St. Ingberler Anzeiger. — Der „St. Ingberter Anzeiger“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag and Samstag. Abonnemenispreis viertelijährig 48 Krzr. oder 183 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. Samstag, den 11. Juli 1868 sro.shg — Deut schland. Muünchen, 8. Juli. Der Kronprinz und die Kronprinzessin oon Italien sind mit Gefolge um 4 Uhr von Innsbrud hier an⸗ nekommen und im Hotel,Vier Jahreszeiten“ abgestiegen. — Nach einer allerhöchsten Verordnung vom 25. Juni ist der Handel mit Landesproducten im Umherziehen, als Getreide, Schmalz, Eier, Butter, Geflügel u. dergl. zum Zwecke des Wiederverkaufs nur gestattet mit einer von der Districtsbehörde auszustellenden, blos für die Dauer eines Jahres gültigen degitimation. J Berlhimn, 6. Juli. Graf Bismarck wird vom 20. Juli ab auf drei Wochen das Ostseebad zu Rügenwaldermünde besuchen Alle anderen Zeitungsnachrichten uüͤber die Reisen des Bundeskanz⸗ lers sind unbegründet. General Moltke hat gestern eine vierwoͤ— hentliche Urlaubsreise nach Schlesien angetreten. Der norddeutsche Botschafter in Paris, Graf v. d Golßz, der sich jetzt von einem jolländischen Arzte behandeln läßt, befindet sich in wefentlicher Besserung. Berlinn, 8. Juli. Der König reist nächsten Samstag Abend nach Ems. — Der „Staatsanzeiger“ veröffentlicht das GBesetz über Aufhebung der Spielbanken. — Der Staatsgerichts⸗ hof hat den hannober'schen Exminister Grafen Platen in contu⸗ matiam wegen Hochverraths zu 1öjaähriger Zuchthausstrafe und lOjähriger Polizeiaufsicht verurtheilt. Das Kammergericht hat den Socialisten v. Schweitzer aus Frankfurt wegen Uebertretung des Vereinsgesetzes zu 25 Thlr. Strafe verurtheiit und die defini⸗ tive Schließung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins ausgesprochen.“ alle die übrigen, die Ihr ohne ein Wort drein zu reden, habt zu Stande lommen lassen. Allerdings habt Ihr seitdem in glanzen⸗ der Weise Euch in den Augen der oöͤffentlichen Meinung wieder auf⸗ zerichtet, indem Ihr mit vervollkommneten Gewehren 5800 waffen⸗ ose Garibaldianer in unmittelbarer Nähe niedergeschossen habt.“ — Zur Verhöhnung der sich jetzt häufenden officiellen Loyalitäts⸗ oaste läßt Rochefort bei einem Bankett einen Kedner auf Napo⸗ eon IV. einen Toast ausbringen. „Ich trinke mit, ruft ein be— zeisterter Zecher. Allein Napoleon IV. wird ein Kind haben. Ja vohl, ja wohl! jubelt die Gesellschaft. — Und zwar einen Sohn! — Gewiß! — Und der folgt eines Tages seinem Vater nach! — Patürlich. — Meine Herren, ich trinte auf das Wohl Napo—⸗ leon's V.! — Um zwei Uhr weniger 10 Minuten des Morgens rank man auf die Gesundheit Rapoleon's XXXII.“ — Der Uppell der Mitglieder der internationalen Arbeiterassociation, heißt es an einer anderen Stelle, ist verworfen worden. Die Theorie, welche hierüber besteht ist folgende: „Der Staat ist genöthigt, die Arbeiter zu leiten, weil sie nicht genug Einficht besißen, um sich elber zu leiten. So wie sie aber beweisen, daß diese Einficht hnen gekommen ist, stellt man sie vor das Zuchtpolizeigericht.“ — „Man zeigt an, daß in dieser Woche eine große Anzahl Narren sich an dem Eingangsgitter der Tullerien eingefunden haben. Ich neines Theils kenne mehre Narren, die veinahe alle Tage an die⸗ em Gitter vorsprechen. Einige tragen selbst Portefeuilles unter dem Arm.“ — Den Schluß bildet die Aufforderung zur Errich⸗ tung eines zeitgemäßen Denkmals für Herrn Teste, den Minister, her in der letzten Periode des Julikönigthums wegen Corrupiion abgesetzt und vernriheilt worden war. Die Inschrift des Denk⸗ mals für ein „ebenso großes, wie unverdientes Mißgeschick“ soll, nach dem Vorschlag Rochefort's also lauten: „Dem Gedächiniß des Hrn. A. Teste, der drei Jahre lang Minister war und wäh⸗ end seiner Amtszeit nur ein einziges potdevin bon 100,000 Francs annahm. England⸗ London, 4. Juli. In einem heute veröffentlichten Blau⸗ huche über den abyssinischen Feldzug finden sich zwei Briefe Theodor's an Sir Robert Napier, kurz vor des Konigs Tode geschrieben, welche einen Einblick in jenen wundersamen