim, Kirchheim 
zolanden, Pirmasens. Höhmühlbach, Iggelheim 
dacdenburg. Oggersheim, Gerolsheim einzelne 
Falle beobachtet worden. Scharlach machte in 
daiserslautern Forischritte, trat epidemisch ir 
Hersheim auf; dann worden noch in Speyher (6) 
dudwigshafen (5), Dellfeld (4. Pirmasens, Haß⸗. 
och, Weilerbach, Imsweiler, Winnweiler, Deides 
zeim, Contwig, Ruchheim und Steinfeld. einzelne 
Falle behandeit. Keuchhusten ist mit Ausnahm 
on Frankenthal (Kanton Grünstadt) üüderall ver⸗ 
inzenn gesehen worden. Dysenterie je 2 Fälle in 
Dietrichingen und Fußgönheim, je 1 Fall in 
Speyer und Friesenheim. Diphtheritis sehr ver⸗ 
einzelt; nur in Kaiserslautern (18), Pirmasens 
(17). Speyer (8) etwas flärkere Verhreitung 
Intermittens in der Rheinebene: in Ludwigs— 
hafen (2), Germersheim (2), Haßloch und Mutter— 
fiadt (ij). Summan6 Fäaͤlle. Kindbetifieber kam 
in Si. Indbert (2), Bellheim, Kirchheimbolanden 
Weisenheim (2), Karlbach, Herxheim a. B., Kall⸗ 
tadt, Hardenburg, Bobenbeim a. B. vor. 
Pfaͤlzisches Schwurgericht. 
LDI. Quarial. 
Zweibrücken, 24. Sept. (Verhandlang 
gegen Karg. Fortsetzung.) Des weiteren liegen 
jach der Ziw. Z.“ dem Angeklagten Jalob Karg, 
zur Last: 
NI. 2 Verbrechen gemäß 8 351 R.St. G.⸗B. 
Anterschlagung im Amte mittelst unrichtiger Buch⸗ 
und Rechnungsführung. 1) Beauftragt mit einer 
Zwangsvollstreckuig seitens des S. gegen einen 
jewissen H. erhielt Karg, bevor es zur Pfändung 
sam, am 30. Juli 1888 100 Mt. und 8 Tage 
pater 50 Mk. Letzleres Geld lieferte er seinem 
uftraggeber nicht ab, sondern behielt es für sich 
und schrieb für das 3. Quartal 1888 in das Voll 
zreckungsregister unter der betreffenden Nummer: 
Verglichen durch die Partien“. 2) Am 17. Sepi. 
1888 warde Karg beauftragt, eine Pfundung für 
einen gewissen T. vorzunehmen im Betrage von 
175 Mi. Der Schuldner bezahlte sofort an Karg; 
dieser lieferle jedoch nur 150 Mk. an den Glaäu— 
higer ab, behielt den Rest fur fich und schrieb, 
mstatt die Zahlung vorzumerken, in das Ragister: 
„Verglichen durch die Partien“. Beide Delikte 
zestreitet der Angeklagte nicht, er entschuldigt fie 
edoch mit seiner Unkenninis. 
IV. Des Weiteren soll er sich schuldig gemacht 
—X 
m Sinne von 8 246 R.⸗St.⸗G.⸗B. 1) Fur eine 
Forderung des W. in A. erhielt er angeblich im 
februar 1890 Beträge im Werte von 80. 70 und 
uletzt 80 Mk., die er für fich behielt. 2) Ebense 
hehielt er eine Zahlung von 406 Mk., die ihm S. 
n A. gemacht hatte. 3) Ferner lieferte er einen 
Zetrag von 285 Mt. 98 Pfg. nicht ab, den er an 
inen gewifsen K. auszuzahlen verpflichtet war 
H Endlich bekam er eine Summe von 80 Mtk. 
zie er auszahlen sollte, aber für seinen eigenen 
Bedarf verwendete. 
V. Eine weitere Unterschlagung hat sich der 
Angeklagte zu Schulden kommen lassen nach Auf⸗ 
dellung der Anklage. Die Frau B. hatte eint 
Forderung an den Lehrer K., sie beauftragte Karg. 
den K. zur Zahlung zu mahnen. K., in der 
Meinung, Karg solle die Zahlung in Empfang 
nehmen, übergab dem Gerichtsbollzieher die Summe 
bon 172 Mk—., welche Karg ebenfalls für fich ver⸗ 
wendete. Als die Frau B. den Lehrer, weil er 
nach ihrer Meinung nicht gezahlt habe, belangte, 
ttellte fich die Handlungsweise des Angeklagten 
heraus. Auch dieses Delikt gesteht der Ange⸗ 
flagte zu und gidt an, in der Not gehandelt zu 
haben. 
VI. Liegen dem Angeklagten 4 Betrugsfälle zur 
dast gemäß 8 263 R.⸗St.⸗G.⸗B. 1) Die Firma 
Völker hatte eine Forderumg von 49 Mt. 90 
Bfg. an einen gewissen Eichholdt. Karg soll letzterem 
die falsche Thatsache vorgespiegelt haben, er sei be⸗ 
auftragt, die Zahlung zu erheben. Auf dieses hin 
jahlte E. das Geld. E. gibt heute an, er würde 
)as Geld auch ohne Vorspiegelung an den Karg 
gdezahlt haben. 2) Durch Vorspiegelung fseiner Be⸗ 
rechtigung zu Erhebung von Geldern soll Karg den 
S. veranlaßt haben, ihm die Summe von 82 Mk 
80 Pfg. die S. an St. schuldete, zu bezahlen 
Zarg gibt an, er habe geglaubt zur Empfangnahm⸗ 
von Geld berechtigt gewesen zu sein. 8) In ähn⸗ 
icher Weise deranlahßte Karg einen gewissen B.gu 
Zahlung von 120 Mk. Der Glaubiger 
Jeule auf das Bestimmteste Karg keinen Auig 
jur Empfangnahme der Zahlung gegeben zu nn 
während der Angeklagte einen Auftrag erhallen 
haben will. 4) Endlich soll der Angeklagte von 
p. 87 Mt. auf ähnliche Weise an fich gebreg 
jaben. 
