gnädigen Fräuleins, so dürft Ihr nür die Kenntnß desselben ruhig anvertrauen, ich bin ein Ehrenmann und wünsche nichts sehulicher als die Entfernung gewisser Leute, die hier auf den Raub ausgehen zu könuen glauben. Der Kutscher blickte dem junge Mann eine geraume Weile in's Auge. Wenn ich mich weigere, Ihrer Aufforderung nachzukommen, werden Sie dann den Eintritt gewaltsam er⸗ zwingen ? „So wahr ich vor Euch stehe.“ Wenn ich aber freiwillig Sie in dieses Geheimniß einweihe und nur die Bedingung stelle, daß Sie die Kenutniß desselben mit feiner Silbe verrathen dürfen, werden Sie die Bedingung als ein Mann von Wort und Ehre erfüllen? „Gewiß.“ Gut, dann ziehe ich das Letztere vor, denn ich bin überzeugt, daß Sie den Freiherrn vsn Braß ebenso sehr hassen wie ich. Kom⸗ men Sie. J Der Kutscher schloß, nachdem der Ver— walter eingetreten war, sorgfältig die Thür und stellte seine Laterne auf den Fußboden. Der junge Mann blickte neugierig sich um. So viel er bei dem schwachen Schein der Laterne erkennen konnte, war der Pavillon hübsch und sogar elegant eingerichtet, aber seit vielen Jahren nicht mehr benutzt worden. Haben Sie starke Nerven? fragte der Qutscher, während er eine Fallthür öffnete, die der junge Mann noch nicht bemerkt hatte. „Weshalb stellt Ihr diese Frage ?“ Weil ich Ihnen rathen würde, sich den Anblick zu ersparen, wenn Sie — „Geht nur voran,“ unterbrach der Verwalter ihn ruhig, „ich werde solgen.“ Die beiden stiegen eine kleine Treppe hin⸗ unter, die in einen mäßig großen gewölbten Raum mündete. Hier wurde in früheren Jahren, als der selige Herr Graf noch lebte, das geschossene Wild aufbewahrt, sagte der alte Mann, waͤh⸗ rend er die Laterne emporhob, so daß sein Begleiter den Raum übersehen konnte. Jetzt dient er einer Leiche zur Ruhestätte. „Einer Leiche7“ fragte der Verwalter überrascht. Ah, sehen Sie, ich sagte Ihnen ja, das Geheimniß erfordere starke Nerven. Forschen Sie lieber nicht weiter, es ist vielleicht besser ür Sie und für das gnädige Fräulein. „Führt mich zu dem Sarge,“ befahl der Verwalter ruhig. „Ich bin nicht gesonnen auf halbem Wege stehen zu bleiben, auch ahne ich, wessen Leiche ich hier finden werde.“ Der Kutscher schüttelte den Kopf. Ich zlaube nicht, daß Sie es ahnen können, er— widerte er, — Hier ist der Sarg, venn Sie hingehen wollen, so ziehen Sie den Schieber dort zurück. Das letzte Wort war den Lippen des alten Mannes noch nicht entflohen, als Stern auch schon den ziemlich großen Schieber, der äch in dem flachen Deckel des bleiernen Sar⸗ ges befand, zurückgezogen hatte. Der Schein der Laterne fiel auf das eingesunkene Autlitz und die eutblößte Brust des Todten. Der Verwalter sank vor dem Sarge auf die Kniee, er blickte lange auf die entseelte Hülle des Barons, der ihm einst gewiß sehr cheuer gewesen war, denn als er sich wieder erhob, glänzte eine Thräne in seinen Augen. Sehen Sie, dort ist der Stich, sagte der —D habe das Herz getroffen, und der Tod sei augenblicklich erfolgt. Es war ein kleiner, aber sehr seiner Dolch, mit welchem der Herr Baron, Gott habe ihn selig, seinem Leben ein Ende gemacht hat. „Habt Ihr diesen Dolch gesehen und wißt Ihr, wo er gegen⸗ wärtig sich befindet?“ fragte Stern hastig. Gesehen habe ich ihn, als der Herr Doc⸗ tor Sand die Leiche hier einbalsamirte. Da— mals schüttelte der Doctor den Kopfegleichsan, als ob er nicht begreifen könne, daß diese kleine schmale Klinge, so tief eingedrungen sei. Jetzt liegt der Dolch wieder bei dem Protokosll, ich mußte ihn dem Herrn Kreis⸗ cichter zurückbringen. „Doctor Sand hat die Leiche einbalsamirt?“ sagte der Verwalter der inzwischen in den oberen Raum zurückge⸗ tehrt war und jetzt in Sinnen versunken auf inem Stuhle saß. „Zu welchem Zweck zeschah dies? Weshalb wurde die Leiche nicht beerdigt ?“ Der alte Mann zuckte die Achseln. „Dartauf »ermag ich Ihnen keine Antwort zu geben., Ich weiß nur, daß das gnädige Fräulein mir hefahl, die Leiche auf Umwegen hierher zu hringen und dem Herrn Doctor hülfreiche