F 5114 Der „St. Ingberter An ze iger“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal Dienstag, Doöͤnners kah und Samstag. Abonnemenispreis vierteliährig 48 Krzr. oder 13 Silbergr. Anzeigen werden mit 4 Krzr. die dreispaltige Zeil⸗ F J Blattschrift oder deren Raum berechnte. ——— Nro. 6 4868. ůSůSS———-—— * — — —F DDeutschland. Muünchen, 23. Mai. Am nächsten Dienstag (heuite) werden es fünfzig Jahre seit dem Tag, an dem die gegen⸗ wärtige bayerische Staatsverfassung in Wirksamkeit getreten ist, ein Gedenktag, der an verschiedenen Orten des Konigreichs von Corporationen und Einzelnen festlich begangen werden wird, und sür den auch eine allgemeine kirchliche Feier angeordnet ist. Auch Mitglieder des gegenwärtigen Landtages haben eine gemeinsame Feier in München verabredet. München, 28. Mai. Der „Allg. Ztg.“ wird geschrieben: Fürst Hohenlohe wird in den ersten Tagen der kommenden Woche hierher zurückkehren; auch die Rückkehr des Handelsministers v. Schlör, welcher dem Vernehmen nach der Einladung zu dem Ausflug nach Kiel zur Be— ichtigung der Deuschen Flotte im dortigen Seehafen folgen wird, wird jedenfalls noch vor Pfingsten erfolgen. Einige baherische Zoll⸗ darlamentsabgeordnete haben den förmlichen Schluß der Sitzungen des Parlaments nicht abgewartet und sind bereits in ihre Hei⸗ math zurück. eue, — Vom Rhein, 20. Mai. Ferdinand Freiligrath ist be—⸗ reits von seinem kurzen Ausfluge an den Rhein nach London wieder zurückgekehrt und trifft daselbst Vorkehrungen, um sein Asyl für immer zu verlassen und in die deutsche Heimath zurück— zukehren. Alle seine Sypathien fesseln und bannen den Dichter an den Rhein, wo seine Muse die brausenden Freiheitslieder ge— scha ffen, die ihn in der Manteuffel'schen Reactionsperiode zum Hochverräther und Repolutionär stempelten. Die Amnestie von 186h6 kommt dem Dichter nicht zu gute, und da der betreffende Steckbrief noch immer über dem Haupte des Dichters schwebt, so väre es immerhin möglich, daß ihn irgend ein Staatsanwalt ver⸗ daften und zur Rechenschaft ziehen könnte. Wenn es nun auch nicht wahrscheinlich ist, daß man jetzt noch einen politischen Pro— ceß gegen den Dichter in Scene setzt, so will der Dichter auf deutschem Boden doch nicht blos geduldet sein, sondern sich eine volslberechtigte Heimath gründen. Freiligrath wird daher wahrschein- äch seinen Aufenthalt in Stuttgart nehmen und schon zu Anfang des nächsten Monats daselbst mit Familie eintreffen. Während seines Ausenhalts am Rhein hatte er trotz seinen Incognito Mühe die ihm zugedachten Ovat'vnen alle abzuwehren; wo er erkannt wurde, ließ man es sich nicht nehmen, den Dichter des „Glau— zensbekenntnisses“ irgendwie auszuzeichnen. Auf seiner Rückfahrt hon Lorch nach Köln wurde er an Bord der „Loreley““ von dem apitän erkannt, der alle Flacken aufhißte und den Dichter mit drei Ehrensalven begrüßen ließ. Baerluin, 22. Mai. Bei dem zu Ehren der Süddeutschen in der Börse gestern gegebenen Festessen brachte der großbritanische Generalconsul Victor v. Magnus einen Toast auf den König von Preu⸗ zen, der das Zollparlament berufen habe, aus. Siemens toastete auf den Zollbundesrath, Präsident Simson auf den Handel und die Industrie Berlins, Graf Bismark auf die süddeutschen Brü— der, denen ein fröhliches Wiedersehen zu erneuten gemeinsamen Thätigkeit im Zollparlament zugerufen sei. Der Ministerpräsident Fürst Hohen lshe trank auf die Vereinigung der deutschen Stämme, Abg. Völk auf den deutschen Rechtsstaat, Abg. Marquard Barth unter stürmischem Beifall auf Graf Bismarck. Das ganze Fest machte einen glänzenden Eindruck. Anwesend waren u. A. die Generale v. Steinmetz und Vogel v. Falkenstein, sowie die meisten Mitglieder des Bundesraths. — Heute Abend findet ein zweites Fest statt, zu dessen Arrangement angesehene Bürger der Stadt wie der Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung, mehrere Stadträthe, Spitzen des Kaufmanns- und Handelsstandes ꝛc. als Tomite zusammengetreten sind. Das Fest wird im Lokale den Tivoli auf dem Kreuzberge den süodeutschen Abgeordneten zu“ Ehren gegeben und ist der Subscriptionsßreis für