Full text: St. Ingberter Anzeiger

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mtliches Organ des könial. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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her „Ex⸗Bagberter KAnzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mai wochentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Mittwochs und s amstags 
it Aufirsxten Beilagen. VDns Blatt kostet dierteljährlich 1M 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Poß bezosen 1M 7B5 , einschließlich 40 —A Zufstellungsgebuhr. 
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Erpeditior Auskunft ertheilt. Ib , Reklamen 80 4A. Bei 4maliger Cinrackung wird nur dreimaliage berechnet. 
e 231. 
Politische Uebersicht. 
⸗Am 1. Oktober dieses Jabres find zwei 
ue Keichsgesetze in Kraft getreten. Das Militär⸗ 
esetz, welches die Festsetzung der Friedens⸗ 
asenzftärke des deutschen Heeres auf ca. 486,000 
Jann ausspricht, und das neue Notariats- 
iesetz. 
Der deutsche Bundesrat überwies vor⸗ 
cern die ihm zugegangene Novelle zum Kranken; 
ersicherungsgesetz in die zuständigen Aus— 
hüsse zur Vorberctung. 
5 Der Hirtenbrief der preußischen 
zischöfe über die soziale Frage führt im Wesent⸗ 
hen aus: „Staat und Kirche müssen in der An⸗ 
nendung der ihnen innewohnenden Hilfsmiitel ein⸗ 
raͤchtig zusammen wirken. Das gilt vorzugsweise 
on der sozialen Frage. Möge die einseitige Auf⸗ 
ssung ein⸗ für allemal ausgeschlossen bleiben, es 
sle die Kirche allein ohne den Staat, oder es 
le der Staat allein ohne die Kirche die soziale 
rage zu lösen suchen; und noch weniger möge die 
nsicht jemals Geltung gewinnen, es gehe diese 
rage den Staat noch die Kirche an, sondern hier 
olles der Privatthätigkeit, dem freien Spiele 
zr Kräfte oder gar dem „Kampfe ums Dasein“ 
u überlassen. Wohl haben die sozialen Uebel, wie 
üherer Zeiten, so auch unserer Zeit, ihren Grund 
icht zum geringen Teile in äußeren Verhältnissen, 
uden Mängeln und Fehlern menschlicher Ein⸗ 
ichtungen, und daher ist. zu ihrer Ueberwindung 
uch die Verbesserung jener dußeren Verhältnisse 
ind Einrichtungen nothwendig und nützlich. Aber 
umer liegt der Haupigrund aller sozialen Uebel 
icht in außeren Umständen, sondern in der inneren 
zeschaffenheit der Menschen, in dem Mangel rich- 
ger Grundsätze und der rechten Gesinnung, in 
eam Mangel an Tugenden, in herrschenden Lastern, 
dährend ungünstige äußere Verhältnifse durch christ⸗ 
che Gesinnung und Tugend erträglicher gemacht 
ind einigermaßen gebessert werden können. Man 
euere jener entfesselten Habgier und Genußsucht, 
delche die Volker entnervt; man erfülle die Herzen 
er Arbeitgeber mit Gerechtigkeit, Billigkeit und 
dohlwollen; man flöße den Arbeitern Arbeilsam⸗ 
ut, Geduld, Genügsamkeit, Sparsamkeit, Bescheid n⸗ 
eit ein; man bewahre sie vor Unsittlichkeit und 
nmäßigkeit; man schütze die Jugend vor Entart⸗ 
ag, man schaffe ein sittenreines und zufriedenes 
amilienleben — und die soziale Frage, wie ge⸗ 
ihtdrohend und schwierig fie sein mag, wird ihre 
chürfe verlieren. Viele Ursachen haben zusammen⸗ 
ewirkt, um die Zustände herbeizuführen, welche 
eutzutage den Gegenstand der sozialen Frage 
ilden. Verarmung und Niedergang des Volks⸗ 
dohls, Unsicherheit des Erwerbes, Lockerung des 
amilienl bens und gegenseitige Entiremdung der 
»iande haben fich weithin verbreitet. Darüber 
ber sind alle, welche eine in christlicher Auffassung 
iündendes Verständnis von der Sache haben, ein⸗ 
erstanden, daß, wenn die geheimen und öffent- 
hen Umtiriebe des Unglaubens und Umsturzs zur 
jötderung des Abfalles vom Christentum und von 
et christlichen Staatsordnung nicht gehemmt wer⸗ 
en, die Haup quelle der gesellschaftlichen Uebel 
aerer Zeit zu fließen fortfährt. Zum Schlusse 
oird, laut „St. P.“ die Hebung und Weiterbil- 
ung des christlichen Vereinslebens empfohlen. In 
m Sendschreiben wird hervorgeheben, daß diese 
dereine zwar auf durchaus teligidser Grundlage 
cuhen, aber nicht vorzugsweise der Pflege des reli- 
Samstag, 4. Oktober 1890. 
