AUnterhaltungsblatt 12 St. Ingberter Anzeiger. XFr. 22. Sonntag, den 19. Februar 1877. Lord Eyle. J Nach dem amerikanischen Originale des Charles T. Manners. Frei bearbeitet von Lina Freifrau v. Berlepsch. Ombs.) (Fortsetzung.) 358 Während der Graf noch vor sich hinbrü⸗ jete, trat Zephyr ein. Auch sie sah müde und ürgerlich aus, sobald sie ihn aber bemerkte, pertlärte sich ihr Antlißzßzz. „Bist Du schon da, Pedro? ich fürchtete noch zwei Stunden warten zu müssen.“ Weißt Du nicht, daß ich mit dem Mo⸗ ment geize, den ich bei Dir verleben darf * Zudem rufen mich meine Geschäfte auf meh⸗ rere Tage von London ab, ich muß folglich einige dieser köstlichen Stunden entbehren und entschädige mich schon im voraus.“ Sie lehnte zärtlich an seiner Schulter. „Wenn nur Deine Geschäfte endlich been⸗ digt wären, ich bin des kalten Landes so überdrüssig und sehnne mich nach Italien.“ Ueberdrüssig? wenn London Dich ver⸗ göttert und goldenen Regen auf Dich gießt!“ Ja, überdrüssig,“ wiedertolte fie mit lammenden Augen, „und mehr doch, ich glaube London deginnt meiner überdrüssig zu werden. Es gab manch leere Pläte heute und kaum ein Dußend Bouquets. Ferner erfuhr ich, daß nächsten Monat eine schöne Oester⸗ reicherin auftreten werde. Ich will aber nicht warten bis man verlangt, daß ich meine Krone giederlege, ich tanze diese Woche zum letzten Mal.“ eee 4 4. Der Graf betrachtete sie forschend. Hat der Glanz also deine Augen nicht geblendet! Gut, Zephyr, diese Lehre erhält Jede früher oder später.“ „Als ob ich all den Flitter nicht stets derachtet hätte!“ rief sie lebhaft, „mir hat ja nichts Werth als Deine Liebe. Sag mir, Pedro, ob Du mich bald fortnehmen kannst 7* „Ja, sehr bald,“ entgegnete er mit grau⸗ sem Lächeln, „ich bin der Sache müde und will die Krisis herbeiführen, Jedes Hinderniß muß entfernt werden.“ Das Kind unker dem Toilettetisch verstand richtig den Sinn der Worte, das verblendele Weib schmiegte sich zärtlich an den Geli⸗hten. OD mir schwindelt oft vor seliger Freude, wenn ich au das glückliche Leben denke. bdas wir in der sonnigen Heimath führen werden. Leiden. Armuth. Gefahr — Alles. Alles vor, bei. Mir ist. als könnte ichs nicht glauben, and doch scheint es ein passendes Ende für solch bewegtes Leben. Ist's nicht wie ein schwerer Traum, wenn wir der Vergangenheit denken, der quälenden Tyrannei, der bittern Armuth, der jahrelangen Gefangenschaft —“ „Aber all das endete in dem luxuxisen Leben des Grafen Lubin, der sich frei unler den Großen der Erde bewegt, umgeben von Blanz und Reichthum und stolz vor Allem auf seine süße Braut!“ Sie las den Erust seiner Empfindung in dem funkeinden Auge, wie konnte sie dermu— then, daß er an eine Andere dachte ⸗ „D laß die Zeit bald kommen, Pedro!“ „Versteht sich,“ lächelte er grimmig, „und wenn Du mich einige Zeit vermifsest, so gräme 1 —— 444