Reihe Sie, in zweiter Ihren Bruder oder dessen Nachkomm⸗nschaft betrifft,“ fuhr der Bürgerineister, ihm in die Rede fallend, sort. .Sie werden jetzt errathen, daß ich mehr weiß, wie Sie Anfangs vermutheten.“ Der Rentner gab seinem Diener einen Wink und setzte fich wieder hin. „Zur Sache also,“ versetzte er, „wir sind allein.“ Der Buͤrgermeister erhob sich und verrie— gelte die Thür. Sie werden bereits wissen, daß Ihr Bruder in vergangener Nacht in der Nätze meines Dorfes ermordet gefunden wirrde,“ nahm er das Wort. „Des Mordes verdächtig ist ein Mann verhaftet, dessen Name ebenfalls Ihnen nicht unbekannt ist.“ „Mein Bruder ermordet ?“ rief der Rent⸗ ner. „In der Nähe Ihres Dorfes? Ich ver⸗ ichere Sie, daß ich bis jetzt“ — .Ich weiß, Sie vermutheten ihn drüben in Amerika,“ fuhr Wetterau, ihm in's Wort jallend, fort, „hat er Ihnen nicht mitgetheilt, daß er zurückkommen würde * „Nein, keine Silbe. Ueberhaupt, seitdem er ausgewandert ist, habe ich nie mehr etwas von ihm gefehen noch gehört.“ „Desto besser für Sie, denn, unter uns gesagt, die Wahrscheinlichleit, daß Sie in den Prozeß verwickelt werden, liegt sehr nahe.“ Der Rentner entfärbte sich. „Scherzen Sie nicht mit einem alten Maunne,“ sagte er; „welcher Grund könnte vorhanden sein, mich in den Prozeß zu verwickeln?“ „Sie haßten Ihren Bruder in demfelben Grade, in welchem er Sie fürchtete,“ entgeg⸗ nete Wetterau; „in Ihren Händen ruht sein Vermögen. Sie find habsüchtig und geizig, ich denke, diese Gründe genügen.“ „Mein Herr!“ fuhr Krämer auf, der sein Erstaunen nicht verhehlen konnte. „Es wundert Sie, daß ich alles weiß? Wenn ich Ihnen aber sage, daß der, welcher des Mordes verhaftet wurde, Konrad Schulz heißt, daß ich diesen Mann verhört und aus seinem Munde einen genauen Bericht über Ihr Berhältniß zu dem Ermordeten erhalten habe, so werden Sie“ — „Glauben Sie ihm nicht,“ unterbrach Zrämer den Bürgermeister hastig, „er lügt edes Wort, mit Schimpf und Schande mußte er meln Geschäft verlassen, wer weiß, ob er all seiae Aussagen nur in der Absicht gemacht hat, die Schuld von sich abzuwälzen und mich zu verdächtigen 7* „Ich lasse diesen Punkt vorläufig unbe⸗ rührt,“ fuhr Wetterau fort, „in der Haupt⸗ sache handelt es sich doch um das Vermögen Ihres Bruders, welches in Ihrem Besitz ist. Finden wir nicht schlagendere Beweise gegen Schulz, als die, welche augenblicklich vorliegen, so dürfte kaum zu bezweifeln sein, das der Verhaftete freigesprochen wird. Alsdann wird er nicht nur den Sohn Ihres Bruders Ihnen vorstellen, sondern auch ein Dokument vorzei⸗ gen, welches Sie verpflichtet, jenes Vermögen sofort auszuzahlen.“ „Der Sohn meines Bruders befindet sich in Europa?“ fragte der Rentner rasch, der die innere Aufregung kaum mehr verbergen donnte. „Ich fühle mich nicht verpflichtet. Ihnen hierauf zu antworten, nur dann, wenn Sie mir die Hand Ihrer Tochter zusagen, und es also in meinem Interesse liegt, gemeinschaftliche Sache zu machen, werde ich näher auf diese Sache eingehen.“ Der Rentner hatte sich erhoben. Er ging eine Weile schweigend in dem Kabinet auf und ab, und blieb endlich vor dem Bürger⸗ meister stehen, der den alten Herrn unver— wandt beobachtete. „Sie begreifen, wie sehr es mich interes⸗ iren muß. den Aufenthalt meines Neffen zu erfahren,“ versetzte er, „wie hoch schätzen Sie Ihre desfallsige Mittheilung, ich bin be⸗ reit, Ihre Forderung zu bewilligen, wenn sie nicht gar zu hoch ist.“ „Ich habe diese Forderung bereits genannt,“ entgegnete Wetterau gelassen, „die Hand Mathildens.“ „So bedenken Sie doch, daß Sie ein Vierziger sind, Mathilde noch nicht das zweite Dezennium ihres Lebens erreicht hat!“ rief der Rentner ungeduldig. „Fordern Sie eine Summe, die dem Werth Ihrer Mittheilungen entspricht, nur beharren Sie nicht so hart⸗ näckig bei dem, was ich weder geben kann noch werde.“ „So hat unsere Unterredung ein Ende,“ XRX)IX