St. Ingberler Anzeiger. EFF — — Der St. Jnaberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags-, Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ Lummer) erscheint wöchentlich vie rn al: Diensta g.Donnerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljährig 42 Krzr. oder 12 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Arzr. die dreispaltige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. —*. — — — — — — — — * 2— — ö— ——e — ⸗ — — e — Nr. 55. Diienstag, den 18. Aprii. 18869. Der nene Civilproceesß. Mümnchen, den 9. April 1869. Aus verschiedenen Mittheilungen, welche aus der, Pfalz nach München. gelangen, geht hervor, daß über den Verlauf und Stand der Civilproceßfrage anrichtige Aufstellungen und Ansichten im Umlaufe ind. Es wird daher angemessen sein, den wirklichen Sachverhalt in möglichster Kürze darzustellen. Beide Kammerausschüsse hatten anfangs Februar die Berathung des neuen Proceßgesetzes beendigt und es stand auf den 15. jenes Monats im Ausschusse der Kammer der Abgeordneten die Verhandlung über das Einführungsgesetz in Aussicht, welches in Artikel 1 die Auwendung des Gesetzes im ganzen Umfange des Königreiches porsieht. Wie bei alien wich⸗ igen Angelegenheiten, so traten auch hier die pfälzischen Abgeord⸗ neten vorher in Berathung über ihr Verhalten und beichlossen, ebenso wie bisher im Privatverkehr, so auch bei dieser ersten offi⸗ ciellen Gelegenheit, die Nichteinführung des neuen Gesetzes in der Pfalz zu verlangen. Bei diesem Beschlusse verhehlten sich die pfälzischen Abgeord⸗ aeten nicht, daß aus dem Verhalten der Pfalz wiit voller Sicher; heit auf die Zurückweisung des neuen Gesetzes nicht geschlossen, daß viesmehr dem bereits privatim wiederholt, laut gewoördenen bezüglichen Verhalt nichts als die Eimstim mmigkeit der Abgeordneten selbst entgegengehälten werden könne: Gestützt edoch auf einige Aeußerungen der pfälzischen Presse und die Berichte einzelner, Abgeordneten über ihren Privatverkehr mit der Pfalz und in Berüucksichtigung der⸗ bezüglich des neuen Gesehes oon der diesseitigen grundverschiedenen Lage der Provinz und der in Folge bedeutender Durchlöcherung des Civilrechts möglicher Weise entstehenden Rechtsunsicherheit glaubten sie doch die AÄbleh nung des neuen Gesetzes in erster Linie vorschlagen zu sollen, zamit in keinem Falle den Wünschen der Pfalz etwas vergeben werde. Dabei machten sie sich aber keine Ilufion über die Aus— ichten ihres Vorschlags. Durch täglichen Verkehr war ihnen nur zu bekannt, mit welcher beharrlichen Euntschiedenheit von rechts— heinischer, Seite auch berechtigte Besonderheiten der Pfalz bean— landet werden, und wie bei jeder Gelegenheit aufgestelll wird, daß ꝛeu Pfälzern ohnehin schon zu viel nachgegeben worden sei und daß ꝛie rechtsrheinischen Abgeordneten nach Ausweis der Presse ein veiteres Nachgeben ihren Committeuten gegenüber nicht mehr ver⸗ untworten könnten. Die pfälzischen Abgeordneten glaubten aber »ennoch den Versuch machen zu müssen, ob nicht ohne das Postu⸗ at der Rechtsgleichheit geradezu zu verneinen, die Fernhaltung ꝛes Processes von der Pfalz erreicht werden könne. Der Namens ämmilicher pfälzischen Abgeordneten eingebrachte Antrag wurde edoch bekanntlich mit allen Stimmen gegen jene der beiden pfäl⸗ ischen Ausschußinitglieder abgelehnt und'aus der hiebei vonden rechtsrheinischen Collegen, wie von der k. Staatsregierung beobach— neten Haltung ging unzweideutig hervor, daß an eine Abwendung es neuen Processes von der Pfalz nicht zu denken war: So sehr nan sich über diesen rechtsrheinischen Standtpunkt beschweren mag ie in kleiner Minorität befindlichen isolirten pfälzischen Abgeord⸗ jeten hatten kein Mittel gegen die in compakter. Majorität auftre enden rechtsrheinischen Collegen aufzukommen. Sehr erwünscht dar es daher, als die Pfalz selbst für das bekannt gewordene Berlangen ihrer Abgeordneten durch eine unmittelbare Kundgebung utrat und so jedenfalls der Esnrede oder Ausstellung begegnete, aß das Verhalten ihrer Vertreter von der Pfalz selbst nicht ge⸗ aillgt· werde Durfte edie pfälzische Deputation, ohne sich einer inderzeihlichen Täuschling' hinzugeben, auch nicht glauben, min hrem Verlangen auf Abwendung des neuen Gesetzes durchzudrin— jen, sit konnte