Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Argan des königl. Ansgerichts St. Ingbert. 
er „St. Ip gorrter Auzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 8 mal woͤchentlich mi Unterhaltungs⸗Blatt und Mutwochs und Samstags 
nit Anstrieten Beilagen. Daz Blau lbostet dierteljährlich 1 G60 einschließlich Tragerlozn; durch die Vost bezogen 14 75 , einschließlich 40 Zustellungsgebuhr. 
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*8237. Samstag, 11. Oktober 1890. * 26. Jahrs. 
Politische Uebersicht. 1 
Der Reichskanzler v. Caprivi ist 
n seinen Antrittsbesuchen bei den 
uͤddeutschen Bundesfürsten, — iediglich der 
quch Caprivis beim Prinz⸗Regenten von Bayern 
eht noch aus — nach Berlin zurückgekehrt und 
ntd der Reise des leitenden Stautsmannes Preußens 
ind des Reiches nach den süddeutschen Höfen be—⸗ 
ndere politische Bedeutung zugeschrieben. Man 
uird wohl in der Annahme nicht fehlgehen, daß 
a Reichskanzler über die Ziele und Wege seiner 
meren wie äußeren Politik den Souveränen von 
durtiemperg, Baden und Hessen befstimmte Er— 
uterungen und Erklärungen gegeben hat, und 
iß die politischen Darlegungen des neuen Leiters 
t Reichspolitik volle Anerkennung beim Koͤnig 
on Württemberg wie bei den Großherzögen von 
jaden und Hessen gefunden baben, darf aus den 
yrcn v. Caprivi seitens der süddeutschen Monarchen 
u Theil gewordenen hohen Ordensauszeichnungen 
ait Sicherheit geschlossen werden. 
Neber die Arbeiten des Reichstages 
iegen beachtenswerte Mitteilungen vor. Der Ar⸗ 
euerschuzausschuß des Reichstages wird bekanntlich 
m 4. Nob. wieder zusammentreten; in den Kreisen 
ts Ausschusses wird es aber für ganz unwahr⸗ 
heinlich gehalten, daß das Plenum vor Neujahr 
ch mit dem Gegenstande wieder werde befassen 
oͤmen. Der Ausschuß hat die erste Beratung noch 
mge nicht zur Hälfte beendigt, insbesondere sind 
och die dielumstrittenen Zucht -· und Ordnungsbe⸗ 
immungen rückständig, und dann wird erst eine 
weite Lesung folgen, bei der voraussichtlich die 
anzen Meinungsverschiedenheiten noch einmal gründ⸗ 
ch zum Austrag kommen werden. Die Abfassung 
es schriftlichen Berichts wird ebenfalls erhebliche 
Jjeu in Anspruch nehmen. Darüber wird ohne 
weifel die Weihnachtsvertagung herankommen. 
dem Plenum des Reichstags wird es übrigens nicht 
m Beratungsstoff fehlen; insbesondere wird im 
dobember und Dezember die Haushaltsberatung 
stgenommen werden. 
In Berlin sind die Vertreter von 31 auf 
rund des Altersund Invaliditätsver⸗ 
cherungsgesetzes aufzullenden Versicherungs- 
astolten, ferner Regierungskommissare aus den 
eiteffenden Bundesstaaten, sowie Vertreter der 
ntralpoftbehörde versammelt, um eine Reihe 
wieriger Vorfragen vor Einführung des genann⸗ 
n Gesetzes zu erledigen. Daß letzteres am 1. 
anuar 1891 in Kraft tritt, ist im Laufe dieser 
bonferenzen vom Prösidenten des Reichsbersicher⸗ 
nghamtes, v. Bödiker, nochmals ausdrücklich be⸗ 
angt worden. 
Der Ausgang der Regentschaftsfrage 
lippischen Landtage ist noch immer 
veifelhaft. Zwar hat derselbe in seiner Mittwoch⸗ 
zung den Haupiparagroph Ja des Regentschaftsge⸗ 
det, welchet dem Fürsten Waldemar die Ernenn⸗ 
ung des Regenten zugesteht, angenommen, aber 
it einem Zusotze, wonach ein Regentschaftsrath 
ngesezt wird, dessen Befugnifse der Verständigung 
wischen der Regierung und dem Landtage porbe— 
Aten bleiben sollen. Da sich ind ssen die lippische 
egierung durch den Kabinetsminister v. Wolfgramm 
jon vorher entschieden gegen die Einsetzung eines 
iegentschaftsrathe⸗ ausgesprochen hat, so ist, falls 
sich konsequent bleiben will, die furftliche Re— 
nerung schwerlich in der Lage, den vom Landtaqe 
ngdenomm nen Zusotz qutzuheißen. 
