St. Ingberler AAnzeiger. — M — — ——“ der „St. Ing berter Anzeiger“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint woͤchentlich dremmal: Dienstag, Donnerstag id Samstag. Abonnemenispreis vierteliährig 450 Krzr. oder 13 Silbergr. Anzeigen werden mit 3 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. Dienstac⸗ Per — Deutschland. München, 26. Sept. Bezüglich der Errichtung eines gerwaltungsgerichtshofes soll bekanntlich den Kammern erst ein hesetzentwurf vorgelegt werden und werden jedenfalls einige Mo⸗ iate vergehen, bis die betreffende Vorlage zum Gesetze erhoben verden kann; demungeachtet hat man in hiesigen Kreisen bereits den Präsidenten für den künftigen Verwaltungsgerichtshof fix und ertig und zwar in der Person des Grafen v. Hegnenberg-Dur. da die deßfallsigen Vermuthungen vielleicht nicht ohne Grund ind und in der That das Präfidium der neuen Centralstelle kaum in entsprechenderer Weise als durch den Grafen v. Hegnenberg hbesetzt werden könnten, so glaubte ich derselben hier erwähnen u sollen. Munchen, 27. Sept. Nachdem der Socialausschuß zur Frledigung der ihm vorgesetzten Aufgabe in letzter Zeit taglich Sitzung gehalten, ist es ihm gelungen, auch noch das Armengesetz urchzuberaihen und in heutiger Sißung schon die zweite Lesung ꝛes Gewerbegesetzezs vorzunehmen. Hiebei wurde von dem Abg. Dr. Brater der Antrag eingebracht, die Gast- und Schenkwirth ⸗ chaften, so wie den Handel mit geistigen Getränken aus der Reihe der konzessionspflichtigen Gewerbe zu streichen. Obwohl zieser Antrag heute schon eine größere Unterstützung fand als zei erster Lesung, konnie er doch die Majorität nicht erlangen, sondern wurde mit 8 (Crämer, Th. Wagner, v. Münch, Joseph Wagner, Urban, v. Steinsdorf, Vr. Edel, v. Schlör) gegen 7 Stimmen (Or. Brater, Sing, v. Soher, Kolb, Fischer, Hohenadel. Dr. Pözl) abgelehnt. Dagegen wurden die Strafbestimmungen des Gewerbegesetzes um ein Bedeutendes gemildert. Das Gewerbsge⸗ etz, so wie das Gesetz über Heimath, Ansäßigmachung, Verehelichung und Aufenthalt werden daher schon sofort, das Gesetz über die zffentliche Armenpflege aber wird nach der durch Einsetzung einer Subkommission bereits vorbereitelen zweiten Lesung der Kammer vorgelegt werden. Mäünchen 27. Sept. Die durch mehrere Blätter gehende Nachricht, daß der Minister des Aueßern, Fürst v. Hohenlohe mit dem württembergischen Minister des Aeußern, Frhr. v. Varn⸗ büler in den jüngsten Tagen eine Zusammenkunft gehabt habe— st vollständig aus der Luft gegriffen. Munchen, 27. Sept. Die Zahl der Adressen von Ge— meinden für die Auflösung der Abgeordnetenkammer ist auf 667 ingewachfen und die Bewegung scheint jetzt erst recht in Fluß zu ommen. (Pf. Ztg.) München, 28. Sept. Die Wiederberufung der Kammern ist bekanntlich auf den heutigen Tag erfolgt und hat diesen Vor— nittag die Anmeldung der Kammermitglieder begonnen. Von der Zammer der Reichsräthe sind erst wenige Mitglieder eingetroffen, don den Abgeordneten aber waren bis diesen Abend schon 87 per— önlich im Ständehause angemeldet, so daß die Kammer bereits deschlußfähig ist. Viele Kammermitglieder werden übrigens mit den heutigen Abendzügen der Eisenbahn anlangen. Am Montag Mittag soll eine Sitzung der zweiten Kammer stattfinden, damit zer Staatsminister der Finanzen das Budget für die nächste —äXX pätestens drei Monate vor Ablauf der Finanzperiode — in Vor⸗ lage bringen kann. Andere Regierungsvorlagen, insbesondere der Besetzentwurf über die Heeresverfassung, werden kaum innerhalb 3 Tagen vorgelegt werden können, da dieselben noch nicht ganz endgüulig feststehen und auch noch zur Berathung im Staatsrathe zu gelangen haben. Muünchen, 30. Sepi. In der heutigen ersten Sitzung der Abgeordneten-Kammer legte der Finanzmiuister das Büd⸗ zet und das Finanzgesetz für die Periode von 1868/69 vor. Der Zruttoboranschlag beziffert die Einnahmen und Ausgaben mit 38,602,570 si. Zugleich kündigte der Finanzminister die Vorlage eines neuen Gehalts-Regulatives an und erllärte die Erhöh ung der directen Steuern um 50 Procent AUr hothwendig. Endlich legte er einen