AUnterhaltungsblaltl 4 St. Ingberter Anzeiger. Nr. 64. Donnerstag, den 1. Juni 71. Die Rrüder. Original⸗Novelle von Ewald August König. mir nicht übel, ist der leibhaftige Goitseibei⸗ uns. Ich habe das Gesicht schon oft gesehen, wüßte ich nur, wann und wo.“ „Helene athmete, auf. „Wenn's weiter nichts ist, den Verlust kann man verschmerzen. „Ja, wenn's weiter nichts wäre,“ fuhr der aile Mann fort. „Aber da konnte der znädige Herr! gestern Abend nicht am Zimmer des Varons vorbeigehen, ohne hineinzublicken, und —“ „Und ?“ fragte Helene bebend. „Er trat ein, und die beiden haben bis spät in die Nacht hinein gespielt. Der gnädige Herr hat Alles, Haus und Hof, verloren, richts ist ihm geblieben. — — So, nun ist's heraus, ich hoffe, Sie tragen mir keinen Groll deßhalb nach.“ „Bleich, mit bebenden Lippen stand He— lene vor dem alten Mann, dem die Thränen üher die Wangen raunen, sie hielt sich krampf haft an der Lehne des Sessels, um nicht um⸗ zusinken. War's nur ein Traum? Wollte Boͤlling ihre Liebe prüfen? Aber nein, der alte Mann sagte die Wahrheit, sie las es in dem feuchten Blick, der dem ihrigen begegnete. „Hat Dich mein Mann beauftragt, mir diese Naͤchricht zu bringen ?“ fragte sie nach einer Pause. Der gnädige Herr hatte den Verwalter darum ersucht, aber der Verwalter glaubte, ich könne das besser besorgen, deßhalb mußte ich gehen.“ Es war also Wahrheit! Helene fühlte, daß sie sich gewaltsam fassen, daß-sie ihre ganze Kraft aufbieten mußte, um den harten Schlag des Schicksals ruhig zu ertragen. Sie (Fortsetzung.) „Nehmen Sie es mir nicht übel, gnädige Frau, wenn ich Ihnen eine Hiobspost bringe,“ hob der alte Mann an, indem er verlegen die Mütze in seinen Händen drehte und dabei anverwandt vor sich hinschaute. „Der Herr Verwalter hat mich mit der Mission beauf⸗ tragt, weil er glaubt, ich sei mit der gnädigen Frau schon länger bekannt und werde besser wissen, wie —“ Komm zur Sache,“ fiel Helene ihm in's Wori. „Die Einleitung ängstigt mich mehr als dies Deine Botschaft vielleicht thun würde.“ „Verzeihung, gnädige Frau, aber so mit der Thür in's Haus hineinfallen ist nicht meine Sache.“ Helene holte einen Stuhl und bat den Alten, sich zu setzen. Steffens schüttelte den Kopi. „Lassen Sie nur, es wird schon gehen. Der Baron von Westen, Gott möge es ihm vergelten, hat den gnädigen Herrn zum Hazardspiel verleitet. Als der gnädige Herr gestern von der Reise zurückkehrte, hatte er dreißigtausend Thaler derloren, er wollte ein Kapital auf sein Gut aufnehmen, dem Baron die Summe zahlen und dann keine Karte mehr anrühren. Hätte er nur die Kraft gehabt, diesem Vorsatz treu zu bleiben! Aber wen der Satan einmal in feinen Krallen hat, den läßt er sobald nicht wieder Jos, und dieser Baron, nehmen Sie's