*Die deutschostafrikanische Gesell- 
schaft sandte am 17. September einen Beamten 
ach Witu, um von dem dortigen Vertreter der 
Biiu Gesellschaft den Besitzstand der Witu-Gesell- 
haft zu übernehmen. Der Besitzstand besteht aus 
25 Quadratmeilen Landes, welcher seinerzeit Seitens 
er Witu⸗Gesellschaft durch Denhardt vom Sultan 
on Witu erworben und an die Witu Gesellschaft 
nit allen Rechten einschließlich der Hoheitsrechte 
bergeben wurde. Die Witu Gesellschaft trat nun⸗ 
nehr ihre Rechte an die deutsch-ostafrikanische Ge⸗ 
slschaft ab, welche die von der Witu⸗Gesellschaft 
n Lamu errichtete Agentur ebenfalls über⸗ 
ommen hat. 
* In den leitenden Kreisen der Schweiz 
erbricht man sich noch immer den Kopf, wie man 
s mit der Neuordnung der Dinge im Tefyjfin 
igentlich halten soll. Denn mit der vorgenommenen 
Bolksabstiimmung, welcher zufolge die von den 
Riheralen gewünschte Revision der Tessiner stantons- 
erfassung vorzunehmen ist, sind die durch das 
Revolunoͤnli“ hervorgerufenen Schwierigkeiten im 
Tessin noch lange nicht beseitigt, besonders, was 
»ie Frage der Wiedereinsetzung der gestürzten 
lerikalen Regierung in Bellinzona anbelangt. Recht⸗ 
iche Gründe find gegen diese Wiedereinsetzung nicht 
‚orhanden, wohl aber politische, denn die Reakti— 
irung des klerikalen Regiments in Tessin würde 
aselbst sicherlich eine neue ernste Gährung hervor⸗ 
ufen. Einstweilen hat der schweizerische Bundes- 
aih eine Beschlußfassung in dieser heikeln Frage 
usgesetzt, bis die Prüfung des Abstimmungsergeb- 
isseß im Tessin erledigt ist. Uebrigens herrscht im 
Tessin fortgesetzt Ruhe, so daß die Bundesbatail- 
one Nr. 38 und Nr. 39 wieder aus dem Kanton 
urückgezogen und entlassen werden konnten. 
* Portugal ist noch immer ohne Mmisterium, 
da auch die Bemühungen des General Abreuhy 
Zouja, das neue Kabinet zu bilden, bislang noch 
on keinem Erfolge gekrönt worden sind. Die Ge⸗ 
—X 
ehr ernsten Charakter. 
Deutsches Reich. 
Karlsruhe, 10. Okt. Der Staatsminister 
Turban ist auf Ansuchen von dem Präsidium 
des Ministeriums des Innern entbunden und die 
deitung dieses Amtes dem Staatsrat v. Eisen⸗ 
ohr übertragen worden. Turban bleibt Präsident 
»es Staatsministeriums; er hat mit gnädigem 
dandschreiben des Großherzogs den Orden Bertbolds 
von Zähringen erhalten. 
Detmold, 10. Okt. Landtag. Bei der weiteren 
Beratung des Regentschaftsgesetze s wurde 
35. 4 in zweiter Lesung angenommen. Derselbe 
estimmt: „Der Regent übt namens des Für— 
en die h⸗rfassungsmäßige Regierungsgewalt aus. Ver⸗ 
assungsäanderungen bezüglich der Thronfolge find, 
»Nange der Streit der Agnaten über die Nächst⸗ 
erechtigung der Lippeschen Thronfolge besteht, 
ährend der Regentchaft ausgeschlossen. Der Regent 
rhält eine gesetzlich sestzusetzende Dotation, muß 
einen regelmäßigen Aufenthalt im Lande, nehmen 
ind dim VLandtage den Eid leisten.“ 
Gotha, 10. Okt. Die vom deuischen Prote⸗ 
rantentag angenommene Tagesordnung hin— 
chtlich der Stellung zum Dagma lautet: „Wir 
erwerfen jeden Versuch, die alten Dogmen auch 
och unserer Zeit als Glaubens- und Lehrgesetz 
ufzuerlegen. Wir halten eine freie Stellung des 
»nkenden und von Herzen gläudigen Chrisften dem 
Dogma gegenüber für vollberechtigt und fordern die 
Anerkennung einer jeden aus ernster, wissenschaft⸗ 
licher Prüfung hervorgegangenen theologischen Ueber⸗ 
eugung. Der feste Grund, auf dem wir einmütig 
ehen, ist das Evangelium Jesu Christi, welches 
hor allen Dogmen vorhanden war, mit seiner Fülle 
bon religiösem und sittlichem Leben.“ — Nach 
Annahme dieser Entschließung wurde der 18. deutsche 
Brotestantentau geschlossen. 
