sollten aber die Pferde zu wild sein, so hauen wir mit dem Säbel die Stränge durch und lassen die Rosse laufen, wohin sie wollen.“ Bleibt noch zu berücksichtigen, daß der Freiherr und sein Spießgeselle Schutzwaffen führen und keinen Anstand nehmen werden, bon denselben Gebrauch zu machen, sagte der Verwalter. „Sie bergessen, daß das Pistol des Freiherrn blind geladen ist,“ entgegnete der Richter. „Uebrigens glaube ich nicht, daß die Beiden so tollkühn sein werden, der hohen Obrigkeit eine Kugel auf den Pelz zu bren—⸗ nen, zumal sie einsehen müssen, daß sie gegen die Uebermacht nichts ausrichten können. Auch kann es uns nicht darauf ankommen, einen dieser Hallunken niederzuschießen, wenn sie sich ernstlich zut Wehre setzen — werda? — Ah unsere kleine Freundin. Na, Sie hat ihre Sache gut gemacht, werde nicht ermangeln, Sie bei dem gnädigen Fräulein in Schutz zu nehmen. Wir haben jetzt halb zwölf, nahm der Verwalter das Wort, beautzen wir die Mi— nuten, die uns noch bleiben. Wohnte der Förster näher, so könnten wir ihn — „Na, ich denke doch, wir sind unser genug,“ un⸗ terbrach der Richter ihn, „fünf gegen zwei, zudem wird der Förster unaufgefordert herbei⸗ eilen, sobald ein Schuß hier fällt. Die Gensd'armen traten jetzt auf ihre Posten. Der Richter lehnte die Thür des Pa⸗ pislons an und setzte eine der mitgebrachten Fackeln in Brand. Wo ist die Fallthür? fragte er. Wir wollen sie für alle Fälle öffnen. Der Ver—⸗ walter kam dem Wunsche nach, die drei Her⸗ ren stiegen in das Gewölbe hinunter. Ah, es ist ein bleierner Sarg, sagte der Richter enttäuscht, das erschwert die Ausführ⸗ ung meines Planes. „Weßhalb ?“ fragte der Arzt. „Wünschen Sie, daß der Sarg hinauf⸗ geschafft wird ? Nein aber ich rechnete darauf, daß man den Deckel abnehmen könne. „Wenn wir herz⸗ haft anfassen, wird uns das nicht schwer fal⸗ len, so sehr massiv ist der Sarg nicht.“ Es ging besser, als man vermuthet hatte, der Richter steckte in jede Ecke des Sarges eine Fackel und befahl dem Mädchen, ohne die Angst und das Entsetzen desselben zu be⸗ achten, sie anzuzünden, sobald der Angriff auf den Wagen erfolge. Ich halte die ganze Comödie für überflüs⸗ sig, sagte der Verwalter, der jetzt den Plan des Richters errieth, wir haben ja Beweise gegen ihn — „Lieber Herr, Sie kennen die Schlauheit und Verstocktheit, den Eigensinn und die Frechheit der Verbrecher nicht,“ fiel der Richter ihm ruhig in's Wort, „in den dänden eines geschickten Vertheidigers sind Ihre Beweise nur ein schwacher Strohhalm, der beim ersten Stoß geknickt wird.“ „Und was wollen Sie durch diese Ko— nödie, denn auch ich möchte es eine Komödie nennen, erzielen?“ fragte der Arzt. Der Richter zuckte die Achseln. „Die nächste Stunde wird es Ihnen beweisen, ich bin entschlossen, sofort in Ihrem Beisein ein Protokoll aufzu⸗ nehmen, und hoffe, ein interessantes Actenstüch zu erhalten. Gehen wir jetzt wieder hinauf, meine Uhr zeigt zwölf.“ — Wohl nie vorher waren den Wartenden die Minuten so langsam verstrichen wie jetzt, als sie schweigend in fieberhafter Ungeduld der Ankunft des Wagens harrten, und schon hatte der Verwalter die Befürchtung geäußert, entweder habe das Mädchen sie hinter's Licht geführt, oder der Freiherr eine andere Rich⸗ sung gewählt, als plötzlich in der Ferne das Geräusch rollender Räder sich verneh⸗ men ließ. Ruhig — abwarten, flüsterte der Richter, vährend er seine Hand auf den Arm des jungen Mannes legte, eine Sekunde zu früh und die Comtesse ist verloren. „Halt!“ don—⸗ nerten jetzt die Gensd'armen. Die Pferde wichen zurück, bäumten sich und standen. „Zurück! rief der Freiherr. Geht aus dem Wege und laßt die Zügel les, oder ich jage Euch eine Kugel durch das Gehirn! „Oho!“ erwiderte der Richter ruhig. „Der Gensd'armerie werden Sie das wohl nicht bieten ? In der nächsten Sekunde fielen zwei Schüsse; man hörte deutlich, daß eine Kugel einen Ast zersplitterte. Aber die Schüsse wa⸗ ren noch nicht verhallt, als auch schon der Freiherr sich auf ebener Erde befand. Sobald die Pferde standen, hatten die Gensd'armen dem Richter die Zügel übergeben und sich