neuen Gesetzentwurf über den Malzaufschlag hor, welcher die diesseitigs geltenden Be⸗ timmungen den Wünschen der Kammer gemäß abändert und den Aufschlag a uch in der Pfalz einführt. Der Kriegs- ninister legte sodann einen Gesetzentwurf vor, betreffend einen Fredit von 83,032,834 fl. für außerordentliche Heeres— bedürfnisse, welche Summe aus den Erübrigungen der 8. Finanzperiode zu decken wäare. Stutt gart, 27. Sept. In der Landesversammlung der zeutschen Parlei wurde einstimmig folgender Beschluß gefaßt: Die Bersammlung erklärt im Anschluß an die Beschlüsse der süddeutschen Bersammlung zu Stutigart vom 4. August: 1) Der Eintritt in den Norddeuischen Bund sei der einzig mögliche und wünschens— verthe Weg zur staatlichen Einigung Deutschlands; Schutze und Trußbündmßverträge mit Preußen, sowie auch Zoll- und Handels- inigung verbürgen, wenn sie auch jenem Zwecke noch nicht ganz genugen, wenigsiens im Kriegsfalle und auf wirthschaftlichem Wege, Fie nationale Verbindung des Südens mit dem Norden. Wir erwarten von unserer Volksvertretung unbedingte Genehmigung dieser Verträge. 2) Der Norddeutsche Bund ist kein Hinderniß ür die freiheitliche Entwickelung der einzelnen Landesverfassungen. Im Gegentheil ist durch die Beseitigung des Bundestags uns ein reier Spielraum für laͤngst verheißene Verfassungsreformen, be⸗ onders für directes und allgemeines Wahlrecht, eröffnet. 83) Die o sehr vermehrte Eisenbahnschuld, die im vorigen Jahre entstan⸗ henen Kriegskosten und die Neuorganisation des He⸗res bedingen ine enisprechende Erhöhung der Staatsausgaben; es sei jedoch inzulässig, den Mehrbedarf einfach durch Zuschlag auf die bishe— igen, am wenigsten auf die indirecten Steuern zu decken, viel⸗ nehr sei es erforderlich, neben Ersparnissen eine Steuerreform inzuführen. — Stuttgaxt, 29. Sept. Die heute hier statigefundene ahl eich besuchte Landesversammlung der Volkspartei beschließt die Berwerfung der Verträge mit Preußen, spricht ein Mißtrauens- otum gegen den Minister Varnbüler aus; verwirft das neue Zriegsdienstgesetz, weil dasselbe nicht nach dem schweizerischen Sy⸗ tem ist; spricht sich gegen eine Steuererhöhung aus, und fordert die Einberufung einer constituirenden Landesversammlung nach dem Gesetz vom 1. Juli 1340. Berlin, 28. Sept. Schultze⸗Delitzsch hat, wie wir schon zurz erwähut haben, als Anwalt der deutschen Genossenschaften einen energischen Protest gegen das Verbot des internationalen Tooperativ- (Genossenschafts⸗) Congresses in Paris seitens der lai⸗ erlich französischen Regierung erlassen, in welchem er nach Dar⸗ egung der Bedeutung der Genossenschaften zunächst anführt, daß ilie Befürchtungen, die man von einer solchen Zusammenkunft im Interesse der sigatlichen Ordnung gehabt, vollkommen ungerecht⸗ ertigt gewesen sind. „Nicht Feinde, sondern Stützen staatlicher Ordnung sind die Genossenschaften; nicht den Krieg, den Frieden zringen sie der Gesellschaft.“ Das Actenstück schließt mit den Worien: „So wird denn hiermit vor der gebildeten Welt, von zeren cibilisatorischer Cooperation in Paris man die sociale Eoo- »erativbewegung ausgeschlossen hat, Protest erhoben. Mit dem Verbote des internationalen Genossenschafts-Congresses hat die Pariser Weltausstellung in einer der wichtigsten Beziehungen ihren Anspruch auf Universalität verwirkt und ihre internationiale Be— »eutung geschwächt. Wie auch die Genossenschaften andrer Länder u diesem Attentat auf die Würde und sociale Berichtigung ihrer Zache sich stellen mögen, es ist ganz besonders Sache der deutschen Benossenschaften und Pflicht ihres Anwalts, hier einzutreten. Als virthschaftliche und sittliche Macht, fußend auf allem, was gut ind recht, was wahrhaft menschenwürdig ist, weisen wir jenen Willkuüract zurück. — Die französische Regierung, die sich einst nit dem Ausspruche: „das Kaiserreich ist der Frieden“ inaugurirte, jat durch ihre Achterklärung eines der werthvollsten Elemente für hen innern und äußern Frieden der Völker von sich gewiesen. Die Genossenschaften nehmen Act davon.“ Bersin, 28. Sept. Aus der vorgestrigen Adreßdebatte