25. Jahrg. 
siösen Lebens gewidmet sein, sondern den Mit⸗ 
sliedern auch praktische, ihrem Stande enttprechende 
horteile für das Leben bieten sollen. Darauf 
ommt es in der That an. 
* Eine allgemeine deutsche Regelung des 
Vereins⸗ und Versammlungswesens 
bird sich, wie die „Nat.lib. Korr.“ hervorhebt, bei 
er Verschiedenheit der in den einzelnen Bundes⸗ 
taaten geltenden Gesetze und ihrer starken Veraltet⸗ 
jeit und teilweise vollkommenen Unausführbarkeit bei 
ser heutigen Entwickelung unseres öffentlichen Lebens 
oraussichtlich mehr und mehr als Bedürfnis her⸗ 
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bir bekanntlich längst gemeinsames Recht; daß ein 
olches auf dem Gebiet des Vereinswesens sich bis⸗ 
ser leichter hatte entbehren lassen, war eben dem 
angen Bestand des Sozialistengesetzes zuzuschreiben, 
velches gerade für diejenigen Versammlungen, in 
»enen am leichtesten Ausschreitungen zu erwarten 
ind, ein gemeinsammes Ausnahmerecht begründete. 
Fine reichsgesetzliche Regelung des Vereins⸗ und 
Zersammlungswesens ist keineswegs ein realtionärer 
Wunsch; wir glauben im Gegenteil, sie wird bald 
von denjenigen gefordert werden, welche die Wahr⸗ 
rehmung machen, daß sie bei dem Wiederaufleben 
janz veralteter und der Willkür reichliche Hand— 
saben bietender Bestimmungen manchmal aus dem 
stegen in die Traufe gekommen find. 
Straßenecken angeschlagenen Aufrufes des eidge- 
sösischen Kommissars Kunzli werden durch Geld 
ind Einfluß der Geistlichen im Geheimen äußerst 
ebhaft Stimmen für die Konservativen geworben. 
Wie es schreint, haben die Konservativen etwas 
zrößere Aussichten, als die Liberalen. Jedenfalls 
it bloß eine ganz winzige Mehrheit möglich. Der 
onservative Gastwirt Gatti ist aus London samt 
einen Kellnern hier eingetroffen, um sein Wahl⸗ 
ꝛecht auszuüben. Die Anmeldung von geschlofsenen, 
nus Amerika gekommenen Listen wurde zurückge— 
viesen. Der aus Künzli, sowie einigen Konserva- 
ivep und Liberalen bestehenden Recursbehörde 
iingen an 100 Beschwerden zu. Die Sprache der 
onservativen Blätter gegen den Bundesral ist sehr 
jereizt. Die Liberalen scheinen über die bevor⸗ 
seheñde zeitweilige Wiedereinsetzung der lkonser- 
zativen Regierung etwas beruhigter zu sein. Sie 
eugnen, doß Caftioni, welcher in London bleibt 
Kossi erschossen habe. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 4. Okl. An. unserer Bahn⸗ 
tation hebt sich gegenwärtig der Personender—⸗ 
ehr immer steliger. Man braucht nur zur An⸗ 
unftszeit dort zu beobachten um sich davon zu über⸗ 
eugen. Das ist denn bei schönem Wetter ja eine 
Freude; kommen aber die Regentage, so ist der 
Unblick minder erhebend. Da vermißt man sehr 
ine gewisse Anlage, welche zur Bequemlichkeit des Pu⸗ 
likums anderwaͤrts hergestellt ist und die sich auf 
sut Deutsch Perronhalle nennt. Da drängen 
ich die Leute so rasch als möglich, mit Schirmen 
»ewaffnet, auf dem mit Wosser überstandenen Bahn⸗ 
leig aneinander vorüber. Denn bei dem geringen 
gefälle bleibt das Wasser auf dem Asphaltpflaster 
esselben stehen. Wir denken unsere Station habe 
Zedeutung genug, um mit einer Bitte um die Er⸗ 
ichtung einer Bahnhofshalle an die Direktion der 
gfälzischen Eisenbahnen heranzutreten. Wie bekannt 
vird, find seitens der letzteren mehrere pfälzische 
Ztationen ins Auge gefaßt, welche der Reihe nach 
nit Bahnhofshallen versehen werden sollen. Es 
väre eine dankbare Aufgabe unserer Stadtverwalt⸗ 
ing auch dieserhalb dahinzuwirken, daß den Inte⸗ 
ressen der Stadt St. Ingbert Rechnung getragen 
verde. 