doch mit einiger Zuversicht hoffen, daß bezüglich s Zeitpunktes der Gesetzeseinfühtung und wohl“ auch bezüglich )er Gestaltung des Einführungsgesetzes selbst vielleicht entsprechen⸗ yxre Beschlüsse erzielt werden moͤchten. — In der Pfalz, wo man die hiesigen Verhältnisse und. die Besammttlage zu übersehen nicht im Stande ift, fcheint man sich ugegen hie und da der Illusion hingegeben zu haben, die Pfalz dürfe nur ihr Wiederstreben kundgeben und die Abgeordneten önnten alsdann die Abwendung des neuen Gesetzes durchsetzen, obgleich dies nach Lage der Dinge in München von vornherein Sache der Unmöglichkeit war. Als hierauf in Uebereinstimmung mit seinen Collegen von einem pfälzifchen Abgeordneten gegenüber der k. Staatsregierung und der Kammermajorität die Berechtigung des pfätzischen Standpunktes in öffentlicher Kammer⸗Verhandkung nachdrücklich vertreten wurde, als die pfälzischen Abgeordneten, reu zur Kundgebung der Pfalz stehend, welche die Annahme des Gesetzes „in dieser Gestalt“ zurückwies, ihre schließliche Zustim⸗ mung zum Gesetze von der Erfüllung von Voraussetzungen ab— hängig machten, um'so die Wahrung der pfälzischen Interessen urch einen „Ausgleich“ zu ermöglichen, trat in der Pfalz selbst die Meinung hervor, daß die rücksichtslose Berneinu n g von Zeite der, Abgeordneten der Lage angemessener sei und die gänz— liche Abwendung des Gesetzes herbeiführen könne. Im Wieder⸗ spruche mit der eigenen Kundgebung steigerte man das Verlangen und mäckelte sofort an dem in Aussicht genommenen Ausgleiche jerum, der doch bei anderen ähnlichen Gelegenheiten, wie bei der Frage über die Kinführung des Malzaufschlages und einem Theil der Sozialgesetzgebung bereitwillig acceptirt worden war De n⸗ elben Abgrordneien, welche bei fast gleicher Lage einen Ausgleich“ wirklich zu Stande gebracht hatten, deu die Pfalz zu chätzen weiß, und für den sie in öffentlicher KCundgebung förmlich und feierlich eingetreten ist, denselben Abgeordneten begegnete man sofort anit Mißtrauen, weil sie in vpoller Kenntniß der Sach⸗ lage und im Interesse des Landes es duf sicht? nahmen, einen Ausgleich zu suchen, nachdem das Hauptbegehren fich als uner— reichbar dargestellt hatte. So—leicht durften die pfälzischen Abge— ordneten sich die Erfüllung ihrer Pflicht nicht machen, daß sie sich einfach auf den Standpunkt der Verneinung stellten, und statt praktischer Zielpunlte eine unerreichbare Idee verfolgend, die Inte⸗ ressen des Volkes preisgäben. So haben pfälzische Abgeordnete ihr Mandat nicht verstanden. Als für Jeden, der sehen wollte, die Unmöglichkeit klar vor Augen lag, die Beschränkung des neuen Processes auf das rechts⸗ cheinische Bayern durchzusetzen, war ihnen die „schwere“ Pflicht iberkommen, jedenfalls zu retten, was zu retten möglich war. Sie unterzogen sich auch sogleich dieser Aufgabe, wurden aber von der Pfalz hierin leider nicht unterstützt. Nach einer Richtung, bezüglich der Gestaltung des Einführ— ungsgesetzes blieben die Besirebungen der pfälzischen Verkreter nicht ohne Erfolg. In diesem Gesetze fanden eine Reihe von Bestimmungen Aufnahme, welche die Praxis später schwet ver— missen würde. Das weitere Verlangen des Ausgleichs: die Ein— führung des Processes in der Pfalz von einem besonderem Gesetze abhängig zu machen, wurde jedoch nicht erreicht, vielmehr aber— nals mit allen Stimmen gegen jene: der zwei pfälzischen Aus— schußmitglieder zurückgewiesen. Welche Mittel stunden noch zu Gebot; welche Truppen hätte man jetzt noch marschieren lassen sollen? Schluß folgt.) Deutschland. München, Y. April. Das Gesetzblatt Nr. 46 enthält das Gesetz über die Personalhaft, das somit. heute in Wirksamkeit tritt; Nr. 47 das Gesetz über die Bergwerksabgaben.“ München, 9. April. Wie man hört, ist die Frage ange— regt worden, ob es nicht passend wäre, wenndie. Staatsregie⸗ rung den Schulgesetzentwurf zurückzöge, nachdem es doch so gut wie ausgemacht ist, daß eine Verständigung beider Kammern über denselben nicht mehr erreicht wird, somit, weitere Berathungen desselben nur Verschwendung einer kostbaren Zeit sind, welche jetzt sehr gut auf andere Gegenstände verwendet würde. .München, 10. April. Die Abgeordnetenkammer hat die Besetzesentwuürfe über die Ostbahnen und die pfälzischen Eisen—