Unterhaltungsblatt m St. Ingberter Anzeiger.“ 2 D. Donnerstag, den 831. Augus — 1871. Ein böses Gewissen.* Zrämer im Grabe liegt, Ernst erfährt nie einen wahren Namen und Euer Mann wird Rüben ein reicher Farmer. Das Alles liegt v llar auf der Hand, daß jedes Kind es be⸗ greifen kann und die Geschworenen werden ofort ouf diesen Punkt fallen. Dem könnten vir nun ebenfalls vorbeugen daduich, daß Ihr mir das Dokument übergebt und Euer Rann vor Gericht aussagt, er habe mir das⸗ elbe schon vor Jahren eingehändigt uud mir die Leitung der Angelegenheit überlassen. Das muß jeden Verdacht entkräften, das Ge⸗ sicht kann die Behauptung, der Angebllagte sabe durch die Ermordung Krämers irgend inen Vortheil gehabt, nicht aufstellen, im Hegentheil muß alsdann angenommen werden, daß Euer Mann durch den Tod seines Herrn ur derlor. Er war aber ein guter Diener, Jatte seine Pflicht redlich erfüllt und konnte Iso die Rüdtehr seines Herrn nur wünschen, der ihm eine Belohnnng gewiß nicht vorent- hielt. — Wollt Ihr nun meinem Rathe fol⸗ jen, so gebt mir das Dokument und forgt Jafür, daß ich die zweihundert Thaler erhalte, das Uebrige könnt Ihr mir dann getroft über⸗ assen.“ Die Frau, welche bei Erwähnung des Dokuments sich des strengen Verbois ihres Mannes, dasselbe je aus den Händen zu geben, entsann, zbgerte. „Ich will mit meinem Sohne darüber reden,“ entgegnete sie nach einer Weile, „glaubt er, daß —“ „Wozu bedarf es der Ueberlegung * un⸗ erbrach der Bürgermeister sie ungeduldig; Euch bleibt nur die Wahl: entweder Ihr defolgt meinen Rath und holt binnen Kurzem Novelle von Ewald August König. (Fortsetzung.) „Das wäre für's Erste,“ fuhr Wetterau fort. „Jetzt kommt der zweite Pupkt. Ihr desitzt ein Dokument, welches Krämer vor seiner Abreise Kurem Manne übergeben hat. Dieses Dotkument enthält eine Anweisung auf das Bermögen Eures Pflegesohns, welches Jakob Zrämer bei Vorzeichung desselben sofort an jeinen Neffen auszahlen muß. Das Gericht ztönnte nun aufstellen, Euer Mann habe srämer deßhalb aus dem Wege geräumt, um sich selbst dieses Vermögen zu verschaffen. Nehmen wir zum Beispiel an, der Angeklagte fttellt seinen eigenen Sohn Gottfried dem Bruder Krämer's vor, sagt, dieser sei der Sohn des Ausgewanderten, laut Taufattest und so weiter, und hier die Anweisung auf das Vermögen, so muß Jakob Krämer die Summe zahlen, da er ja nicht wissen kann, ob der ihm Vorcgestellte auch in der That — Die Frau nickte, die Angst hatte ihre Sinne verwirrt. Sie bejahte die Frage, ohne die Bedeutung der Worte verstanden zu haben. Schön: Euer Mann nimmt uun das Beld in Empfang und reist einige Tage spä⸗ ler mit seiner ganzen Familie ab, wer zieht den Vortheil? Natürlich der Augeklagte, eine Entdeckung ist ja nicht zu befürchten, wenn