Full text: St. Ingberter Anzeiger

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an des könial. Antgerichts St. Inghert. 
Der „Ste Zugderter — erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Mittwochs und Samstags 
mit Austrirten Beilagen. as Blatt boftet vierteljahrlich 1 SGO einschließlich Trageriohn; vurch die Post bezogen 14 75 4, einschließlich 40 4 Zuftellungsgebuhr. 
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Erpeditio? Aus unft ertheilt, I5 , Reklamen 30 4. Bei 4maliger Tinrückeng wird nur dreimalige vereqnel. 
A 213. 
Volitische Uebersicht. 
* Für das deuische Volk ist mit dem 18. 
Oktober wiederum der bedeutsame Gedenktag 
zekommen, an welchem vor nun 59 Jahren 
staiser Friedrich III. geboren wurde und die 
Wiederkehr dieses Tages wackt auf's Neue das Ge—⸗ 
denken an den edlen Fürsten, der seinem Volke nur 
zu früh durch ein grausames Geschick entrissen 
vurde. In pietot; vollster Weise ist im Kreise der 
deutschen Kaiserfamilie der Erinnerungstag des 18. 
Oktober durch die feietliche Einweihung des neuen 
Mausolrums der Potsdamer Friedenskirche begangen 
worden, in welches bereits am Donnerstag die ir— 
dischen Ueberreste weiland Kaiser Friedrichs und 
seiner ihm im Tode vorausgegangenen beiden 
Soöͤhne, der Prinzen Joachiim und Waldemar, von 
der Sakristei aus übergeführt worden waren. Der 
Undacht in der Gruftstätte des Mausoleums wohnten 
der Kaiser und die Kaiserin sowie die nächsten 
Mitglieder der kaiserlichen Familie, unter ihnen 
auch der Großherzog und die Großherzogin von 
Baden, bei. 
*Die abgelaufene Woche hat im Schooße des 
hreußischen Staatsministeriums wichtige Ent⸗ 
sheidungen gebracht, die jedenfalls in dem am 
Donnerstag stattgefundenen und vom Kaiser per⸗ 
sönlich prasidirten Kronrathe sanktionirt worden 
find. Dem Vernehmen nach hat es sich hierdei um 
die Steuerreform-Vorlagen des Finanzministers Dr. 
MNiquel, um den vom Minister des Innern, Herr⸗ 
jurth, ausgearbeiteten Entwurf einer Landgemeinde⸗ 
dnung für die östlichen Prohinzen, um einen neuen 
ozialpolitischen Eniwurf und um die Festsetzung 
des Termins für die Einberufung des preußischen 
Landtages gehandelt. Auch noch eine andere wich— 
iige Entscheidung ist in diesen Tagen erfolgt, die 
uuf kolonialpolitischem Gebiete liegr und ich auf 
ie laut kaiserlicher Kabinetsordre verfügte Er⸗ 
richtung eines Kolonialrathes als sach⸗ 
verständigen Beirathes für koloniale ÄAngelegenheiten 
hei der Kolonial-Abtheilung des Auswärtigen Amtes 
hezieht. Es verlautet, daß Fürst Herrman von 
dohenlohe · Langenburg an die Spitze des Kolonial⸗ 
athes berufen und Missionsinspelior Fabri zum 
tsten Sekretär des Präsidenten ernannt werden 
solle, welche beide Herren sich in der deutschen 
lolonialen Bewegung einen hervorragenden Namen 
pmacht haben. Jedenfalls darf von der neuen 
ßoͤrherschaft gehofft werden, daß fie den ihrer 
bartenden Aufgaben, die bis jetzt allerdings nur 
düchtig stizziri worden sind, gerecht werden wird— 
*Das sächsiche Staatsministerium hat den 
plölichen Verlus eines seiner hervorragendsten und 
mgefehensten Mitglieder zu beklagen, des Staats⸗ 
und Justizministers v. Abeken, welcher 
um Nachmittag des 15. Oltober an der Lungen⸗ 
intzündung gestorben ist. Herr d. Abeken wurde 
aim 26. Nobember 1826 zu Dresden geboren umd 
nat nach Absolvierung seiner Univerfitatsftudien 
un den sächsischen Juftizdienst ein, in welchem er 
tasch avancirie, 1866 ward der Verewigte zum 
wortragenden Rath im Justizministerium und 1871 
uum Justizminister und zugleich zum Bundesraths- 
mitglied etnannt, er hat aiso 19 Jahre hindurch 
das Justizwesen Sachsens geleitet und dasselbe in 
dieser Zeit zu einer auch vom Auslande anerkann⸗ 
nn desondeten Hohe erhoben. 1878 word herr b. 
