sichtbar befremdet. „Daß ich die Herausfor— derung des Freiherrn angenommen habe —“ Ein Duell? Davon ist mir nichts bekannt. Wann soll dasselbe stattfinden? „Ah, wenn Sie darüber nicht unterrichtet sind, was führt Sie denn zu mir?“ erwiderte der junge Mann überrascht. Die Vermuthung, daß ein neues Verbre— chen sich vorbereitet; ich müßte mich sehr täuschen, wenn mein Verdacht unbegründet wäre. Der Kammerdiener der Comtesse hat heute den Freiherrn von Broß dreimal be— sucht. — „Still, — nehmen Sie Platz und berhalten Sie sich ruhig,“ unterbrach der Verwalter ihn rasch, „in diesem Hause haben die Wände Ohren, ich will mich vorher über— zeugen, ob wir unbelauscht sind. Er verließ nach diesen Worten rasch die Wohnstube, und kehrte erst nach einer geraumen Weile wiedec zurück. „Die Leute sind alle in der Küche,“ sagte er, „reden Sie.“ Zum ersten Male kam der Kammerdiener kurz nach Tisch, er ging bald darauf wieder fort, kehrte gegen vier Uhr zurück, und be— juchte gegen sechs Uhr den Freiherrn zum dritten Male. Was die Beiden mit einander verhandelt haben, weiß außer ihnen Niemand, es war eine çgeheime Unterredung hinter ver⸗ jchlossenen Thüren. Der Wirth theilte es mir heute Abend mit und sprach dabei die Ver— muthung aus, der Freiherr werde wahrschein— lich abreisen wollen und vorher dem Kammer⸗ diener einige Instructionen in Bezug auf die Vorfälle im Schlosse gegeben haben. „Dieselbe Vermuthung hege ich auch,“ erwiderte der junge Mann ruhig, „möglich auch, daß er den Kammerdiener angewiesen hat, durch Vermittlung der Comitesse mich zur Zurück⸗ nahme meiner beleidigenden Worte zu be— wegen.“ Hören Sie weiter. Der Freiherr hat im Laufe des Nachmittags seine Rechnmg ge— jfordert und sie berichtigt, und dem Wirth Anweisung gegeben, sein sämmtliches Gepäck morgen frühß nach C. zu dirigiren. Er hat sich sehr angelegentlich erkundigt, welchen Weg man wählen müsse, um binnen kürzester Frifl die nächste Eisenbahnstation zu erreichen, wie viele Stunden man zu dieser Fahrt gebrauche und ob der Weg dorthin so gut sei, daß man —X önne. „Diese Fragen sind allerdings auffal⸗ lend, aber“ — Jedenfalls ist hieraus zu entnehmen, daß der Freiherr noch im Laufe dieser Nacht ab— reisen will und zwar nicht mit der Post. son⸗ dern mit einem Privatwagen. Ferner beweist die letzte Frage, daß er selbst die Zügel füh— ren will, und das eben ist es, was zuerst einen Verdacht in meiner Seele wedte. Ich plauderte darüber noch mit dem Wirth und unserm Doctor Sand, als der Kutscher der Comtesse erschien, der sich ebenfalls in das Zimmer des Freiherrn verfügte. Die Unter⸗ redung dieser Beiden dauerte über eine Stunde, und daß der Kutscher sich entfernt hat, will Niemand gesehen haben. Später bam der Freiherr in den Saal, er setzte sich zu uns, und ich beobachtete ihn verstohlen, aber scharf. Er war aufgeregt, unruhig und zerstreut, man sah ihm an, daß irgend ein vichtiges Vorhaben ihn beschäftigte. „Sie ver⸗ nuthen, daß er den Knutscher bei Seite ge⸗ schafft hat?“ fragte der Verwalter entsetzt. Das will ich eben nicht behaupten, fuhr der Richter achselzuckend fort, auffallend war es mir nur, daß der Kutscher hineingegangen, aber nicht wieder herausgekommen sein soll. Mit dem Doctör Sand hat der Freiherr vor mehreren Wochen über die Wirkung des Opiums gesprochen, er gab vor, daß er selbst oft eines Schlaftrunks bedürfe, und wünschte ju wissen, ob man die Dauer der Wirkung genau berechnen und demgemäß die Dosis eintheilen könne. Die Gründlichkeit, mit wel⸗ cher der Freiherr dieses Thema behandelte, und die Fragen, die er stellte, befremdeten den Doctor, der nichtsdestoweniger ihn so gut wie möglich über das, was er zu wissen wünschte, unterrichtete. Der Doctor Sand ist ein gar gescheidter Kopf, es interessirte ihn, zu eifahren, ob der Freiherr die Richtigkeit des erhaltenen Unterrichts practisch prufen werde. Er brachte richtig heraus, daß der Frei⸗ herr sich eine Quantität Opium zu verschaffen gewußt hat, die hinreicht, 50 Personen in Schlaf zu bringen. Außerdem hat der Wirth „jur Sonne“ oder vielmehr; dessen Kellner entdeckt, daß der Freiherr in den jüngsten