den Baron von Reden, dessen Leiche Sie einbalsamirten. Betroffen blichte der Arzt den jungen Mann an. „Wer hat Ihnen gefagt —“ Still, nur jetzt keine Fragen, hier ist meine Karte. Der Doctor sah bald die Karte, bald den Verwalter an. „Ah ich begreife,“ sagte er nach einer geraumen Weile in bedeutend freundlicheren Tone. „Die Auskunft, welche Sie wünschen, soll Ihnen werden, aber nicht jetzt, ich muß Sie bitten, sich zu gedulden, dis ich meine Patienten besucht habe. Sie werden begreifen, daß diese Angelegenheit aicht binnen zehn Minuten erschöpfend be— sprochen sein lann und daß meine Pflicht gebietet. —“ Gewiß, würden Sie mir erlauben, Sie hier zu erwarten? „Herzlich gern, ich werde mich beeilen, damit Ihnen die Zeit nicht zu lang fällt.“ Noch eins, dürfte ich Sie bitten, auf dem Rückwege den Herrn Kreisrichter von unserer Unterredung in Kenntniß zu setzen— Vielleicht ist dieser Herr so freundlich, Sie hierher zu begleiten und das Protokoll nebst dem Dolche, den man bei dem Ermordeten gefunden hat, mitzubringen. „Ich würde Ihnen rathen, ihn während meiner Abwesen⸗ heit zu besuchen.“ Das geht nicht gut, sagte der Verwalter ruhig. Der Freiherr von Braß hat sich ge— stern mit der Comtefse entzweit; nach Allem, was ich gehört habe, glaube ich annehmen zu bürfen, daß der Bruch unheilbar ist. Nun aber liegt das Gerichtsgebäude und die Woh— nung des Richters dem Gasthofe zur Sonne, in welchem der Freiherr logirt, gegenüber und ich bin überzeugt, daß — IIch ver⸗ stehe,“ unterbrach der Arzt ihn, der sich in⸗ zwischen der Thür genähert hatte, „bleiben Sie ruhig hier; ich werde sorgen, daß der Richter mitkommt, ihn interessirt diese Ange- legenheit ebenso wie uns Beide.“ Der Verwalter ging eine geraume Weile in der Studirstube des Doctors auf und ab; er verhehlte sich nicht, daß er sich eine Auf⸗ gabe gestellt hatte, deren Lösung ebenso viel Muth und Ausdauer, wie List und Geschick— lichkeit erforderte, und daß gegenwärtig noch sehr wenige Aussichten zur Erreichung des vorgestreckten Zieles vorhanden waren. Selbst wenn der Arzt und der RNichter seinen An⸗ sichten vollständig beipflichteten, selbst wenn es ihren Bemühungen gelang, festzustellen, .daß kein Selbstmord vorlag, so war dadurch das Dunkel noch nicht gelichtet, welches die Person des Mörders umhüllie. Das aber zu voll⸗ bringen, hatte der zunge Mann den Manen seines Freundes zugeschworen und der Er⸗ reichung dieses Zweckes würde er sein Leben geopfert haben. — Sein Leben? So hatte er gesagt, als er vor einem halben Jahr die Residenz verließ, um die Rolle eines Verwal⸗ ters zu übernehmen. Und jetzt? Hatte das Leben für ihn nicht inzwischen höhern Werth gewonnen? Gewiß, Comtesse Eleonore war plötzlich als leuchtender Stern am Firmament tmporgestiegen, und das Strahlenlicht dieses Sternes erhellte den Pfad, auf welchem der junge Mann wandelte. Als er zum ersten Male ihr ins Auge blickte, als er zum ersten Mal den sympathischen Klang ihrer Stimme vbernahm, fühlte er schon, daß sein Herz gegen diese Blicke und diese Stimme nicht gewappnet war, und seit jenem Augenblick bewahrte seine Seele das Bild Elesnores in ihrem tiefinner⸗ sten Schrein. Weshalb entsagte er nicht da⸗ mals einer Rolle, die ihm nicht erlaubte, den Blick zu seiner Herrin zu erheben, weshalb gab er sich ihr nicht zu erkennen, um Hand in Hand seinen Zweck zu verfolgen. Er hatte lange darüber nachgedacht und war dabei zu dem Resultate gekommen, daß er aus verschiedenen Grüuden seiner Rolle treu bleiben mußte. Gesetzt auch, die Comtesse bewahrte streng das Geheimniß, welches er ihr anvertraute, der Scharfblick des Freiherrn würde es bald errathen haben, so sehr konnte Eleonore sich nicht beherrschen, und jedes ihrer Worte, jeden Blick, ja den Klang ihrer Stimme und das Lächeln, welches oft unwillkührlich aus den Tiefen der Seele auf die Lippen steigt, überwachen, daß nicht der Freiherr Veranlassung gefunden hätte, einem Verdachte Raum zu geben. Auch wußte der junge Mann nicht, welche Ansicht Eleonore in Bezug auf den Tod ihres Verlobten hegte; theilte sie seinen Verdacht nicht, so lief er Gefahr, durch sie in seinen Nachforschungen zehemmt zu werden. Als die Comtesse ihm sagte, er sei nicht der, welcher er scheinen