Abelen anlaßlich der sibernen Dochzen des Konige 
Albert geadeit, 
* Der in Halle a. S. versammelte sozial⸗ 
Samstag, 18. Oktober 1890. 
25. Jahra. 
demokratische Parteikongreßß hat die 
janze Woche mit seinen Verhandlungen ausgefüllt 
ind sich hierbei im Allgemeinen streng an seine 
Tagesordnung gehalten, abgesehen von den durch 
die Opposition des Berliner „Genossen“ Werner 
Jegen die sozialistische Reichstagsfraktion herbovr⸗ 
serufenen persönlichen Zänkereien. Die sich an die 
Berichte der Referenten zu den einzelnen Punkten 
er Tagesordnung anknüpfenden Beschlüsse der Ver⸗ 
ammlung haben bis jetzt die vollständige Billigung 
des Verhaltens der als Parteileitung fungirenden 
steichstagsfraktion seitens des Kongresses ergeben. 
* Am politischen Horizont Frankreichs er⸗ 
cheinen wieder die leisen Schatten einer Minister⸗ 
rrisis. Es stellt sich für das neue französische Budget 
ein Deficit von 19 Millionen Frs. heraus, durch 
welches die Stellung des Finanzminister Rouvdiers 
eine ernsthafte Bedrohung erfährt undd da zudem 
jeine gesammte bisherige Finanz— und Steueirpolitik 
in den parlamentarischen Kreisen Frankreichs vier 
fach Widerspruch findet, so ist sein Nücktritt gerade 
nicht unwahrscheinlich. Als Nachfolger Rouviers 
vei seiner eventuellen Demission nennt man bereits 
den Handelsminister Roche und dann den bekannten 
»ppottunistischen Finanzpolitiker und früheren Fi⸗ 
nanzministet Leon Say. Vermutlich würde aber 
das Ausscheiden Rouvier's aus dem Kabinet Frey⸗ 
inet noch weitere Veränderungen in letzterem nach 
ich ziehen. 
neralanzeiger“ veröffentlicht eine Erklärung 
seines Chefredakteurs, der zufolge eine geheime Be— 
catung der deutschen und franzöfischen Sozialdemo— 
raten thatsächlich stattgefunden hat. Der Chef⸗ 
Redakteur selbst hat an derselben teilgenommen, 
Singer nicht 
Aueland. 
Paris, 16. Ott. Prasideut Carnot empfing 
heute Nachmittag die Mitglieder des Amerikaniften- 
longresses. Nach der Vorstellung hielt Canot eine 
Ansprache, in der er betonte, Frankreich sei eine 
Ansprache, in der er betonte, Frankreich sei eine 
Freundin der Künsteund Wissenschaften. Er schätze 
äch glücklich die Mitglieder des Kongresses zu be⸗ 
arüßen. Carnot zeichnete besonders die deutschen 
Teilnehmer aus. Professor Vircho w dankte für 
die Beschickung des internotionalen Aerztekongresses 
in Berlin durch die französsische Abordnung und 
ür die Förderung, die der französische Botschafler 
Herbette dem Kongretz habe zuteil werden lassen. 
Er betrachte diese Thatsache, fügte Professor Virchow 
hinzu, als ein glückliches Anzeichen dafür, daß das 
Sis gebrochen sei. Präsident Carnoterwiederte, 
er freue sich zu hören, daß diese Vorgänge so 
richtig ausgelegt würden. Nach dem' Empfang fand 
ein Frühstück im Elysöe statt. 
Paris, 16. Olt. Nach den Meldungen der 
„France“ über O'Brien's und Dillon's Fahrt 
nach Frankreich, schifften die beiden fich am letzten 
auf einer Segel⸗PYacht ein, lagen aber am zweiten 
Tage wegen Windstile fest und erlitten Wasser⸗ 
mangel. Gestern langten sie in Cherbourg an uͤnd 
heute Vormittag trafen fie, ganz erschöpft, in Paris 
ein. Sie beabsichtigen, am Sonnabend über Habre 
nach Amerika zu reisen. Dillon und O'Brien er— 
klärten einem Interbiewer, sie beabsichtigten, am 
25. Oktober fich über Habre einzusch ffen, zunächst 
nach Amerika, wo sie eine viermonatliche Kampagne 
zugunsten ihrer irländischen Landsleute unternehmen 
wollen; alsdann beabsichtigen fie, nach England 
zurückzukehren, und sich den Gerichten zu stellen. 