* St. Ingbert, 4. Okt. Die kgl. Regierung 
der Pfalz giebt den kzl. Bezirköümtern und Ge⸗ 
meindebehörden folgendes bekannt: Mit der zu 
Folge des Gesetzes vom 5. Mai l. J. am 1. Ott. 
. J. erfolgenden Einfühtung des Brandverficher⸗ 
ungsgesetzes vom 8. April 1875 in der Pfalz treten 
nuch, so weit nichts anderes bestimmt ist, die zu 
letzterem Gesetz erlassenen Vollzugsanordnungen im 
diesseitigen Regierungsbezirk in Wirksamkeit. Zu 
diesen Anordnungen gehört auch die Ministerialent- 
chließung vom 30. Marz 1878 die Wasserver⸗ 
sorgung der Gemeinden betr., und es find dem⸗ 
nach vom 1. Olt. l. J. an auch die Gemeinden 
er Pfalz, welche ihre Wasserbezugsverhältnisse zu 
nerbessern wünschen, berechtigt. sich hierzu des Bei⸗ 
zathes und der Mithilfe des im kgl. Staatsmini⸗ 
derium des Innem besiehenden technischen Bureaus 
ur Wasserversorgung in dem in der angeführten 
Ministerialentschlieung bezeichneten Umfang zu be— 
ienen und um einen Zuschuß zu den Kosten von 
zrojektirten Wasserversorgungsunternehmungen aus 
dem mit den Mitteln des Art. 89 des Brandver⸗ 
icherungsgesetzes vom 3. April 1875, bezw. des 
Irt. 7 des Gesetzes vom 5. Mai l. J. gebildeten 
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Deutsches Reich. 
München, 8. Der Magistrat hat den 
Antrag der Gemeindebevollmächtigten betreffs Ver⸗ 
eihung des Ehrenbürgerrechts an den Grafen Molt⸗ 
he angenommeu. Die Urkunde wird künstlerisch aus⸗ 
gestattet werden. 
Berlin, 2. Okt. Die „Munch. Allgem. Zig.“ 
meldet: Der Vertrag mit dem Sultan von San⸗ 
si bar über die Abtretung der Küstte ist vor⸗ 
gestern perfekt geworden. Der Sultan erhält vier 
Millionen Mark bar. 
Berlin, 3. Okt. Wie die „Post' meldet, 
jätten die kommandirenden Generäle v. Alben s— 
ebem in Stuttgart und v. Heuduck in Straß⸗ 
urg ihre Abschiedsgesuche eingereicht. Die 
Henehmigung derselben werde in diesen Tagen er⸗ 
vartel. Als Nachfolger Alvenslebens im General⸗ 
ommando des würtlembergischen Armeekorps soll 
Zenerallieutenant v. Sobbe, Kommandeur der 1. 
Barde⸗Infanterie⸗Division, ausersehen sein, als 
Nachfolger des Generals v. Heuduck im General⸗ 
ommando des XV. Armeekorps in Straßburg 
iennt man den General der Infanterie v. 
dewinskti II., zur Zeit Gouverneur von 
3traßkbura. 
Auslaud. 
Bern, 3. Okt. Bundeskommissar Künzli 
hat einen Aufruf an die Tessiner erlassen, welcher 
zie Hoffnung ausspricht, ein jeder werde bei der 
Abstimmung am nächsten Sonntag frei und unab⸗ 
angig nach eigener Ueberzeugung stimmen. Be— 
stechungen würden streng geahndet werden. Die 
liherale Minderheit des Großen Rates hat einen 
Aufruf erlassen, in welch m es heißt: Das Tessiner 
Bolk möge am 5. Oktober beweisen, daß es der 
IVD 
SZeite ist noch keine Kundgebung erschienen. 
Bellinzona, 83. Olt. Infolge der Anwesen⸗ 
heit der Truppen verläuft die Agitation zu 
en Wahlen am Sonntag zwar rührig, aber 
n äußetlicher Ruhe. Trotz des bezüglichen an den 
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