die Festtheilneh— ner aus den Reihen der Bürgerschaft auf 1 Friedrichsd'or nor— mirt. Ueberhaupt geschieht von allen Seiten Alles, daß die süd⸗ deutschen Abgeordneten sich hier nur wohl fühlen. Eine schlechte Frinnerung aus Berlin können die Herren aus Süddeutschland auch unmöglich mitnehmen, aber im Uebrigen sehnen sie sich, lrotz aller Aufmerksamkeit, die man ihnen in gesellschaftlicher Beziehung erweist, doch nach Hause und es wird schwer werden, sie über den Sonnabend hinaus noch hier zurückzuhalten. — Daß über die Berwerfung der Petroleum⸗Steuer die allgemeine Befriedigung Jerrscht, ist wohl selbstverständlich. Sowohl die, Tabakssteuer als die Petroleumsteuer waren eben nur specifische breußische —X —8 Bexlhin, 28. Mai. Heute Nachmittag um 4 Uhr hat im Weißen Saale der Schluß des Zollparlaments durch Se Maje⸗ tat den König stattgefunden. Die, Thronrede resumirt die Ke— sultate und der König hofft, bei dem nächsten Zusammentreten eine Verständigung in den wirthschaftlichen und; finanziellen In⸗ leressen zu erzielen. Das Zollparlament habe das gegenseitige Vertrauen der deutschen Stämme gekräftigt, manche Vorurtheile zerstört oder gemindert. Alle werden die Ueberzeugung mitnehmen, daß im deutschen Volke ein brüderliches Gefuhl der Zusammen— zehörigkeit leb. Von vertragsmäßig bekundetem Willen und berechtigten gesetz⸗ zebenden Gewalten zu einer hervorragenden Stellung berufen will der König die ihm übertragenen Rechte als heiliges, von der Ra— tion und den Fürsten ihm anvertrautes Gut in Achtung der Ver⸗ träge und der geschichtlichen Berechtigungen handhaben und ver⸗ verthen. „Nicht die Macht, welche Gott in Meine Hand gelegt, ondern die übertragenen Rechte werden Mir jetzt und in Zukuufi ur Richtschnuc Meiner Politik dienen““ 16 »SZerlin, 23. Mai. In der gestrigen Sitzung des: goll⸗ hundesrathes wurde die Zurücknahme des veränderten Vereinsta⸗ cifs einstimmig beschlossen. Die“ Verhandlung mit Lübeck wurde genehmigt, worauf Senotor Curtius Lübecks Beitritt zum Zoll⸗ »erein erklärt. Die Amendements zur Tabaksste ner wurden eben⸗ alls genehmigt und ferner Administrations⸗ Anordnungen“ zum Vollzuge des österreichischen Handelsvertrages getroffen.. . Wien, 28. Mai. Morgen soll die Veröffentlichung der »om Kaiser nunmehr sanctionirte Anticonecordat 8gefsetze Ehegesetz. Schulgesetz, interconfesfionelles Gesetz) und übermorgen die Abreise Meisenbuz nach Rom erfolgen. — Dem hiesigen Telegraphen-Correspondenzbureaus wird uus Bukarest, 22. Mai telegraphirte Einem Gerüchte zufolge vird heute die Kammer auf dem Freiheitsfelde sich als Confti⸗ uante erklären und die Unabhängigkeit des Landes proclamiren Ein in Frankfurt eingetroffenes directes Telegramm aus Bukareft üer die gestrige Jahresfeier der Thronbesteigung des Fürsten carl weiß davon nichts)... Wien, 28, Mai. Wie die „Neue Freie Presse“ hört, bee reitet England eine Friedenskundgebung aller Mächte vor, in wels her diese sowohl den ernsten Willen zur Erhaltung des Friedens, als auch den festeu Glaubenan die Möglichkeit derselben aus« prechen sollen. Nach allseitig entsprechender Zustimmung zu dem in der Mittheilung betonten Princip werde die formelle Eröffnung exfolgen. Das Wiener Cabinet sei in Voraussetzung bereitwillig⸗ ster Mitwirkung bereits vertraulich davon benacheschtigt. * Wien, 23. Mai. Das Unterhaus des Reichsrathes be⸗ willigte im heutigen Verlauf der Budgerdebatte die Gesammtbe⸗ deckung mit 281,145,907 fl. und nimmt sodann die Gesetze über Staatssschuldencontrole und Ausprägung neuer Scheidemünzen an. Prag, 23. Mai. Die rumänische Negierung jat hier Lieferungsverträge für große Quantitäten Sommißleinwand, Pferde-Aurüstungsgegenstände und andere Artikel ibschließen lassen. Frankreich. Paris, 24. Mai. „Constitutionel“ conslatirt, daß die Rede des Königs Wilhelm zum Zollparlamentsschluß Befriedigung ein⸗ löße, da sie in einem Geiste gehalten fei, der hoch über der im Parlamente selbst zu Tag getretenen Engherzigkeit stehe. Das officisse Blatt fügte bei: „Viese Rede ist die erste officielle Kund⸗ gebung, welche in voller Uebereinstimmung mit dem Geiste der