verrieth dennoch den Stümper, erwiderte der Richter. Wir haben jetzt halb Elf; kann Sie, ohne Auffallen oder gar Verdacht zu erregen, das Schloß für eine kurze Zeit verlassen? Das Mädchen dachte einen Augenblick nach. „Dann müßte ich in der Küche erklären, daß ich zu Bett gehen wolle, und mich heimlich entfernen. Ich fürchte, sie werden das nicht zugeben.“ Das fürchte ich auch, unterbrach der Verwalter sie, der Kammerdiener ist ein ge⸗ riebener Fuchs, er würde sofort Verdacht schöpfen, zumal Sie so lange sich hier auf⸗ gehalten hat. Aber Sie kann erklären, ich habe Sie gezwungen, ein Glas dieses edlen Weines zu trinken und Sie fühle bereits die Wirkung des Schlaftrunks, weshalb Sie vor⸗ zieht, zu Bett zu gehen. Darin kann Niemand was finden, im Gegentheil — Ja, ja, so wird's gehen, sagte der Rich⸗ ser ungeduldig. Ich überlasse es ihr, wie Sie es ermöglichen will, sich heimlich aus dem Schlosse zu entfernen, vertraue aber darguf, daß Sie spätestens binnen einer halben Stunde veim Bürgermeister ist. Sage Sie dem Herrn ich lasse ihn bitten, augenblicklich zwei Gensd'⸗ armen mir zur Verfügung zu stellen. Die beiden Leuten sollen einzeln und auf Umwegen u den Park kommen und uns an der Ein⸗ fedelei erwarten. Sollten wir schon dort sein, so finden Sie uns im Pavillon. Sie wird üch ebenfalls dort einfinden, für den Fall wir Sie nöthig haben. — Und nun, meine Herren, Geduld, Ruhe und Vorsicht, wenn ich hitten darf, fuhr er fort, nachdem das Mäd—⸗ hen sich entfernt hatte. Besitzen Sie Waffen? „Zwei Doppelpistolen und eine Büchse,“ er— widerte der Verwalter; „aber ich glaube kaum, daß wir in die Nothwendigkeit kommen, fie zu benutzen, zumal der Herr Doctor die Pi⸗ stolen des Freiherrn unschädlich gemacht ut.“ rontre vorbereitet, sagte der Richter so lustig, ils ob er im Begriff stehe, sich zu einem röhlichen Fest zu begeben. „Ich hatte aller⸗ zings mich auf ein nächtliches Rencontre porbereitet,“ versetzte der junge Mann mit ge⸗ nessenem Ernst, „und zwar auf ein Rencontre des Freiherrn mit der Leiche seines ermordeten NRebenbuhlers, vielleicht finden wir dazu in dieser Nacht eine passende Gelegenheit.“ Ah, die Idee ist gut, warf der Arzt ein. „Wenn sie sich ausführen läßt!“ fuhr der Richter achselzuckend fort. „Ich fürchte aber, daß dieses Recontre uns keine Beweise iefern wird, auf welche wir eine Anklage tützen können.“ Auch dann nicht, wenn der Beweis ge— iührt wird, daß das im Zimmer des Ermor⸗ deten gefundene Knöpfchen Eigenthum des Freiherrn ist?“ fragte der Verwalter. Ueber⸗ rascht blickte der Mann des Gesetzes den Füngling an. „Glauben Sie, diesen Beweis ühren zu können ?“ Comtesse von Strahlen hat das Knöpf- hen augenblicklich erkannt. „Das könnte ge⸗ arügen, indeß warten wir jetzt die Ereignisse dieser Nacht ab. Holen Sie die Waffen und Fackeln und — aber noch eins. Können wir das Schloß unbemerkt verlassen?“ Ich hoffe es, erwiderte der Verwalter, rotzdem ich überzeugt bin, daß der rothhaa⸗ rige Schurke seine Augen überall haben wird. Neuntes Kapitel. Das lange Verweilen des Stubenmädchens in der Wohnung des Verwalters hatte aller« zings den Berdacht des Kammerdieners ge⸗ vedt aber ihre Erklärung, daß der junge Herr ie genöthigt habe, ein Glas Champagner mit⸗ zutrinken und sie keinen Vorwand gefunden habe, jene Aufforderung zurückzuweisen, beru⸗ jigte den Rothkopf, dem es nur unangenehm var, daß das Mädchen sich so früh schon zur Einerlei, wir müssen uns für jeden Fall Ruhe begeben wollte. Aber was er auch da⸗ oorsehen, die Erfahrung lehrt, daß der Feig- gegen vorbringen mochte, das Mädchen wußte ling im Augenblicke der Verzweiflung dem be⸗ eeine Rolle so vortrefflich zu spielen, daß selbst jonnenen Mann an Muth. und Verwegenheit die Köchin, so ungern sie auch mit dem Kam⸗ nichts nachgiebt. Hätten wir nur einige gute merdiener allein blieb, ihm rieth, sich in seine Fackeln. „Auch damit kann ich aufwarten.“ Stube zurückzuziehen. Sapperment, man sollte fast glauben, Das Mädchen taumelte schlaftrunken hin⸗ Sie hätten sich auf dieses nächtliche Ren- aus, öffnete und schloß die Thür seiner Kam⸗