Unterhaltungsblatt zum J * St. Ingberter Anzeiger.“ DRie Brüder. Original-Novelle von Ewald August König. GFortsetzung.) Am nächsten Morgen saß der Referendar, ganz mit seinen Racheplänen beschäftigt, in seinem Zimmer. Er malte sich im Geiste den Augenblick aus, in welchem er vor den ban—⸗ kerotten Bankier hintreten wolle, um ihn seine eigenen höhnischen Worte: „Ein Mann ohne Vermögen, ohne Einkommen, ohne Stellung“ zu erinnern. Er wollte ihn nicht schonen. Alie Bilterkeit der Armuth und des Elends ssollte der reiche, stolze Mann kosten, und war dies erfüllt, dann — Der Referendar ballte zornig die Faust, sein Haß fand nicht eher Ruhe, bis er befriedigt war, — plötzlich ward die Thür hastig geöffnet, ohne anzupochen stürzte der Buchhalter athemlos ins Zimmer. Waldau spraug bestürzt von seinem Sitz auf, er glaubte im ersten Augenblick nicht anders, als sein ganzer Plau sei durch irgend ein Spiel des tücksschen Zufalls vereitell. Helmes wischte den Schweiß ab, der in großen Tropfen auf der Stirn stand und holte tief Athem. „Alles verloren!“ sagte er, „die Kasse ist um vierzigtausend Thaler be—⸗ sttohlen, wir sind schon jetzt fallit!“ Gleich dem Nebel vor der aufsteigenden Sonne schwand die Bestürzung Waldaus vor der Freude, welche fein Herz erfüllte. Was kümmerten ihn die Privatangelegen⸗ heiten des Buchhalters, war nur der Bankier gestürzt, so konnte seinetwegen das ganze Ge⸗ — : schäftspersonal mil ins, Verderben gerissen werden, das galt ihm gleihe. 8 „So erzählen Sie doch,“ sagte er, nach— dem er den alten Mann nöthigte,“ sich aufs Sopha zu jetzen. „Wann wurde die Kasse bestohlen ? wer hat den Diebstahl ausgeführt ?“ Der Buchhalter hatte inzwischen seine Fassung wiedergefunden. „Unserer Absprache gemäß ging ich heute Morgen um neun Uhrr in das Kabinet des Bankiers, um ihm zum Asschluß des Geschäfts, velches ihn in's: Verderben reißen sollke, zun tathen. Er war erfreut, zu hören,“ daß vch eine korrupte Ansicht theilte und gab mir den Auftrag, das Geschäft zu besorgen. Ich schlug ihm einen Agenten vor, den ich kannte und mit welchem ich in Bezug auf die Theilung des Gewinnes schon fertig zu werden- hoffte. Er gab mir plein pouvoir und schon wollie ich das Kabinet verlassen, als der Kassirer, bleich, athemlos, mit berstörten Blicken eintrat. Wir ahuten nichts Gutes, auch von den Lip⸗ pen des Commerzienraths verschwand das Lächeln, als er einen Blick in das Autlitz des Eingetretenen warf. Denken Sie sich unsern Schreck, als der Kassirer in abgebro— chenen Sätzen berichtete, die Kasse sei in ver— wichener Nacht um vierzigtausend Thaler be⸗ stohlen, nur einer von unserm Personal köune den Diebstahl verübt haben, deun weder der eiserne Geldschrank noch ein. Schloß sei be⸗ schädigl. Wir unterstechten daß Terrain, der Dieb war allem Auschein nach durch die Gasse gekommen, hatte eine Scheibe in dem Fenster des Comptoirzimmers, welches an der Gurben⸗ seite liegt, eingedrüct und das Fenster gedffnet. — 3** —DDVVD—