VIJ. In letzter Linie hat fich Karg wegen zweier 
Berbrechen nach 351 R.⸗St.⸗G.⸗B. zu veran 
vorten: h Der Zeuge Th. war einer Buchhan 
ung eine Summe Geldes schuldig, weshalb Katg 
zei dem Schuldner Pfändungen vornahm. Rat 
mpfing als Abschlagszahlung die Summe von 3 
Mi., die er nicht an den Glaubiger ablieferl 
ondern für fich behielt. Im Kassabuch machte —R 
iven Eintrag überhaupt nich, ebenso nicht im al. 
emeinen Dienstregister. 2) Ebenso unterschlug er 
zei einer gegen einen gewissen U. vorgenommenen 
Zwangsvollsreckung 70 Ml., ohne diese Einnahm 
richtig zu verbuchen. 
Zweibrücken, 25. Sept. Rachdem gesterd 
Abend um 101 Uhr vor dem Schwurgericht die 
Blaidoyers in der Verhandlung gegen den Gerichts— 
hollzieher Karg von Rockenhausen beendigt waren 
and heute Morgen nach der Rechtsbelehrung seiten 
»es Herrn Vorfitzenden die Beratung der Herren 
Zeschworenen üder die 92 in dieser Sache an fit 
erichtetengragen statt. Nach einstündiger Beratung 
erkündete Herr Jolas als Obmann ihren Spruq 
vonach der Angeklagte schuldig ist 18 Vergehen 
der Unterschlagung nach 8 246 R.⸗St. G.B., — 
Vergehen der Amisunterschlagung und 4 Verbrechen 
m Amte nach 8 351 R.⸗St.⸗G.⸗B. begangen zu 
jaben. Mildernde Umstände wurden dem Ange— 
lagten in allen Faͤllen mit Ausnahme eines eirzigen 
zugebilligt. Der Gerichtshof verurteilte den Ange- 
gellagten zu einer Gesamtzuchthausstraf— 
bon's Jahren, woran die Untersuchungshaft 
in der Dauer von 4 Monaten in Abrechnung 
kommt. Außerdem wurden ihm die bürgerlichen 
Threnrechte in der Dauer von 5 Jahren aberkannt 
Mit diesem Fall endigte die Schwurgerichtssessior 
hro UI. Quartal. 
Vermischtes. 
In Saarbrüden trafen gestern Don 
nerstag Nachmittag von 4 Uhr ab in drei Son— 
derzügen die Infanterie-Regimente; 
Nr. 30 und 70 vom Mandver kommend auf der 
Station ein. Die Abfahrt erfolgte von Kirn. Dat 
30. Regiment fuhr weiter nach Saarlouis. 
x Vaut Beschluß des Kreistages des Kreiset 
Saarbrücken wurde ein Massendrucd der 
Druchschrift: „An die Etern sehender und blinde 
stinder“ in einer Zahl von 28 000 Exemplaren 
hbewirkt. Dieses Schriftchen enthält eine eingehend 
Belehrung zu pflegsamen Behandlung der Augen 
der Kinder und soll Jedem, der die Geburt einet 
indes anmeldet, ein Exemplar eingehändigt wer— 
den. Die Standesämter werden eine Anzahl diese 
Schriftchen empfangen. 
Eine Beleuchtung der Heidelberge 
Schloßruinen, die in ihrer Großariigkeit einzi⸗ 
in Deutschland dasichen, ist füt den 8. Olrober! 
J. in Aussicht gensmmen. 
F Tangerhütte, 24. Sept. Bei der 
Schießderfuchen des Grusonwerke 
gelangten heute drei Schnellfeuerkanonen in Schifti 
laffetien von 4,7 em-⸗, 5,8 em· und 7,5 em⸗ Kaliber 
bestimmt zur Abwehr von Torpedobootsangrffen 
zur Vorführung. Besonders interessant und wirl 
ungsvoll war die Beschießung eines Torpedoboot 
aus 500 Meter. Nachminlags wurden die Versuch 
mit einer 7,5 em Casematnanone, einer 82 cw 
Marinekanone, einer 5.7 em Schnellfeuerlanonen 
bersenkbarer Panzerlaffette fortgesfetzt. Dieses Ge 
schütz erweckte besonders die Aufmerksamkeit, inden 
es bier Reihen Schnellfeuer mit fünf Schuß gege 
eine stehende Schützenlinie in je 10 bis 11 Sekunder 
abgab. J 
7 Berlin, 25. Sept. Der —X 
Zeneral des 8. Armeekorps v. Loe erhielt der 
schwarzen Adlerorden. 
Der Ppartamenisberichterstattt 
des Kaisers. Die Univerfität Heidelberg ha 
dan dr. jur. Karl Tri ch zu Barun das au,“ 
September 18240 erworbene Diplom eines Doktor 
beider Rechte erneuert. Dr. Karl Erich— Siodtwal 
a. D., ist in der höheren Beamtenwelt und nament 
ach in den Poxlamenten eine der bekanntesten Per 
önlichkeiten. Amtlich nahm er eine ganz eigenthum—