B&AsñsEsEM 
Ausland. 
Paris, 10. Okt. Der frühere französische 
Infanterie⸗Lieutenant Bonnet ist von dem Zucht⸗ 
polizeigericht zu Nanach wegen Spionage zu 
5 Jahren Gefängnis, 8000 Franken Prozeßkosten, 
owie zu 10 Jahren Aufenthaltsuntersagung und 
)er höchsten Strafe der Schuldhaft von 2 Jahren 
erurteilt worden. Die Verhandlung fsand bei ge⸗ 
chlossenen Thüren statt. In den Gründen des Ur— 
eils heißt es, aus dem Geständnis Bonnets und 
»en Thatsachen, welche die Untersuchung ergeben, 
ehe hervor, daß der Angeklagte im August und 
m September einem fremden Agenten ver— 
chiedene Mitteilungen über Grenzplätze, be⸗ 
onders Nachrichten über die Forts von Belfort, 
iber das sie verbindende Eisenbahnnetz und über 
ine neu gebaute Batterie ansgehändigt habe; daß 
xtefich durch die Eniwendung von Planen einer 
Sachcontravention schuldig gemacht; daß er endlich 
im 29. September nach Nancy gekommen sei, um 
„on jenem fremden Agenten neue Weisungen ein⸗ 
zuholen, somit einen abermaligen Spionageversuch 
»egangen habe. In Andbetracht dessen sei das hoͤchste 
Strafmaß auf ihn ar zuwenden. Daß Bonnet dem 
Heneral Miribel auf seiner Besichtigungsreise an 
der Ostgrenze gefolgt sei, wie behauptet wurde, 
wird nicht erwähnt. Bei seiner Ueberführung in 
das Gefängnis wurde Bonnet von der Menge be—⸗ 
chimpft. — Die Kaiserin Elisabeth bon 
Desterreich ist hrute in Marseille eingetroffen 
uind mit ihrem Gefolge ans Land gegangen. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
* Sit. Ingbert, 11. Okt. Das vorgestern ausge⸗ 
gebene Gesetzblatt veröffentlicht die allerh. Entschließ⸗ 
ung, wonach die Eröffnung der Landrats- 
dersammlungen für das Jahr 1891 auf 
Montiag, den 10. November 1890, an den Sitzen 
der Kreisregierungen festgesetzt ist. 
* St. Ingbert, 11. Okt. Die Frage der 
Errichtung einer städtischen Wasserleitung be—⸗ 
findet sich nunmehr in Fluß. Heute Nachmittag 
weilt Herr Ingenieur Koͤlwel aus Zweibrücken hier 
dehufs Vornahme von Messungen, wodurch die in 
Betracht zu ziehenden Höhenpunkte bejimmt werden 
ollen. 
* St. Ingberti, 11. Okt. Die gestern statt⸗ 
jehabte erste Vorstellung des Circus Marko 
einte, daß derselbe ganz küchtige Kräfte besitzt. Die 
dlebungen im Hochsprung u. A. über das Drome⸗ 
zar wurden gewandt ausgeführt. Die Produktionen 
der Künstlerin auf dem Drahtseil erweckten den 
Beifall des Publikums, nicht minder die gymnosti⸗ 
chen Uebungen, welche in der That sehr gut waren. 
Staunen erregte die Vorführung des Schulpferdes; 
ruch die Reitlünste wurden mit Beifall aufgenom⸗ 
nen. Zu dem Sehenswertesten gehören jedenfalls 
die Künste des Jongleurs, wie sie bereits an dieser 
Ztelle näher bezeichnet worden. Noch manche in⸗ 
eressante Nummer folgte, worunter das Figuren⸗ 
eiten hervorzuheben ist. Die Leistungen eines EFsels