Paris, 17. Okt. Aus Rom wird gemeldet, 
heute werde dort eine pPäpstlhiche Enchklica 
an die italienischen Geistlichen und das italienische 
Volk erscheinen. Der Papfi versuche darin nachzu⸗ 
weisen, daß in Italien die ganze Thätigkeit der 
Regierung gegen das Popsttum, seine geistige Auto⸗ 
rität und gegen den katholischen Glauben der 
Jialiener gerichtet sei. Zu dem Ende werden die 
Thaten und Reden der amtlichen Persönlichkeiten 
im einzelnen aufgezählt; die Maßregeln gegen die 
religiösen Orden, die „Attentate“ auf das Recht der 
Bischoͤfe, der Feldzug gegen den religiösen Unter⸗ 
richt, die Kundgebung zu Ehren Giordono Brunos, 
das neue Strafgesetzbuch, die letzte Rede Crispis, 
dieser Krieg gegen die Kirche sei in moralischer, 
sozialer und politischer Hinficht die Quelle von 
Schäden für Italien, die nicht zu verkennen seien. 
And'rseits würden Italien aus einer Politik, welche 
die Achtung vor dem Heiligen Stuhl und seine 
Freiheit zur Grundlage mache, unermeßliche Vorteile 
erwachsen. Sein Pflichtgefühl üpd seine Vaterlands- 
liebe, so schließt der Papst, hätten ibn zu dieser 
Kundgebung veranlaßt. 
Saint Etienne, 16. Okt. Die streiken⸗ 
den Bergleute von Firminy haben beschlofsen, 
daß während der Dauer des Streikes 45 Mann 
don ihnen täglich behufs Erhaltung der Gallerien 
in die Schächte einfahren, um der von der Prä—⸗ 
fektur für diesen Zweck geplanten Zufuhr von ans 
wärtigen Arbeitern vorzuheugen. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 17. Okt. Der „Reichs⸗Anzeiger“ 
meldet: Zwischen der deutschen Regierung 
uand dem Sultan von Sansibar ist ein 
Einverständnis erzielt worden, wonach letzterer sich 
»erpflichtet, die Hoheitsrechte über den der ostafri—⸗ 
anischen Gesellschaft verpachteten Küstenstrich gegen 
eine Entschädigung von vier Millionen Mark ab—⸗ 
zutreten. — Generalfeldmarschall Graf Moltke 
rifft am 23. Oktober in Berlin ein. Wie der 
„Ostsee Zeitung“ aus Berlin gemeldet wird, hat der 
daiser angeordnet, daß sämmtliche kommandirenden 
Generäle fich an der am Sonniag den 26. Oktober 
in Berlin stattfindenden Moltke-Feier zu beteiligen 
haben. 
Halle, 17. Olt. So zialistenkongreß. 
Die am 15. Oktober gewählie Organisatoren⸗ 
tommission unterbreitete den von ihr umge⸗ 
arbeiteten Organisationsentwurf. In demselben ist 
die andauernde materielle Unterstützung der Partei 
als die Vorbedingung für die Angehörigkeit zur 
Partei gestrichen. Die Wahl von weiblichen Dele— 
zirten zu den Parteitagen wird zugelassen. Für die 
Parteiletung werden 12 anstatt bisher 5 Mitglieder 
»erlangt. Beantragt wird, daß die Parteileitung 
jünftig nach eigenem Ermessen über die Gelder ver⸗ 
zügt. Die in den 88 14-18 enthaltenen Kon⸗ 
rollbestimmungen, daß die Fraktion die Geschäfte 
des Parteivorstandes zu überwachen hat, werden be⸗ 
seitigt. Der neue Entwurf bestimmt, daß die Par⸗ 
deileitung die Parteigeschäfte besorge. Als Mitglieder 
der Parteileitung werden von der Organisations⸗ 
Kommission vorgeschlagen: Gerich und Singer als 
Vorsitzende, Auer und Fischer als Schriftführer, 
Bebel als Kasfirer, ferner 7 Kontrolleure. Der 
Organisationsentwurf wurde schließlich gegen eine 
Stimme en bloce angenommen. Zum Sitz der 
Parteileitung wurde Berlin bestimmt. Die Wahl 
)es nächsten Kongreßortes wurde dem Parteivor⸗ 
tand und der Fraktion überlassen. — Der von 
dem Sozialistenkongreß gemaßregelte hiestge Ge⸗—