Charac⸗ er gestatten. Das erste dieser Schreiben wurde durch Lieutenant Prideaux überbracht und lautet im Wesentlichen: Inm Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Gei⸗ stes, des Einen Gottes in Einigkeit und Dreieinigkeit! Meine Zandsleute haben mir den Rücken gekehrt und mich gehaßt, weil ich ihnen Tribut auferlegte und sie unter militärische Disciplin zu bringen suchte. Ihr habt mich bezwungen durch ein discipli⸗ nirtes Volk. Meine Anhänger, die mich liebten, wurden durch eine Kugel in Schrecken gesetzt und flohen trotz meiner Befehle. Als ihr sie schluget, war ich nicht mit unter din Flüchtigen. Mich ür einen großen Helden haltend, lieferte ich Euch die Schlacht. Das Volt meines Landes verhöhnte mich, weil ich den Glauben der Franken angenommen, sagte ich sei Muselmann geworden, und erregte auf zehn andere Weisen meinen Zoͤrn gegen. es. Möoge Bott das Bose, welches ich ihm gethan, zum Guten lenken. Ich beabsichtigte, hätte Gott so gewollit, die ganze Erde zu unterwer⸗ fen, und es war mein Wunsch, zu sterben, wenn mein Zweck nicht erreicht werden konnte. Ich hatte gehofft, nach Bezwingung mei— ner Feinde in Abyssinien, mein Heer nach Jerusalem zu führen, uim dieses von den Türken zu befreien. Ein Krieger, der starke Männer Kindern gleich in seinen Armen wiegte, wird nie dulden, daß er selbst in den Armen Anderer gewiegt werde. Der zweite Brief wurde am 12. April durch Bendec überbracht: Der Koönig, der Könige, Theodor: möge dies den geliebten Diener der großen Königin von England erreichen. Ich schreibe Dir, ohne Dich beim Namen nennen zu können, weil unser Ver⸗ sehr so unerwartet kam. Daß ich Dir gestern meinen Brief ge— chickt und mit Dir gehadert habe, belümmert mich, mein Freund. Frankreich. Paris, 8. Juli. Zur Rede des Staatsministers Rouher im Gesetzgebenden Körper bemerkt der „Moniteur“: Der Wille des Kaisers geht ebenso wie der des Gesetzgebenden Körpers und des Landes darauf hinaus, den Frieden zu erhalten, welcher eine wesentliche Bedingung des Fortschrittes der Civitisation ist. Die Zukunft ist gegen jede Eventualität gesichert durch eine Militäror- zanisation, welche den Traditionen unserer Geschichte entspricht; aber diese Heeresreform ist nur eine neue Garautie zu Gunstien der friedfertigen Ideen, deren Anwendung die kaiserliche Diplomatie mit der Würde in Einklang bringt, die ein großes Land wahren muß.“ — Im Gesezgebenden Körper behauptete Julius Fabte heute: Frankreich müsse bezüglich der Entwaffnung den übrigen Mächten vorgehen. Nachträglich sei noch bemerkt, daß Marschall Riel gestern constatirt hat, daß seit des Kaisers Rückkehr von Cha— lons halbjährliche Beurlaubungen in dem bisher üblichen Maßstabe dattgefunden haben. Wie der „Figarro“ mittheilt, sollen in Frankreich die Chas⸗ epotgewehre neuerdings verbessert werden mit einem Aufwand von 5—27 Fre. per Stück, was für die bereits fertigen 300,000 Stück einer Ausgabe von c. 2. Mill. entsprechen würde. Das neue Blatt „Lanterne“ von Heuri Rochefort wimmelt von Bosheiten, von denen eine beißender ist als die andere. Nachfol⸗ gend einige Proben, welche villeicht noch nicht einmal das Stärkste hieten: „Hr. v. Bismarck hatte versprochen, zu seiner Wiederher tellung nach Cannes zu kommen. Allein der Gedanken an den Uufenthalt in Frankreich war ihm so verhaßt, daß er auf ein Vor⸗ jaben verzichtete, das uns alle mit Stolz erfüllt hätte. Die fran⸗ jͤsische Regierung ist ganz bestürzt hierüber. Sie hätte sich so zlücklich geschätzt, endlich einmal einen intelligenten Minister inner— jalb ihrer Mauern zu wissen, und sie hätte es als eine Pflicht er⸗ ichtet, ihre ergebensten Huldigungen jenem Deutschen darzubringen, der fie zu verschiedenen Malen so ganz ungeniri angeführt hat. — Vielleicht gebe es ein Mittel, den einzigen Staatsmann Europa's, »er wirklich diesen Namen verdient, zum Besuch herbeizubringen. dies Mittel bestände darin, daß man Cannes als preußische Be⸗ ißung erklärt. — So demüthigend diese neue Aunexion Euch auch erscheinen dürfte, so wäre sie es doch nicht in höherem Grade, als