trocknen, dem geselligen Leben abgestorbenen Bureaukraten machte. Nie war wohl der Abstand zwischen zwei Gatten größer als dieser zwischen jenem Manne und der schönen Frau, deren bleiches Gesicht mit den träumerischen blauen Augen jetzt noch von einem freundlichen Lächeln verschönert wurde, als sie ihm mit Herzlichkeit ihre bei⸗ den Hände entgegenstreckte. Sieh, Willrich, das macht mir wahre Freude! Du hast an mich gedacht, sahst Son⸗ nenschein und blauen Himmel draußen, ver⸗ ließest Deine dunkle Actenhalie und willst mit mir spazieren gehen! Nicht? — Ich will's Dir auch dankbar lohnen; Du sollst nicht lange auf mich warten, ‚in wenigen Minuten wird meine Toilette beendet sein.“ „Leonie! Ich bitte Dich, höre endlich auf, mich mit Deinen kindischen Reden zu quälen. Mach keine Toilette, wir gehen nicht spazieren, wenigstens nicht ich, da meine Zeit mir kostbarer ist! Ich bin heute früher ge⸗ kommen, um einem Fiemden gefällig zu sein, der mir eine maurische Münze zur Erklärung gegeben, und das ist schwer, ich habe darum viele Bücher nachzuschlagen.“ Mit diesen Worten wollte Willrich an der jungen Frau vorüber, um nach seinem Zim⸗ mer zu gehen; fie hielt ihn zurüd. „Willrich, sagte sie weich und sah ihn bittend an, „gilt Dir der Wunsch eines Fremden mehr als das Glück und das Leben Deiner Frau? Siehst Du nicht, daß ich bei diesem Leben hinwelke, daß Frohsinn und Gesundheit mich verlassen —XV „Damit willst Du mir doch nicht den Vorwurf machen, ich sei daran schuld ? ant⸗ wortete Willrich mit grollender Stimme. Leonie, Du bist eine Phantastin und raubsi mir die Zeit mit Deinen romantischen Ein⸗ fällen. Such Dir doch Vergnügen, so viel Du willst, nur mich verschone damit! Jetzt laß mich gehen und schicke mir den Thee auf mein Zimmer.“ Damit drängte er sie unsanft von sich und ging ärgerlich durch eine andere Thür ab, ohne sich auch nur noch einmal umzuwenden. Das Gesicht der jungen Frau war bleich iιοαααα ααιœααααιäαααÛιäιαααιι Druch und Verlag von F. X. Demetz in St. Ingbert. wie der Tod, als sie ihrem Gatten wie be⸗ wegungslos mit bittern Blicken nachsah. ,„Das war der letzte Versuch von dieser Seite,“ preßte sie hervor, „jetzt zur letzten Hoffnung!“ Mit bebenden Händen nahm sie die Briefe wieder aus dem Fache und begann dieselben zu entsiegeln. Aber schon in den nächsten Mi— nuten warf sie mehr zerkuitternd zu Boden, las andere, ihre Wangen rötheten sich und Thränen des Schmerzes und des Zornrs netz⸗ ien ihre Augen. „Pfui über mich!“ rief sie, „vor diesen Briefen stand ich zitternd, auf sie baute ich meine letzte, einzige Hoffnung? So also nahm man den Ruf meiner Verzweiflung auf! Man hält mich für eine leichte Person, der es nur um eine Rendez⸗vous zu thun ist. O, ich will ein Licht anzünden und diese unwür⸗ digen Zeugen meiner thörichten Handlung bernichten!“ So ihrer Empörung Luft machend, folgte ihren Worten die That; schon waren sämmt⸗ liche Briefe, bis auf einen, verbrannt, und schon sollte er das Schichsal seiner Brüder theilen, als sie bemerlte, daß er noch unent⸗ fiegelt war. „Noch einmal Wera,“ murmelte sie; „könnte dieser letzte vielleich — ? Illusion, wie meine Hoffnung! Er wird sich durch nichts von den andern unterscheiden; doch auch ihn will ich noch lesen.“ (Fortsetzung folgt.) Mannigfaltiges. (Der unschuldige Gesichtermacher.) Es warj Jemand einem andern vor: „Sie haben mir ein Gesicht gemacht. „„Nein,““ erhielt er zur Antwort, „„hätt' ich Ihnen eins gemacht: so sehen sie hübscher aus.““ (Der berliner Barbier und die Ohrfeige.) Als ein berliner Barbier neulich auf der Straße eine Ohrfeige erhielt, sagte er ganz naiv: „Ich will nicht hoffen, daß dieses mir gegolten hat!“ —