zu den verschiedensten Commentaren Veranlassung geben und daß man hinter einer vom staatsökonomischen Gesichtspuncte aus ver— derblichen Maßregel einen politischen Gedanken des Mißtrauens und der Feindseligkeit sehen würde. Dies ist nun auch wirklich geschehen. Zwei Journale von verschiedenem Standpunkt, das eine konservativ, das andere liberal, urtheilen über das Verhalten Belgiens mit großer Strenge. Die „Liberte“ namentlich ist von „iner Präcision, die nichts zu wünschen übrig läßt, und dies ist hon ernster Bedeutung, wenn man bedenkt, welchen Einfluß dieses Blatt auf das Publikum ausübt. DieLiberte“ ruft aus: „Der⸗ enige ist mit Blindheit geschlagen, welcher nicht sieht, daß die bel⸗ zische Armee in Kurzem die Avantgarde der deutschen Armee gegen Frankreich sein wird. Zählt nun noch auf die franco⸗belgische Interessen⸗ Union, welche morgen den Namen des franco⸗-belgischen Tonflicies führen wird, eines Conflictes von ganz anderer Trag⸗ weite, als der türkischegriechische.“ So also sehen wir Belgien, Dank dem von seiner Regierung begangenen Fehler, in einen greußischen Agenien, in die Avantgarde der deutschen Armee und n eine unablassige Drohung für unsere Sicherheit und für un ⸗ eren territorialen Besitz umgewandelt. Hatten wir Unrecht zu jagen, daß die Anhänger der Annexion sich über eine Maßregel reuen würden, welche das Brüsseler Cabinet als einen Act der lugheit betrachtet ? Hatten wir Unrecht zu sagen, daß sie sich zus dem Gesetz über die Eisenbahnen eine Waffe gegen Belgien machen und diese Gelegenheit benutzen würden, die öffentliche Meinung, welche die Regierung immer im Zaume gehalten hat, u überreizen? Gaben uns die Artikel der „Liberte“ und des Poys“ nicht vollständig Recht J Freilich liegt Uebertreibung in zem Mißtrauen der „Liberte“, wir wollen in diesem Glauben heharren, allein es bleibt deshalb nicht weniger wahr, daß ihre Anschuldigungen in der öffentlichen Meinung großen Credit finden ind Keime der Feindschaft aussäen werden, die nicht ohne Folgen hleiben können. Indem die französische Regierung auf alle mög⸗ iche Weise bemühl war, jeden Tag die commerciellen und indu⸗ zriellen Bande zwischen beiden Lündern enger zu ziehen, schwächte ie und lenkte den Strom der öffentlichen Meinung ab und gab zer Neutralität Belgiens eine solidere Grundlage denn je. Die helgische Regierung entsagt heute ploöötzlich und ohne Motiv, unter dem Einfluß eines Schreckens und eines Mißtrauens, welche nichts erklärt und rechtfertigt, dem System, welches die Interessen beider Bolker mehr und mehr verflocht, ohne ihrer politischen Autonomie Fintrag zu thun. Sie opfert einer kindischen Furcht die Han⸗ zelsinteressen zweier Nationen, öffnet allen Konjecturen die Thore und ladet so eine große Verantwortlichkeit auf sich.“ Hervorzuheben st hierbei die Dreistigkeit, mit welcher das, Peuple“, die „Liberte“ uind das „Pahs? als Organe der öffentlichen Meinung Frankreichs zezeichnet, wahrend hier jeder weiß, daß das erstere Blatt nichts As die individuelle Meinung des Herrn Emil de Girardin und —DD der ullra⸗bonapartistischen Koterie Cassagnac xepräsentirt. Paris, 16. Febr. Die „France“ schreibt: Man glaubt n der letzten belgischen Angelegenheit die Hand Preußens zu sehen. Fs ist nothwendig, daß das Ausland erfahre, Frankreich sei die⸗ ses ungewissen präceren Zustandes unserer auswärtigen Angelegen⸗ heiten müde. Dieser Zustand der Ungewißheit, weiche alle Interessen beeinträchtigt und alle Gemüther aufregt, ist wahrhaft smerträglich. Es ist Zeit, daß man ihm ein Ende mache. — Der „Public“ sagt: Wir wissen nicht, ob durch gerechtfertigte Reprassalien Frankreichs geantwortet werden wird, oder durch den Sturz des belgischen Ministeriuns. Die „Patrie“ und andere Journale bringen ebenfalls Artikel, in welchen die Haltung Bel⸗ Jiens getadelt wird. Paris, 17. Febr. Der „Public“ tritt den Allarmgerüch ten über die belgische „Angelegenheit“ entgegen und bemerkt dabei, das belgische Cabinet werde eine Note senden, welche deeignet sein durfte, die öffentliche Meinung Frankreichs zu befriedigen. Die officidsen Blaͤter dagegen geben sich der Hoffnung hin, der »elgische Senat werde das Votum der Deputirtenkammer annulliren. Paris, 18. Febr. Der „Constitutionnel“ tadelt die Allarmgerüchte über die belgische „Angelegenheit“ und erklärt, der Zwischenfall werde den Weltfrieden nicht bedrohen. Paris, 18. Febr. Die Conferenz hat in einer heute abgehaltenen Sitzung die Antwort Griechenlands für genügend erklärt. — Die Regierungsblätter drücken die Hoffnung aus, daß der belgische Senat den Beschluß der Abgeordnetenkammer über die Eisenbahnverpachtungsfrage annulliren werde. Weitere telegra⸗ ohische Notizen hierüber sind folgende: Der „Constitutionnel“ sagt: „Das französische Nationalgefühl ist lebhaft und leicht reizbar und die Nation zeigt ihren ganzen Stolz, wenn sie einen übelwollen⸗ den Gedanken beargwohnt oder auch nur eine unberechtigte Ein⸗ mischung des Auslandes zu erkennen glaubt. Aber der belgische zwischenfall hat nicht die Macht, den Frieden der Welt zu trüben. — Die „Oesterr. Corresp.“ meldet, daß der Conflict zwischen Frankreich und Belgien in die Bahn friedlicher Verständigung ge— zracht worden sei. Die belgische Regierung protestire gegen die Berdächtigung, als ob sie sich bei ihrem Verhalten von anderen ils streng wirihschaftlichen Motiven leiten ließ. — Zur Wieder— zerstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und griechenland, die ohne Schwierigkeit stattfindet, werden voraus- ichtlich andere Diplomaten als die bisherigen ausersehen. Belgien. Brüssel, 17. Febr. Das Eisenbahngesezz ist jetzt auch m Senat eingebracht und wird Freitag discutirt werden. Man rwartet Opposition von Seiten der Rechten. England. London, 11. Febr. Dem „Herald“ wird aus Paris eschrieben: „Die französische Diplomatie entwickelt gegenwärtig ine so gewaltige Thätigkeit, daß sie der Beachtung nicht leicht ntgehen kann. Was bedeutet dieser endlose Depeschenwechsel wischen Paris und Florenz? Ist es und kann es wahr sein, daß Lavalette — der bekanntlich der Reuumung Roms warm das Wort spricht — ein Bündniß zwischen Frankreich, Italien und Desterreich zu Stande zu bringen versucht? Die Antwort auf ziese Frage muß ich schuldig bleiben, aber ohne Feuer gibi s keinen Rauch, und an Rauch haben wir jetzt eben keinen Mangel.“ Der Westindien⸗Dampfer „Neva“ meldet folgende Nachrichten rus Mittel- und Südamerika: Amatillan in Guatemala wurde jon einem Erdbeben heimgesucht. Zwischen Salvador und Hon⸗ zuras sind Differenzen ausgebrochen, welche einen Krieg befürchten assen. Gegen das Leben des Präsidenten von Nicaragua und einer Familie, hat ein Vergiftungsversuch stattgefunden. In Valparaiso entstand am 31. Dezember eine Feuersbrunst, velche große Verluste an Menschenleben und Eigenthum zur Folge hatte. London, 13. Febr. Der „Spectator“ findet nichts zu zerwundern, wenn die feile officielle französische Presse sich in rage“ wegen der vom Grafen Bismarck gehaltenen Confiscations⸗ stede äußere, „denn wenn jene Rede etwas meine — und Graf gismarck sei nicht gewohnt ins Blaue hinein zu reden — so neine sie, daß Deutschland sich in Gefahr befinde und diese Ge⸗ ahr von Frankreich her gedroht hatte, so daß Frankreich sogat Alliirte im Lager des Bundes hatte.“ Am Schluß des Artilels jeißt es: „All das Hin⸗ und Herreden über Griechenland und umänien, über den Prager Frieden und die dänische Angelegen- eit und über Vorgange in Pest kommt immer auf den einen zunkt zurück — daß Frankreich und Preußen sich gern schlagen iber höchst ungern dazu den ersten Anfang machen wollen.“ — sach Berichten aus Margate (Grafschaft Kent) wütheie daselbß in der Küste ein Orkan, der etwa ein Dutzend Schiffbrüche zur Folge Hatte, von denen mehrere in totalem Untergange der Fahr⸗ ‚euge, nebst Verlust an Menschenleben, resultirten Nähere Berichte ehlen bis jetzt noch. Schweiz. Bern, 15. Febr. Laut officieller Mittheilung werden die Unterhandlungen über den schweizerisch-deutschen Handels— dertrang im nächsten Monat in Berlin wieder aufgenommen verden. Italien. Floren;z, 18. Febr. Die Deputirtenkammer genehmigte den Postvertrag mit dem Norddeutschen Bund. Spanien. Madrid, 17. Febr. Die Cortes wollen nach ihrer Con⸗ tituirung Serrano mit der Bildung eines neuen Ministeriums betrauen. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die seitherigen Minister fast alle in ihren Aemtern verbleiben. — Die Cortes sind gegen den Herzog von Montpensier. Koͤnig Ferdinand sowohl als der regierende König Ludwig von Portugal verweigern die Annahme der Candidatur für den panischen Thron. Amerika. (Der erste Deutsche im amerikanischen Senat.) In den Annalen der Union unerhört und zugleich ein Beweis ihrer Aner⸗ ennung und Hochachtung unseres seit 1866 erfolgten nationalen Aufschwunges ist die kürzliche Wahl des bekannten General⸗ Zarl Schurz, dessen intime Beziehungen zum Grafen Bis⸗ nmarck bekannt sind.